Andreas Müller: ‚Wir müssen für unsere Kampfmannschaft noch mehr Geld in die Hand nehmen'
Kurz vor dem Rückrundenstart spricht Rapid-Sportdirektor Andreas Müller im Interview mit 90minuten.at über die Ziele in der laufenden Saison, wer der größte Konkurrent um Platz zwei ist, was sich taktisch ändern muss und warum das von Präsident Michael Kr
Im schicken Ambiente der Marina Wien äußerte sich Rapid-Sportdirektor Andreas Müller im Rahmen der Rückrundenpressekonferenz vor versammelter Medienschar zu den Zielen von Rapid im Frühjahr: „Unser Anspruch, und auch jener der Fans, ist, im nächsten Jahr international zu spielen. Außerdem wollen wir ins Pokalfinale. Das sind unsere klaren Ziele, an denen wir am Ende gemessen werden." Sogar den Titelkampf, seit dem Einstieg von Red Bull in Salzburg ein heikles Wort in Hütteldorf, hat Müller noch nicht ganz abgeschrieben: „Wenn Red Bull Salzburg schwächeln sollte, werden wir alles dafür tun, um da zu sein. Ich glaube nicht, dass Salzburg in der Meisterschaft zu 100% durch ist", sagte der Rapid-Sportdirektor am Podium. Grund genug für 90minuten.at, die konkreten Ziele und Erwartungen von Müller abseits von allgemeinen Pressekonferenz-Floskeln nachzufragen.
90minuten.at: Wer wird aus Ihrer Sicht der größte Konkurrent um Platz zwei?
Andreas Müller: Sturm ist der größte Konkurrent um Platz zwei. Das hängt aber auch davon ab, wie gut die Austria aus der Winterpause kommt. Die haben gute Spieler, haben aber noch keinen Spielfluss zusammengebracht. Aber natürlich werden auch die alles unternehmen, dorthin zu kommen. Und natürlich muss man auf den WAC achten, wenn man sieht, was Kühbauer aus der Mannschaft herausholt.
Welche Zielsetzung haben Sie persönlich abseits von einer sportlichen Platzierung an die Mannschaft gerichtet?
Die Entwicklung, die sich im Herbst gezeigt hat, soll sich konstant über 90 Minuten und über mehrere Spiele hinweg zeigen. Diese Konstanz wünsche ich mir. Ich wünsche mir auch, dass der eine oder andere Spieler einen Sprung macht, wie z.B. Schaub oder auch Petsos wieder zur alten Form zurückfindet. Ich wünsche mir, dass Dibon wieder schnell zurückkommt.
Was darf man von Rapid in den Frühjahrsspielen konkret erwarten?
Wir wollen daran arbeiten, die Spiele dominant zu gestalten und auch letztendlich für uns zu entscheiden. Es gab einige Spiele, die hätten wir für uns entscheiden müssen, haben aber die Möglichkeiten liegen gelassen. Was wir wollen ist klar: wir wollen nach vorne spielen und dominant sein. Wir wollen unser Tempo und unsere Schlagzahl – Passqualität, Sprintqualität, durch die Tiefe durchbrechen – erhöhen.
Was ist wichtiger für Sie? Ein guter Platz oder die Entwicklung der Mannschaft? Oder muss es die Champions League Qualifikation sein?
Wenn die Mannschaft eine tolle Frühjahrssaison spielt und dritter wird und man dadurch die Berechtigung hat, Europa League Qualifikation zu spielen, dann bricht nichts zusammen. Aufgrund der Konstellation mit dem zweiten Platz, der zur CL-Qualifikation berechtigt, ist es eine große Herausforderung und ein großes Ziel.
Rapid ist bekannt dafür, gegen kompakte Mannschaften Probleme zu haben. Bereits im Sommer hat Trainer Barisic angekündigt, die taktische Variabilität der Mannschaft erhöhen zu wollen, was aber aufgrund des Umbruchs auf den Winter verschoben wurde. Ist es jetzt so weit? Was dürfen wir diesbezüglich von Rapid erwarten?
Die taktische Flexibilität ist nicht nur eine Aufgabe an die gesamte Mannschaft, sondern auch an jeden Einzelnen. Es geht darum, dass sich auch die Spieler individuell weiterentwickeln und taktisch flexibler aufstellen können. Der einzelne Spieler hat sich in einer Dreierkette anders zu verhalten als in einer Viererkette, etc. Dass diese Feinheiten abgestimmt werden müssen, ist normal – dazu hatten wir die Vorbereitung. Außerdem wollen wir in einem Spiel flexibler werden: Wenn man sieht, heute kommst du nicht so durch, wollen wir die Möglichkeit haben, etwas zu verändern.
Rapid hatte wie schon vorher erwähnt gegen defensiv orientierte Mannschaften Probleme. Nicht zuletzt der große Fokus auf die Flügel war oft ein Problem. Kann man sich auch hier eine Entwicklung erwarten, etwa mehr Pässe in den Zwischenlinienraum?
Wenn man gegen Mannschaften spielt, die tief stehen, muss man ein besseres Passspiel haben, man muss noch schneller spielen, noch schneller umschalten. Genau an diesen Dingen ist gearbeitet worden. Ich sehe bereits einen Unterschied zu Beginn der Saison, als wir sehr breit und zum Teil gemächlich gespielt haben.
Dh. mehr Spiel in den Zwischenlinienraum?
Wir wollen zwischen die Linien kommen. Klar ist aber auch, dass gegen tiefstehende Mannschaften der Flügel mehr Raum bietet. Entscheidend wird sein, dass wir eine höhere Passqualität und eine höhere Geschwindigkeit ins Spiel bekommen.
Der Kurier hat vor einigen Tagen vorgerechnet, dass das Ziel von Präsident Michael Krammer, Rapid bis 2019 in die Top 50 Europas zu führen, nur sehr schwer zu erreichen ist. Dafür müsste Rapid in den kommenden vier Jahren jedes Mal die Europa-League-Gruppenphase gewinnen. Muss man sich von diesem Ziel angesichts dieser Rechnung nicht von diesem Wahlkampfziel Krammers verabschieden?
Wichtig ist doch, dass wir auf dem Weg dorthin die Schritte machen. Ob es dann der 55. oder 65. Platz ist, ist egal. Wir müssen uns in die Richtung bewegen, das ist die Aussage dahinter. Es war von Anfang an ein ambitioniertes Ziel. Wir werden aber das step by step in jeder Saison angehen. Wenn wir dauerhaft dieses Ziel erreichen wollen, dürfen wir nicht immer unsere besten Spieler abgeben. Wir müssen für unsere Kampfmannschaft noch mehr Geld in die Hand nehmen.
Mehr Geld und Rapid? Das klingt nicht wirklich realistisch ...
Ich sehe das als realistisch an, wenn wir sportlich erfolgreich sind und internationale Spiele absolvieren. Und natürlich wenn wir im neuen Stadion spielen.
Der zweite Platz, der zur Champions League Qualifikation berechtigt, wurde als Ziel ausgegeben. Wäre die Mannschaft dafür schon bereit oder wäre es rein sportlich gesehen besser, die Europa League als Ziel zu haben?
Wichtig ist, dass wir auf jeden Fall internationale Spiele bekommen, um uns sportlich weiterzuentwickeln. Wir wären bescheuert, wenn wir nicht Champions League spielen, wenn wir uns qualifizieren. Realistisch ist es aber möglich, in der Gruppenphase der Europa League zu spielen.
Zu spielen oder auch zu bestehen?
Wir wollen auch stark genug sein, um auch in der Gruppenphase einmal Platz zwei zu erreichen und in die K.o.-Phase einziehen zu können.
Danke für das Gespräch!