Ingo Mach: ‚Der Sportklub gehört in die Bundesliga'
Aktuell ringt der Wiener Sportklub im Niemandsland der Regionalliga Ost um Stabilität. Geht es nach dem sportlichen Leiter Ingo Mach, dann soll es für den Traditionsverein in den kommenden Jahren aber steil nach oben gehen. „Der Sportklub ist ein schlafen
90minuten.at: Nach dem Freundschaftsspiel gegen den AS Roma Mitte August ist das Stadion nun mit dem Cupspiel gegen Salzburg zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit ausverkauft oder beinahe ausverkauft. Was bedeutet das für den Verein?
Ingo Mach: Das ist für uns natürlich Goldes Wert. Unsere junge Mannschaft kann in solchen Spielen und vor einer solchen Kulisse wichtige Erfahrung sammeln, wir können lernen, wie man so große Spiele aus- und durchführt und dazu kommt, dass endlich wieder richtig viele Leute bei uns sind und die Atmosphäre bei uns erleben können. Nicht zuletzt bleibt aus solchen Spielen natürlich auch finanziell etwas übrig.
Gerade letzteres ist wohl Wasser auf den Mühlen des unter Neo-Präsident Manfred Tromayer eingeschlagenen Sanierungskurses? Kürzlich soll der Schuldenstand bei noch rund einer halben Million Euro gelegen haben?
Diese Zahl kann ich bestätigen, wobei wir davon in der Zwischenzeit schon sehr viel begleichen konnten und uns durch das Salzburg-Spiel einen neuerlichen positiven Effekt erhoffen. In Summe sind wir damit auf einem sehr guten Weg in Richtung Konsolidierung, den wir auch dank der Mithilfe unserer Spieler einschlagen konnten, die in der vergangenen Saison auf einiges Gehalt verzichtet haben, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten. Ob wir es heuer schon schaffen, ins Plus zu kommen, wage ich jetzt nicht zu prognostizieren, aber der Weg stimmt in jedem Fall und wenn wir gegen Salzburg vielleicht sogar die Sensation schaffen und in die dritte Cuprunde einziehen, dann kalkuliert es sich gleich noch viel leichter.
Sie rechnen sich also Aufstiegschancen gegen Salzburg aus?
Warum nicht? In einem Spiel hat man immer Chancen auch einen überlegenen Gegner zu besiegen. Die Salzburger haben zuletzt geschwächelt, wir sind ganz gut in Form und wenn alles zusammenpasst und wir auch das nötige Glück haben, dann ist mit unseren Fans im Rücken die Sensation in jedem Fall möglich.
Kommen bei solchen Spielen wie gegen Roma und jetzt gegen Salzburg Erinnerungen an längst vergangene Glanzzeiten des Sportklubs hoch?
Natürlich sind diese alten Zeiten in den Köpfen unserer Fans fest verankert, auch wenn es auf Grund finanzieller Probleme Anfang des Jahrtausends zur Abspaltung der Fußballsektion vom WSC gekommen ist. Aber ganz unabhängig davon lechzen die Leute hier einfach danach, dass bei uns am Sportclub-Platz wieder etwas los ist. Die Sympathie für unseren Verein ist quer durch alle Schichten sehr groß und bevor wir jetzt an neue große Erfolge denken, geht es darum, diese Sympathisanten auch ins Stadion zu bekommen und unseren Zuschauerschnitt anzuheben. Wir werden nicht von heute auf morgen auf einen Schnitt von über 2.000 kommen, aber langfristig halte ich das und in weiterer Folge sogar noch viel mehr durchaus für möglich. Der Sportklub ist ein schlafender Riese was sein Fanpotenzial betrifft, und kann meiner Meinung nach auf bis zu 10.000 Zuschauer kommen ...
... die bei euch aktuell im Stadion aber überhaupt keinen Platz hätten?
(lacht) Stimmt, das Stadion ist aktuell nur auf 7.500 Zuschauer zugelassen. Bei erfolgreichen Spielen nach einem Aufstieg eventuell in der Ersten Liga oder später vielleicht sogar in der Bundesliga mach ich mir aber keine Sorgen, dass das nicht auch regelmäßig voll werden könnte. Aber dann hoffen wir natürlich auch bereits in einem sanierten oder neu gebauten Stadion zu spielen.
Wie ist da der Stand der Dinge?
Da kenne ich zu wenig Details, da wäre jemand aus unserer Stadionprojektgruppe wohl ein besserer Ansprechpartner. Fakt ist aber, dass unser Stadion aktuell nicht mal mehr im Ansatz zeitgemäß ist und dringend etwas getan werden muss. Ob das dann eine Sanierung oder ein Neubau ist, werden hoffentlich die kommenden Monate zeigen – wir drängen da in jedem Fall auf eine schnelle und für uns passende Entscheidung. Ähnliches gilt übrigens auch für unsere Trainingsplätze, die ebenfalls in keinem sehr guten Zustand sind.
Zumindest bei letzteren könnte aber nun – sofern man den Berichten glauben darf – unerwartet Geld vom ehemaligen WS Ottakring kommen, der sich kürzlich in FC Karabakh Wien umbenannt hat und große Ziele bis hin zur Bundesliga verfolgt?
Mehr als von der Ankündigung des FC Karabakh, der als WS Ottakring als Untermieter schon seit Jahren bei uns im Trainingszentrum trainiert, in die Anlage investieren zu wollen, haben wir bis jetzt auch noch nicht gehört. Da muss man also einmal abwarten, was sie sich konkret vorstellen und das muss dann im Fall der Fälle mit uns als Pächter und der Stadt Wien als Eigentümer des Trainingszentrums abgeklärt werden.
Inwiefern wirkt diese zuvor angesprochene Tradition des Vereins mit Meistertiteln und erfolgreichen Europacupspielen wie dem legendären 7:0 gegen Juventus Turin motivierend oder vielleicht sogar belastend auf den Verein?
Ich möchte hier nur kurz nochmals anmerken, dass diese Erfolge unter dem Verein WSC geholt wurden. Seit der Abspaltung der Fußballsektion auf Grund großer, finanzieller Probleme, Anfang des Jahrtausends spielen wir unter dem Vereinskürzel WSK. Für unsere Fans ist eine Zusammenführung dieser beiden Vereine aber sehr wichtig und daran arbeiten wir. Druck verspüren wir durch unsere vergangenen Erfolge grundsätzlich aber keinen, auch wenn sich unsere Fans sicher wieder erfolgreichere Zeiten bei uns im Stadion wünschen. Aber daher wird es auch so positiv aufgenommen, wenn wir so wie jetzt gegen die Roma einmal im Jahr einen großen Gegner und damit ein wenig Hollywood zu uns nach Dornbach lotsen können. Heuer haben wir mit Roma, auswärts der Vienna und jetzt Salzburg sogar dreimal Hollywood und wie gesagt könnte unsere Reise auch im Cup noch weitergehen und wollen wir auch im nächsten Jahr wieder einen prominenten Testspielgegner zu uns holen.
Welche Zielsetzung verfolgt ihr unabhängig vom Cup in der aktuellen Saison?
In der vergangenen Saison haben wir bekanntlich erst knapp vor Schluss in einem hochdramatischen Spiel den Abstieg verhindern können und daher wollen wir uns in dieser Saison erst einmal stabilisieren. Soll heißen, wir wollen schlussendlich mit 45 bis 50 Punkten auf einem einstelligen Tabellenplatz landen. Parndorf, Ritzung und Amstetten liegen für mich vom Kader her deutlich vor uns, auch die Vienna wird vorne mitspielen und dann messen wir uns mit den Austria und Rapid Amateuren, dem bisherigen Überraschungsaufsteiger Neusiedl und Sollenau auf Augenhöhe. Das ist an sich schon ein Erfolg, von unseren 21 Spielern im Kader fallen immerhin noch elf unter die Jungspielerregelung, sind 1993 oder noch später geboren worden. Dass die nicht so stabil spielen werden, wie etablierte Regionalliga-Kicker liegt irgendwo auf der Hand. Daher geht es diese Saison auch darum möglichst viele Lerneffekte mitzunehmen, um dann nächstes Jahr näher an die Spitze zu schnuppern ...
... und um den Aufstieg mitzuspielen?
Die Regionalliga Ost hat in der kommenden Saison den Fixaufstiegsplatz in die Erste Liga und um den wollen wir in jedem Fall so lange wie möglich mitspielen. Dafür wollen wir unseren aktuellen Kader zusammenhalten, eventuell schon im Winter auf zwei bis drei Positionen korrigieren und dann ohne große Veränderungen mit einer eingespielten Mannschaft in die kommende Saison gehen. Wir haben zwar dann nicht den Druck Meister werden zu müssen, aber werden würden wir es trotzdem ganz gerne (lacht).
Das heißt, sollte es mit dem Aufstieg nächstes Jahr noch nicht klappen, dann eben in einem der Folgejahre? Langfristig sehen Sie die Mannschaft aber in der Ersten Liga oder sogar in der Bundesliga?
In jedem Fall, der Sportklub ist ein Verein, der genauso wie die Vienna, der LASK, Vorwärts Steyr, BW Linz, Innsbruck, St. Pölten, der GAK oder Austria Salzburg in die Bundesliga gehört.
Dort wird es dann aber mit Rapid, Austria, Sturm, RB Salzburg, Ried und den anderen Vereinen schon ein wenig eng. Wie steht ihr aus dieser Perspektive zur aktuellen Diskussion rund um eine mögliche 16er-Bundesliga?
Darüber sollte man zumindest nachdenken, ich könnte mich mit einer 16er-Liga mit drei Absteigern und darunter drei Regionalligen, aus denen jeweils die Meister aufsteigen, gut anfreunden. Die Erste Liga würde ich ersatzlos streichen, die ist aktuell von den Kosten und Reisestrapatzen extrem aufwändig, allerdings lassen sich dort kaum mehr Sponsorgelder als in der Regionalliga lukrieren, was die Finanzierung zusätzlich erschwert. Durch diese Maßnahme würde man auch die Regionalligen aufwerten, zudem könnte sich ganz oben endlich einmal ein Mittelbau etablieren. Aktuell ist es doch so, dass die ersten sechs, sieben Mannschaften in der Bundesliga um die fünf Europacup-Startplätze spielen und der Rest gegen den Abstieg; dazwischen gibt es nichts und das kann für den langfristigen Aufbau auch nicht gut sein.
Welche Rolle trauen Sie dem Sportklub langfristig in der Bundesliga zu?
Wenn wir es weiterhin schaffen, so wie jetzt Ruhe im Verein zu haben und konzeptionell und überlegt gut zu arbeiten, dann traue ich uns eine Rolle wie aktuell der SV Ried zu. Das ist aus unserer Sicht definitiv ein Vorbildverein, der es seit Jahren schafft, mit relativ wenigen Mitteln eine gute Rolle in der Bundesliga zu spielen und der auch dann die Ruhe bewahrt, wenn der Abstieg wie vor ein paar Jahren doch einmal nicht zu verhindern ist. Das mag unspektakulär klingen, wäre aber aus unserer Sicht eine tolle Zielvorstellung. Aber wichtig dabei ist, dass wir jetzt nicht alle Ziele vorschnell erreichen wollen, sondern dass wir das Ganze langfristig andenken. Man muss sich schließlich nur die Geschichte von Vereinen anschauen, die zu schnell rauf wollten und dann rasch wieder in der Versenkung verschwunden sind. Das ist ganz sicher nicht unser Ziel. Natürlich wollen wir nach oben, aber dazwischen muss auch die Zeit da sein, dass die Strukturen mit dem sportlichen Erfolg mitwachsen können – nur so können wir auch langfristig erfolgreich sein. Den Verein muss man sich dabei wie ein riesiges Schiff vorstellen, das nur ganz schwer seine Richtung ändert. Aber wenn es dann einen neuen Kurs hat, dann fährt es auch ordentlich dahin und ist kaum mehr aufzuhalten.
Danke für das Interview!
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