Herfried Sabitzer: 'Ein Junger muss nicht immer gleich ins Ausland'

Herfried Sabitzer spielte als Fußballer immer in Österreich. Einmal hätte er nach England gehen können. Er blieb in der Heimat und bereut es heute. Ein Gespräch darüber, warum er seinem Sohn trotzdem von einem Wechsel ins Ausland abriet?  Von Gerald Goss

 

90Minuten.at: Sie haben als aktiver Fußballer immer in Österreich gespielt. Warum?
Herfried Sabitzer: Als bei mir 1998 der Vertrag mit dem GAK ausgelaufen ist, war eigentlich alles fix mit West Bromwich. Da hätte ich nur mehr „Ja" sagen müssen. Ich habe mich dann aber entschieden in Österreich zu bleiben und habe bei Salzburg einen Vertrag unterschrieben. Für drei Jahre.


Das heißt: Sie haben sich damals gegen einen Transfer ins Ausland und für Österreich entschieden?
Ja. Aber wenn ich jetzt zurückblicke, würde ich das aus heutiger Sicht nicht mehr machen. Ich würde heute ins Ausland gehen. Es war ein Fehler. Ich hätte ein anderes Land kennen gelernt, andere Erfahrungen gemacht, eine andere Sprache gelernt.


Warum sind Sie dann damals in Österreich geblieben?
Ich habe immer gesagt: Wenn ein gutes Angebot von einem österreichischen Klub kommt, dann werde ich wahrscheinlich in Österreich bleiben. In Wahrheit war es so: Die Engländer wollten mich unbedingt haben und dadurch sind auch alle österreichischen Vereine wieder aufmerksam geworden. Und: Ich wollte in Salzburg noch einmal durchstarten, weil ich schon mal dort war. Damals bin ich aber aus der Startelf gefallen. Mit 21 Jahren. Weil der Otto Baric einen Landsmann forciert hat. Ich wollte dort noch einmal Gas geben.


Sie sind seit kurzem Co-Trainer beim DSV Leoben. Das liegt nicht weit von ihrem Heimatort entfernt. Ist die Nähe Zufall oder beabsichtigt?
Mit dem Cheftrainer, dem Karner Heinz, habe ich schon beim GAK zusammen gearbeitet. Der wurde da Trainer und hat mich gefragt, ob ich Co-Trainer werden will. Es ist auch der Hartmann Jürgen als sportlicher Leiter hier, mit dem bin ich groß geworden in Donauwitz. Wir sind damals in die Bundesliga aufgestiegen. Es war eine Herzensentscheidung nach Leoben zu kommen.

 



Würde Sie das Ausland als Trainer reizen?
Nein. Nein. Nein. Nein. Überhaupt nicht. Reizen tut es mich vielleicht, aber das kann man nicht planen. Natürlich sind wir ehrgeizig und wollen die Ziele erreichen, die wir uns setzen. Aber ich will mich auf das gar nicht konzentrieren, weil nur der momentane Zustand zählt.


Nur ein Gedankenspiel: Was wäre, wenn plötzlich ein Angebot aus - beispielsweise - den Vereinigten Arabischen Emiraten eintrudeln würde. Wie würden Sie reagieren?
Der Josef Hickersberger hat da unten einen guten Namen. Und wenn er sagen würde: Er will den Herfried Sabitzer als Co-Trainer in die Emirate mitnehmen, dann braucht man überhaupt nicht diskutieren, das wäre dann sicher ein Thema. Aber bis jetzt hat mit mir niemand gesprochen und daher befasse ich mich damit gar nicht.

 


Ab und zu muss man schon eine schärfere Hand anlegen, aber insgesamt gesehen ist der Marcel vernünftig

 

Sie waren Nationalteamspieler, haben in Österreich einen guten Namen. Derzeit stehen sie eher als „der Vater von Marcel Sabitzer" in der Zeitung. Was für ein Typ Vater sind Sie?
Das Wichtigste ist, einen Mittelweg zu gehen. Ab und zu muss man zwar schon eine schärfere Hand anlegen, aber insgesamt gesehen, ist der Marcel so vernünftig, dass er seinen eigenen Weg gehen wird. Und den wird er auch gehen. Er hat jetzt den nächsten Schritt gesetzt: er wechselt von einem kleineren Verein zum größten Klub in Österreich. Ich bin überzeugt, dass er das bewältigen wird. Dann kommt auch der nächste Schritt. Aber über das braucht man nicht nachdenken. Er will jetzt mit Rapid den Meistertitel erringen und für Österreich gewisse Sensationen schaffen.


Als Sie bemerkt haben, dass an Ihrem Sohn auch internationale Vereine interessiert sind, was haben Sie ihm da geraten?
Wir sind relativ schnell zum Entschluss gekommen...aber ich muss auch betonen: Die letzte Entscheidung wird immer der Marcel selber treffen.


Sie waren selbst Profi, kennen das Geschäft. Da gibt man einen Ratschlag vielleicht schneller, oder?
Sicher hat man miteinander geredet, was der beste Schritt wäre. Es hat dann Angebote von Schalke, Kaiserslautern oder M´Gladbach gegeben. Aber der Marcel hat sich relativ schnell dazu durchgerungen, den nächsten Schritt in Österreich zu setzen. Es ist ein Riesenschritt von der Admira zu Rapid. Es bringt nichts, wenn er mit 40 Bundesligaspielen zu einem Großklub nach Deutschland geht. Ich glaube, dass der Schritt in Österreich zu bleiben und zu einem Großklub zu wechseln, für die Entwicklung von Marcel sehr gut ist.

Aber kommt man da nicht ins Schwanken, wenn plötzlich ein Klub wie Schalke ernsthaft ein Angebot vorlegt?
Wenn für einen 18-jährigen solche Angebote vorliegen, ist das natürlich keine einfache Situation. Im ersten Moment wird sich der Marcel auch gedacht haben: Bist du narrisch, super. Aber man hat auch gesehen, dass das nicht spurlos an ihm vorübergegangen ist. Er hat Mitte Herbst auch nicht mehr die Leistungen abrufen können, die er davor gebracht hat. Aber der Marcel ist so bodenständig, dass er realistisch einschätzen kann, ob es Sinn macht zu einem Großklub in Deutschland zu gehen.


Sie selbst waren auch für einen Verbleib in Österreich. Warum ist das, aus Ihrer Sicht, sinnvoller?
Mein Vorbild ist die Geschichte mit dem Zlatko Junuzovic. Das ist auch ein vernünftiger Bub gewesen. Der ist auch nicht gleich von Kärnten ins Ausland, sondern hat den Weg über einen Topklub in Österreich gemacht. Das gilt auch für den Marcel. Wenn er bei Rapid Topleistungen erbringt, dann geht er als „gstandener" Bundesligaspieler mit einem anderen Stellenwert nach Deutschland als jetzt. Der Junuzovic hat das vorgezeigt. Das war vom Sladdi ein super Schritt. Das soll auch ein Beispiel sein. Man soll nicht immer nur glauben, dass man schon als Junger ins Ausland muss.


Ein Gegenbeispiel wäre David Alaba, der schon früh ins Ausland gegangen ist.
Der Alaba ist das Ausnahmetalent. Ob der jetzt in Österreich geblieben wäre oder ins Ausland geht – der hätte das so und so geschafft.


Raphael Holzhauser ist auch so einer, der sich jetzt gleich im Ausland durchsetzt.
Der Holzhauser ist jetzt auf einem super Weg. Wenn der Marcel auf Schalke geht, ist er der 25. oder der 30. Spieler im Kader. Da kann ihm passieren, dass er die halbe Zeit in der Amateurmannschaft spielt. Es ist der bessere Weg, bei einem Topklub in Österreich zu spielen.

 

Wenn ein guter Spieler am Markt ist, dann wird der Arsene Wenger den nehmen. Egal, ob der 19 oder 25 Jahre alt ist.

 

Arsenal-Trainer Arsene Wenger meinte einmal, dass er mit Spielern über 18 nichts mehr anfangen könne, weil sie für internationale Ansprüche nicht mehr formbar sind.
Das will ich jetzt nicht kommentieren. Natürlich will der Arsene Wenger vielleicht Spieler haben, die er schon ausbildet. Aber ich halte von dieser Aussage nichts. Ich glaube das auch nicht. Der Arsene Wenger hat sich ja auch um den Marcel einmal erkundigt und den hat er bis zum 15. Lebensjahr ja auch nicht geformt. Wenn ein guter Spieler am Markt ist, dann wird der Arsene Wenger den nehmen. Egal, ob der 19 oder 25 Jahre alt ist.


Beim Wechsel von Jimmy Hoffer wurde von Seiten Neapels bemängelt, dass er taktisch zu viel Aufholbedarf hat. Könnte das bei einem späten Wechsel ins Ausland ein Problem sein, dass man internationalen Maßstäben nicht genügt?
Da muss ich jetzt aber sagen: Mit dieser Aussage greifen Sie aber schön die österreichischen Trainer an. Wir haben in Österreich gute Trainer. Da bin ich schon überrascht über Ihre Fragestellung, dass der Jimmy Hoffer taktisch zu wenig geschult war und darum soll er es in Neapel nicht geschafft haben.

 

Die Aussagen über taktische Mängel sind aus Neapel gekommen.

Dann wird in Neapel aber ein Blödsinn erzählt. Ich glaube, dass alle Trainer bei Bundesligisten und Zweitligisten eine super Arbeit machen. Er ist ja dann auch von Neapel nach Frankfurt gegangen und hat eine Zeit trotzdem gespielt. Umsonst holt ihn nicht der Franco Foda, der einer der besten im taktischen Bereich ist.

 

Ich glaube nicht, dass vom Tempo her ein großer Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist.

 


Ein anderer Aspekt: Denken Sie, dass man sich in Österreich irgendwann an das Tempo der Liga anpasst und es dadurch in einer großen Liga umso schwerer hat?
Nein. In Österreich wird alles nur immer schlecht gemacht. Man hat gesehen, als die Admira gegen Sparta Prag gespielt hat, dass da in Wahrheit kein Unterschied ist. Das lasse ich nicht gelten, das sich Spieler dann schwer tun. Natürlich ist die Umstellung nach einem Transfer etwas anderes. Aber ich glaube nicht, dass vom Tempo her ein großer Unterschied zwischen Österreich und Deutschland ist.


Der Horst Heldt soll ja mit einem unterschriftsreifen Vertrag von Schalke schon in Wien gewesen sein. Stimmt das?
Wir sind zusammen gesessen in Wien und haben über das Ganze geplaudert. Schalke wollte das unbedingt machen und wir haben uns entschieden, dass wir es nicht machen. Schalke ist aber deswegen nicht angefressen. Der Marcel wird trotzdem weiter beobachtet. Natürlich hätten sie ihn gerne jetzt gehabt, aber vielleicht passiert es in drei oder in fünf Jahren.

 

Glauben Sie, dass ich Ihnen darauf eine Antwort gebe?

 

Ihr Sohn hat dann bei Rapid unterschrieben. Davor hat er sich aber noch von seinem Berater Alexander Sperr getrennt. Warum?
Dazu möchte ich mich jetzt gar nicht äußern.

 

Das Internetportal „sport10.at" schreibt, dass Sie selbst von Rapid mit einer fünfstelligen Eurosumme geködert worden sind. Stimmt das?
Jetzt glauben Sie, dass ich Ihnen darauf eine Antwort gebe? Zu diesem Thema wird von mir kein einziger Satz mehr fallen. Über dieses Thema wird gar keine Auskunft mehr gegeben. Das ist abgehakt. Das einzige was ich noch dazu sagen will: Fakt ist, dass der Wechsel zu Rapid nie eine Geldfrage war. Wenn es ums Geld gegangen wäre, hätte er zu Schalke, M´gladbach oder Kaiserslautern gehen müssen.

 

Danke für das Interview!

g.gossmann@90minuten.at

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