‚Bei Austria Salzburg haben wir uns von allen schlechten Möglichkeiten für die beste entschieden‘

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer spricht im 90minuten.at-Interview über Sinn oder Unsinn des Profifußballs, warum die Alps Premier League mehr ein Hirngespinst als eine realistische Option und die Liga sportlich gesehen gut unterwegs ist. Das Gespr

 

Seit dem Abgang von Georg Pangl vor zwei Jahren ist Christian Ebenbauer gemeinsam mit Reinhard Herovits an vorderster Front für die Geschicke der Bundesliga verantwortlich. Mit Konzepten, Verschärfungen und Visionen wird versucht, die österreichische Liga wieder weiter oben zu positionieren. Die harte Realität holt Ebenbauer aber dann doch immer wieder ein. Kaum ist eine Baustelle so gut wie erledigt, brechen neue oder alte wieder auf. Austria Salzburg, Ligenformat, Profiliga-Diskussionen – sind einige der aktuellen Diskussionsfelder. In einem Restaurant mit guter bürgerlicher, Wiener Küche nimmt sich Ebenbauer eine Stunde Zeit, um sich den Fragen zu stellen – danach wartet bereits der nächste Termin: Die Übergabe der neuen Toyota-Bundesliga-Fahrzeuge.

 

90minuten.at: Vor wenigen Wochen haben wir die Finanzkennzahlen der 20 Profivereine veröffentlich. Dabei wurde wieder einmal deutlich: Der Gang in das Profigeschäft hat Austria Salzburg an den Rand der Existenz gebracht. Sehen Sie das als punktuelles Scheitern eines Klubs oder krankt es am System?
Christian Ebenbauer: Dazu ist das Lizenzierungssystem grundsätzlich da, das ist der Schlüssel zum Erfolg für eine funktionierende Meisterschaft, da die wirtschaftlichen, infrastrukturellen und personellen Kriterien gegeben sein müssen. Die Lizenzierung soll auch eine Unterstützung sein, es gibt auch Workshops für Regionalligisten – das alles dient der Bewusstseinsbildung, um zu erfahren, was notwendig ist, um im Profifußball dabei zu sein. Man verdient im ersten Jahr im Profifußball nicht sehr viel Geld, sondern es kostet sehr viel Geld. Einnahmen wie TV-Gelder werden schnell verschlungen. Generell hat sich das schon stark verbessert, weil viele Klubs von sich aus schon auf den Lizenzantrag verzichten, weil sie noch nicht so weit sind. Das ist aus meiner Sicht auch am Beispiel Salzburg zu sehen. Der einzige Unterschied hier war die zusätzliche Problematik mit der Infrastruktur.

 

Eine Konsequenz bzw. eine Lehre daraus ist der Beschluss, dass ein Verein im Rahmen der Lizenz ein Stadion nennen muss, das für alle Spiele der Saison zugelassen ist?
Wir haben sehr kurzfristig bei der Hauptversammlung im Dezember reagiert, in dem wir die Ausweichstadien-Regelung angepasst haben. Jeder Klub muss jetzt ein Stadion für alle Spiele haben. Es gibt hier aber weiterhin Ausnahmen, so kann ein Klub bis bspw. zu vier Sperrtermine pro Jahr angeben oder zur Zuschauergewinnung in ein größeres Stadion ausweichen. Beispiel wäre Ried, wo alle zwei Jahre eine Messe stattfindet und das Stadion dann nicht zu benützen ist. Beim Aufsteiger aus der Regionalliga aber auch von der Sky Go Ersten Liga in die tipico Bundesliga gibt es ebenfalls die Möglichkeit, ein Ausweichstadion zu nennen, nur muss zu Saisonbeginn nachgewiesen werden, dass die notwendigen Umbauarbeiten im ursprünglichen Stadion auch umgesetzt werden.

 

Das hätte aber den Fall Austria Salzburg auch nicht verhindert?
Die wesentliche Änderung ist, dass ein Stadion für alle Spiele zugelassen sein muss. Das war ja in Maxglan nicht der Fall, was allerdings erst nach Fertigstellung des Stadions im September behördlich festgestanden ist.

 

Die Stadion-Posse rund um Austria Salzburg war aber eigentlich Hausgemacht, da man die Stadionlizenzierungsbedingungen in einem wichtigen Punkt erleichtert hat: „In besonderen Fällen kann (zur Wahrung der Wettbewerbssicherheit) von der Beschränkung auf zwei Lizenzbewerber/-nehmer je Stadion, der Gebietsbeschränkung sowie der Antragsfrist (auf Nutzung des Ausweichstadions) abgesehen werden." Wo ein Schlupfloch, da wird es auch gefunden. So ist es auch eingetreten?
Es hat damals zwei Änderungen gegeben. Die eine ist die Erweiterung der Kilometergrenze auf 150. Das war vor allem mit Blick auf Altach nur fair, weil der Klub sonst als einziger Verein kein Ausweichstadion hätte nennen können. Die andere Änderung ist halt auch eine Frage, wie viel finanzielle Mittel haben wir in Österreich, um für jeden Klub ein adäquates Stadion zu bauen. Es macht keinen Sinn - überspitzt formuliert - 30 Top-Stadien zu bauen bzw. zu verlangen. Diese Bestimmung ist noch immer aktuell, der Senat 5 braucht einen Spielraum, weil das höchste Gut ist der Wettbewerb, der durchgeführt werden soll. Damit können wir bei Fällen wie jenen, wo eine Behörde wenige Tage vor dem Match die Genehmigung entzieht, reagieren.

 

Durch diese Bestimmung entsteht jedoch ein schwer definierbarer Graubereich? Öffnet dies nicht Tür und Tore für Begehren der Vereine?
Klarheit ist immer gut, schränkt aber auch immer in alle Richtungen ein. Ich bin der Meinung, dass wir uns im Fall Salzburg von allen schlechten Möglichkeiten für die beste entschieden haben. Damit meine ich das Geisterspiel zum Beispiel. Es ist wichtig, dass das Spiel im Sinne der Meisterschaft durchgeführt wurde. Auch das verschobene LASK-Spiel war wichtig, dass es im Endeffekt stattgefunden hat.

 

Aus Ihrer Sicht die beste Lösung, aber für das Image der Liga waren diese Wochen natürlich mehr als schädigend…
Das kann man wohl laut sagen. Aber wenn man alle Möglichkeiten betrachtet, wäre alles ein Kompromiss gewesen. Aus meiner Sicht wäre es noch schlechter gewesen, wenn wir zwei Spiele mit 0:3 gewertet hätten.

 


Wenn man sich die Finanzzahlen der Sky Go Ersten Liga ansieht, gibt es einen Verein mit einem deutlichen Gewinn, einen Verein mit einem herben Verlust. Der Rest ist froh, knapp positiv bzw. knapp negativ bilanzieren zu können. Gesamt gesehen ist das keine Liga, wo man gutes Geld verdienen kann, oder?
In der Sky Go Ersten Liga muss man sich bewusst sein, dass man zwei bis 2,5 Mio. Euro Budget benötigt. Dieses Budget sollte auf den klassischen Säulen gut verteilt sein – TV-Einnahmen, Zuschauer, Sponsoring/Merchandising. Dass die Sky Go Erste Liga eine Übergangsliga ist und auf Grund dieser Stellung Schwierigkeiten hat, ist offensichtlich. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass es zwingend notwendig ist, dass die tipico-Klubs 22% ihrer Einnahmen aus der Zentralvermarktung abtreten. Die Solidarität ist gut gegeben und dies ist auch wichtig so. Man benötigt im Sinne des sportlichen Erfolges – und dieser ist sehr gut derzeit in Österreich – einen homogenen Übergang zum Profifußball, vor allem, wenn wir keine amerikanischen Verhältnisse einer geschlossenen Liga haben wollen.

 

Woran liegt es aber, dass die kumulierten Umsatzzahlen der vergangenen Jahre keine nennenswerte Steigerung zeigen?
Zunächst muss gesagt werden: Noch mehr sparen ist in den Klubs aus meiner Sicht nicht mehr möglich. Hier ist das unterste Limit erreicht. Man hat im letzten halben Jahr gesehen, wie erfolgreich die Sky Go Erste Liga sein kann, wenn man Medienwerte, etc. betrachtet. Allerdings ist auch hier die Infrastruktur ein Schlüssel zum Erfolg. Mehr Erlöse bekommt man dann, wenn der Komfort in den Stadien erhöht wird.

 

Aber wie sollen die Klubs investieren, wenn die Klubs finanziell – wie Sie vorher erwähnt haben – mehr oder weniger am unteren Limit angekommen sind? Und wenn Klubs wie Austria Salzburg investieren, bringt es sie an den Rand der Existenz…
Wenn man den Schritt in den Profifußball so anlegt, dass man gerade einmal die Mindestanforderungen erfüllt, dann ist man zwar den Regeln entsprechend dabei, aber es gibt keine Investitionsmöglichkeiten mehr, damit man über die Umwegrentabilität mehr erreichen kann. Im Fall von Austria Salzburg wäre es vielleicht klüger gewesen, noch zu warten, bis die Infrastruktur da ist und dann erst den Schritt in den Profifußball zu wagen.

 

Wiener Neustadt hat Zweifel, ob ein Lizenzantrag gemacht werden soll. Vor wenigen Tagen hat auch Austria Klagenfurt signalisiert, dass ein Verbleib in der Sky Go Ersten Liga alles andere als fix scheint. Es könnte also durchaus sein, dass es diese Saison keinen sportlichen Absteiger gibt. Macht das nicht nachdenklich, wenn man über dieses Ligenformat nachdenkt?
Fakt ist, dass die zwei Absteiger in der Sky Go Ersten Liga ein Thema sind, die aufgrund der erhöhten Risikobereitschaft zu wirtschaftlichen Problemen führt. Zwei Absteiger aus zehn Klubs sind einfach sehr bzw. zu hoch. Dabei werden wir nicht lange bleiben können. Wenn wir in diesem Jahr genau das Gegenteil vorfinden, dass zumindest aus jetziger Sicht, der Abstieg zu 50% aus wirtschaftlicher Sicht geklärt ist, vielleicht sogar zu 100% fixiert wird, zeigt das den notwendigen Zwang, dass man eine Erlösoptimierung braucht, wenn man einen homogenen Übergang will.

 

Ist die Sky Go Erste Liga aus Ihrer Sicht eine Profiliga?
Laut den Mindestanforderungen des Kollektivvertrages, laut der Regelung der Mindestanzahl von Profispielern pro Verein, die angemeldet sein müssen, ist es eine Profiliga. Da sind wir in den Anforderungen im Vergleich zu den anderen, vergleichbaren Ländern sehr gut entwickelt, noch dazu, wenn wir zum Beispiel jedes Spiel dieser Liga live übertragen. Dass die Gehälter der Spieler höher sein könnten bzw. die Schere aufgeht, ist wie in der allgemeinen Wirtschaft. Es wird kein Arbeiter – so auch im Fußball – gezwungen, den Job anzunehmen. Es ist ein harter Verdrängungskampf, auch das ist keine Besonderheit im Fußball. Früher gab es immer die Beschwerden, dass die Klubs zu viel ausgeben. Jetzt agieren die Klubs zum höchsten Teil mit den Möglichkeiten, die sie haben. Mehr ist derzeit einfach nicht da.

 

Klar, die Frage ist dann aber, ob man nicht zu dem Schluss kommt, ob es sich dabei um eine Profi-Liga handelt?
Es ist zwangsläufig eine Profiliga, wenn wir pro Klub 20 gemeldete Profis haben, die zumindest laut Kollektivvertrag bezahlt werden.

 

Es gibt aber auch Lichtblicke: Der SV Mattersburg hatte in der vergangenen Saison in der Sky-Go-Ersten-Liga ein Budget von über neun Millionen Euro und gab mehr als fünf Millionen Euro für das Personal aus. Die Lizenzierung dient hauptsächlich dazu, ob die Mindestanforderungen erfüllt werden, aber sind diese Zahlen nicht zu gut?
Geht zu gut?!

 


Anders gefragt: Mattersburg wäre dann der Vorzeigeverein für alle anderen Vereine. Was machen die Burgenländer anders?
Aus Lizenz-Sicht ist Mattersburg ein Vorzeigeverein. Die Mattersburger hatten in den vergangenen 15 Jahren nie eine Auflage bei den Lizenzen oder mussten in die zweite Instanz gehen. Wie genau die wirtschaftlichen Verhältnisse oder diese Möglichkeiten zustande kommen, weiß ich – so wie bei den anderen Klubs – auch nicht.

 

Kurz gesagt: Der SV Mattersburg ist nicht projezierbar auf die anderen Vereine der Sky Go Ersten Liga?
Scheinbar leider nicht, sonst hätten es andere Vereine schon getan.

 

Kommen wir zur tipico Bundesliga. Wenn man Red Bull Salzburg ausklammert, erkennt man ganz klar eine Umsatzstagnation in den vergangenen Jahren. Wir sind auf dem Umsatzniveau von 2009/2010. Umsatzsteigerungen gibt es nur, wenn ein Verein international agiert oder einen nennenswerten Transfer abwickelt. Wo kann man die Schrauben noch drehen, um den Umsatz innerhalb der Liga anzukurbeln?
Aus unserer Sicht – und das haben wir im Universum Fußball klar erwähnt – ist es die Infrastruktur. Das ist der Schlüssel, da muss ich mich wiederholen. Wir werden das bei Rapid und später dann bei der Austria sehen. Fußball ist ein Freizeitdienstleister und gerade in einem Kulturland wie Österreich starker Konkurrenz ausgesetzt. Wir müssen den Konsumenten etwas bieten. Das geht über alle Bereiche – Komfort, Verpflegung, An- und Abreise, Toiletten, etc.

 

Eine andere Säule der Einnahmen ist der TV-Vertrag. Der aktuell laufende Vertrag war ursprünglich auf fünf Jahre mit Option zum Ausstieg nach drei Jahren. Diese Option hat die Liga nicht gezogen. Waren Sie nicht davon überzeugt, die Erlöse zu steigern?
Man muss die Alternativen sehen. In allen Ländern mit signifikanten Steigerungen bei den TV-Geldern gibt es einen Konkurrenzkampf um die Pay-TV-Rechte. Israel hat zum Beispiel eine 300%ige Steigerung erreicht, weil erstmals ein zweiter Pay-TV-Anbieter mitgeboten hat. Wir sind ständig am Analysieren, welche Möglichkeiten es gibt. Fakt ist, dass wir neben Sky derzeit keinen anderen Anbieter am Markt haben.

 

Die Antwort habe ich so erwartet. Die Frage, die ich auch schon vor drei, fünf oder sieben Jahren gestellt habe: Wäre es nicht langsam an der Zeit, aus Sicht der Bundesliga mitzuwirken, dass ein Markt aufgebaut werden kann? Mit der hohen Verfügbarkeit im Free-TV ist es vermutlich schwer, einen Markt aufzubauen…
Natürlich. Aber ich verweise darauf, dass bei der letzten Ausschreibung auch exklusive Rechte ausgeschrieben waren. Dort haben wir kein Angebot bekommen. Damit hat sich die Frage nicht gestellt, unsere Hausaufgaben haben wir erfüllt.

 


Ich möchte auch das Thema Ligenformat ansprechen. Sind wir uns einig, dass zwei Absteiger in der Sky Go Ersten Liga zu viel sind?
Ja, definitiv.

 

Welche Konsequenz ergibt sich daraus für die kommenden Jahre?
Es gibt einen Beschluss der Liga und des ÖFB. Ein Kompromiss, der damals getroffen wurde ..

 

… und damals auch schon von beiden Seiten als schlechter Kompromiss bezeichnet wurde…
Das ist leider oft so. Das merkt man auch in der Regierung, dass es oft nur zu einem Kompromiss kommt. Von Seiten der Sky Go Ersten Liga kann man am wenigsten glücklich sein mit dieser Lösung. Daran müssen wir auch arbeiten, weil sportlich läuft es eigentlich sehr gut. Der wirtschaftliche Weg muss mit dem sportlichen Weg mithalten. Allein, dass es zwei Absteiger gibt, macht dieses Ziel sehr schwierig.

 

Die jetzige Regelung gilt bis 2019/20. Bis dahin kann die Liga-Führung nur zusehen, wie die Sky Go Erste Liga vor die Hunde geht?
Man wird sehen, ob sich notgedrungen aufgrund der wirtschaftlichen Lage Änderungsbedarf ergeben wird.

 

Aber wie könnte das dann ablaufen? Welche konkrete Änderung ist dann zu erwarten?
Die Konstellation mit zwei Absteigern bekommt man nur mit der Zustimmung der Landesverbände weg. Deswegen ist auch die Frage, wie weit dann von den Landesverbänden die Meinung mitgetragen wird, dass zwei Absteiger nicht sinnvoll sind. Aber es ist hier nicht sinnvoll, medial vorzupreschen.

 

Ähnlich äußerte sich SV-Ried Manager Stefan Reiter, der auch im Bundesliga-Aufsichtsrat sitzt, zuletzt zu diesem Thema: „Ich hoffe, dass wir bald positive Ergebnisse präsentieren können. Ich möchte davor aber keine Teilergebnissen bekannt geben, weil diese dann in der öffentlichen Diskussion oft schnell zerredet werden.“ Was steckt hinter dieser Ankündigung?
Die jetzige Regelung muss sowieso noch eine Saison fortgesetzt werden. Es braucht mindestens eine Saison mit einer Zwischenregelung, um eine Änderung einleiten zu können. Und selbst dann kann es ab 2017/18 nur eine Änderung geben, wenn bis Juni eine Entscheidung getroffen wird.

 

Das klingt danach, als ob man aus Sicht der Bundesliga hier nicht viel ändern kann, wenn der ÖFB es nicht will?
Ich möchte es nicht ausschließen und nicht einräumen. Ich möchte jetzt nicht gegen einen Beschluss sprechen, den es aktuell gibt.

 

Auch ÖFB-Präsident Leo Windtner war in einem 90minuten.at-Interview zu diesem Thema relativ passiv, um nicht zu sagen: Er bewegt sich in dieser Sache nicht.
Klar, aus der Sicht der Landesverbände gibt es auch kein Problem.

 


An einer Verbesserung des österreichischen Fußballs arbeiten die Herren Gfrerrer und Schober mit dem Konzept der „Alps Premier League.“ Die beiden Herren waren auch zuletzt in der Bundesliga-Geschäftsstelle zu einem Gespräch beim Bundesliga-Vorstand. Wurden Sie überzeugt?
Die UEFA kann diesem Projekt gar nicht zustimmen, vor allem mit Blick auf die Begehrlichkeiten der ganz großen Vereine, die zuletzt aufgekommen sind. Dann würden Sie einem Bewerb der großen fünf Ligen auch zustimmen. Das ist ein Schutz der UEFA für die eigenen Bewerbe wie Europa League oder Champions League. Unabhängig davon habe ich den sehr engagierten Kollegen gesagt, dass es bewundernswert ist, dass sie das tun. Ich habe ihnen aber auch meine Bedenken mitgeteilt– unabhängig davon, dass auch die Schweizer gar kein Interesse daran haben.

 

Was sind die größten Probleme dieser Lösung?
Es gibt keine ordentliche Regelung, die verhindert, dass über kurz oder lang diese Meisterschaft zum großen Teil oder ganz aus einem Land bestückt wird. Es könnte sein, dass nach 3,4 oder 5 Jahren nur mehr schweizerische oder österreichische Vereine darin spielen. Zudem ist die Frage des Sponsorenmarktes: Da werden Zahlen in den Raum geworfen, die bei weitem nicht stimmen. Der Sponsoringmarkt unterscheidet sich zwischen Österreich und der Schweiz massiv. Es gibt nur wenig Konzerne, die übergreifend in beiden Ländern wirklich Interesse daran haben, zu werben. Bei den reinen TV-Einnahmen verhält es sich ähnlich. Hier liegen die Schweizer übrigens unter unseren Zahlen. In der Schweiz gibt es auch keinen wirklichen Pay-TV-Anbieter. Die Swisscomm etwa würde nicht in Österreich anbieten.

 

Ärgert Sie das als Bundesliga-Vorstand, wenn die Idee dieses Konzepts von Bundesliga-Vereinspräsidenten zum Teil medienwirksam transportiert wird?
Nein. Jeder kann seine Meinung haben. Ich bin auch dafür, dass die Klubs dieses Thema in den Sitzungen ansprechen. Von meiner Seite ist die Meinung klar. Wir sind aber auch Dienstleister für die Klubs. Wenn die Klubs uns den Auftrag erteilen, das Thema weiterzubearbeiten, werden wir das auch tun.

 

Bleiben wir beim aber beim Thema Ligenformat. Die Zuschauerentwicklung in diesem Jahr ist wieder eher stagnierend nach einem leichten Plus im vergangenen Jahr. Abgesehen von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Stimmen Sie der These zu, dass die Liga für die Fans interessanter wäre, wenn man nur zwei Mal pro Meisterschaft gegen die gleiche Mannschaft spielen würde?
Wenn man diese These alleine heranzieht, kann ich dem zustimmen. Wenn man sich dann aber ansieht, wer die anderen Gegner in einer größeren Liga wären, ist dies nicht mehr so klar. Man kann sich beim jeweiligen Ligenformat nicht nur die Rosinen herauspicken. Ein Wiener Derby ist immer gut besucht, Rapid gegen Salzburg ist auch immer gut besucht, auch Matches gegen Sturm sind immer gut besucht, auch wenn man vier Mal gegeneinander spielt.

 

An der Sicht der Liga mit den zwei Zehnerligen als optimales Modell hat sich nichts geändert?
Das ist derzeit noch immer die vernünftigste Lösung, um den homogenen Übergang zwischen Profi- und Amateurfußball zu haben – abgesehen von den zwei Absteigern aus der Sky Go Ersten Liga. Gerade der sportliche Erfolg ist durch die zwei Zehnerligen sichergestellt, auch wenn das andere oft nicht so sehen wollen. Ich lasse mir den sportlichen Erfolg der Liga nicht schlecht reden. Unsere Klubs erreichen mit vergleichsweise geringen Budgets internationale Erfolge, siehe Rapid, Austria oder auch Red Bull Salzburg. 80% der Teamspieler wurden in der österreichischen Bundesliga ausgebildet. Eine 16er Liga und darunter die drei Regionalligen im Gegensatz dazu – was passiert denn dann mit dem Absteiger aus der einzigen Profiliga? Da sind dann jedes Jahr drei Klubs tot, von einem Tag auf den anderen. Das könnte sich kein Klub leisten. Auch die Schweizer haben unser Modell der zwei Zehnerligen übernommen und damit die großen Erfolge gefeiert. Wir orientieren uns immer an der Schweiz, aber in diesem Fall haben sich die Schweizer an uns orientiert.

 

Warum hört man dann von so vielen Klubs aus Österreich, dass man von der Zehnerliga weg kommen muss? Erst vergangenes Jahr haben sich die sportlichen Leiter der Sky Go Ersten Liga fast durchgehend für eine Reform der Liga ausgesprochen. Mangelt es an der Überzeugung des Bundesliga-Vorstands?
Aus der jeweiligen Situation der Herren im Abstiegskampf und aus der Sicht ihrer Jobs ist das verständlich. Da hätte ich dann eine Sicherheit, dass ich nicht absteigen muss, etc. Es ist ja auch nicht so, dass die beiden Zehnerligen unproblematisch sind. Man kann aber nicht nur die beiden obersten Ligen sehen. Man muss auch die Regionalligen sehen und die Ligen darunter. Wir haben drei Regionalligen mit je 16 Klubs. Deswegen haben die Schweizer auch die dritte Liga eingeführt, um einen noch besseren Übergang zu haben.

 

Sind drei Regionalligen aus Sicht der Bundesliga zu viel?
Aus meiner Sicht ja. Aber es ist nicht primär die Ligenanzahl, sondern die Klubanzahl. Die Topographie ist sehr speziell in Österreich. In Niederösterreich und Wien haben wir verdammt viele Klubs, die in der Regionalliga Ost münden. Hier gibt es über 1.000 Vereine, während sich unter der Regionalliga West nur 400 Vereine befinden. Klarerweise ist die Regionalliga Ost stärker, weil der Druck von unten viel größer ist. Eine neue Aufteilung ist aber aufgrund der Bundesländerverteilung auch nicht leicht.

 


Sie haben vorher den sportlichen Erfolg der Liga im internationalen Umfeld angesprochen. Ist es unfair zu sagen, dass den Großteil der Punkte Red Bull Salzburg geholt hat und somit dieser Erfolg nicht unbedingt der Erfolg einer guten Liga sein muss?
Dann möchte ich aber auch nicht immer hören, dass Basel als Vorbild für Österreich genommen wird. Wenn man Basel ausklammert …

 

… aber abgesehen vom Basel-Beispiel gibt es andere vergleichbare Ligen, die keinen Klub wie Red Bull Salzburg in den eigenen Reihen führen und dennoch auf Augenhöhe von Österreich sind?
Was hat Dänemark ohne Kopenhagen erreicht? Was hat Schweden ohne Malmö erreicht? Nichts. Natürlich hat Red Bull mit der Akademie etwas Einzigartiges geschaffen…

 

… worauf ich hinaus will: Ist der Erfolg der heimischen Liga als gesamtes noch immer so rosig zu sehen, wenn man Red Bull ausklammert? Auf der Habenseite haben wir dann die erste internationale Überwinterung mit Rapid in dieser Saison seit einer gefühlten Ewigkeit?
Wir haben in fast jedem Land so einen Verein wie Red Bull Salzburg, angefangen in den Top Ligen wie in England, Italien, Spanien oder auch weiter unten dann in der Ukraine. Dort sind überall Mäzene. Und wir fragen uns: Wo wären wir, wenn wir Red Bull nicht hätten? Das ist der falsche Ansatz. Insgesamt wird in Österreich gut gearbeitet.

 

Ein Ziel im „Fußball Universum 2020“ ist der Champions League Fixplatz. Das erscheint nach den neuesten Berechnungen eher ein Kampf zu werden, ob man die Top 15 überhaupt schaffen wird?
Wir sind jetzt weiter davon entfernt als im vergangenen Jahr. Eine Vision ist immer hochgegriffen. Selbst wenn sie nicht erfüllt wird, muss man schon die nächste haben. Es ist möglich, dass wir es schaffen. Auch die 10.000 Zuschauer sind möglich, auch wenn es jetzt gerade wieder ein bisschen schwieriger aussieht. Wer weiß, was die Europhorie noch auslöst.

 

Apropos Europhorie: Gegen Liechtenstein kommen 48.000 Fans, in der Europa League kommen am Donnerstag um 21:05 knapp 40.000 Fans ins Stadion. Immer wieder wird über unpassende Anstoßzeiten diskutiert. Die oben genannten Beispiele zeigen jedoch, dass die Diskussion überbewertet scheint, oder? Wenn das Produkt passt, kommen auch die Leute. Im Fall der Bundesliga muss man sich dann doch fragen: Das Produkt passt noch nicht?
Es ist ein sehr großer Unterschied, ob man im Meisterschaftsbetrieb oder ob man alle paar Monate im Rahmen einer Europameisterschafts-Qualifikation spielt …

 

… aber nur in Österreich. In anderen Ländern gibt es auch in der Meisterschaft viele Fans, Woche für Woche? Das Potenzial wäre vor allem in Ballungsräumen ja da?
Nehmen wir Berlin her. Auch Hertha hat mit mehr als 3,5 Mio. Leuten an Potenzial in Berlin das Stadion nicht ausverkauft. Wien und Berlin sind was den Fußball betrifft Ausnahmestädte. Wien ist eine Kulturstadt. Nach Manchester fährt man nicht, um in die Oper zu gehen, sondern um ein Fußballspiel zu sehen. Genauso fährt man nicht nach Basel, um ins Theater zu gehen. In Wien kommen viele Touristen nicht vordergründig, um sich Fußballspiele zu sehen.

 

Deutschland hat aber nicht so viele Zuschauer in den Stadien, weil es so viele Touristen anzieht …
Mit Deutschland können wir uns nicht vergleichen.

 

Aber wir können uns mit Ballungsräumen vergleichen …
Ja klar, es muss mehr werden. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass vergleichbare Länder auch einen ähnlichen Zuschauerschnitt haben. Deswegen ist es so wichtig, dass wir in die Infrastruktur investieren, um den Leuten einen Mehrwert zu bieten, warum sie in die Stadien kommen sollen. Emotion über Komfort. Dann wirkt der Sport attraktiver, auch bei den TV-Übertragungen.

Danke für das Interview!