Thomas Parits: ‚Die Verbannung der Amateurteams war der größte Blödsinn'
Noch vor der 1:5-Watsche in Salzburg schenkte uns Thomas Parits seine Zeit. Er spricht im Interview über den Europacup, warum Nenad Bjelica der optimale Nachfolger von Peter Stöger ist und verrät, dass die Verbannung der Amateurteams der größte Blödsinn w
90minuten.at: Gehen wir in die Vollen: Was macht die Austria mit den Champions League-Millionen, sollte es klappen?
Thomas Parits: Es ist zu früh, darüber viele Worte zu verlieren. Wir sagen nicht einmal, dass wir sicher in der nächsten Runde sind. Wir haben einen Gegner, der nicht leicht ist, zwei Mal den litauischen Meister geschlagen hat und das ist eine gute Visitenkarte. Natürlich gehen wir als Favorit ins Spiel, aber ich plane nicht den zweiten vor dem ersten Schritt. Ich hoffe, dass wir drüber kommen und dann in der Europa League-Gruppenphase sind. Das wäre gut, nicht nur finanziell, sondern auch sportlich, weil sich die Spieler präsentieren können. Wir haben ja schon erlebt, dass der Wert der Spieler steigt, wenn man international spielt.
Eine Qualifikation würde aber infrastrukturelle Projekte vereinfachen?
Das machen wir, wenn wir dort sind. Wissen Sie, das ist nicht meine Art. Ich habe schon vor dem Sturm-Spiel gesagt, dass wir auch gegen den Meister spielen. Da ist das Land egal. Es gibt in jedem Land zwei, drei gute Mannschaften. Das hat man gesehen, die große Überraschung ist wieder passiert, wie Düdelingen gegen Salzburg. Es ist ja nicht so, dass das unmöglich ist. Aber die Mannschaft ist gewarnt.
< blockquote> Und als Sportvorstand könnte es ebenfalls zu Entscheidungen bei den Personalien Hosiner oder Suttner kommen, wenn es „nur" die Europa League wird? Das sagen Sie den Spielern? Wird der Kader hinsichtlich der Gruppenphase, egal ob Europa oder Champions-League, noch erweitert? Sie haben Nenad Bjelica erwähnt. Ich hätte ihn als Kroaten – individuelle Klasse, gepaart mit Härte – eher in Hütteldorf gesehen ... Hatten Sie da Angst, dass Sie Manfred Schmid medial nicht verkaufen können, auch wenn er wohl die Anerkennung bekam? < blockquote> Warum haben Sie sich über Schmidt als Cheftrainer nicht drübergetraut? Der Österreicheranteil ist höher als vor ein paar Jahren, auch wenn Österreich in der Wertung mal ein bisschen vorrückt, mal ein bisschen zurück. Ist das ein wenig beachteter Erfolg? < blockquote> Was ist denn überhaupt drinnen für Österreich? Ein paar von ihnen erwähnte Spieler machten ihre Erfahrungen bei den Zweitteams in der Ersten Liga: Suttner, Dragovic, Alaba – das war eine gute Sache, da sind sich alle einig. Aber ziehen alle 19 Bundesligisten an einem Strang, damit der Fußball nachhaltig besser wird oder um eine gute Basis für sich selbst zu bekommen? Wir danken für das Gespräch!
Meine Marschrichtung ist ganz klar. Ich bin der Meinung, dass die Mannschaft noch Potential nach oben hat. Da ist noch ein Puffer und ich will das Team zusammen halten. Das ist mir gelungen. Ich denke nicht darüber nach, ob die Champions League erreicht wird oder zwei Spieler verkauft werden. Mit diesem Kader will ich in die Saison gehen. Kommen wir in die Gruppenphase steigt ja der Wert der Spieler. Das haben wir bei Junuzovic und Barazite gesehen. Es ist eben ein anderes Standing, wenn du heute in einer Gruppenphase spielst. Du spielst in Spanien, in Deutschland oder England, das ist eine Auslage, die ein österreichischer Spieler sonst nicht hat. Das habe ich den Spielern auch gesagt.
Das Problem ist, dass wir eine gute Meisterschaft gespielt haben und eine gute Mannschaft hinter uns gelassen haben. Und Salzburg hat im August noch neue Spieler geholt, viel Geld ausgegeben. Wir waren wirklich konstant. Wenn man so eine Saison hinlegt, ist es klar, dass Interessenten kommen. Nur, wenn man sich die Entwicklung einzelner Spieler anschaut: Philipp Hosiner war bei der Admira ein guter Spieler, nicht mehr. Das Interesse hat er sich erarbeitet. Arbeitet er weiter an sich, werden noch mehr Interessenten kommen. Das habe ich ihm klar gemacht. Dann kommen noch mehr Angebote, vielleicht auch von anderen Klubs. Es gehört aber auch eine gute Mannschaft dazu. Die haben wir. Unser Weg soll sein, noch mehr aus dieser Mannschaft, die schon eine super Saison hingelegt hat, herauszuholen.
Diese Meldung, dass ich noch zwei, drei Spieler hole, war total falsch. Ich habe die Kaderliste mit und bin stolz, dass wir zwölf Spieler aus der Akademie dabei haben. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keinen Anlass, Neue zu holen. Jede Position ist doppelt besetzt. Wir müssen 23 Feldspieler bei Laune halten, weil wir das Glück hatten, fast keine Verletzte zu haben. Wenn Simkovic und Kienast zurückkommen, hat Nenad Bjelica viele Möglichkeiten. Dieser Konkurrenzkampf hat uns letztes Jahr ausgezeichnet. Der war so hart, weil man sich für die ersten 18 qualifizieren musste. Ich brauche keinen einzigen neuen Spieler.
Der Nenad hat eine große internationale Erfahrung. Was mir so imponiert hat, ist, wie Wolfsberg gespielt hat. Das ist die Philosophie. Wir haben das immer diskutiert. Der WAC ist eigentlich die einzige Mannschaft, die so spielt wie wir. Wir haben das wirklich durchgedacht. Mit ihrer Qualität waren sie sehr erfolgreich. Er war auch meine erste Überlegung, als Peter Stöger anrief und sagte, dass er das Angebot von Köln annimmt. Ich wusste aber nur nicht, wie die Ausstiegsklauseln bei Nenad waren. Für mich ist er aber einer, der zu uns passt. Auch so, wie er in kurzer Zeit die Spieler auf seine Seite gebracht hat.
Bevor ich mit Nenad sprach, hat Manfred gesagt, dass er erster Trainer werden will. Mir war das Risiko zu groß. Wenn er das nicht gemacht hätte, wäre es eine Überlegung gewesen, ihn als Co zu behalten. Das war aber eben kein Thema, weil er sagte, er wolle nicht als Zweiter bleiben.
Es wäre für ihn nicht leicht gewesen. Ich mein, fachlich gibt es überhaupt nichts. Er hat sich ja deklariert. Wenn einer solche Ansprüche stellt, die von seiner Seite auch berechtigt sind, war es so, dass wir davon unabhängig meinen, dass das Risiko zu groß war. Ich hätte ihn gerne im Team behalten. Ich habe aber die Chance gesehen, dass wir international spielen können und dachte, wir brauchen jemand mit Erfahrung. Bjelica hat auf internationaler Ebene sehr viel erlebt und auf nationaler Ebene als Cheftrainer beachtliche Erfolge gefeiert.
Derzeit sudern wir übers Niveau der Liga. Mal angenommen: Rapid und Pasching fliegen raus, der FAK und Red Bull sind in der Champions League. Wo stehen wir dann? Bildet die Fünfjahreswertung die Realität ab?
Es ist halt immer dieses Problem. Es wird immer Überraschungen geben. Da gehören aber immer zwei dazu. Wenn eine Mannschaft wie Sturm in 180 Minuten kein Tor macht, muss man sich hinterfragen. Es ist aber so, dass die Mannschaft, die als großer Favorit rein geht, auch eine schlechte Form zeigen kann. Die Fünfjahreswertung befürworte ich. Wir haben heuer zwei Teams in der Champions League-Qualifikation. Salzburg hat damals unter Stevens kein Spiel verloren, wir haben acht Punkte gegen den schwedischen und holländischen Meister und Kharkiv gemacht. Die Wertung ist ein Spiegelbild. Wir hatten fünf Starter, weil wir im Vorfeld gut gearbeitet haben. Da tut mir Düdelingen weh. Ich wünsche mir, dass Salzburg auch in die Champions League reinkommt. Das wäre gut für den österreichischen Fußball. Das Ausscheiden von Sturm tut weh, weil jeder Punkt wenig zählt. Wenn es gelingen würde, dass wir viele Spiele gewinnen, die Punkte machst, hätte Österreich einen Fixteilnehmer. Dann kann man planen. Wenn ich Meister werde, habe ich das Geld X. Das wäre das Ziel.
Die Austria hat es mit erfahrenen, teuren Spielern nicht geschafft, in die Champions League zu kommen. Der Unterschied zu vor ein paar Jahren ist, da rede ich speziell von unserem Klub, dass wir junge Spieler holen, die sich hier weiterentwickeln. Wenn ich heute in die Nationalmannschaft schaue, spielen dort fünf, sechs Spieler, die vorher bei mir gespielt haben. Wir konnten viele nicht halten, aber sie haben über die Austria ihren Weg gemacht. Salzburg setzt hingegen weiter auf teure, ausländische Spieler – mit dem Unterschied, dass sie heute jünger sind.
Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Wir hatten vor ein paar Jahren vier Mannschaften in der Europa League-Gruppenphase. Wir machen uns immer schlechter, als wir sind. Wir haben uns gut geschlagen. Aber vom großen Topf Champions League kann man super profitieren. Dort reinzukommen ist unheimlich schwierig. Aber Nikosia oder Debrecen sind die Beweise, dass es immer wieder Mannschaften gibt, die es dort hin schaffen, durch die Änderungen in der Qualifikation. Rein theoretisch kann man sagen, dass man sich nun, mit ein bisschen Glück, als Meister eines kleinen Landes leichter qualifizieren kann. Es gibt also eine realistische Chance. Portugal hat immer zwei Fixe, hat immer ihre Punkte, weil sie Kleine bekommen. Da wäre es wichtig, dass einmal eine Mannschaft reinkommt, damit wir die Punkte sammeln.
Heinz Hochhauser und ich wussten schon damals, dass es keine richtige Entscheidung war, dass die Amateure dort nicht mehr spielen dürfen. Didi Mateschitz hat eine Möglichkeit gefunden, wie seine Spieler dort kicken können. Egal, wen sie fragen, der sich mit Fußball auskennt: War das eine gute Entscheidung? Nein, das war der größte Blödsinn, den es gibt. Aber sie haben es gemacht. Wenn wir oben geblieben wären, hätten wir den Weg weiter verfolgt. Wir können uns jetzt keinen Klub wie Liefering leisten. Für die Entwicklung der Spieler und fürs Nationalteam war das meiner Meinung nach der größte Blödsinn. Aber das wissen in der Zwischenzeit eh alle.