Gernot Zirngast: 'Spieler dürfen nicht wie Schachfiguren hin- und hergeschoben werden'

Nach dem Transfer von Marcel Sabitzer gab es viel Aufregung über die Umgehung der Klausel im Vertrag aber auch zum Thema Investoren bei Fußballtransfers. Im Interview mit 90minuten.at spricht Gernot Zirngast, Vorsitzender der VdF (Gewerkschaft der Fußball

 

90minuten.at: Wie beurteilt die Spielergewerkschaft den Transfer von Sabitzer über den Umweg zu RB Leipzig?
Gernot Zirngast: Für uns ist es ein ganz normaler Transfer, der nach den derzeit geltenden Regeln legal über die Bühne geht. Warum man sich bei Rapid und deren Umfeld darüber aufregt ist nicht nachvollziehbar. Der Vertrag mit Sabitzer und der Investorengruppe wurde schlussendlich vom Verein mitgetragen und Umwege übers Ausland sind legal. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Ola Kamara, der vor einiger Zeit vom SV Ried verpflichtet und dann gleich an 1860 München weiterverliehen wurde. Was Red Bull gemacht hat ist daher auch in Österreich nicht neu.

 

Wie sehen Sie prinzipiell das Thema von „Investorengruppen" im Fußball, die Transfers finanzieren?
Mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits kommt dadurch neues Kapital in den Fußball, das vielleicht ansonsten woanders oder gar nicht investiert werden würde und andererseits bleibt bei so einem Geschäft immer jemand auf der Strecke. Bei Rapid sind es der Verein und seine Fans, die gegen diesen Transfer nichts ausrichten konnten, aber andererseits hätte es den Spieler Sabitzer ansonsten für Rapid wahrscheinlich nicht gegeben. Aber letztendlich liegt es an der Vertragsgestaltung selbst, inwiefern man sich einem Dritten ausliefert oder selbst das Gesetz des Handelns in der Hand behält. Für uns zählt allein, dass der Spieler jederzeit und frei von irgendwelchen Zwängen über seine sportliche Zukunft entscheiden kann.

 

Welche Entwicklung ist hier konkret in Österreich passiert?
Aufgrund unserer grundsätzlichen Kapitalschwäche im Österreichischen Fußball sind die Vereine ständig auf der Suche nach zusätzlichen Geschäftsmodellen, um sich eine bessere Mannschaft leisten zu können. Damit kommen sie wie Rapid auch in den Fokus von Investoren oder gehen wie die Austria (Modell „Rising Stars") selbst auf welche zu. Aber auch Sturm Graz bei Gordon Schildenfeld oder die SV Ried mit Ola Kamara haben sich sicher nicht aus karitativen Zwecken bereit erklärt, als Mittel zum Zweck zu dienen, sondern haben letztendlich entweder sportlich oder finanziell davon profitiert.

 

Welche Gefahren gibt es durch sogenannte Investorengruppen bei Spielertransfers?
Investoren wollen natürlich Profit machen und sind nicht am Wohl des Vereins interessiert. Man ist als Verein in einer schlechten Verhandlungsposition, verliert die Handlungsvollmacht und ist fast dazu gezwungen mit diesem Modell Profit zu machen, um die Investoren bei Laune zu halten. Die interessiert naturgemäß mehr die Weiterentwicklung des Spielers, der bei dieser Konstellation praktisch gar kein Risiko eingeht. Denn sein Vertrag läuft mit dem Verein und ohne seine Zustimmung kann kein Transfer stattfinden. Ich glaube auch nicht, dass die beteiligten Parteien versuchen, den Spieler vertraglich dazu zu verpflichten - denn das wäre für mich illegal und fast wie Menschenhandel, wie es ihn derzeit ansatzweise noch im Österreichischen Amateurfußball gibt.

 

Welche Chancen sehen Sie?
Eindeutig darin, Talenten von sportlich schwächeren Vereinen die Chance zu geben, sich bei einem besseren Verein weiterzuentwickeln und sich auch der Unterstützung des aufnehmenden Vereines sicher sein zu können, da nur ein möglicher Weiterverkauf den Investor zufriedenstellt. Durch das Modell der Ausbildungsentschädigung für Spieler bis zum 23. Lebensjahr sind Verluste für Investoren nur sehr eingeschränkt möglich. Gegen mögliche schwere Verletzungen kann man den Spieler versichern und wenn der Vertrag vor dem 23. Lebensjahr ausläuft, ist ohne Entschädigungszahlung nur ein Transfer von der Regionalliga abwärts unentgeltlich möglich – aber dann hat man eh aufs falsche Pferd gesetzt.

 

Was müsste man aus Ihrer Sicht bzgl. dieser Investorengruppen konkret unternehmen? Welche Forderungen stellt die VdF diesbezüglich?
Es spricht für mich grundsätzlich nichts gegen solche Investoren, wenn das ganze unter einer transparenten Vertragsgestaltung vonstatten geht. Es dürfen keinerlei Einflüsse auf den Verein genommen werden und auch die Spieler darf man weder von Vereins- noch von Investorenseite zu etwas verpflichten. Was aber für uns absolut geändert gehört, ist die Möglichkeit einen Spieler zu verpflichten und in der gleichen Transferperiode weiter zu verleihen. Dies bevorzugt ganz klar die reicheren Vereine und ermöglicht es, dass die Spieler wie Schachfiguren hin und her geschoben werden. Bei einem Transfer muss der erwerbende Verein den Spieler zumindest bis zur nächsten Transferperiode im Kader haben. Somit wären wir wieder bei Marcel Sabitzer, der unter diesen Umständen für keinen Scheintransfer ins Ausland verfügbar gewesen wäre.

Danke für das Gespräch!