Florian Klein: 'In Österreich ist es fast verboten, zu Red Bull Salzburg zu wechseln'
Florian Klein erlebt bei Red Bull Salzburg eine turbulente Zeit. Er sei nur wegen des Geldes nach Salzburg gegangen, heißt es im Volksmund. Dann die Kontroverse um Ricardo Moniz, schließlich kam noch Düdelingen. Doch Klein steckte nicht auf und erzählt im
90minuten.at: Wechselt ein Spieler von Austria, Rapid oder Sturm zu Salzburg, heißt es meist „Der geht nur wegen des Geldes zu Red Bull". Wie gehen Sie damit um?
Florian Klein: Das stimmt schon. Als ich unterschrieben habe, hat Salzburg das gleich ins Internet geschrieben. Dann habe ich durch Familienmitglieder gehört, was in den Postings stand. Das war natürlich nicht sehr schön. Aber heutzutage kann im Internet jeder schreiben, was er will, weil es anonym ist. Dadurch schreiben sie irgendwas rein, teils vielleicht, weil sie einen nicht mögen, teils, weil sie Austria- oder Rapidfans sind und eine Negativtendenz haben. Ich habe das dann auch gleich in einem Interview gesagt, dass es in Österreich fast verboten ist, zu Salzburg zu wechseln. Es heißt immer, dass man wegen des Geldes hingeht. Es ist nicht so, dass ich sage, dass ich dort mehr Geld bekomme und deswegen hinwechsle. Ich schaue mir die Perspektive an und wie es sportlich ist und ob es besser ist. Wenn ich denke, dass dort die Chancen größer sind, meine Ziele zu erreichen, dann wäre es ja dumm, das nicht zu machen. So ist es in zwei Hinsichten besser für mich. Deswegen kam dieser Schritt.
Der Trainer, der Sie holte, ging, ein neuer kam, Düdelingen passierte – verändert das nicht doch die Voraussetzungen?
Natürlich, denn ich habe mit Ricardo Moniz gesprochen, bevor ich unterschrieben habe. Es war ein sehr gutes Gespräch. Im Urlaub hörte ich, dass Niko Kovac Trainer ist, habe bei ihm angefangen und nach ein paar Tagen kam Roger Schmidt. Ich war sowieso neu, musste mich integrieren. Aber es war auch nicht leicht für die, die da waren und das Double geholt hatten. Im Endeffekt waren sie sie sehr erfolgreich, haben zwei Titel geholt und dann wird alles geändert. Das ist für sie fast noch schwieriger gewesen.
Florian Klein damals noch im Austria-Dress gegen Red Bull Salzburg (Foto: Gepa Pictures)
Wie konkret war der Wechsel ins Ausland?
Es war so, dass der Wechsel gleich Ende Mai, Anfang Juni öffentlich wurde. Mein Ziel nach der Austria war eigentlich das Ausland, es gab Gespräche mit Nürnberg und die wollten mich, aber nur wenn Chandler gehen würde. Das war Ende Jänner, Anfang Februar. Da war es auch fast fix, dass er weggeht, weil er von Stuttgart ein Angebot hatte. Nürnberg wollte ihn halten, weil sie sehr zufrieden waren und dann hätte mein Wechsel keinen Sinn gemacht. Es war schon Mai und ich wollte dann nicht warten, ich habe zwei Kinder, und dachte mir, wenn ich mich beim Nationalteam verletze, dann habe ich gar nichts. Für mich war es kein Thema zu warten, weil ich mit der Situation mit Salzburg sehr zufrieden war.
Solche Überlegungen bezüglich verletzen und der kleinen Kinder werden selten öffentlich bekannt...
Ich bin aber nicht wegen der Kinder nicht ins Ausland gegangen, es wäre einfach zu riskant gewesen, noch zu warten. Im Endeffekt muss es passen, muss es über längere Zeit einen Kontakt zum Verein geben. Ich bin nicht der Typ, der das in ein, zwei Wochen entscheidet.
Es dauerte, bis Roger Schmidt Sie eingesetzt hat und Sie Stammspieler wurden. Wie war diese Zeit für Sie?
Leicht ist das natürlich nicht. Wenn man nicht spielt, ist das immer eine schwierige Phase. Ich habe gewusst, dass das eine Mannschaft ist, die das Double geholt hat und sehr gute Spieler hat. Mir war bewusst, dass es ein bisschen dauern würde. Aber ich war bei allen Vereinen und jedem Trainer immer Stammspieler. Dadurch habe ich das Selbstvertrauen, mich durchzubeißen, gebe im Training und den Spielen alles.
Kommt Ihnen die offensive Spielausrichtung der Bullen entgegen? Immerhin sind Sie gelernter Mittelfeldspieler und Christian Schwegler hat seine Stärken eher in der Defensive. Aber ist das nicht eigentlich komisch, dass ein Verteidiger seine Stärken in der Offensive haben muss? Gibt's noch Entwicklungspotential in der Defensive? Man liest oft, dass Sie dort nicht so stark sind? Vielleicht liegt der Grund für manche Medien noch immer am verursachten Elfmeter im ÖFB-Spiel gegen die Niederlande? Sind gewisse Medien zuweilen unfair, ärgert Sie das oder muss man die Krot einfach fressen? Inwieweit stellen Sie sich in der Gegneranalyse auf den direkten Gegenspieler ein, ob er gerne zur Mitte geht oder bis zur Grundlinie, lieber rechts oder links vorbei? Und offensiv? Wechseln wir zum Nationalteam. Wie ist eigentlich das Verhältnis zu György Garics? Und gegen welchen Spielertyp spielen Sie lieber? Quirlig und klein wie Mario Götze oder groß und robust wie Zlatan Ibrahimovic? Das heißt, man stellt den Außenstürmer so lang, sodass sich die Mitte ordnen kann? Würden Sie lieber Deutschland schlagen oder Champions League-Quali meistern? Was muss Red Bull Salzburg machen, damit die Austria gefordert werden kann? Damit auch bei vier Gegentoren gewonnen wird? Noch kurz zu einem anderen Thema. Wieso tut man sich in Ihrer Heimatstadt Linz so schwer, oben dran zu bleiben? Das ist aber nicht erst seit vier Jahren so! Ist eine Rückkehr vorstellbar? Wir danken für das Gespräch!
Ich denke nicht so sehr an Christian, sondern versuche, mein Spiel durchzuziehen. Für mich war das auch ein Punkt, zu Salzburg zu gehen: Vielleicht ist es gar nicht so gut, wenn ich zu einem Klub ins Ausland gehe, der gegen den Abstieg spielt. Die müssen sich meistens hinten rein stellen und fighten. Ich bin aber eher der Verteidiger, der viel nach vorne macht, eher in der Offensive ist als in der Defensive. Dadurch ist Salzburg auch die richtige Adresse für mich. Andi Ulmer und ich sind sehr offensiv. Mir kommt es zu Gute, dass ich früher immer im Mittelfeld gespielt habe. Defensiv bin ich auch sehr stabil, also passt das.
Das sieht man ja bei den guten Vereinen. Sergio Ramos spielt jetzt zwar oft Innenverteidiger, bei der Euro hat er Außenverteidiger gespielt, war fast nur vorne. Dani Alves ist fast schon Stürmer, Philipp Lahm hat offensiv viele sehr gute Aktionen. Auch David Alaba. Als Außenverteidiger muss man sehr viel im Spielaufbau machen, musst eins-gegen-eins-Situationen lösen können – es ist eine sehr vielseitige Position. Das taugt mir. Die moderne Außenverteidigerausrichtung kommt meinem Spiel sehr entgegen.
Das stimmt ja nicht. Ich weiß nicht, warum das so aufgekommen ist. Das sieht man in den Spielen und wenn man sich die Zweikampfwerte anschaut. Aber es ist natürlich so, dass, wenn man sehr offensiv ist, man es bei gewissen Angriffen der Gegner nicht mehr zurückschafft. Das nehme ich aber in Kauf. Es bringt auch nichts, wenn ich da viel verändere. Ich versuche natürlich, das Zweikampfverhalten in der Defensive zu verbessern. Das hatte ich in meiner Ausbildung nie, weil ich immer im Mittelfeld gespielt habe, im BNZ im zentralen, bei den Profis im rechten Mittelfeld. Das war die größte Umstellung, jetzt habe ich es aber im Griff.
Zuletzt habe ich wieder gutes Feedback bekommen. Aber am Anfang habe ich einen Elfer verschossen, was anderen Spielern auch schon passiert ist, glaube ich. Gegen Holland habe ich gegen Afellay sehr gut gespielt, dann kam Elia und der war sehr gut, ich hatte meine Probleme. Ich habe einen Elfer verursacht, weil mir der Ball an die Hand gesprungen ist. Wenn ich dadurch defensiv nicht so gut sein soll, ist das wirklich eine Expertenmeinung.
Die muss man einfach fressen. Es hilft auch nichts, wenn man jedes Mal dagegen ankämpfen will, wenn da etwas Falsches steht oder Leute ihre Kommentare ablassen. Natürlich denkt sich jeder Spieler: Da würde ich gerne weißt eh was rein schreiben. Aber es ist das Recht von jedem Menschen, zu schreiben was er will. Manchmal könnte es sachlicher sein und weniger beleidigend. Im Endeffekt zählt das für mich aber nicht. Ich verfolge meine Ziele und es gibt gute und schlechte Phasen. Fußballer ist ein sehr öffentlicher Beruf, zu dem jeder seine Meinung kund tun kann. Damit muss man umgehen können und man muss sich nicht überall wehren und rechtfertigen. Es gibt Spieler, die tun das und wollen das, aber der Typ bin ich nicht.
Diese Informationen bekommen wir vom Trainer und das ist heutzutage notwendig. Aber in Österreich spielt man vier Mal gegen jede Mannschaft. Also braucht man eigentlich keine Informationen mehr (lacht). Man geht auf den Gegner ein, der Trainer ist auch sehr darauf aus, dass wir wissen, was wir am Platz zu tun haben, wenn wir den Ball haben und auch wenn nicht. Wir sind top vorbereitet.
Wir bekommen natürlich auch für die Offensive die Informationen, was am besten ist, ob die Abwehr Probleme hat, wenn man viel hinterläuft oder in die Mitte zieht. Das ist von Spiel zu Spiel unterschiedlich. Es passieren aber im Spiel oft Situationen, die nicht vorhersehbar sind. Es kann dir wer sagen, dass du gegen einen Spieler spielst, der immer nur außen vorbei geht und dann zieht er einmal nach innen. Und jeder fragt, warum man nicht drauf reagiert.
Der Trainer redet mit jedem und es ist nicht so, dass ich mit György darüber rede, welche Stärken er hat und welche ich. Wir wollen beide spielen und auf jeder Position gibt es Spieler mit unterschiedlichen Stärken. Es ist eine Sache des Trainers, was er haben will.
Das ist wurscht. Man muss sich auf alles einstellen. Aber gerade für die Außenverteidiger gilt, dass die Gegenspieler im eins-gegen-eins immer stärker werden, quirlig sind, technisch stark. Da ist es schon schwer, wenn man alleine ist. Der kommt im vollen Lauf und du musst in der Rückwärtsbewegung handeln. Es gibt nicht die Absicherung wie in der Mitte, dort ist dann immer noch einer hinter dir. Da lässt man eher die Außenbahn frei, weil man das Zentrum dicht machen will. Dadurch schaut das dann vielleicht blöd aus.
Man lässt ihm ja nicht extra Zeit. Wenn der auf mich zukommt, attackiere ich. In der Mitte sichert durch einrücken einer ab. Ab und zu sagt man dann, dass es besser ist, diesen Zweikampf zu verlieren, dafür hat man nach der Flanke mehr Leute in der Mitte. Im Nationalteam ist es so, dass wir sehr kopfballstarke Innenverteidiger haben. Deswegen ist es manchmal besser, wenn die dort bleiben.
Es zählt jedes Spiel. Natürlich sagt man schon: Wenn wir gegen Deutschland gewinnen und uns für 2014 qualifizieren ist es das Größte, was es gibt. Wenn man in der Woche drauf in der Meisterschaft verliert, heißt es dann wieder, dass alles Orsch ist. Man muss, wenn möglich, immer Erfolg haben und danach streben wir gerade hier in Salzburg. Das Double ist ja für uns fast das Minimalziel, im Nationalteam ist das anders. Beide Sachen sind für mich wichtig.
Am besten nicht so viele Tore bekommen. Wir wissen, dass wir viele Tore schießen können, es ist da logisch, dass man ein paar Tore bekommt. Ich muss sagen, dass die Austria einen hervorragenden Herbst gespielt hat. Sie haben Spiele gewonnen, die früher auch mit mir noch Unentschieden ausgegangen sind oder verloren wurden. Jetzt wird man sehen, wie sie das fortführen werden. Bei uns ist es so, dass wir Partien gehabt haben, in denen wir extrem stark waren, drei Klassen Unterschied zum Gegner waren und leider auch wieder Partien, in denen wir nicht so stark waren. Wie zum Beispiel in Ried. Was uns positiv stimmen sollte, waren die zwei direkten Duelle, in denen wir kein Gegentor bekommen haben. In Wien waren wir über 90 Minuten besser, daheim war der Unterschied nicht so groß, wir waren stärker. Es kann natürlich sein, dass die Austria weiterhin so einen Lauf hat – dann werden sie schwer einzuholen sein.
Für mich ist das schwer zu sagen, weil ich seit vier Jahren weg bin.
Als wir mit dem LASK aufgestiegen sind, haben wir aber von 17.000 Menschen gegen Rapid gespielt, jetzt sind sie in der Regionalliga. Es hat sich sehr viel getan. Als ich klein war, gab es mit FC Linz und dem LASK noch zwei große Vereine. Ich habe beim FC angefangen und kam durch die Fusion zum LASK. Ich weiß nicht, wieso es nicht möglich ist. Es ist Potential bei Fans und Wirtschaft da. Wo es genau hapert, weiß ich nicht.
Das wird man sehen. Ich möchte lange auf sehr hohem Niveau spielen und wenn ich dann zum Schluss wieder in Linz sein könnte, würde mir das schon sehr taugen. Wenn man dorthin zurückkehrt, wo alles begonnen hat. Aber bis dahin ist noch Zeit.