Veit Wolff: 'Größere Player brauchen mehr Sponsor-Exklusivität'
Österreichische Bundesligavereine könnten viel mehr aus ihrem Vermarktungskapital machen. Da ist sich Veit Wolff, Director Sales Deutschland und Österreich beim weltweit führenden Sportmarketingforschungs- und Beratungsunternehmen Repucom, im Gespräch mit
90minuten.at: Herr Wolff, wie bewerten Sie die Sponsoring-Landschaft im heimischen Fußball?
Ich sehe hier einige große Partner wie Tipp 3, Adidas, Stiegl, T-Mobile, A1 oder Raiffeisen. Seit vielen Jahren fördern sie den professionellen Spitzensport, aber auch den Breitensport und den Nachwuchs. Das ist sehr positiv zu bewerten. Als Ergänzung dazu fehlen mir aber vielfach neue Player am Markt ...
... die wie nun Tipico als Namenssponsor der Bundesliga frischen Wind hineinbringen und das Geschäft beleben?
Tipico ist seit längerem wieder mal ein neuer größerer Player und in jedem Fall ein Fingerzeig in die richtige Richtung. Der Sportwetten-Anbieter engagiert sich unter anderem als Premiumpartner bei fünf deutschen Bundesligisten.
Um vermehrt solche Unternehmen von einem Engagement bei einem österreichischen Verein zu überzeugen, muss man ihnen mehr Exklusivität bieten. Das ist bei kleineren Klubs, wie beispielsweise Ried, etwas schwierig. Sie sind stärker auf die regionalen Partner im eigenen Umfeld angewiesen. Daher ist es für sie wichtig, auf ein großes Sponsoren-Umfeld zu setzen und weniger auf Großsponsoren. Das eröffnet aber den großen Klubs wie Rapid, Austria oder Sturm durchaus Chancen.
Weniger wäre in dem Fall also mehr? Könnten Rapid, Austria und Co beispielsweise mehr Geld durch einen Brustsponsor lukrieren, wenn sie diesem mehr Exklusivität bieten, indem sie auf die vielen anderen Sponsoren auf Dressen und Hosen verzichten?
Das halte ich schon für möglich. In größeren Ligen funktioniert dieser Ansatz in jedem Fall. Natürlich muss man bei derartigen Überlegungen die Spezifika des jeweiligen Marktes und auch des jeweiligen Vereins betrachten. Gerade für die österreichischen Großklubs ist ein derartiger Schritt sicherlich überlegenswert.
Könnten auch Verbesserungen bei der Stadioninfrastruktur das Sponsoringaufkommen der Klubs hierzulande positiv beeinflussen?
Professionelle Sportveranstaltungen mit einer hochwertigen Infrastruktur wie das Hahnenkammrennen beweisen, dass in Österreich vieles möglich ist. Red Bull Salzburg beispielsweise bietet eine sehr professionelle Struktur. Für viele andere Vereine sollte das ein guter Ansporn sein, um die eigenen Potenziale besser auszuschöpfen. Unternehmer und somit geeignete Sponsoren bekommen schließlich mit, was in den vergangenen Jahren diesbezüglich im Ausland geleistet wurde und welche Möglichkeiten sich dort bieten. Die Österreichischen Vereine haben noch viel Gestaltungspotenzial hinsichtlich ihrer Vermarktung. Das muss nur richtig ausgeschöpft werden.
Vereine müssen also ihre Infrastruktur-Nachteile in Vorteile verwandeln, um potenzielle Sponsoren vermehrt von einem Engagement zu überzeugen?
Natürlich ist das allein kein Allheilmittel, aber es würde zumindest die Chancen und die Wahrscheinlichkeiten verbessern. Optimierte Rahmenbedingungen sowie moderne Infrastrukturen motivieren potenzielle Sponsoren und Partner.
Oft werden von den Entscheidungsträgern heimischer Vereine als Hürde für missglückte Sponsoringengagements auch die im Ausland liegenden Headquarters der Firmen angeführt. Österreich würde in den Überlegungen dieser Firmen nur eine untergeordnete Rolle spielen, argumentieren die Vereine. An die jeweiligen Ansprechpartner heranzukommen sei schwierig bis unmöglich. Können Sie diese Meinung nachvollziehen?
Es ist sicherlich nicht einfach, wenn man zuerst den Marktverantwortlichen und dann auch noch die Leute im Headquarter überzeugen muss. Mit guten Konzepten und kreativen Ansätzen, die aktuelle Marktentwicklungen berücksichtigen, ist es jedoch möglich zu überzeugen.
Das klingt einfach...
... ist es aber nicht. Dazu muss man sehr aufmerksam sein und Chancen frühzeitig abschätzen. Wir haben in den letzten Monaten einige Unternehmen identifiziert, die sich in Österreich aktiver positionieren wollen und daher werblich aktiv werden müssen. Es handelt sich dabei um Marken wie beispielsweise Bauhaus, Nordsee oder die Commerzbank. Erkennt man so eine Chance, ist es wichtig, rasch zu handeln. Wenn die entsprechenden Firmen erstmal ihre Werbe- und Marketingbudgets mit Radio- und TV-Spots sowie Plakatkampagnen verplant haben, ist es zu spät.
Sie haben zuvor von innovativen und kreativen Ansätzen gesprochen, mit denen Vereinsvertreter die Marketingverantwortlichen der Firmen von sich überzeugen könnten. Welche Ansätze könnten das sein?
Ganz wichtig ist dabei, sich von den Konkurrenten zu unterscheiden. Das muss nicht gleich etwas Außergewöhnliches sein wie beim FC St. Pauli, der sich zum Beispiel mit einem Totenkopf präsentiert. Ein interessantes Beispiel aus dem Ausland ist der Sheffield FC, der als ältester Fußballklub der Welt mit wenigen Mitteln eine aufsehenerregende Sozial Media-Kampagne gestartet hat und damit seine Marke neu positionieren und aufladen konnte.
Laufen die Vereine durch derartige Maßnahmen nicht Gefahr sich zu sehr zu vermarkten und sich dann mit Kritik von Fanseite auseinandersetzen zu müssen?
Die Kunst besteht darin, den Mittelweg zu finden. Jeder Verein muss für sich entscheiden, wie weit er gehen kann und was er sich und seinen Fans zumuten möchte.
Danke für das Interview!