Schöttel: 'Der Generationenwechsel ist vielleicht zu radikal ausgefallen'
Rapid-Trainer Peter Schöttel stellt sich am Donnerstag vor dem brisanten Spiel gegen Wiener Neustadt den Fragen der Medien. Der angeschlagene Coach über mangelnde Hierarchie im Team, den zu erwartetenden Protest der Fans und warum der Fokus derzeit mehr a
Morgen geht es gegen Wiener Neustadt. Was sind Ihre Erwartungen?
Wiener Neustadt hat im Frühjahr gezeigt, wie es geht. Mit wenigen Toren, viele Punkte erzielt – mit vielen Standardsituationen. Heimo Pfeifenberger macht eine richtig gute Arbeit. Die ersten drei Spiele waren alle sehr eng. Ich rechne nicht, dass viele Tore fallen werden, ich hoffe, dass wir mehr erzielen werden als der Gegner. Ich bin optimistisch, dass wir gewinnen – es ist einfach schon zu viel passiert im Frühjahr.
Sie haben sicherlich schon vom Protest gehört, den es vor dem Spiel geben wird. Erwarten Sie auch Proteste im Stadion, wenn das Spiel läuft? Werden Sie die Mannschaft darauf vorbereiten?
Natürlich. Es ist ja zu erwarten, dass es nicht nur vor dem Spiel zu Protesten kommen wird, sondern auch im Stadion Sprechchöre oder Aktionen geben wird. Aber die gibt es eigentlich eh immer und das können wir nicht beeinflussen. Wir müssen das versuchen - und das versuchen wir seit Wochen - was man in diesem Fall eh immer sagt: Wir müssen uns auf unsere eigene Leistung konzentrieren, das können wir beeinflussen. Proteste können wir nicht beeinflussen. Das wird wieder ein schwieriges Spiel werden. Das übernächste Spiel wird nur leichter, wenn wir am Samstag gewinnen. Dann ist noch lange nicht alles super und alles toll – wir sind ja nicht blind oder naiv. Aber das wäre ein erster Schritt, um zu mehr Selbstvertrauen zu kommen und unser Saisonziel erreichen zu können.
Wer wird gegen Wiener Neustadt im Tor stehen? Waren Sie mit Novota zufrieden?
Er hat mir ganz gut gefallen. Alle Torhüter haben in dieser Woche gut trainiert. Wir werden es am Samstag sehen.
In der Sportwoche wurde vermutet, dass in der Rapid-Mannschaft einfach die Hierarchie fehlt. Wie sehen Sie diese Kritik?
Dass die Altersstruktur sehr wohl ein Thema bei uns ist, ist uns bewusst. Da sind wir beim Thema Generationswechsel, der stattfindet, der zum Teil vielleicht zu radikal ausgefallen ist. Das hat zum einen den Grund, dass wir junge Spieler haben, bei denen wir enormes Potenzial sehen. Andererseits ist diese Mannschaft eben aus sportlichen und wirtschaftlichen Gründen zusammengestellt worden. Mangelnde Hierarchie ist, glaube ich, sehr wohl ein Thema, weil wir nicht viele alte Spieler haben und von den wenigen alten Spielern de facto nur der Steff (Anm. d. Redaktion Hofmann) Stammspieler ist bzw. war. Der ist im Moment verletzt, alle anderen waren kaum Stammspieler in dieser Saison. Dass wir da ein bisschen jung und unerfahren angetreten sind, hat man bemerkt.
Die Kritik ging in dem Artikel ging auch in Ihre Richtung, dass Sie für zu wenig Hierarchie sorgen?
Das war dieser Artikel mit dem anonymen Spieler? Das habe ich gern, wenn ein Spieler anonym etwas sagt. Es ist eine schwierige Situation für die älteren Spieler, wenn sie mitgeteilt bekommen, dass sie nicht mehr verlängert werden. Ich sage das ganze Jahr bzw. seit eineinhalb Jahren, wie wichtig diese Spieler trotzdem für uns sind und wie wichtig sie für die jungen Spieler sind. Aber natürlich ist dies eine andere Geschichte, wenn alle vier, fünf älteren Spieler Stammspieler sind oder wenn es nur einer ist. Das ist für die Spieler schwierig. Ich wünsche mir – das müsste der nächste Schritt sein – dass die Generation der Spieler im Alter von 25,26, 27, das sind ein Sonnleitner, ein Pichler, ein Trimmel, ein Schrammel, die Verantwortung übernehmen. Dass dieser Bereich aber derzeit nicht optimal läuft, ist auch klar. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, zum Teil die jüngste seit den 50er-Jahren. In einer Situation wie jetzt versucht man dann aber doch, auf Routine zu setzen, die aus solchen Situationen schon mal rausgekommen sind.
Ein Spieler mit viel Potenzial, das sagen Sie auch immer, ist Schaub, vor allem im Vergleich mit gleichaltrigen Spielern. Warum hat dieser Spieler noch keine Chance bekommen?
Welche Position spielt Schaub? Er ist unter gleichaltrigen einer der besten in Österreich. Normalerweise spielt Hofmann auf seiner Position und dann spielt jetzt der Alar auf seiner Position, der das richtig gut spielt. Und dann ist die Frage – und es wird dann immer so gedreht: Wenn ich ihn spielen lasse und wir verlieren und gleichzeitig „Vorstand raus" gesungen wird, dann sagen alle: Wie kann man jetzt einen 18-jährigen reingeben? Wir haben mit Wydra einen spielen lassen, der das tadellos gemacht hat. Es muss aber die Mischung passen. Welche Spieler nimmt man in dieser Situation? Das kann man immer diskutieren. Eigentlich wollte ich mit Boskovic in Innsbruck Ruhe ins Spiel bringen, das hat nicht funktioniert. Vielleicht habe ich ihn ein paar Tage zu früh gebracht. Da habe ich mir mehr erwartet.
Aber auch routinierte Spieler wie Burgstaller bleiben weit unter ihren Leistungen?
Das letzte Spiel von ihm war richtig schlecht. Er hat aber auch schon sehr gute Spiele gehabt. Wir brauchen über die Seiten Dynamik. Ich bin jetzt in einer Phase, wo ich bemerke, selbst wenn man sich sehr mit der Materie beschäftigt, dass immer wieder etwas passiert, auch wenn man sich gut vorbereitet, dass Dinge passieren, die man sich nicht erklären kann – das ist bei positiven Dingen aber auch so.
Ist der Fokus in Zeiten wie diesen vor dem Match mehr auf die eigene Leistung gerichtet als auf die Gegneranalyse?
Wir reden natürlich über den Gegner. Das machen wir immer. IN letzter Zeit versuchen wir aber schon, den Fokus mehr auf uns zu richten, um ihnen zu vermitteln, dass sie gut sind, dass wir an sie glauben und auch von der Qualität überzeugt sind. Wir sind alle mittlerweile sehr lang im Geschäft und wissen, dass es schnell wieder kippen kann und es wird auch schnell wieder kippen.