Philip Newald: ‚Das Produkt Bundesliga ist kein Selbstläufer'

Philip Newald, CEO von tipp3, spricht im 90minuten.at-Interview über den Unterschied des Sponsorings zwischen Bundesliga und Nationalteam, warum eine Qualifikation zur Euro 2016 allein zu kurz gedacht ist und wo es am Produkt Bundesliga hakt. Das Gespräch

 

90minuten.at: Mit Ende der Saison 2013/14 hat tipp3 einen Strategiewechsel in der Kommunikation vollzogen. Das Bundesliga-Engagement wurde deutlich reduziert, dafür die Schiene mit dem ÖFB intensiviert. Was waren damals die ausschlaggebenden Gründe für diese Entscheidung?
Philip Newald: Einerseits gab es die Entscheidung damals im Sponsor-Konsortium, dass T-Mobile sein Sponsoring in dieser Form nicht verlängern wird. Wir haben auch gemerkt, dass wir gemeinsam mit der Liga nach sechs Jahren zwar auf einem vernünftigen Niveau angekommen waren, aber die Weiterentwicklung aus unserer Sicht schwierig war. Für tipp3 gab es damals schon die Überlegung, dass wir uns in Richtung Nationalteam entwickeln. Nicht zuletzt war es für unsere internationale Entwicklung zudem wichtig, als offizieller Buchmacher des Nationalteams unseren Stellenwert weiter zu steigern.

 

Welche Bilanz können Sie jetzt nach den ersten Monaten ziehen?
Die hohen Erwartungen wurden erreicht bzw. übertroffen. Wir sind sehr zufrieden mit dem Weg, denn gemeinsam mit dem Nationalteam haben wir ein schönes Kommunikationspaket aufgebaut. Die emotionale Verbindung mit den acht Millionen Teamchefs und die Einbindung von Marcel Koller in unsere Kommunikationsstrategie ist durchaus aufgegangen. Wir können auch bei den für uns wichtigen Bereichen wie Neukunden, Image der Marke und dadurch Umsatzgenerierung auf eine erfreuliche Entwicklung beobachten.

 

Mit der Liga hat man mit 36 Runden und eine Dauerpräsenz, das Nationalteam ist nur ein paar Mal im Jahr im Fokus. Inwiefern ist diese eine Umstellung und auch im Umsatz abbildbar?
Natürlich merken wir hier eine Verschiebung. Wir sind aber auch weiterhin in der Liga über LED-Bande und bei Vereinen wie Rapid, Austria oder Red Bull Salzburg starke Sponsorpartner. Zudem merken wir bei unseren Umsätzen natürlich auch die vielen Nationalspieler, die in Deutschland spielen. In Summe kann man sagen, dass wir rund um das Thema Nationalteam dazugewonnen und uns im Ligaumfeld stabil gehalten haben. Wir stellen jedenfalls fest, dass wir durch das Nationalteam viele Kunden gewinnen, die wir sonst nur rund um Großereignisse wie Welt- oder Europameisterschaften erreichen können. Diese Kunden bekommen wir jetzt durch das Team öfter bzw. regelmäßig.

 

Wie lange hat man sich die Rechte am ÖFB gesichert? Auch im Fall einer EM-Qualifikation ein Partner des ÖFB?
Wir haben vor kurzem mittelfristig verlängert, die Zusammenarbeit läuft bis nach der Europameisterschaft 2016. Die Zusammenarbeit verzahnt sich immer mehr, auf allen Ebenen. Wir halten zum Beispiel Pressekonferenzen des ÖFB bei uns im Haus ab, letztens wurde die Kampagne „Tipp dich zum Teamchef" gemeinsam mit Marcel Koller bei uns im Rahmeneines sehr stimmigen Events erfolgreich beendet.

 

Was macht den Unterschied in der Zusammenarbeit mit dem ÖFB zur Bundesliga aus?
Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich in der Kommunikation 10 oder 20 Profivereine zusammenführen muss oder wie im Fall des ÖFB den Dachverband habe, der mit dem Nationalteam das Aushängeschild selbst führt. Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass es auch noch die Landesverbände gibt. Da gab es früher auch aus meiner Sicht mehr unterschiedliche Interessen. Der ÖFB hat sich jedoch hier zur starken Dampflok entwickelt. Die Zusammenarbeit mit dem ÖFB ist jedenfalls äußerst professionell, auch die Vernetzung der einzelnen ÖFB-Sponsoren untereinander ist hervorragend.

 

Marcel Koller PK vs Russland November 2014 Gepa Pictures tipp3

Newald: "Koller ist nicht unser Testimonial" (Foto: Gepa Pictures / tipp3)

 

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Testimonial Marcel Koller?
Zunächst ist zu sagen, dass Marcel Koller nicht unser Testimonial ist. Wir haben durch den Vertrag jedoch die Möglichkeit, die Kommunikation gemeinsam mit dem Teamchef zu nützen. Die Zusammenarbeit mit Marcel Koller ist jedenfalls äußerst positiv, der Teamchef ist auch an seinem Gegenüber interessiert. Man kann mit ihm auch über andere Themen als Fußball sprechen.

 

Die TV-Spots von tipp3 mit Marcel Koller sind österreichweit bekannt. Welche Pläne gibt es hier?
Was ich sagen kann ist, dass wir demnächst neue TV-Spots drehen werden. Wir werden wieder das Thema um die rund acht Millionen Teamchefs und ihr Expertenwissen inszenieren.

 


Die Euro 2016 ist zum Greifen nahe. Es wäre eigentlich schon ein großes Kunststück die Qualifikation jetzt noch zu vergeigen. Wie sehen Sie die Situation?
Die Ausgangslage ist hervorragend und ich bin schwer begeistert von diesem Team. Ich glaube auch, dass es sinnvoll ist, bei den Spielen gegen Russland und Schweden bereits unter Druck für die Europameisterschaft zu testen. Das sind Momente, wo das Team dazulernen kann. Der nächste große Schritt nach einer Qualifikation sollte sein, bei der Euro nicht nur dabei gewesen zu sein, sondern eine erfreuliche Rolle zu spielen.

 

Es ist davon auszugehen, dass eine Qualifikation für die Euro 2016 sich nicht als Nachteil für tipp3 herausstellen wird?
Wir entwickeln unser Angebot stetig weiter. Vertriebsseitig sind wir in den 3.300 Trafiken gerade dabei, das Angebot zu digitalisieren. Mit den neuen Tipp-Boxen haben wir eine neue Form der Wettabgabe ermöglicht. Es sind bereits rund 300 Boxen installiert und wir verzeichnen dort im Schnitt zweistellige Umsatzzuwächse und sprechen neue Zielgruppen an. Eine Qualifikation zur Euro 2016 wäre natürlich für uns sehr positiv in dem hart umkämpften Markt wie in Österreich, in dem wir eine stabile Marktposition eingenommen haben. Die Euro wäre von der medialen Berichterstattung so wie Schönwetter im Sommer in Kärnten. Von dieser positiven Berichterstattung würden wir natürlich profitieren.

 

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Beim Kongress „Sport & Marke" werden Sie mit Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer und Andy Marek oder auch Red-Bull-Salzburg Geschäftsführer Jochen Sauer über den Fanzuspruch in Österreich diskutieren. Hier kann man in Österreich derzeit zwei Welten erleben: Das Nationalteam spielt auch bei einem freundschaftlichen Länderspiel vor 48.500 Zuschauern, während in der Liga der Zuschauerschnitt in den vergangenen Jahren ständig nach unten gegangen ist und nur noch unter 7.000 liegt. Was ist Ihre Analyse?
Ganz logisch ist für mich diese Riesenschere auch nicht. Ich finde das Bundesliga-Produkt durchaus in Ordnung. Natürlich sind Spiele vor 1.000 Zusehern der Marke Bundesliga nicht zuträglich, aber wenn ich Spiele in Österreich vor 8.000 Fans sehe, ist das schon in Ordnung – natürlich hat das aber noch Potenzial nach oben. Wir sollten auch versuchen, die positiven Dinge mehr in den Vordergrund zu stellen und nicht nur über die negativen Dinge diskutieren. Da gibt es auch viele positive Themen, nicht nur bei Rapid wegen des neuen Allianz-Stadions. Die mediale Kraft der Bundesliga ist jedenfalls groß. Das merkt man, wenn man am Montag die Medien konsumiert.

 

Aufgabe von Medien ist es aber nun auch, die Dinge kritisch zu betrachten. Was läuft trotz der auch positiven Themen die Sie angesprochen haben nicht rund in der österreichischen Liga?

Ganz wichtig ist, dass alle Vereine der Liga an einem Strang ziehen. Es ist nicht durchgehend spürbar, dass dies passiert. Sie arbeiten zwar auch nicht wirklich gegeneinander, aber sie ziehen eben nicht an einem Strang. Das Produkt Bundesliga ist kein Selbstläufer, da muss ein Zahnrad ins andere greifen. Derzeit steht die Liga als Ganzes zu selten im Vordergrund, die Einzelinteressen überwiegen. Die Liga muss zum Wohle der Klubs das Tempo vorgeben und nicht einzelne Klubs. Aber hier ist derzeit eine steigende Fokussierung auf die wichtigen und richtigen Themen spürbar.

 

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tipp3 inszeniert die Fans als Teamchefs (Foto: Gepa Pictures / tipp3)

 

Wie sehen Sie von der Liga ausgerufene Infrastrukturoffensive?
Es ist enorm wichtig, dass im Vergleich zu früher derzeit mehr Geld in die Infrastruktur fließt als in die Beine der Fußballer. Es sind zuletzt im Jänner vernünftige Visionen von der Liga präsentiert worden. Da muss aber jetzt auch nachgelegt werden. Es braucht eine Road-Map, an der man klar erkennt, welche Ziele mit welcher Priorität verfolgt und wie die Stakeholer der Liga eingebunden werden. Der allseits bekannte Manager-Spruch „structure follows strategy" sollte in dieser Phase für die Liga besonders zur Geltung kommen.

 

Inwiefern kann die Liga vom Erfolg des ÖFB-Teams profitieren?
Die Liga kann hier sehr stark profitieren. Der Zusammenschluss zwischen Liga und ÖFB ist enger geworden. Die Liga muss sich jetzt an die Dampflock ÖFB anhängen und gemeinsam Meter machen, speziell in den nächsten beiden Jahren. Wir wollen und werden dabei aktiv unterstützen.
Danke für das Interview!

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