GAK-Obmann Harald Rannegger: ‚Das Grazer Derby wird kommen'
Wenn eine Gebietsliga-Mannschaft im Schnitt mehr Zuseher als so manch österreichischer Profiklub hat, dann liegt Tradition in der Luft. Seit der letzten Saison spielt der Grazer Athletiksport-Klub (GAK) wieder um Punkte, durchschnittlich vor über 1.000 Zu
90minuten.at: 2007 war für die Fußballstadt Graz kein gutes Jahr: Zwangsausgleich beim SK Sturm Graz, Konkursantrag GAK. Wie haben Sie persönlich das Jahr erlebt?
Harald Rannegger: Eigentlich habe ich es gar nicht glauben können, dass man von einem Konkurs in den nächsten stolpert. Ich bin selbst Unternehmer und habe mir nicht vorstellen können, dass wenn du einen Zwangsausgleich machst, ein paar Tage später wieder eine Summe über Millionen Euro von einer Bank auftaucht, die im ersten Zwangsausgleich nicht dabei war. Aber das ist ein paar Mal passiert. Es sind beim GAK generell ein paar Dinge passiert, die im Nachhinein schon hinterfragenswert sind.
Und emotional gesehen?
Es war eigentlich so, dass ich das Gefühl hatte, dass der Verein nicht mehr aufsteht und zusperrt. Das waren meine größten Bedenken. Jetzt bist du so lange bei dem einen Verein und plötzlich gibt es ihn nicht mehr. Ich hätte auch nicht gewusst, zu welchem Verein ich dann „Fußball schauen" gehen sollte, da ich immer bei diesem einen Verein war. Aber da gab es viele Leute, die genauso dachten.
2012 hat der GAK den Spielbetrieb eingestellt. Welche Entwicklungen gab es zu diesem Zeitpunkt?
Gegipfelt hat das Ganze in zwei Gruppen: Die eine Gruppe wollte unbedingt etwas mit Gratkorn machen, was für uns der Super-Gau gewesen wäre. Da der fünfte Konkurs, ohne einen Ball gespielt zu haben, dort wieder eingetreten wäre. Das hat unsere Gruppe, also die zweite Gruppe, nicht gewollt. Wir haben uns in einem Gasthaus getroffen und uns in Arbeitsgruppen aufgeteilt, um die Möglichkeiten abzuwägen und ganz neu anzufangen.
Wann war das genau?
Das war 2012, im Jänner 2013 präsentierten wir unser Konzept und fragten die Leute, ob wir das machen sollen. Es waren über 350 Leute gekommen und es war sofort große Unterstützung da, diese ist bis heute ungebrochen. Die Gratkorn-Gruppe hat dann ihre Aktivitäten eingestellt, weil sie draufgekommen sind, dass dort 800.000 Euro Schulden waren und die hätten wir niemals stemmen können. Bei uns ist alles recht flott gegangen. Die Hauptarbeit bestand darin, die ganze Organisation mit den Mitgliedern von null aufzubauen.
Sie waren selbst 2009 Vize-Obmann beim GAK. Bei Ihrem Rücktritt sprachen sie einst schon vom „GAK neu als Mitgliederverein, ohne wirtschaftliche Abhängigkeit".
Genau. Schon damals wollten wir den Verein auf gesunde Füße stellen, damit er überleben kann. Ich habe damals die Aufarbeitung gemacht und war auch für kurze Zeit Vizepräsident, habe aber nie eine Bilanz gesehen. Niemand hat die Zahlen hergegeben, das war komisch. Und dann kommt die erste Bilanz und ist mit 700.000 Euro ungedeckt. Ich wollte helfen und eine Sanierungsgeschichte machen, dazu hätten wir uns aber von ein paar Leuten trennen müssen. Das wollte die damalige Rige nicht und für mich war das nicht tragbar, weil es schon wieder „sehenden Auges" den Kanal runterging. Und im Endeffekt war es dann genau so.
Sie wurden 2013 zum Obmann des neugegründeten Vereins GAC gewählt. Was waren die ersten Ziele?
Wir fangen in der ersten Klasse an – ansonsten hatten wir keine ganz konkreten Ziele. Ein „Superziel" war für uns, dass wir einen 500er Zuschauschnitt haben oder 300 zahlende Mitglieder. Zurzeit haben wir 1.100 zahlende Mitglieder und einen Zuschauerschnitt von knapp 1.000. Ich glaube, die Fans haben den Rückschritt akzeptiert und es ist auch notwendig, eine Geschichte erzählen zu können.
Wie wichtig war die Aufnahme in den Dachverein GAK für diese Geschichte?
Für uns war es schon sehr wichtig, dass wir die ganzen Meistertitel und die ganze Historie weiterführen können. Der Stammverein trägt die Tradition seit 1902 und hat, wie auch die anderen Sportarten, sehr unter dem Fußball leiden müssen. Deshalb hat uns der Dachverein auch Bedingungen gestellt. Diese haben wir erfüllt und mittlerweile sind beide Seiten froh, dass es funktioniert hat.
Sportlich läuft es zurzeit sehr gut und die Mannschaft hat Spieler in den Reihen, die auch in höheren Ligen spielen könnten. Da kommt natürlich die Frage auf, wie viel Geld in der Mannschaft steckt.
Die Mannschaft haben wir in diesen Bezug zweigeteilt: Es gibt die Schlüsselspieler und die jungen Spieler. Beide bekommen Aufwandsentschädigungen. Diese belaufen sich in dem Rahmen, was möglich ist: Der eine bekommt etwas mehr, der andere etwas weniger. Wir haben aber keinen einzigen Angestellten in unserem Verein, auch der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Reich wird bei uns keiner. Vielleicht reich an Erfahrung.
Aber gibt es eine konkrete Zahl, wie viel die Mannschaft zurzeit kostet?
Wir haben eine Idee, die wir zwar noch nicht umgesetzt haben, aber uns daran halten. Wir möchten gerne einen Prozentsatz einführen, dieser soll um die 40% des Budgets betragen. Also 40% des Budgets sollen Personalkosten sein. Das letzte Budget – ist auch kein Geheimnis, weil wir jährlich unsere Zahlen offenlegen – belief sich auf 200.000 Euro. Das kann man sich jetzt leicht ausrechnen. Obwohl die Mannschaft im letzten Jahr noch günstiger war. Aber wenn in Zukunft die Personalkosten bei diesem Prozentsatz bleiben, dann sind wir hochweiß. Die Amerikaner machen das in gewissen Profiligen auch so.
Die 1. Klasse wurde souverän gemeistert und auch in der Gebietsliga befindet sich der GAK am oberen Ende der Tabelle. Aber in welcher Klasse sehen Sie persönlich die Grenze, wo der Verein nicht gleich im ersten Jahr wieder aufsteigen kann?
Wenn wir uns gezielt verstärken, dann sind wir auch für die Unterliga stark genug. Nicht leicht, weil leicht ist es jetzt in der Gebietsliga auch nicht. Aber wenn wir die Konstanz in der Unterliga halten, können wir sicher Erster oder Zweiter werden. „Krachen" wird es zum ersten Mal in der Oberliga. Da werden wir sicher sehr gefordert werden.
Wird sich bei den Zuschauerzahlen etwas ändern, wenn der Erfolg dann einmal nicht mehr da ist?
Das liegt in der Natur der Sache. Aber ich habe da ein recht gutes Gefühl. Die Leute sind auch in der 1. Klasse gekommen, wo es fußballtechnisch nicht das Ansprechendste zu sehen gab. Aber diejenigen, die jetzt gekommen sind, das ist der Kern. Das sind wirklich treue Fans. Natürlich auch kritisch, wenn der Erfolg nicht da ist oder es spielerisch nicht so gut ist. Aber ich glaube, wir können unseren Zuschauerschnitt ausbauen.
Spielen bei den Überlegungen auch die Bundesliga bzw. der Profifußball eine Rolle?
Wenn du als Verein so lange im Profifußball warst, dann muss es schon ein Ziel sein. Wobei ich nüchtern bin und glaube, dass wir das mit der Aufstellung, die wir jetzt haben, nicht schaffen. Da müssen ganz andere Strukturen geschaffen werden: ein Angestelltenapparat, Geschäftsführer, Bürobetrieb – du kannst nicht alles mit Ehrenamtliche machen. Und du brauchst mehr Geld. Auch in unserem Fanbereich gibt es eine Grenze, die noch weit unter dem Budget eines Profiklubs liegt.
Aber vor allem im sportlichen Bereich professionalisieren Sie deutlich...
Wir wissen, dass wir für diese Liga viel zu professionell aufgestellt sind, aber wir wollten das. Wir wollten von Anfang an professionell auftreten. Deshalb werden wir in Zukunft auch viel mit Leistungsdiagnostik arbeiten und planen eine Anschaffung, die es in der Steiermark bis dato noch nicht gibt. Ziel ist es, unsere Spieler noch besser auszubilden.
Und wer hat diese Ideen?
Es kommt sehr viel von der sportlichen Seite rund um Trainer Gernot Plassnegger. Ich bin kein Fachmann, aber lasse es mir genau erklären und wenn wir einen Vorteil sehen und es finanzieren können, machen wir das auch.
Letzte Frage: Wann gibt es das erste Stadtderby gegen den SK Sturm Graz?
Das Erste hat es letzte Woche gegeben, bei der U15. Leider haben wir 3:1 verloren. Aber wir würden sehr gerne im Steirercup weiterkommen, hatten dort aber zwei Mal Pech. Wir haben auch schon ein paar Mal probiert, mit Sturm einen „Städtecup" zu machen, aber das wollten die Sturm-Verantwortlichen nicht. Da hat man oft das Gefühl, dass sie uns nicht wahrnehmen wollen. Damit haben wir aber kein Problem, wir schauen auf uns. Aber es wird kommen, es lässt sich nicht vermeiden.
Danke für das Interview!