Franz Wohlfahrt: 'Nicht immer attraktiv'

Die Wiener Austria geht als Tabellenvierter in das Frühjahr. Sportdirektor Franz Wohlfahrt spricht im Interview mit 90minuten.at über die Defensivprobleme im Herbst, die Weiterentwicklung der jungen Mannschaft und wirft auch einen Blick in die Zukunft. Da

  90minuten.at: Sprechen wir kurz über die Transferphase. Mit Marko Pejic wurde ein junger Außenbahnspieler verpflichtet, Patrizio Stronati wurde verliehen und Richard Windbichler hat den Verein verlassen. Wie beurteilen Sie die Transferphase?
Franz Wohlfahrt:
Die Transferphase ist, wie ich erwartet habe, ruhig gewesen. Der Abgang von Richard Windbichler tut mir persönlich leid, weil wir das nicht vorhatten. Aber der Spieler ist schon relativ zeitig zu mir gekommen, hat gesagt, dass er so unglücklich ist, weil er nicht immer spielt oder wenig Einsätze hat. Und trotz mehreren Gesprächen mit ihm war er nicht davon abzuhalten, den Klub zu verlassen. Das muss man so zur Kenntnis nehmen, tut mir aber ein wenig leid, weil der Richie ein Spieler ist, der ein toller Charakter war. Der aber auch seine Wege gehen muss. Beim Patrizio war klar, dass wir etwas suchen, wo er spielen kann. Weil er in der Entwicklung gehemmt ist, er kommt an Filipovic nicht vorbei. Filipovic ist für mich der beste Linksinnenverteidiger in Österreich. Und da war es schwierig für ihn. Aber er ist jung genug und wenn er jetzt ein Jahr Praxis in Tschechien sammelt, wo er seinen Vertrauenstrainer hat – der auch sein U23-Trainer bei Tschechien war – ist das klasse. Wir haben ja weiterhin die Rechte auf den Spieler und vielleicht brauchen wir ihn noch einmal.

 

Welche Erwartungen hat man an den Neuzugang Marko Pejic?
Den Marko Pejic haben wir dazu geholt, nicht als Spieler wo wir wissen, dass er sofort einschlägt und sofort spielen wird. Wir haben ja diese Positionen auch besetzt im Moment. Aber wir haben ihn langfristig an uns gebunden. Ich kenne den Spieler schon sehr lange, das muss ich auch dazu sagen. Ich wusste schon vor drei Jahren, da war ich noch nicht bei der Austria, von diesem Spieler. Er hat dann ein wenig einen Weg gemacht, war nicht immer glücklich in Siena. Die Siena hat den Vertrag dann aufgelöst und dann ist er zurück, hat dann bei Hajduk Split gespielt. Ich kenne den Spieler und weiß, dass er ein sehr guter Fußballer ist und uns für die Zukunft noch einiges bringen wird.

 

Im Herbst war es so, dass die Austria in der oberen Tabellenhälfte die meisten Gegentore bekommen. Wie beurteilen Sie das Problem in der Defensive?
Das ist ja kein Geheimnis, das wir an dem arbeiten wollten in der Vorbereitung und auch gearbeitet haben. Ich möchte aber auch daran erinnern, dass wir im Jahr 2016 die meisten Tore geschossen haben. Trotzdem ist mir persönlich das Verhältnis geschossener und erhaltener Tore nicht gut genug. Da ist sicher, da haben Sie hundertprozentig recht, die Möglichkeit etwas zu verbessern. Das geht jetzt aber nicht, und das wissen wir auch. Es geht nicht nur um die Defensivspieler oder um den Torhüter. Sondern es geht um das defensive Verhalten der gesamten Mannschaft. Und das fängt bei Ballverlust in der Offensive an. Das heißt die Umschaltphase von offensiv auf defensiv hat nicht immer gepasst. Das hat man dann auch in den Analysen gesehen, dass es da zu viele Fehler gegeben hat. Leider dann auch in der Europa League, zum Schluss in Pilsen. Da hat man auch gesehen, dass wir Schwächen gezeigt haben. Und diese Schwächen gehören bearbeitet und verbessert. Und dann glaube ich, dass wir mit dieser Mannschaft noch sehr viel Freude haben.

 

War es dann eine Überlegung in der Transferzeit einen Verteidiger zu holen, der der Mannschaft direkt weiterhelfen kann?
Dazu muss man erst einmal sagen, dass es, bevor wir etwas holen können, an Kapital bedarf. Und das haben wir nicht. Wir bauen ein neues Stadion, wo wir genau haushalten müssen, wo das Budget ganz genau eingehalten werden muss. Und um Geld ausgeben zu können muss ich zuerst eines einnehmen. Das geht nicht anders. Und diese Innenverteidiger, die Sie sich wünschen oder die ich mir wünsche, die wachsen ja nicht auf dem Baum. Dann haben wir noch das Thema der nicht-österreichischen Spieler. Das ist ja auch da, das ist auch zu berücksichtigen. Es gibt viele Argumente, warum das nicht so leicht funktioniert. Wir haben Verträge die eingehalten werden sollen. Außerdem glaube ich, dass es nicht nur mit der Innenverteidigung oder den Außenverteidigern zu tun hat. Sondern es fängt beim Stürmer an.

 


Besteht Ihrer Ansicht nach die Gefahr, dass sich die Probleme in der Defensive auch im Frühjahr fortsetzen? Oder denken Sie, dass dieses Problem nach der abgelaufenen Vorbereitung zumindest eingedämmt ist?
Zumindest erwarten wir uns, und das ist der richtige Eindruck, dass es verbessert wird. Ob es jetzt zu 100 Prozent abgestellt wird, das kann ich Ihnen nicht versprechen, und das glaube ich auch nicht. Das gibt es auch nicht. Aber das es verbessert ist, das wünsche ich mir schon, weil wir darüber auch immer gesprochen haben. Mit den Trainern, mit den Spielern. Das wäre ein weiterer Schritt in der Weiterentwicklung zum Positiven.

 

Der Spielstil der Austria zeichnet sich in dieser Saison dadurch aus, dass er nicht immer attraktiv, dafür aber in den meisten Fällen effizient ist. Steht da, auch Ihrer Meinung nach, die Quantität über der Qualität?
Das ist nicht mit einem Satz zu beantworten. Auch da haben Sie recht, wenn Sie sagen, nicht immer attraktiv, aber die Punkteanzahl ist nicht so schlecht. Wir wollen das Spiel auch attraktiver gestalten, auch kein Thema. Die genauen Pläne wollen wir jetzt nicht gleich in die Welt hinausschreien. Aber eines ist klar, das kann man sagen: Dass wir verstärkt schneller in die Tiefe spielen wollen. Vielleicht nicht so viel Ballbesitz in der eigenen Hälfte. Dass wir schneller nach vorne kommen. Das ist auch ein Ziel, ist klar. Auf der anderen Seite haben wir binnen fünf Monaten, 17. Juli bis 17. Dezember, 35 Spiele gespielt. 35 Spiele. Die Nationalspieler und U21-Nationalspieler noch ein paar mehr. Und das ist eine gewaltige Anzahl an Spielen. Und dass es da dann natürlich auch hin und wieder Spiele gibt, in denen wir lieber den Ball halten und wenig Fehler machen und dann den Fehlern nicht nachlaufen müssen und dann das Spiel heimspielen, da bitte ich auch um ein wenig Verständnis. So weit ist die Mannschaft nicht, so weit kann die Mannschaft nicht sein, dass sie 90 Prozent der Spiele Vollgas gibt. Das ist unmöglich. Das habe ich ja vorher gesagt: Wir müssen uns an die finanziellen Richtlinien halten, wir bauen immer wieder – und das ist ja auch ein Teil der Philosophie – junge Spieler so früh wie möglich in den Kader der ersten Mannschaft ein. Und wenn wir das so wollen, dann heißt es auch ein wenig Geduld haben. Das geht nicht von heute auf morgen.

 

Sie haben es bereits angesprochen, Sie haben sehr viele junge Spieler im Verein und im Team. Die Austria hat eine der jüngsten Mannschaften der Liga. Auch Trainer Thorsten Fink betonte im 90minuten.at-Interview, dass man in die Zukunft schauen muss, und Spielern das Vertrauen gibt, die erst in ein, zwei Jahren so richtig einschlagen. Diese Philosophie ist also sehr langfristig ausgelegt. Wo sehen Sie selbst also den Verein in zwei, drei Jahren? Was soll bis dahin erreicht werden, was ist der Anspruch?
Der mittel- und langfristige Plan des Vereins ist klar: Beständig im internationalen Bewerb zu sein, sich immer wieder zu qualifizieren. Das ist klar. Der Stadionneubau ist ganz ein wichtiger Bestandteil des Vereins und da stehen wir alle dahinter und da müssen wir alle dahinter sein, dass das gelingt. Und das wird eine fantastische Sache. Nebenbei ist es natürlich wichtig - und das ist ja die Challenge, die große Aufgabe, die ja auch zu einem großen Teil an mir liegt – eine gute Mannschaft zu haben. In der Saison 2018/19 ist ja vielleicht auch der zweite Tabellenplatz genug, um in die Champions-League-Qualifikation zu gehen. Das ist schon eine Vision. Dass wir dann soweit sind, mit diesen jungen Spielern, die jetzt noch einmal eineinhalb, zwei Jahre Ausbildungsphase haben. Da sind wir aber geduldig und wollen das zusammenhalten. Punktuell werden wir uns dann vielleicht schon verstärken, wenn es geht, mit einer guten Transferpolitik. Aber das ist schon ein Thema, wenn der zweite Platz für die Qualifikation auch reicht. Klar wäre es schön Meister zu werden, aber wir müssen auch ein bisschen realistisch bleiben.


Wir danken für das Gespräch!

 

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