Hans Rinner: 'Man muss die Klubs zu ihrem Glück zwingen'
Am 6. Dezember endet vorerst die Amtszeit von Bundesliga-Präsident Hans Rinner. Im Interview mit 90minuten.at zieht Rinner Bilanz, spricht über Erfolge und Misserfolge – und verteidigt seinen unkonventionellen Vorschlag, Lizenz-Entscheidungen, die während
90minuten.at: Am 6. Dezember findet die Bundesliga-Hauptversammlung statt. Damit endet auch vorerst ihre Amtszeit als Bundesliga-Präsident. Wie beurteilen Sie ihre Amtszeit?
Hans Rinner: Damals im Dezember 2009 habe ich drei wesentliche Punkte gesagt, die mir wichtig sind: Die Marke Bundesliga zu stärken, im UEFA-Ranking besser zu werden und drittens die Zufriedenheit der Klubs sicherzustellen. Den dritten Punkt kann ich nicht beurteilen. Zu den anderen Punkten: Es ist uns schon gelungen, die Marke Bundesliga gut zu etablieren, die Werbewerte sind massiv gestiegen. Ich glaube auch, dass die Medienpräsenz massiv gestiegen ist, darüber hinaus haben wir es geschafft, dass wir ordentliche Meisterfeiern und Auftaktveranstaltungen stattfinden lassen. Veranstaltungen, die Standard geworden sind. Aber auch Bundesliga-On-Ear oder das CSR-Projekt „Ein Ball für jedes Kind" sind Projekte, die man nennen kann. Mit unserem Projekt 2020 haben wir uns natürlich auch mit der Zukunft befasst. Ein weiterer Punkt ist die Steigerung der TV-Einnahmen von damals 14 auf 17 und jetzt auf 21 Mio. Euro (Netto). Wirtschaftlich ist die Bundesliga-Organisation selbst gut aufgestellt, wir hatten keine negativen Bilanzen. Die Klubs wirtschaften mit ein paar Ausnahmen gut. Die Ausnahmen wird es aber leider immer geben. Auch beim Thema Transparenz hat sich viel getan. Noch nicht ausreichend, aber es hat sich etwas getan. Allein die Meldungen der Finanzzahlen der Klubs an den KSV oder die Ausgliederung an Kapitalgesellschaften. Das zeigt, dass der Weg richtig ist. Das ist entscheidend für die Nachhaltigkeit. Ein weiterer Punkt ist das Lizenzierungssystem, das ist mittlerweile UEFA-Benchmark. Viele Länder kontaktieren, befragen uns und übernehmen unser Modell. Auf das können wir stolz sein. Wir haben seit sehr vielen Jahren unterjährig keine Betriebseinstellungen von Klubs mehr erlebt, auch wenn ich dazusagen muss, dass die Bundesliga Konkurse nicht verhindern kann. Ebenfalls gut gearbeitet haben wir im Bereich der Sicherheitsstandards gemeinsam mit dem BMI und ÖFB. Einen letzten Punkt möchte ich noch anmerken: Wir haben in den Klubkonferenzen mittlerweile eine andere Diskussionskultur hereingebracht. Die Klubs haben sich entwickelt, in dem sie hauptberufliche Manager installiert haben. Dadurch ist auf Sachebene alles professioneller geworden.
Ein wunder Punkt ist jedoch das Thema Infrastruktur. Hier wurde auch von Ihnen oftmals angekündigt, dass die Zügel angezogen werden. Oft hat man aber dann den Eindruck, dass der Bundesliga in der Umsetzung die eigene Courage fehlt?
Das Hauptproblem sind die Übergangsbestimmungen. Rasenheizungen zum Muss-Kriterium zu machen, ist nicht sinnvoll, wenn 50% der Klubs keine Rasenheizung haben. Man muss die Zügeln anziehen, aber Schritt für Schritt. Es muss auch schon den Klubs in der Regionalliga klar sein, dass gewisse Kriterien verpflichtend sind. Keine Frage, in der Stadioninfrastruktur gehört noch viel gemacht, das steht auf meiner Liste ganz oben. Das wirkt sich auch auf die Zuschauerzahlen aus, diese konnten wir nicht steigern, auch wenn das zu einem Teil an den weggefallenen Traditionsklubs liegt. Wir könnten aber mit infrastrukturellen Maßnahmen dieses Manko wettmachen. Das stoßen wir leider auch auf Granit beim ÖFB. Wenn man in den Profibereich geht, muss man die Maßnahmen nach oben schrauben, ohne die Klubs in finanzielle Abgründe zu stürzen. In Wahrheit müsste das vorher passieren und nicht erst, wenn der Klub in die Bundesliga aufsteigt. Der Klub investiert dann sehr viel, steigt drei Jahre später wieder ab und dann kommt das finanzielle Dilemma. Hier haben wir aber insgesamt zu locker agiert. Wir brauchen die Zustimmung der Klubs, das geht nur Schritt für Schritt. Wir haben einfache Abhilfe geschaffen, wenn jemand keine Rasenheizung hat. Nehmen wir zum Beispiel den WAC her. Ich kann vorschreiben, dass er ein Ausweichstadion angeben muss, wo es eine Rasenheizung gibt. Wenn der Klub ein paar Mal ausweichen muss, wird sich der Klub gut überlegen, ob er das will. Man muss die Klubs zu ihrem Glück zwingen. (schmunzelt)
< blockquote> Ein weiteres Thema, das nicht gerade als Erfolg gefeiert werden kann, ist die Ligenreform, die den Namen nicht verdient hat... Was hätte man besser machen können? Viele Klubs, vor allem jene der Heute für Morgen Erste Liga, kämpfen ums finanzielle Überleben. Was kann die Ligenorganisation hier tun, damit es besser wird? < blockquote> Dennoch haben einige Klubs wirtschaftliche Probleme, wie auch der Blick in das vergangene Jahr zeigt. tipp3 und T-Mobile haben dem Vernehmen nach als bestehende Partner die Möglichkeit, ein neues Angebot fürs Ligensponsoring abzugeben, verstreichen lassen. Das Sponsoring der beiden in der Höhe von drei Millionen Euro läuft also mit Ende der Saison aus. Brennt der Hut? Aber tipp3 und T-Mobile sind Geschichte? < blockquote> Letztens haben Sie mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, dass man Senats-Entscheidungen bzgl. Lizenzverfehlungen bis zum Ende der Saison unter Verschluss halten, um eine laufende Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. Admira-Manager Friedl meinte dazu: „Absolute Planungssicherheit ist für Klubs enorm wichtig." Stehen Sie weiterhin zu diesem Vorschlag? Finde ich nicht, weil der Klub inzwischen Entscheidungen für die Zukunft trifft, die dann möglicherweise durch einen nachträglichen Punkteabzug nicht mehr einhalten kann ... Am 6. Dezember endet ihre Periode als Bundesliga-Präsident. Werden Sie wieder kandidieren? Aber werden Sie zur Verfügung stehen? Werden Sie auch dann kandidieren, wenn es Gegenkandidaten gibt? Wie haben Sie die letzten vier Jahre empfunden? Danke für das Interview!
Für mich war das keine Reform. Da ist immer wieder vom ÖFB ein klares Signal mit den Direktaufsteigern aus der Regionalliga gekommen. Das ist bei einer Zehnerliga nicht möglich, eine Aufstockung auf 16 Vereine wäre wirtschaftlich und sportlich ein Abfall. Zwei Direktaufsteigern haben wir zugestimmt, damit die Landesverbände sich überlegen, irgendwann vielleicht mit zwei Regionalligen zu spielen. Dem Spitzenfußball würde es gut tun.
Wenn man die Strukturen im österreichischen Fußball kennt, weiß man, dass vieles nur durch Kompromisse möglich ist. So auch hier, das ist nicht die Ideallösung. Vielleicht kann man in den nächsten Jahren eine gute Lösung finden.
Den Top-10-Klubs ist es sehr wichtig, dass die HfMEL funktioniert. Dadurch stützen diese Klubs diese Liga sehr massiv, etwa durch einen Teil des TV-Gelds und anderen Solidaritätszahlungen. Hier bekommt die HfMEL einiges vom Kuchen ab, um die Kluft nicht zu groß werden zu lassen. Das ist auch gelungen, die Aufsteiger spielen in der tipp3-Bundesliga immer gut mit.
Die wirtschaftliche Gegebenheit des einzelnen Klubs liegt in der Hand der Klubverantwortlichen. Dass das Geld immer zu wenig ist, das sieht man in Europa auch bei Real Madrid oder beim FC Barcelona, wo wir von Milliardenschulden sprechen. Das geht runter bis zum Amateurbereich in Österreich, wo Klubs sagen, wir haben zu wenig Kohle. Das ist Betragsunabhängig, das ist eine Frage der Kultur, der Selbsteinschätzung und des Risikos. Ich war selbst vier Jahre lang Sturm-Verantwortlicher. Ein bisschen Restrisiko geht man immer ein. Das ist eine Gradwanderung, das muss jeder für sich selbst wissen. Wir von der Liga sorgen mit der Lizenzierung für ein ordentliches System, an dem sich die Klubs orientieren können bzw. müssen.
Das Thema ist für uns nicht neu. tipp3 und T-Mobile haben die Option nicht gezogen. Sie haben gesagt, in dieser Form werden sie nicht mehr zur Verfügung stehen. Wir waren aber nicht untätig, haben mit Agenturen gesprochen. Da gibt es jetzt mehrere Möglichkeiten. Im Optimalfall finden wir einen Bewerbssponsor für beide Ligen, das kann aber auch ein Sponsoringpool sein wie wir ihn etwa von der Championsleague kennen. Diese Dinge besprechen wir gerade mit Interessenten. Da sind wir mittendrinnen.
Das kann man jetzt noch nicht sagen, aber es wird höchstwahrscheinlich eine andere Form als bisher geben. Ein Schlagwort ist auch die Teilzentralvermarkung – das geht nicht von heute auf morgen. Themen wie Spielball, Schiedsrichtersponsoring, Banden – auch das ist ein Prozess über mehrere Jahre. Ein Klub hat auch laufende Verträge und kann einem einheitlichen Spielball von heute auf morgen nicht zustimmen.
Das war einfach einmal ein Gedanke. Den Gedanken sollte man diskutieren. Wenn man die Admira hier jetzt mal außen vorlässt: Wenn der Klub X statt der Admira als Beispiel einen Lizenzentzug bekommen hätte als Worst Case. Dann macht es Sinn, die Entscheidung erst mit Ende des Jahres bekannt zu geben, oder? (siehe auch: Bundesliga-Präsident Hans Rinner: ‚Das würde den betroffenen Klub tödlich treffen')
Natürlich fehlt die Planungssicherheit, die ist auch wichtig. Aber da muss ich die Verantwortung auch an den Klub zurückgeben. Wenn der Klub weiß, was er angestellt hat, wird er wissen, dass da etwas kommt. Wenn es Verfehlungen gibt, dann werden die bestraft. Dafür gibt es die Senate. Der Senat wird ja nur dann tätig, wenn etwas offenkundig passiert ist. Das liegt nicht in der Hand der Liga. Niemand weiß, wann das daherkommt. Das war eine Idee, das muss man rechtlich prüfen. Am Ende des Tages wird es eine Entscheidung geben, ob wir da etwas ändern werden.
Wir hatten eine Klubkonferenz in Salzburg vor ein paar Wochen. Wir haben das mit den Klubs besprochen. Die Entscheidung liegt bei den Klubs.
Dazu werde ich mich nicht äußern.
Diese Frage möchte ich derzeit nicht beantworten. (Siehe auch: The next Bundesliga-Präsident: Hans Rinner vs Karl-Heinz Kopf?)
Die letzten vier Jahre waren sehr spannend, es ist ein interessantes Metier. Manchmal geht es mir auch am Wecker, das ist nicht immer lustig als ehrenamtlicher Funktionär. Wenn man sich im Nachhinein die Entwicklung ansieht, ist es aber nicht so schlecht.