Hans Reinisch: 'Wir wurden absichtlich irregeführt'
Wr.-Neustadt-Präsident Hans Reinisch geht im 90minuten.at-Interview in Sachen Ligenreform in die Offensive: Die Vereine wurden von der Bundesliga-Spitze bewusst irregführt, das Vorgehen der Führung ist unprofessionell und bringt mehr Probleme als es lösen
Herr Reinisch, Wiener Neustadt wäre wohl einer der betroffenen Vereine einer Ligareform, so wie sie derzeit kolportiert wird. Wie beschreiben Sie die Stimmung nach der gestrigen Klubkonferenz in Klagenfurt?
Hans Reinisch: Die Stimmung ist meiner Meinung durchwachsen und vollkommen uneinheitlich. Ich möchte auch erklären warum: Die Präsentation der Vorstände hat zwar aufgezeigt, was die Vereine der Tipico-Bundesliga künftig erwartet. Es wurde aber nicht präsentiert, welche Auswirkungen es auf die Vereine hat, deren Format künftig ganz entscheidend verändert wird. Das Ganze ist aus meiner Sicht daher überhastet und nicht durchdacht, vor allem für jene Vereine, die künftig nicht mehr in der obersten Liga sein werden , da sie die Vorrausetzung gar nicht zeitgerecht erfüllen können.
Was bedeutet dies für Sie als Klubpräsident?
Wir haben zwei ganz klare Themen: Es gibt derzeit einen aufrechten Beschluss, dass das Format bis 2020 nicht verändert wird. Als erstes müsste man diesen Beschluss aufheben. Ich höre dann immer, wir müssen das Format dringend ändern, weil die Wirtschaftlichkeit der Sky Go Ersten Liga nicht gewährleistet ist. Das Lizenzverfahren war dieses Jahr 20 bis 30% härter als je zuvor und 80% der Vereine haben die Lizenz in erster Instanz bekommen. Die Vereine haben sehr wohl hart gearbeitet. Wenn man jetzt plötzlich sagt, nächstes Jahr geht das alles nicht mehr, ist das rein hypothetisch. Dann sollte man den Vereinen jetzt helfen und sie nicht abschaffen!
Wie ist es Wiener Neustadt heuer beim Lizenzverfahren gegangen?
Das ist ja der nächste Punkt: Wir haben die Lizenzunterlagen laut den Lizenzregeln abgegeben und auch noch eine Woche vor Vergabe der Lizenz der Liga bestätigen müssen, ob die Unterlagen so auch korrekt sind und es zu keinen Änderungen gekommen ist. Dann kommt einen Tag vor der Lizenzabgabe das Interview mit Bundesliga-Vorstand Ebenbauer und er meint darin, dass man das Format umgehend ändern wird.
Was haben Sie sich dann gedacht? Sie hätten sich wohl eine Lizenzabgabe überlegt? Schadenersatz? Können Sie das konkretisieren? Präsident Hans Rinner meinte im 90minuten.at-Interview, dass man bis 31. Mai einen Beschluss fassen wird – das ist fix. Sehen Sie das auch so? Dh. ein Beschluss am 31. Mai gilt als nicht so sicher, wie das kommuniziert wird? Es waren zumindest auch mehrere Vereine aus der tipico-Bundesliga dabei, die ebenfalls gemeint haben, dass der jetzige Informationen nicht ausreichend erklärt wurde und daher eine Entscheidung nicht getroffen werden sollte. Ich weiß ja gar nicht, was da überhaupt beschlossen und welche Auswirkungen das dann konkret auch aus finanzieller Sicht auf uns haben wird. Als Unternehmer muss ich sagen: Der Vorstand muss zuerst seinen Aufgaben gerecht werden und die zu erwartenden Einnahmen, im speziellen den in 2018 auslaufenden Sky Go Vertrag vorverhandeln oder einen Alternativ-Vertrag präsentieren und erst dann kann man über eine mögliche wirtschaftliche Veränderung bestimmen. Nur an der Kostenschraube zu drehen ist unprofessionell und hat noch in den wenigsten Fällen einen erfolgreichen zukunftsorientierten Ausgang gehabt. Da ist halt unternehmerisches Denken gefragt und ich stehe dafür gerne mit Hilfe zur Verfügung. Welche Hausaufgaben meinen Sie konkret? Nehmen wir Sky oder zukünftige Sponsor-Verwertungsrechte her: Jedes Medienunternehmen – und ich komme aus der Branche – hat einen Planungszyklus von zwei bis drei Jahren. Ich muss doch zuerst die Verträge mit den TV-Partnern und alternativen möglichen Partnern neu verhandeln, um zu wissen, was dann für die Vereine als Erlös übrig bleibt. Derzeit hören wir nur, dass wir Kosten sparen müssen, wissen aber nicht, welche Einnahmen uns 2018 zur Verfügung stehen werden. Das ist für ein erfolgreiches und zukunftsorientiertes Unternehmen untragbar. Daher jetzt verhandeln, abschließen und vorlegen. Dann weiter entscheiden. Das kann in den nächsten 3-6 Monaten geschehen. Kommen wir zum möglichen Beschluss vom 31. Mai zurück. Es könnte dennoch ein Beschluss herbeigeführt werden, auch ohne Zustimmung von Wiener Neustadt & Co? Was aber, wenn trotzdem gegen diese Vereine ein Beschluss durchgeboxt wird? Was meinen Sie damit? Dh. so wie Grödig könnten Sie sich vorstellen, dass Wiener Neustadt die Lizenz zurückgibt? Sie haben dem Vernehmen nach gestern in Klagenfurt Erwin Fuchs zum Rücktritt von seiner Funktion als Bundesliga-Vizepräsident aufgefordert. Warum? Wie hat Erwin Fuchs auf Ihre Aufforderung reagiert? Sehen Sie weitere Auswirkungen auf sich zukommen, wenn der Plan so umgesetzt wird? Wo sehen Sie daher einen Lösungsansatz? Der 31. Mai ist nicht mehr weit entfernt. Wie soll es jetzt aus Ihrer Sicht weitergehen? Und wie sähe dann der Zeitplan aus? Präsident Rinner argumentiert damit, dass die Aufschiebung des Wartungserlasses damit verknüpft ist, dass der Beschluss mit 31. Mai gefasst wird .. Danke für das Interview! >>> Bundesliga-Präsident Hans Rinner: ‚Es geht nicht um eine Kampfabstimmung‘
Wir wurden daher bei der Lizenzvergabe absichtlich irrgeführt. Wir sollen uns für die Lizenz der Sky Go Ersten Liga bewerben, mit feststehenden Parametern, was wir auch getan haben, und einen Tag vor der Lizenzvergabe bekommen in der Presse mitgeteilt, dass sich die Spielregeln geändert haben! Was denken Sie denn, wie wir als verantwortungsvolle Unternehmer mit persönlicher Haftung entschieden hätten, wenn wir diese Info schon am 15. März, als wir die Unterlagen abgegeben haben, gehört hätten?
Richtig, dann hätten einige Vereine nicht mehr um die Lizenz angesucht und die Liga wäre schon ab 2016/17 komplett kaputt gewesen. Das muss man sich ja vorstellen: Für die Lizenz gibt es persönliche Haftungen, die wir für unsere Verträge eingehen. Und jetzt sollen wir dann ab 2017/18 aus dem Profifußball ausscheiden und nicht mehr wissen, wie es weitergeht? Das ist absurd. Da geht es in Richtung Schadensersatz.
Wir sind bereits ab 1. Juli eine Kapitalgesellschaft, weil das in der Lizenzierung auch so vorgesehen war und wir als SCWN mit 1.7.2016 bilanzieren. Das hat viel Zeit und Kapital gekostet. Und jetzt brauchen wir das Ganze in einem Jahr vielleicht nicht mehr? Das ist Irreführung. Das ist das Schlimmste, was man machen konnte. Das ist Panikmache.
Das sehe ich ganz und gar nicht so. Wer sagt denn, dass wir einen Beschluss fassen müssen? Wir selbst sind die 20 Eigentümer der Liga; wir selbst müssen beschließen, ob wir das derzeit bis 2020 festgeschriebene Format von 10+10 aufgeben wollen oder nicht. Was man jetzt plant ist aus wirtschaftlicher Sicht äußerst bedenklich: Wir beschließen etwas, wissen aber noch nicht, was mit uns dann genau passiert. Das ist der falsche Weg.
Meiner Wahrnehmung ist es so gewesen, dass die Mehrzahl der Klubs über eine Veränderung nachdenken wollen, aber gezielt, mit präziser Information und klaren Auswirkungen aller Bereiche bis hin zum Nachwuchssport. Ich wiederhole mich – doch nicht über etwas abstimmen, wenn wir nicht einmal wissen, worüber wir genau abstimmen. Nach dem Qualtinger Motto: „Wir wissen zwar nicht genau wo wir hinfahren, dafür sind wir aber schneller dort!“ Einigen großen Vereinen ist das natürlich egal, weil sie ja nicht direkt betrifft. Es betrifft in erster Instanz nur die Sky Go Erste Liga Vereine, die jetzt vor einer ungewissen Zukunft stehen, deren Sponsoren, Spieler und Fans total verunsichert. Es sollte aber allen bereits jetzt klar sein, welche verheerende Auswirkung eine überhastete Veränderung es auch auf den Nachwuchssport und Breitensport haben könnte.
Dass der Aufsichtsrat und Vorstand jetzt meinen, wir müssen unbedingt einen Beschluss fassen ist mir unerklärlich. Ich verstehe nicht, warum wir uns als Unternehmen jetzt diesen Druck selbst machen würden. Warum nicht in 3-6 Monaten mit kompletten Unterlagen dann eine Entscheidung treffen, die zeitlich für alle akzeptabel, gut durchdacht und für den Sport zukunftweisend sein wird. Ich bin daher der Meinung, dass ein überhasteter Beschluss nicht im vollen Interesse aller 20 Eigentümer und auf keinen Fall im Interesse der Vereine der Sky Go Ersten Liga ist. Das kann Auswirkungen haben, die sicher unterschätzt werden und ich sehr hoffe, dass sich ein professioneller Vorstand von einer solchen Brechstangenpolitik Abstand nimmt.
Die betroffenen Vereine könnten sich überlegen, ob sie mit der Lizenz überhaupt noch in der kommenden Saison weiterspielen werden.
Zum Beispiel, obwohl ich nicht weiß, ob das jetzt noch geht. Ich kann aber auch hergehen und Wiener Neustadt im kommenden Jahr mit einer vollkommen veränderten und abgespeckten Mannschaft antreten lassen. Der Schaden für das Image der Liga wäre enorm. Ich kann doch als Unternehmer nicht das Geld meiner Sponsoren ohne eine Zukunftsvision verbrennen.
Wir wurden über die im Vorfeld wohl stattgefundenen Diskussion nicht umfassend informiert. Ob jetzt Erwin Fuchs die Informationen nicht weitergegeben hat oder ob Fuchs selbst nicht entsprechend informiert wurde, kann ich nicht beurteilen. Wir hören dann immer von der Bundesliga-Führung: Das haben wir doch schon vor acht Monaten beschlossen, ihr hättet euch doch informieren müssen. Das finde ich absurd: Das wäre der erste Aufsichtsrat/Vorstand der meint, man muss sich selbst informieren. Selbstverständlich hat der Vorstand hier eine Bringschuld und zwar direkt und nicht nur über die Vorstandsvertreter.
Er meinte, er sei selbst nicht entsprechend informiert worden. Die andere Seite meinte: Natürlich hast du es gewusst, du warst ja bei den Sitzungen dabei. Wie auch immer: Ich bleibe dabei, der bestehende Vorstand hat durch dieses Interview einen Tag vor Lizenzbekanntgabe die Vereine nachweislich in die Irre geführt.
Es drängt sich derzeit alles um die Frage, wie viele Profis wir haben. Die Unterstützung im Breitensport ist jedoch extrem wichtig. Wenn die Sky Go Erste Liga jetzt eliminiert wird, fehlt ein extrem wichtiger Baustein in einem System – das wird sich dann bis unten ziehen. Wenn Nachwuchsspieler keine Möglichkeit mehr sehen, in den Profifußball aufzusteigen, sieht es schlecht aus mit dem Breitensport. Wenn es keinen Profifußball mehr in Wiener Neustadt mehr geben sollte, wir es auch jährlich keine 280.000 Euro mehr geben, die in den Nachwuchssport fließen. Das ist dann vorbei. In der neuen Form der zweiten Liga wird verlangt, dass man Montag bis Freitag arbeitet und dann am Samstag nach Wattens zu einem Spiel fährt? Wie soll das denn gehen? Die Aussage des Vorstandes, Vereine weiterhin gerne auch Profis anstellen können, kommt ja eher einem Scherz gleich.
Das ist ein Thema, das nicht nur von der Liga und dem ÖFB allein gelöst werden kann. Da müssen Gespräche mit dem Sport- und Finanzministergeführt werden, die Liga muss mit öffentlichen Geldern für den Nachwuchssport gezielter unterstützt werden und es muss Erleichterung im Übergang auf andere Formate langfristig bekommen. Dazu müssen aber auch wir unsere Hausaufgaben einer verbesserten Vermarktung machen. Die Welt und Medienlandschaft verändert sich, neue Länder entdecken den Fußball. Neue Technologien bringen neue Märkte, also alles in allem besser planen, entscheiden international verbessern. Wenn Österreich bei der EM gut abschneidet wird dies eine so positive Wirkung haben, da können wir uns nicht totsparen.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Wir können diese Lösung wie präsentiert so durchpfuschen. Das wäre ein erheblicher Schaden für den Sport und den Fußball. Wenn man das aber nicht will und ich gehe davon aus, dass man das nicht will, sollte man sich jetzt noch sechs Monate Zeit nehmen, um eine Wirtschaftlichkeitsberechnung durchzuführen. Man müsste auch sofort damit beginnen, mit den TV-Partnern Gespräche zu führen oder auch mit anderen, neuen Medien, zudem braucht es Gespräche mit dem Sportministerium über Fördermöglichkeiten.
Das neue Ligensystem kann aus meiner Sicht auf keinen Fall 2017/18 umgesetzt werden, das wäre fahrlässig. Es könnte 2018/19 sein, aber optimal wäre kommt es gut vorbereitet in 2019/20.
Ja, da winkt er leider unglaubwürdig mit dem Damokles-Schwert. Man sollte doch auch diesen Termin nach hinten verhandeln können wenn es eine klare Entscheidung gibt. Das ist ja laut seiner Information auch schon geschehen, wenn es eine Veränderung geben würde, also was jetzt? Wenn er das nicht für möglich hält, muss man halt Personen dorthin schicken die daran glauben, auch dafür stehe ich ihm gerne zur Verfügung.