Roman Wallner: 'Schau, was das für ein Depp ist'

Der Wikipedia-Eintrag von Roman Wallner zählt 14 Stationen in seiner Profi-Laufbahn. Das, missglückte Auslandsengagements und eine lästige Art am Feld machen ihn zu einem polarisierenden Spieler. Im Interview mit 90minuten.at spricht Roman Wallner darüber

 

90minuten.at: In Ihrer Karriere gab es wohl schon schlimmere Zeiten als einen Abstiegskampf. Wie ordnen Sie die letzten paar Monate ein?
Roman Wallner: Ich war schon in schwierigeren Situationen. Man kann auch nicht erwarten, wenn vorher viele Spiele verloren wurden und dann ein Spieler kommt, dass sich alles um 180 Grad dreht. Aber ich konnte persönlich etwas dazu beitragen, durch Einsatz, durch Gas geben, dadurch, dass ich im Match alles gebe. Dass die Tore dann passieren, hängt von anderen Faktoren ab. Nur weil man alles gibt, heißt noch nicht, dass man immer trifft.

 

Trainer Roland Kirchler betonte uns gegenüber die Arbeit auf der mentalen Ebene. Was hat er da gemacht? Es wird ja kein Profi aufs Feld gehen und sagen „Heute gebe ich nicht alles!"
Ich war nur ein Monat unter Walter Kogler da, daher ist das schwierig zu beurteilen. In solchen Phasen kann man das aber nicht so beschreiben. Es funktionieren Sachen nicht, die normalerweise selbstverständlich sind, die vorher immer geklappt haben. Jeder, der Fußball spielt, weiß, wenn es gut rennt, kann man auch nicht unbedingt beschreiben, warum es gut läuft. Das gilt auch für die Zeit, in der es schlecht geht. Wichtig ist eben, weiter Gas zu geben und das haben wir auch unter Walter Kogler gemacht. Roland Kirchler ist gekommen, hat mit den Spielern viel geredet, ist auf sie zu gegangen. Dann hat es wieder zu rennen angefangen.

 

Es ist auch schwierig, in Negativsituationen Spieler zu kritisieren. Da nimmt kein Mensch irgendwas an.< /div>< /div>

 

Vor allem Standardsituationen haben zur Siegesserie beigetragen – denkt der Spieler in der Offensive zu viel nach und ist dann deshalb einen Schritt zu spät?
Das kommt dann automatisch dazu. Die Einzelspieler überlegen einfach mehr. Und in jeder Sportart ist es so. Wenn man im Flow ist, muss man nicht viel überlegen, es geht Vieles von selbst. Allerdings muss man auch viel investieren, um dorthin zu kommen.

 

Sie haben in Ihrer Karriere schon mit vielen Trainern zusammen gearbeitet, können vergleichen. Wie groß ist das Vorgabenpaket von Roland Kirchler?
In erster Linie war die Situation ja so, dass wir unbedingt gewinnen mussten. Wir mussten schauen, dass wir Fehler abstellen, dass wir es in den Griff bekommen, nicht so viele Tore aus Standardsituationen zu bekommen. Es ist auch schwierig, in Negativsituationen Spieler zu kritisieren. Da nimmt kein Mensch irgendwas an. Es ist leichter, auf Fehler einzugehen, wenn man gewinnt. Aber in derartigen Negativphasen lernt man viel. Jeder Spieler, der es irgendwie versteht und weitermacht, wird merken, dass ihm diese Situation mehr gebracht hat als wenn er immer gewinnt.

 

Ich höre raus, dass auch auf Basis Ihrer Erfahrung im Abstiegskampf das größte Taktikgenie wenig bringt, wenn die emotionale Schiene vernachlässigt wird?
Das kann man auch nicht so sagen. Ohne Taktik, ohne körperliche Fitness geht es auch nicht. Aber wenn man das macht, heißt es noch lange nicht, dass man Erfolg hat. Es kommt so viel zusammen. Es spielt sich im Kopf ab. Und jeder muss wissen, was er zu tun hat. Man muss Laufwege üben. Fußball ist sehr vielfältig. Man kann nicht ohne dem auskommen und auch nicht nur mit dem.

 

Man muss wissen, wie man die Spieler einsetzt, wie die Spieler drauf sind. Das hat Roland Kirchler gut erkannt.< /div>< /div>

 

Das Gesamtpaket muss stimmen?
Es muss passen. Man muss wissen, wie man die Spieler einsetzt, wie die Spieler drauf sind. Das hat Roland Kirchler gut erkannt.

 


Welcher Ihrer zahlreichen Trainer war sehr stark auf der emotionalen, welcher auf der taktischen Ebene unterwegs?
Ich habe schon ziemlich viele gehabt (lacht). Es waren welche dabei, von denen ich nichts hatte, einige haben mir sehr viel gebracht. Fußballerisch hat mir am Anfang meiner Karriere Ivica Osim sehr geholfen. Ich hatte Hans Krankl, der mir in einer schlechten Phase sehr viel geholfen hat. Hätte ich da einen anderen erwischt, der nicht gewusst hätte, was ich kann und mich fallen gelassen hätte, dann würde ich gar nicht mit dir jetzt reden (lacht). Matthias Hamann war ein guter Trainer, genauso wie Huub Stevens in Salzburg. Klaus Lindenberger hat mich damals zum LASK geholt. Es ist immer Ansichtssache. Es gibt immer Spieler, die das anders sehen.

 

 

Wie soll ich das beschreiben? Die vierte Liga war in dem Sinne kein Rückschritt, weil ich davon ausgegangen bin, dass wir aufsteigen.< /div>< /div>

 

Sie haben den LASK angesprochen. Da haben Sie sich in den Fokus gespielt, wechselten zu Salzburg – und dann nach Leipzig in die vierte Liga. Warum?
Für mich war das ok. Wie soll ich das beschreiben? Die vierte Liga war in dem Sinne kein Rückschritt, weil ich davon ausgegangen bin, dass wir aufsteigen. Ich habe mir eine Chance ausgerechnet, über diesen Umweg auf lange Sicht in die Bundesliga zu kommen. Das war mein Plan. Das hat dann halt nicht so funktioniert, das kann immer wieder passieren. Das hätte auch weiter oben passieren können, durch Trainer- oder Sportdirektorenwechseln, dass andere Spieler bevorzugt werden...

 

Dann war da noch Hans Krankls Ausspruch über Sie und Roland Linz, der von den Medien immer wieder mit etwas Häme ausgegraben wird ...
Ich mache mir da weniger Gedanken drüber als die Medien. Jeder weiß, dass der Krankl ein emotionaler Typ ist. Er hat diese Aussage getätigt und Roland Linz und ich waren damals in einem Hoch. Dass das nicht so gekommen ist, weiß man auch. Ich sehe das nicht so tragisch. Ich glaube eher, dass die Leute das genau deshalb gerne ausgraben, weil es nicht eingetroffen ist. Das kann man dann negativ behaften und sich drüber lustig machen: „Der hat das gesagt, der hat es nicht geschafft, schau, was das für ein Depp ist!"

 

Und Sie sind ja wieder zurückgekommen. Aber es gibt wohl keine Blankovorlage für eine Karriere. Was würden Sie jungen Spielern raten?
Das ist auch schwierig, weil jeder seine eigenen Erfahrungen machen muss, seine eigenen Schlüsse ziehen muss. Ich bin froh, dass ich meine Erfahrungen gemacht habe, weil sonst wäre ich nicht so wie ich bin. Ich war ziemlich weit unten und hatte die Kraft, mich wieder zurückzukämpfen. Es gibt viele negative Stimmen, die sagen, dass ich mehr erreichen hätte können, das Talent in gewisser Weise vergeudet habe. Aber man kann es nie wissen, denn wenn ich immer alles so gemacht hätte, wie die Leute sagen, wie ein Profi sein muss, heißt das ja noch lange nicht, dass ich es geschafft hätte. Das weiß man ja auch nicht. Es gibt ja genug Beispiele dafür – und die spielen jetzt auch nirgends mehr. Deswegen bin ich früoh, gewisse Erfahrungen gemacht zu haben. Ich habe auch daraus gelernt oder daraus lernen müssen. Ich habe nie aufgesteckt und bin in gewisser Weise auch belohnt worden.

 

Also immer weiter machen, egal was passiert?
Das muss man sowieso. Und weil der Fußball ein Tagesgeschäft ist, ist das eine gute Lebensschule. Es geht immer wieder bergauf. Der einzige Unterschied zu Berufen, bei denen keine Medien dabei sind und es nicht Woche für Woche Spiele gibt ist, dass es manchmal einfach etwas länger dauert, bis der Umschwung kommt. Im Fußball kann ich ganz unten sein, am Sonntag treffe ich wieder. Da sieht man es eklatant, dass es in alle Richtungen gehen kann.

 

Kommen wir noch Mal auf Innsbruck zu sprechen. Wie groß ist die Aufgabe „Klassenerhalt" aus Ihrer Sicht?
Es geht nicht von heute auf morgen, aber es kann natürlich sein, dass, wenn wir gut starten, weiter rauf rutschen. Aber man muss sich damit auseinander setzen, dass wir hinten drinnen stehen. Es kann das ganze Frühjahr dauern! Aber uns ist wichtig, dass wir den Rückstand aufgeholt haben. Wir haben es aus eigener Kraft geschafft, alles offen zu halten. Vielleicht kommt uns zu Gute, dass wir uns schon lange damit beschäftigen, gegen den Abstieg zu spielen.

 

Sie persönlich fühlen sich, auch familiär, in Tirol wohl. Was steht jetzt, mit 31, noch am Plan?
Das ist schwierig zu sagen. Im Fußball geht es so schnell, es kann alles passieren. Ich will spielen, so lange es mir einfach Spaß macht. Und dann schauen wir, was dabei raus kommt. Lange nachdenken hilft da eh nicht viel. Ein naheliegendes Ziel ist es, den Klassenerhalt zu schaffen, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann. Was dann nächstes oder übernächstes Jahr passiert, kann man nicht planen.

 

Wir danken für das Gespräch!

 

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