Karl Daxbacher: ‘Real Madrid ist der größere Reiz’
Der Trainer-Sir in Diensten des SKN St. Pölten sprach mit 90minuten.at über die Unterschiede zwischen dem LASK und seinem jetzigen Klub, seinen Anteil am Nationalteamerfolg sowie die Schwierigkeit, österreichische Talente zu halten. Von Georg Sander
Bei der Saisonrückrunden-Pressekonferenz konnte sich SKN St. Pölten-Trainer Karl Daxbacher gewisse Seitenhiebe auf den ehemaligen Arbeitgeber LASK nicht verkneifen. Seine Linzer hatten ihn im Frühjahr vor die Türe gesetzt, wollten einen Turnaround schaffen, der so notwendig gar nicht gewesen wäre. Daxbacher lehnte sich zurück, sagte dem Klub aus der Geburtsstadt St. Pölten unter dem Vorbehalt zu, er würde nur kommen, hielten diese die Klasse. Ein knappes Jahr später hat Daxbachers SKN zwei Zähler mehr vor dem Rückrundenstart als – richtig – der dann doch nicht aufgestiegene LASK. Die Klubs selbst unterscheiden sich stark.
Da der Traditionsverein und Meister von 1965, der fast im Konkurs war und von 19 Freunden vor dem Mäzen (?) Peter Michael Reichel gerettet wurde. Und dort der SKN, ein Projekt, aus der Konkursmasse des alten, 1973 aus zwei St. Pöltner Klubs hervorgegangenen und 2000 als FC Niederösterreich zu Grabe getragenen VSE. Ein Klub, der über ein tolles Stadion verfügt und mehr als genug von dem, was man sich in Österreich allerorts wünscht: Unterstützung aus der regionalen Politik. Tja, Herr Daxbacher, wie ist das so beim einen Klub gewesen, wie beim anderen?
90minuten.at: Was ist der Unterschied zwischen dem LASK und dem SKN St. Pölten?
Karl Daxbacher: Man muss sagen, dass der LASK in den letzten Jahren eine schwierige Zeit mitgemacht hat. Es wird immer von der Tradition geredet und dann waren wir in der Regionalliga kurz vor dem Exitus. Die Umstände waren schwierig, wir sind aufgestiegen, es gab den Umstieg von Präsident Reichel auf die Freunde. Damit kam noch mehr Schwung und eine noch höhere Erwartungshaltung. Das haben wir gleich nach dem Aufstieg gemerkt. Das hat man auch nach meiner Ablöse nach nur einer Niederlage gemerkt. Beim LASK ist grundsätzlich noch mehr Potential vorhanden, man muss sich vorstellen, dass man 20 Freunde auftreibt, die jährlich 75.000 Euro zuschießen. Das ist in St. Pölten oder anderswo kaum möglich. Das Potenzial ist also da. Es ist auch Zuschauerpotential da, das aber noch enttäuschend ist. Auch in meiner ersten Zeit als Trainer beim LASK war der Schnitt bei fünfeinhalb Tausend. Jetzt sind es deutlich weniger. Da gibt es einen Unterschied. St. Pölten, was soll man sagen: Hier bin ich grundsätzlich ein bisserl mehr zuhause. Man war einverstanden, dass ich als Trainer komme und jetzt haben wir das auch gerechtfertigt.
Hätten Sie nach der letzten Saison gedacht, dass Sie punktgleich mit dem Ersten in Ihre erste Rückrunde gehen?
Nein, aber das letzte Drittel unter Trainer Fallmann (Anm.: in der abgelaufenen Saison) war auch schon sehr gut. Das war auch der Grund, warum wir an der Mannschaft nicht viel geändert haben. Das hat uns auch Hoffnung gegeben und gezeigt, dass da eine Mannschaft ist, dass Potential da ist. Es gab zu Beginn der Saison leider ein bisschen Verletzungspech und wir konnten das nicht ganz bringen. Man hat bei den Spielern aber gemerkt, dass sie von sich selber etwas erwarten. Jetzt ist der Zwischenstand natürlich noch positiver, als wir uns alle das erwartet haben. Ich habe mir schon erwartet, dass wir mit gewissen Chancen ins Frühjahr gehen können, dass wir aber ganz vorne sind, ist klarerweise überraschend.
Liegt es vielleicht auch daran, dass man selbst das Ziel „Aufstieg“ im Sommer nicht ausgegeben hat?
Wir haben gesagt, dass wir heuer vorne mit dabei sein wollen und nächstes Jahr aufsteigen wollen. Jetzt ist das noch konkreter geworden. Man merkt schön langsam im Umfeld mehr Interesse. Jetzt wird die Erwartungshaltung steigen. Wir haben uns auch vorgenommen, nicht in Panik zu verfallen. Wir waren neun Punkte hinter Innsbruck und haben das aufgeholt; wenn Innsbruck dann nicht in der Schlussphase ausgleicht, wären wir ganz vorne (Anm.: Daxbacher dürfte auf das 3:3 am 18. Spieltag zwischen Wacker und Wiener Neustadt anspielen, Säumel glich in der 87. Minute aus). Das zeigt, dass vieles möglich ist. Das wird eine ganz spannende Frühjahrssaison. Wir wollen da auch gegen die vermeintlich Schwächeren keine Punkte abgeben. Früher war immer der LASK der Favorit, aber so klar ist das nicht und der Druck ist einfach da.
Vor dem LASK waren Sie ja FAK-Coach. Da haben Sie einen Fokus auf den Aufbau von Spielern gelegt. Da gibt es nun einige, die aufzeigen...
Viele, wenn man es zusammen rechnet, werden wir auf zehn kommen. Dragovic, Baumgartlinger, Junuzovic, Klein; das werden schon zehn. Das freut mich schon, dass ich da meinen Teil dazu beigetragen. Natürlich nicht alles, weil jeder Trainer hat einen gewissen Anteil. Das vergessen viele.
Meine Frage wäre aber in die Richtung, wie dass beim SKN mit Ihrer Expertise aussehen soll. St. Pölten hat eine gute Akademie, die besten Kicker gehen aber sehr schnell. Sind Sie da dahinter?
Das wäre absolut zu empfehlen. Aber es ist schwierig, weil St.Pölten noch kein Bundesligaklub ist. Bei den Besten haben wir keine Chance, etwa bei einem Grillitsch oder dem Baumgartner. Der ist 17, ein außergewöhnliches Talent. Wir können ihn zu uns nehmen und die Möglichkeit geben zu spielen. Aber den kriegen wir nicht.
Mit der Westbahn kann man ja – aus SKN-Sicht – in St. Pölten daheim bleiben und beispielsweise bei der Austria trainieren.
Das kommt noch dazu. Aber die werden von deutschen Klubs umworben. Die Besten werden wir nicht kriegen.
Sie müssen Sie also schon mit 16 Jahren spielen lassen?
Die Akadmie gehört ja nicht dem Klub, sondern dem Verband. Das ist eine Problematik, die etwa auch in Linz besteht. Das will man ändern. Aber die Akademie kostet im Jahr auch wieder eine Million Euro.Das ist für St. Pölten in dieser Situation nicht machbar. Ich war ja vor vielen Jahren BNZ-Trainer (Anm.: Bundesliganachwuchszentrum, Vorläufer der Akademien), da war es noch St. Pölten. Aufgrund wirtschaftlicher Geschichten wurde das weg genommen. Natürlich wäre das gut. Wir können manche Spieler, wie Bernd Gschweidl, zurück holen, wenn sie es nicht ganz schaffen; wenn die einen Schritt zurück machen, um wieder vorwärts zu kommen. Ein Aufstieg würde helfen, dann wären wir attraktiver. So ist die Infrastruktur natürlich top. Aber die Reputation noch nicht, die man bräuchte, damit die Spieler wirklich da bleiben. Aber auch Austria und Rapid haben Probleme, die hoch talentierten Spieler zu halten. Der geht dann zu Real Madrid oder nach England und Deutschland. Das ist der größere Reiz.
Wir danken für das Gespräch!