Markus Kraetschmer: ‚Da gibt es kein Augenzwinkern'

Markus Kraetschmer ist nicht nur wirtschaftlicher Vorstand der Austria sondern auch Bundesliga-Vizepräsident. Im Interview mit 90minuten.at spricht Kraetschmer über den Tipico-Deal der Bundesliga, warum Schwarzgeld endlich aus dem Kavaliersdelikt-Eck hera

 

90minuten.at: In einem Interview auf der Vereinsseite des FK Austria Wien meinten Sie, dass es rund um den Beschluss zum Tipico-Deal „intensive Diskussionen und einige Detailabstimmungen mit kritischem Hinterfragen von einigen Klubs" gab. Was wurde kritisch hinterfragt?
Markus Kraetschmer: Einerseits ist es - ohne über alle Details dieses Deals jetzt zu reden - um den Leistungsumfang gegangen. Zweitens war der neue Partner in Österreich noch nicht bekannt, doch der Bundesliga-Vorstand hat alle offenen Fragen gut und kompetent beantwortet, danach gab es ein übereinstimmendes Ja zu diesem Deal.

 

Auch die zweite Spielklasse wird von diesem Namenssponsoring der obersten Liga profitieren. Handelt es sich so wie früher um eine Solidaritätszahlung, da die HfMEL ohne Sponsoring dasteht, oder wie sieht die Aufteilung künftig aus?
Es ist kein Solidaritätsabschlag. Wir haben uns vor einiger Zeit darauf verständigt - so wie beim TV-Vertrag - die erste und zweite Leistungsstufe als die gesamte Bundesliga zu sehen. Das heißt, dass Einnahmen wie eben der TV-Vertrag oder Sponsorings nach einem gewissen Schlüssel zwischen den Ligen aufgeteilt werden. Dies gilt natürlich auch umgekehrt, wenn wir noch einen Sponsor für die HfMEL finden sollten.

 

Die Aufteilung folgt dem Schlüssel wie beim TV-Vertrag?
Ja, sie folgt dem gleichen Schlüssel. (Anm. d. Redaktion: 67% für die tipp3-Bundesliga, 23% für die HfMEL und 10% für die Bundesliga-Geschäftsstelle)

 

Sie meinten zudem, dass die Gespräche bzgl. eines Sponsors für die zweite Spielklasse laufen und sie zuversichtlich sind, dass „hier noch vor dem Sommer ein neuer Partner gefunden wird." Bei allem Respekt, aber diese Phrase hat man von Georg Pangl vier Jahre lang gehört. Was macht Sie jetzt so zuversichtlich?
Also zuerst muss man schon unterscheiden, ob diese Aussagen der operativ tätige Vorstand getroffen hat oder eben Markus Kraetschmer jetzt in seiner Funktion als Bundesliga-Aufsichtsrat. Ich bin guter Dinge, ich bin als vorsichtiger Kaufmann bekannt und in meiner Funktion als Vizepräsident der Bundesliga immer mit dem Vorstand in Kontakt. Ich muss sagen, da wird derzeit sehr gute Arbeit geleistet. Ich habe diese Aussage bzgl. eines Sponsors für die HfMEL mit einem gutem Gewissen getätigt und wir sind einem Abschluss schon so nahe wie schon lange nicht mehr.

 

Nach Bekanntwerden des Tipico-Deals gab es von einigen Medien Kritik, auch von uns. Dass ein neuerlicher Wettanbieter ein schlechtes Licht auf die Liga werfen könnte, wollten Sie nicht stehen lassen. Sie meinten dazu: „Das halte ich für eine Pharisäer-Diskussion, diese Fragestellung ist nicht wirklich realistisch." Noch im Dezember sagte Bundesliga-Präsident Rinner jedoch, dass man Ereignis-Wetten so weit wie möglich verbieten wolle. Und jetzt holt man sich einen Wettanbieter an Board, der genau diesen Bereich besonders intensiv anbietet? Sehen Sie hier kein Glaubwürdigkeitsproblem?
Man muss hier unterscheiden und mit dieser Kritik habe ich durchaus auch Ihren Artikel angesprochen. Ich meine das so, wie ich es sage. Mit den bisherigen Partnern wie tipp3, Admiral, bet at home, etc. sitzen wir in einem gemeinsamen Boot. Wetten gehen durch alle Bereiche und gibt es bereits seit vielen Jahren, seit Jahrhunderten. Wir dürfen hier nicht päpstlicher als der Papst sein.

 


Markus Kraetschmer

>"Derzeit gibt es sogar wie auch auf 90minuten.at gelesen habe Berichte über einen möglichen Fixplatz in der Champions League. Wann hat es das jemals gegeben? Dennoch gerät Österreichs Fußball durch derartige Themen wie Schwarzgeld oder Wettmanipulation in Verruf."


 

Aber die Forderung von Hans Rinner bezüglich der Ereignis-Wetten?
Sie haben insofern Recht, dass wir uns mit den Partnern zusammensetzen und analysieren müssen, um Tools zu modifizieren bzw. zu ändern, wo wir das Problem an der Wurzel packen. Man darf auch nicht vergessen, dass durch die Matchfixing-Problematik alle geschädigt waren: Wir Klubs, der Fußball als Ganzes, aber auch die Wettanbieter. Nur zu sagen, wir kooperieren jetzt und damit ist das Problem gelöst, wird nicht reichen. Wir sitzen hier gemeinsam drinnen. Es geht darum, eine Transparenz zu schaffen. Und wenn ich das richtig sehe, habe einige Wettanbieter bereits reagiert und Wetten wie „erstes Out", „erster Eckball" auch bereits korrigiert. Man muss aber – und da gebe ich Ihnen Recht – immer wieder die Dinge hinterfragen. Unsere Arbeit liegt vor allem darin, immer wieder scharf darauf hinzuweisen und präventiv zu arbeiten, so wie wir es auch mit dem Play Fair Code machen. Das Ganze ist aber ein Prozess und es ist nicht damit getan, jetzt einmal ein paar Dinge zu besprechen und dann davon auszugehen, dass das immer halten wird. Das ist ein Grundsatzthema.

 

Vor einigen Tagen ist auch das Thema Schwarzgeld wieder akut geworden. Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass ein Klub, der einem Spieler Schwarzgeld anbietet den Spieler somit zum ersten Mal mit einer kriminellen Handlung konfrontiert und sich somit nicht wundern darf, wenn der Spieler dadurch anfälliger für Wettmanipulationen ist?
Die Gleichung ist aus meiner Sicht zu einfach und greift zu kurz. Die Bundesliga muss ein fairer Wettbewerb sein, die Bundesliga ist der Hüter dieses Wettbewerbs. Wir brauchen Transparenz und wenn sich jemand Mittel bedient, die nicht fair sind, ist das verwerflich, egal ob es sich um Schwarzgeld handelt oder Wettmanipulation. Zu sagen, die Klubs, die Schwarzgeld zahlen sind schuld, ist nicht ganz richtig. Die Strafen müssen abschreckend, drakonisch sein. Es kann nicht sein, dass ein Klub absteigt, weil sich ein anderer Klub einen verbotenen Vorteil geholt hat.

 

Wie sehen die Sponsoren dieses Thema?
Wir schaffen seit Jahren mehr Transparenz, bilden wirtschaftliche Zusammenhänge ab und reden über die Plausibilität der Zahlen. Medien wie vor allem auch 90minuten.at berichten intensiv über diese Zusammenhänge. Wir kooperieren mit vielen großen namhaften Unternehmen, hier ist ebenso volle Transparenz gefordert. Es geht hier um den gesamten Fußball und wir müssen diesen Themen wie Doping, Wetten, Schwarzgeld, etc. mit drakonischen Strafen begegnen. Unsere Bemühungen in der gesamten Liga sind sehr hoch. In Ländern, wo es geringere Lizenzkriterien oder weniger scharfe Bestimmungen gibt, ist die Neigung für derartige Delikte sicher größer als in an anderen Ländern.

 

Waren Sie über die Schwarzgeld-Aussagen von Taboga eigentlich überrascht?
Die Aussagen von Taboga sind mit Vorsicht zu genießen und genau zu prüfen – man erinnere sich an seine Geschichte bei der Festnahme mit der Waffendrohung. Das Thema Schwarzgeld gibt es aber nicht zum ersten Mal und die Bundesliga hat richtig reagiert, in dem sie die Vereine umgehend zur Stellungnahme aufgefordert hat. Der Lizenzsenat muss dies jetzt überprüfen.

 

Sinngemäß haben Grödig und Kapfenberg das Schwarzgeld der Bundesliga wenig überraschend nicht bestätigt. Das heißt, es steht dann Aussage gegen Aussage. Was jetzt?
Die Chuzpe ist: Unser Fußball ist mit der Lokomotive Red Bull Salzburg wirklich erfolgreich in der internationalen Entwicklung, siehe die jetzigen Europa League Spiele oder die Austria dieses Jahr in der Champions League. Derzeit gibt es sogar wie auch auf 90minuten.at gelesen habe Berichte über einen möglichen Fixplatz in der Champions League. Wann hat es das jemals gegeben? Dennoch gerät Österreichs Fußball durch derartige Themen wie Schwarzgeld oder Wettmanipulation in Verruf. Dem müssen wir alle gemeinsam entgegenwirken. Da gibt es kein Augenzwinkern, da dürfen wir Fair Play nicht nur zitieren, sondern müssen das auch alle leben.

 

Ist generell beim Thema Schwarzgeld mehr Sensibilität gefordert bzw. sind Sie insgeheim froh darüber, dass das Thema jetzt auch auf dem Tablet serviert wurde?
Froh kann man nie sein, wenn solche Vorwürfe geäußert werden. Es ist aber keine Frage, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Sagen wir so: Ich bin nicht unglücklich darüber, diesen Schwall zu nützen, um Transparenz auch hier zu schaffen. Ich gehe aber davon aus, dass sich die Vorwürfe nicht erhärten werden. Vielleicht ist es dem einen oder anderen aber auch bisher nicht bewusst gewesen, was von der Dimension her gesehen Schwarzgeld bedeutet. Aber auch hier betone ich abermals: Es gibt keine Kavaliersdelikte, es gibt klare Regeln. Wir sind in einem Wettbewerb im wöchentlichen Vergleich, umso sensibler müssen wir damit umgehen.
Danke für das Interview!