Kurt Garger: 'In Ritzing ist die letzten Jahre sehr viel Hinterfragenswertes passiert'
Im Vorfeld zum „Dörby of Love“ gegen die Hernalser vom Wiener SK spricht Viennas Sportchef Kurt Garger im 90minuten.at-Interview über die Lizenzierung, die neue Vienna, den Aufstiegskonkurrenten SC Ritzing – und natürlich über das Spiel gegen die Schwarz-
90minuten.at: Reden wir einmal über die Lizenzierung. Da gab es ein ziemliches Hin und Her. Einmal hieß es ja, einmal nein – letzten Endes hat man eingereicht.
Kurt Garger: Das ist eigentlich ganz einfach. Wir waren mitten in den Verhandlungen mit unserem Hauptsponsor Care Energy und natürlich war das nicht alles gleich fertig. Das hat ein paar Tage gedauert, weil bei Verträgen, die langfristig abgeschlossen werden, das nicht an einem Tag geht. In dieser Phase ist ein Kommunikationsfehler aufgetreten, da sah es im Zuge der Verhandlungen auch einmal nicht so gut aus. Gut, das wurde revidiert und jetzt haben wir nach den Schlussverhandlungen logischerweise einreichen können und dürfen. Und jetzt haben wir eingereicht und werden sehen, wie es in den nächsten ein, zwei Monaten weiter geht.
< blockquote> Sprich viele Vollprofis, was in der Liga ein Vorteil ist, oder? Parndorf hat es ja mit vielen Amateuren in der zweiten Liga versucht. Wir danken für das Gespräch!
Letztes Jahr wurde die Lizenz letztlich entzogen, es gab Verbindlichkeiten. Wie sieht es jetzt aus?
Die Vienna heute ist mit der von letztem Jahr nicht vergleichbar. Mit dem Abgang von Herbert Dvoracek ist eine Ära zu Ende gegangen. Jetzt gibt es einen neuen Hauptsponsor, die wirtschaftliche Situation hat sich verbessert. Ich will gar nicht vorgreifen, aber ich glaube nicht, dass es große Probleme mit der Lizenz geben wird.
Also sind alle Bänder zur Dvoracek-Ära zerschnitten. Care Energy war ja schon vorher an Bord.
Ja, aber das war in der Übergangsphase. Der Vater des Sponsors wurde vorübergehend geschäftsführender Vizepräsident, dann wurde er zum Präsidenten gewählt. Das hat mit Dvoracek überhaupt nix zu tun.
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Die Übergangsbestimmungen bei der Lizenzierung fallen weg. Aber die Erste Liga-Zeit ist nicht lang her. Wo muss man nachbessern?
Unsere größte Baustelle ist die Erneuerung der Flutlichtanlage auf der Hohen Warte. Die Anlage ist 40 Jahre alt und logischerweise steht uns das ins Haus. Auch für die Lizenz.
Wie sieht es mit den Trainingsplätzen in der Brigittenau aus?
Wir wollen weiterkommen. Wir haben nun gemeinsam mit der Strabag einen neuen Kunstrasenplatz verlegt. Der eröffnet uns wieder ganz andere Trainingsmöglichkeiten, der alte war schon ziemlich bedient. Da wird aber laufend etwas passieren. Das Wichtigste ist aber der Platz mit besserer Ausleuchtung. Für die kurze Zeit, die die Ära Dvoracek hinter uns liegt, ist schon einiges an richtigen Schritten getätigt worden.
Um den FAC als dritte Kraft in Wien wieder abzulösen?
Wir schauen auf die Vienna, das ist nicht unser Ziel.
Viele Vereine haben nach dem Abstieg größere Probleme. Der KSV kam ins Taumeln, Mattersburg ebenfalls, Wacker steht mit einem Fuß in der Regionalliga. Die Vienna hingegen ist ganz vorne mit dabei. Wie das?
Uns war klar, was auf uns zukommen wird. Aber die Vienna hat das verdammte Glück, einen sehr potenten Hauptsponsor gefunden zu haben. Somit konnten wir den Abstieg nicht nur abfedern, sondern auch sportlich gleich wieder angreifen. Das gelingt nicht allen Vereinen. Gratkorn, Leoben, beide komplett weg, Blau Weiß Linz war im ersten Jahr nach dem Abstieg weit weg vom Wiederaufstieg. Das ist uns also ganz gut gelungen.
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Grundsätzlich ist alles legitim. Jeder soll das machen, was er sich leisten kann oder darf. Ich hole ein bisschen aus: In der Ersten Liga beschweren sich viele Vereine über den FC Liefering, dass die finanziell andere Möglichkeiten haben. Es haben aber alle grundsätzlich die Möglichkeit, sich solche Ressourcen anzuschaffen. Wenn wer das nicht will oder aufgrund der Vereinsphilosophie nicht kann, dann dürfen sie auch nicht raunzen. Bei uns in der Regionalliga ist es ja auch nicht so, dass Parndorf nur mit Amateuren spielt. Wenn man auf die Tabelle schaut, sind die zwei Punkte hinter uns. Der sportliche Primus der Liga, Ritzing, spielt vielleicht nur am Papier mit Amateuren. Von offizieller Seite gibt es nur zwei Profiligen. Der Rest sind Amateure. Aber auch in der Regionalliga gibt es viele, die komplett angemeldet sind. Einige gehen keiner anderen Arbeit als Fußball nach. Aber von der Zeit her ist ja möglich, sich noch etwas dazu zu verdienen.
Wie viele reine Vertragsspieler hat die Vienna?
Wir haben am Montag 15 Nicht-Amateure, die wir haben müssen, gemeldet. Die haben wir. Die Mindestanzahl wird von der Bundesliga ja vorgegeben.
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Drei Mannschaften rittern um das Endspiel gegen den Vertreter der Regionalliga Mitte. Spekuliert die Vienna aufgrund der sportlichen Situation auch auf eine Verweigerung für Ritzing?
Ich glaube, das war sicherlich der Hauptgrund von uns und wohl auch Parndorf. Diese Möglichkeit besteht. Wir waren im Herbst sechs, Parndorf zehn Punkte hinten. Wenn du mit sowas nicht spekulierst, brauchst du gar nicht einreichen. Sportlich sind es mittlerweile neun bzw. zehn Punkte. Die holst du gegen so eine Mannschaft nicht auf. Die haben für die Regionalliga eine sehr gute Mannschaft. Da liegt unsere Spekulation auf der Hand. Und ich denke, dass ich nicht alleine damit da stehe, das anzustellen. Im Vorfeld ist in Ritzing die letzten Jahre sehr viel Hinterfragenswertes passiert. Zuletzt auch das Konkursverfahrens. Da ist zu hinterfragen, welcher Wirtschaftsprüfer dort unterschrieben hat, dass eine positive Bestandsprognose kam. Aber es ist so, schauen wir einmal, was dabei herauskommt.
Mich überrascht weniger, dass Sie das so sehen, als dass Sie es sagen.
Es muss auch einmal gesagt werden. Ganz ehrlich: Die Moral zählt nicht. Aber es kann nicht sein, dass im Dezember eine Abwicklung zu 21 Prozent gegenüber allen Unternehmen stattfindet und sie 14 Tage später Tomas Jun verpflichten. Das ist doch ein Schlag ins Gesicht für alle, die dort Geld verloren haben und dem Ausgleich zugestimmt haben. Die Vienna hatte auch einen großen Berg an negativem Eigenkapital. Wir hätten auch hergehen und einen Ausgleich machen können. Haben wir nicht. Wir haben das ordentlich, mit viel Zeit und Fleiß, aufgearbeitet. Darum ist es von unserer Seite her noch weniger nachvollziehbar. Der Faire wird nicht immer g'winnen.
Allzu oft vergisst man, dass es im Fußball ja nicht nur um Punkte, sondern auch um Stimmung, Unterhaltung und einfach eine schöne Zeit gibt. Die gibt es bei den Spielen gegen den Wiener Sportklub. Abgesehen davon, dass viele Zuschauer kommen, die viel Geld mitbringen: Was für einen Wert hat das „Dörby of Love“?
Vergessen wir tatsächliche einmal den wirtschaftlichen Wert, da verdoppeln sich die Einnahmen, das ist überhaupt keine Frage. Aber durch die Tradition beider Verein hat dieses Derby ein eigenes Flair. Es gibt eine eigene Stimmung, eine eigene Fankultur. Von beiden Vereinen her. Das ist eine Fankultur, die mit Hass, Gewalt und Beschimpfungen nichts am Hut hat. Ganz im Gegenteil. Es versprüht eine Freude, ein gewisses familiäres Flair. Es wird die Akzeptanz für das Team hoch gehalten. Im Sommer haben die Sportklubfans unsere Spieler noch einmal aus der Kabine geholt, die Vienna-Fans die vom Sportklub. Wer als Fußballfan dieses Spiel nicht einmal erlebt hat, hat etwas versäumt.
Sogar der ORF wird das Spiel übertragen. Ein schönes Zeichen in Zeiten des Zuschauerschwundes und einer gewissen Unbelehrbarkeit verschiedener Fangruppen in Wien?
Wie gegen die Roma im Sommer oder beim Dörby im Sommer werden um die 7.000 Leute erwartet, damit liegt man für eine aktuelle Bundesligarunde schon im gehobenen Mittelfeld von den Zuschauerzahlen her. Aufgrund dieser ganzen Besonderheiten kommt das im Fernsehen auch anders rüber als Grödig zu Hause gegen irgendwen vor nicht einmal 1.000 Zuschauern. Das alleine rechtfertigt schon eine TV-Übertragung.