Franz Schiemer: 'Das geht in die Hose und das ist mir bewusst'

Gerade ein paar Tage im Amt wird Franz Schiemer als Ried-Manager und Stefan Reiter-Nachfolger kritisch beäugt. Zu jung, zu unerfahren zu alles. Im 90minuten.at-Interview spricht er darüber, wie er Manager wurde, seinen Vorgänger und seine Vorstellungen vo

 

90minuten.at: Wie groß sind die Fußstapfen, in die Sie treten?
Franz Schiemer: Die sind groß, das ist klar. Stefan (Anm.: Reiter) hat nicht umsonst 20 Jahre beim Fußballverein gearbeitet. Das ist heutzutage ein unglaublicher Zeitraum. Weltweit gibt es wenige, die momentan so lange bei einem Verein bleiben. Das zeigt, was für ein wichtiger Mann er für die SV Ried war und ich möchte gar nicht in seine Fußstapfen treten. Es ist jetzt eine andere Zeit und deswegen habe ich vor, Dinge ein bisschen anders als er zu machen. Ich will mich einfach auf diese Zeit freuen. Es geht darum, wieder neue Wege zu gehen und den Verein anders aufzustellen. Das heißt nicht, dass alles, was vorher war, schlecht war.

Die Ablöse von Reiter war nicht unbedingt aus freien Stücken, es soll interne Probleme gegeben haben. Was spricht für Sie dennoch für diesen Generationswechsel?
Da müssen Sie eigentlich den Vorstand fragen. Ich ahne einmal, dass die letzten Jahre eher nach hinten los gegangen sind, es wurde immer gegen den Abstieg gespielt. Von mir erhofft man sich wohl eine andere Richtung. Das ist heutzutage im Fußball so: Wenn der Erfolg ausbleibt, werden Positionen verändert und man probiert etwas Neues. Das ist auch für mich eine Chance, zu zeigen, dass ich das möglich machen kann.

Ist die Situation für Sie belastend, so in diese Position zu kommen?
Nein, ich habe eher das Gefühl, dass die Berichterstattung eher kritisch bis negativ ist. Das kommt mir eigentlich ganz gelegen. Es wäre schwieriger, die Position in Salzburg zu übernehmen, wenn die drei Mal das Double geholt haben. Wenn man es dann nicht holt, hat man ein Problem. Deshalb bin ich eigentlich sehr entspannt. Unabhängig von der Erwartungshaltung freue ich mich auf meine neue Tätigkeit.

Sie werden oft auf Ihr Alter reduziert. Machen wir nicht. Aber für den Sportdirektor ist das Netzwerk wichtig. Ist Ihres groß genug?
Mein Netzwerk ist sehr gut. Ich war bei drei Vereinen, habe viele fähige Leute kennen gelernt und viel mitgenommen. Ich bin 13, 14 Jahre im Profifußball und habe auch abseits vom Rasen sehr viel mitbekommen.

Was haben Sie dem Verein präsentiert, bevor man sich für Sie entschieden hat?
Ich habe meine Vorstellung von modernem Fußball geschildert. Gewisse Dinge aufgezeigt, die man besser machen kann. Es waren ein paar Gespräche, die scheinbar positiven Anklang gefunden haben. Ich habe klare Vorstellungen und das habe ich gerade von meiner Zeit aus Salzburg mitgenommen, von Ralf Rangnick und vom ganzen Verein: Klare Vorgaben und Strukturen helfen, um guten und erfolgreichen Fußball zu spielen. Ohne eine klare Vorgabe vom Verein wird die Sache schwierig.

Wie sieht das optimale Riedspiel aus und inwiefern leitet sich daraus eine Klubphilosophie ab?
Das kann man sehr schwer in ein paar Sätzen beantworten, das ist sehr detailiert.

Ried hat lange Zeit als Rolemodel für kleine Vereine gegolten. Dieser Vorsprung ist fast dahin. Wie soll oder kann die SV Ried sich (neu) positionieren?
Einerseits muss aus dem eigenen Nachwuchs mehr kommen, andererseits muss man besser arbeiten. Man muss versuchen, mehr vorzugeben, wie der Fußball auszusehen hat. Der Fußball muss zum Verein, zu den Werten, der Identität passen. Gleichzeitig – und das geht in die Marketingschiene – innovativ-traditionell. Das ist zwar ein Widerspruch, aber man muss in gewisser Weise riskieren, sich etwas trauen. Aber man darf nicht vergessen, was die SV Ried in den letzten Jahren ausgemacht hat. Das sind langjährige Mitarbeiter, ehrenamtliche, die sich, ohne dass sie Geld damit verdienen, den Oasch aufreißen. Das ist eine spannende Mischung, aus der man etwas machen kann.

 

>>> Seite 2: Franz Schiemer: "Wir wollen überfallsartig attackieren, aggressiv sein"


 

Der Sportdirektor ist ja für das Übergeordente da. Wie sieht der Fußball aus, den Sie wollen? Ballbesitz, Konter? Wenn ich weiß, wie ich spielen will, weiß ich, welche Spieler ich hole.
Ich will attraktiven, offensiven Fußball gespielt sehen. Das ist kein Geheimnis. Wir brauchen auch mehr Leute im Stadion, das war in den letzten Jahren rückläufig. Eine der wichtigsten Sachen ist es, attraktiv zu spielen. Aber wir wollen das auch erfolgreich gestalten. Das ist für mich kein Widerspruch. Dann gibt es ein paar Begriffe, die vielleicht jeder gerne sagt. Wir wollen überfallsartig attackieren, aggressiv sein. Das sind immer Tugenden gewesen, die – vergleichbar mit einem Wikinger – die zu Ried passen. Darum habe ich eine genau Vorstellung von den Grundprinzipien, damit diese Dinge rauskommen. Das sind Überbegriffe, man kann sie leicht sagen, aber wichtig ist, dass es Grundprinzipien gibt. Da geht man sehr weit in den Bereich des Trainers. Ich finde, dass man dem Trainer ganz klar die Ausrichtung vorgeben kann, wie man sich den Fußball vorstellt. Das muss er erfüllen, es an die Spieler weiter geben und runter an den Nachwuchs weiter. Das muss flutschen, damit ein Nachwuchsspieler es auch leichter hat, wenn er in die erste Mannschaft kommt, weil er weiß, wie gespielt wird. So kann man das fördern, dass wieder Spieler von unten rauf kommen.

Geht das kurzfristig mit dem gegenwärtigen Trainer?
Das ist die Kunst an dem Ganzen, darum freut es mich, dass ein Trainer da ist, mit dem man sich super austauschen kann, der nicht stur irgendein Ding im Kopf hat, sondern der sehr offen ist für neue Ideen. Da gilt es genau abzuwägen, was man jetzt schon verändern kann und was in der Zukunft. Man kann jetzt nicht alles umdrehen. Das geht in die Hose und das ist mir bewusst. Es ist schön, dass ich jetzt mit dem Trainerteam heraus arbeiten kann, was man jetzt ändern kann.

 

Wir danken für das Gespräch!

 

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