Ernst Baumeister: 'Wir brauchen nicht unbekannte Trainer aus dem Ausland holen'
Im zweiten Teil des Interviews mit Ernst Baumeister (hier geht es zu Teil 1) spricht das Mitglied des Jahrhundert-Teams der Wiener Austria unter anderem über die "tote erste Liga", den fehlenden Biss nochmal ganz oben zu trainieren, den Reiz in der Oberli
Sie selbst haben zuletzt 2008 als Trainer bei der Admira im Profi-Geschäft gearbeitet, aktuell trainieren Sie Union Mauer in der Oberliga A. Sind Sie diesen Weg „gezwungermaßen" gegangen, weil es keine anderen Angebote gab oder haben Sie sich freiwillig dafür entschieden?
Ich bin damals als Feuerwehrmann für zwei Monate gekommen, als der Verein gegen den Abstieg gespielt hat. Ein so langes Engagement war nicht geplant, jetzt bin ich aber schon fast vier Jahre hier. Es gab zwischendurch immer wieder Angebote, aber es war nicht das Angebot da, wo ich gesagt habe: „Das muss ich unbedingt machen." Ich habe aber die Abmachung, dass ich jederzeit gehen kann, wenn ein Angebot aus der Regionalliga oder von weiter oben kommt.
< blockquote> Wie realistisch ist es, dass man sie in Zukunft weiter oben auf der Trainerbank sieht? Was macht die Arbeit in der Oberliga reizvoll? Wie viel Arbeit erfordert der Trainer-Posten in einer Oberliga? Wie würden Sie selbst den Trainer Ernst Baumeister charakterisieren? In Österreich wird immer wieder über die Bedeutung von Taktik diskutiert. Was bedeutet taktische Arbeit für Sie persönlich? Wie viel Zeit bleibt in der Oberliga für Taktikschulung? Union Mauer liegt derzeit auf Platz 2 - was sind die Ansprüche im Verein? < blockquote> Toni Polster trainiert Wr. Viktoria in der Wienerliga. Wie stehen die Chancen auf ein Trainer-Duell im kommenden Jahr? Polster hat sich im 90minuten.at-Interview beschwert, dass österreichische Trainer zu wenige Chancen bekommen. Stimmen Sie ihm zu? Was trauen Sie Polster in seiner Trainer-Karriere zu? Wird er in Österreich eine Chance bekommen? In Österreich setzen derzeit viele Vereine auf ehemalige Profis. Wie beurteilen Sie diesen Trend? Wäre für Sie ein Job im Nachwuchsbereich eines Bundeliga-Klubs denkbar? Als Mitglied des Jahrhundert-Teams der Wiener Austrian wird Ihnen der Blick auf die Tabelle wohl gefallen. Ist Austria der Titel noch zu nehmen? Wie erklären Sie sich die Leistungssteigerung der Austria nach der verkorksten Rückrunde im Vorjahr? Was zeichnet Peter Stöger aus? < blockquote> Weniger gut schaut es beim Überraschungsteam des Vorjahres - Admira- aus. Wie ist dieser Leistungsabfall zu erklären? Wie viel Schuld hat ein Trainer an so einem Negativlauf - wie viel geht auf die Kappe der Mannschaft? Danke für das Interview! Teil 1 des Interviews: Ernst Baumeister: 'Arnautovic ist ein Zirkus-Spieler'
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich für ganz oben den Biss nicht mehr habe. Außerdem ist jetzt schon die nächste Generation an der Reihe. Die erste Liga (Anm. HfMEL) ist für mich eine Totenliga. Die Vereine sind finanziell kaputt, man schlägt sich mehr mit Funktionären herum, statt sich um die Mannschaft zu kümmern – das ist für mich uninteressant. Die Regionalliga könnte ich mir vorstellen - dort zu arbeiten, wäre interessant.
Die Spieler hier sind wissbegieriger als weiter oben, man kann ihnen leichter etwas beibringen und sie lassen sich noch etwas sagen. Außerdem steht hier auch der Spaß und die Kameradschaft im Vordergrund. Man kann mit geringen Mitteln sehr viel bewegen, das ist eine interessante Herausforderung. So lange mir das Spaß macht, werde ich es weitermachen.
Am Anfang war es sehr viel Arbeit! Ich musste aussortieren und ein Team formen. Seit zwei Jahren funktioniert das im Großen und Ganzen sehr gut. Das Schwierigste dabei ist, dass man die richtige Mischung aus Disziplin und Spaß reinbringt. Die meisten sitzen den ganzen Tag in der Arbeit, auf der Uni oder in der Schule – da hat es keinen Sinn, wenn ich sie am Platz bei jedem Fehler anschreie. Es ist ihr Hobby, dementsprechend versuche ich, das Training interessant und abwechslungsreich zu machen. In der Vorbereitung gibt es bei mir zum Beispiel kaum eine Einheit ohne Ball. Wenn ich die Spieler nach einem Arbeitstag auf einen Waldlauf schicke, wird nichts weitergehen, das wäre sinnlos.
Sich selber zu beschreiben ist immer schwierig. Ich würde sagen, dass ich ein ruhiger Trainer bin und nur sehr selten laut werde. Wenn einer denselben Fehler aber fünfmal macht, kann ich laut werden, weil ich glaube, dass ich den Spieler aufwecken muss. Generell versuche ich den Spielern positives Feedback zu geben und nach Fehlern nicht noch draufzuhauen. Wenn jemand zwei Sitzer vergibt und ich als Trainer dann noch draufhaue, wird er auch beim dritten Mal nicht treffen.
Taktik spielt eine große Rolle, bei drei Einheiten bleibt aber nicht wirklich viel Zeit für Taktikschulung. Ich versuche die taktischen Übungen beim Aufwärmen mit dem Ball unterzubringen. Wenn ich eine halbe Stunde auf der Tafel zu zeichnen beginne, wird mir hier nach fünf Minuten keiner mehr zuhören. Im Profibetrieb hat man natürlich viel mehr Trainingseinheiten, dementsprechend kann man auch viel mehr verschiedene Schwerpunkte setzen und muss mehr Wert auf die Taktik legen.
Der Aufstieg ist das Ziel des Vereins, aber dafür wollen wir kein Risiko eingehen. Bis jetzt war jedes Jahr ein Verein dabei, der finanziell viel riskiert und da ist es dann schwierig mitzuhalten. Wir waren jetzt immer knapp dabei, aber es fehlt jetzt immer ein Schritt. Vor zwei Jahren haben wir es selber verschustert – da hätten wir aus den letzten drei Spielen nur einen Sieg gebraucht, das ist uns nicht gelungen und der Konkurrent hat in den letzten beiden Partien ein Torverhältnis von 24:0 gehabt. Da waren wir noch nicht reif genug für den Titel. Im Vorjahr war Toni Polster mit Wiener Viktoria zu stark und heuer hat Wienerberg auch den größeren Kader. Wenn dort drei Spieler fehlen, sind andere Spieler da. Wenn bei uns drei Spieler fehlen, habe ich schon Kopfschmerzen.
Möglich ist alles, aber ich glaube nicht. Wir sind fünf Punkte hinten, müssen auf Umfaller von Wienerberg hoffen und dürfen uns selbst keinen Ausrutscher mehr leisten. Es wird heuer schwierig für uns, aber wir wollen bis zum Schluss dranbleiben.
Da muss ich dem Toni einmal Recht geben. Wir haben sicher gute junge Trainer, da brauchen wir nicht unbekannte Trainer aus dem Ausland holen. Ich kann nicht beurteilen, ob Hyballa und Schmidt schlechte oder gute Trainer sind. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Österreich nicht auch Trainer ihrer Klasse gibt, die für die Vereine wahrscheinlich auch billiger wären. Mit dem Salzburger Kader und den finanziellen Mitteln 13 Punkte hinter der Austria zu liegen, das hätten andere sicher auch geschafft (lacht).
Toni hat eine positive Ausstrahlung, aber er ist in Österreich als Schmäh-Bruder abgestempelt. Er ist menschlich ein sehr netter Kerl, aber ich denke, viele Vereine wollen nicht, dass der Trainer so im Mittelpunkt steht. Es wird sicher nicht einfach für ihn – am besten er schafft es mit Wiener Viktoria in die Bundesliga (lacht).
Ich glaube, es ist für die Entwicklung der Trainer nicht gut, zu früh in der Bundesliga zu trainieren. Man kann nicht heute als guter Spieler aufhören und morgen ein guter Trainer sein. Man muss wie in jedem anderen Job lernen und man macht dabei am Anfang auch Fehler. Wenn man die oben macht, kann es schnell vorbei sein. Man muss weiter unten lernen, dort ist man auch viel mehr auf sich gestellt. Bei den großen Klubs wird einem sehr viel abgenommen und man muss „nur" delegieren. Meiner Meinung nach lernt man im Nachwuchsbereich am meisten, ist am dort am meisten gefordert. Aber leider sind diese Jobs in Österreich nicht ausreichend bezahlt.
Ich habe von Austria schon zwei, drei Angebote gehabt, aber es hat nie ganz gepasst. Im Nachwuchsbereich wäre aber sicher interessant, weil ich gerne mit jungen Spielern zusammenarbeite. Ich habe auch in Linz im BNZ angefangen - wenn ein gutes Angebot im Nachwuchsbereich kommt, dann würde ich mir das auf jeden Fall überlegen.
Normalerweise nicht! So wie sie jetzt spielen, kann eigentlich nichts mehr passieren. Sie spielen schönen Fußball und bringen konstant gute Leistungen. Die Konkurrenz dahinter kommt nicht auf Touren – da sollte eigentlich nichts mehr passieren.
Peter hat sehr gute Fachkenntnisse und ist ein Trainer, der mit den Spielern umgehen kann. Er arbeitet sehr konsequent, dabei kommt aber der Spaß nicht zu kurz. Man kennt es ja aus eigener Erfahrung: Wenn man Spaß bei der Arbeit hat, dann bringt man bessere Leistungen. Bei der Austria passt momentan alles – man hört auch von den Spielern, die nicht regelmäßig spielen, kein schlechtes Wort. Das ist ein Zeichen, dass die Stimmung in der Mannschaft passt.
Der Absturz kommt auch nicht überraschend. Die Admira hat im letzten Jahr sicher über ihren Verhältnissen gespielt, heuer spielen sie ein bisschen unter ihren Verhältnissen. Die Admira ist dann in einen richtigen Negativlauf gekommen, hat in den letzten Runden auch Pech gehabt, wo sie Spiele als besseres Team nicht gewonnen hat.
Das ist schwer zu sagen und ist von Situation zu Situation unterschiedlich. Ich schätze Didi (Anm.: Kühbauer) als guten Trainer ein, aber er war nur ein Jahr Amateur-Trainer, ist dann gleich zur Kampfmannschaft gekommen und macht eben noch Fehler. Er hat in einer schlechten Phase begonnen, durchzuwechseln – das ist das Schlechteste, was man machen kann. In Salzburg passiert momentan das gleiche: Dort wird jede Woche die halbe Mannschaft getauscht – da kann nichts entstehen, so bringt man nur Unruhe rein. Wenn es rennt braucht die Mannschaft den Trainer kaum. Wichtig ist, dass der Trainer die Ruhe behält, wenn es nicht so läuft.