Alexander Grünwald: ‚ Wir versuchen nicht, aus Zufall Tore zu schießen'
Alexander Grünwald gehört nicht zu den Kickern, die groß auffallen – weder am Platz, noch abseits des grünen Rasens. Doch Verbindungsläufer im Mittelfeld mit feiner Klinge sind wichtig, damit Hochkaräter wie Philipp Hosiner glänzen können: „Spieler, die n
90minuten.at: Hand aufs Herz: Wie viel Glück steckt in den 13 Punkten Vorsprung?
Alexander Gründwald: Glück? Naja, das gehört, wenn man erfolgreich sein will, dazu. Das gehört generell überall dazu. Aber die 13 Punkte bestehen sicher nicht nur aus Glück, sondern sind Bausteine von harter Arbeit und das ist kein Zufall. Wir haben das vor der Saison besprochen, haben an sehr vielen Dingen gearbeitet und das sind nun die Früchte, die wir ernten. Aber wir wollen am Ende vorne sein. Das ist das Wichtigste.
Wäre das auch ohne Philipp Hosiner möglich gewesen?
Wir haben einerseits einen großen Kader. Man darf nicht vergessen, dass wir mit Roman Kienast, der zu Zeit auf der Bank sitzt, einen weiteren Stürmer mit großer Qualität. Der kann in einer Saison auch über 20 Tore schießen. Aber natürlich sind wir froh, dass wir den Philipp haben, weil er ein Instinktspieler ist und mit seinen Toren einen sehr großen Anteil hat, dass wir vorne sind. In jeder guten Mannschaft gibt es Spieler, die Tore schießen – die einen mehr, die anderen weniger. Die Verteidiger dafür zuständig, dass die Null steht und jeder Spieler ist wichtig.
Die absolute Leichtigkeit ist über den Winter gerettet worden. Wie schafft man das, immer den einen Schritt mehr zu machen?
Bis auf das erste Spiel gegen Rapid, in dem wir nicht an die Leistung vom Herbst anknüpfen konnten, haben wir schon wieder sehr gut in die Spur gefunden. Du musst Mattersburg ja auch erst einmal 4:0 schlagen. Das gelingt nicht jeder Mannschaft und deswegen sind wir schon wieder auf einem sehr guten Weg. Eigentlich setzen wir die Serie eh fort. Jetzt ist das Frühjahr da, da kann man die Früchte ernten. Da wird die Motivation noch höher, weil man weiß, dass es bald so weit sein könnte, dass man etwas erreicht hat und auf der Visitenkarte der Meistertitel steht. Das ist Motivation genug, eher fünf Schritte mehr zu machen als einen zu wenig.
Nehmen wir an, Sie wären ein Spieler von Red Bull Salzburg: Wie realistisch wäre es für Sie, da noch ranzukommen?
So lange es am Papier noch nicht steht, dass wir fix Meister sind, ist noch gar nix durch. So lange ist auch für Red Bull alles möglich. 13 Punkte sind für uns ein schöner Polster, den wir uns erarbeitet haben. Ich will aber gar nicht über Salzburg sprechen. Wir sind einfach froh, dass wir in der Position sind und zehn Spiele vor Schluss 13 Punkte vorne sind. Aber das sind alles Fakten, die nichts zählen, wenn wir am Ende nicht den Meistertitel holen.
Ein Sieg am Sonntag, 16 Punkte Vorsprung – da kann der Sekt eingekühlt werden...
Wir brauchen nicht um den heißen Brei herum reden: Wenn man 16 Punkte Vorsprung hat, schaut es gut aus, auch am Schluss vorne zu sein. Wir wollen in das Spiel gehen und es auch gewinnen. Es gibt gegen Mattersburg und Salzburg jeweils drei Punkte.
Drei Mal hat die Austria ihr Spiel umgestellt, zwei Mal gegen Salzburg, dann im besagten Rückrundenstart-Derby. Wie wird es nun angegangen?
Man darf ja nicht vergessen, dass Red Bull vom Budget her vor der Saison schon immer Meister ist und auch sehr viel Qualität in den Reihen hat. Die haben schon sehr viele gute Spieler. Es ist nicht so, dass wir her gehen und sagen, dass wir Salzburg an die Wand spielen. Wir wissen, dass wir die Qualität haben, sie schlagen zu können und geben unser Bestes. Wir hoffen, dass das am Sonntag so geht.
Zu Ihnen persönlich: Was ist Ihre Lieblingsposition?
Im 4-1-4-1 habe ich immer auf derselben Position gespielt. Die Position als Achter liegt mir sehr gut, weil ich mich nach vorne entfalten kann und defensiv meine Aufgaben gut verrichten kann. Von ideal kann man im Fußball nicht reden, aber sie passt ganz gut zu mir.
Mir ist aufgefallen, dass Sie nur ein Spiel über 90 Minuten absolviert haben. Klar, der Achter ist eine laufintensive Position, aber gibt es noch weitere Gründe dafür, warum Sie oft ein- und ausgewechselt wurden?
Zuerst darf man nicht vergessen, dass auf meiner Position sehr viele Spieler spielen, die für österreichische Verhältnisse eine sehr gute Qualität haben. Und es ist klar, dass der Trainer aus taktischen Gründen frische Kräfte will. Und von mir verlangt er, dass ich mich auspowere, alles gebe, bis ich nicht mehr kann und wenn er merkt, dass er mit einem frischen Spieler neue Akzente setzen kann, dann macht er das. Wenn man von Anfang an spielt, will man durchspielen, aber ich glaube, dass ich mich im körperlichen Bereich noch verbessern kann. Ich habe da noch Luft nach oben, das weiß ich und da arbeite ich daran. Da ist es ganz normal, dass man nicht jedes Spiel über 90 Minuten bestreitet. Aber es ist auch nicht so, dass ich jedes Mal in der 50. Minute raus gehe, eher in der 85. oder der 79. So wie das Frühjahr verläuft, bin ich zufrieden, ich will aber immer noch mehr.
In einem Kader hat man einen Stamm von Spielern, die immer spielen. Dann noch einmal so viele, die je nach Situation eingesetzt werden und Ergänzungsspieler. Wie macht Peter Stöger das, dass alle bei Laune gehalten werden?
Es kommt sicherlich auf den Charakter der Spieler drauf an. Da muss man die Spieler wirklich loben. Wie etwa Marin Leovac, der den Markus Suttner vor sich hat, der eine überragende Saison spielt. Da gibt es kein Vorbeikommen. Er ist ein positives Vorbild, gibt immer hundert Prozent, egal ob er spielt oder nicht. Von dem her hat das der Trainer gut im Griff und das gut reingebracht, dass die Spieler, die nicht so oft spielen, im Training auch an ihre Grenzen gehen. Das ist sicher auch mit ein Grund, warum wir Erster sind.
Liegt es am Trainerteam, dass das alles so gut funktioniert, dass keiner „aufmuckt"?
Der Trainer sucht sich seine Leute ja aus und die Kombination ist sehr gut. Ich kenne Manfred Schmid schon sehr lange. Als ich mit 14 Jahren von Kärnten nach Wien kam, war er mein erster Trainer. Man darf aber nicht vergessen, dass alles viel leichter rennt, wenn man Erster ist. Das ist ganz normal. Nimmt man das Frühjahr her: Da hat uns jeder geschimpft. Jetzt lobt uns jeder. Es geht schnell im Fußball und das Trainerteam sowie die ganze Mannschaft können das gut einschätzen.
Ja, diese Journalisten.
(lacht)
Wenn ich google, dann kommt bei Austria gefühlt einmal Philipp Hosiner, vielleicht Markus Suttner und so weiter. Nacer Barazite war ein großes Thema. Ist das angenehm für die Spieler, die nicht so im Fokus stehen?
Der Philipp schießt halt sehr viele Tore. Das erregt eine sehr große Aufmerksamkeit. Wir Spieler, die nicht so im Vordergrund stehen, wissen trotzdem, dass die Chance besteht, am Ende Meister zu werden. Und jeder leistet jetzt seinen Beitrag, falls das werden sollte. Ich bin 23 Jahre alt, werde bald 24 und kann das mittlerweile sehr gut einschätzen.
Ärgert es nicht, dass nur ein paar Kollegen im Fokus stehen, dass die eigene Leistung in den Medien nicht so tiefgehend beleuchtet wird?
Sicher sind die Medien die, die dich nach außen vertreten bzw. die, wo du deine Meinung Preis geben kannst. Aber ich kann in Ruhe arbeiten und für mich persönlich ist es egal, ob ich fünf Interviews habe oder eines. Mir ist wichtig, ob ich meine Leistung am Platz bringe oder nicht.
Sie waren am Ende der Tabelle engagiert, erlebten letztes Jahr das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit im Mittelfeld, sind jetzt ganz oben. Wie unterscheidet sich da die taktische Arbeit?
Ich hatte ja auch schon bei der Austria drei Trainer, da kriegt man einiges mit. Jeder hat seine eigene Philosophie. Das sind aber immer Abläufe, die der Trainer versucht, in uns rein zu bringen. Der eine ist abergläubisch, der andere nicht. Jeder Trainer hat seine eigene Art und die Spieler müssen ihren Weg finden.
Und wie groß ist der Unterschied konkret zwischen Verteilerkreis und Wiener Neustadt?
Man darf nicht vergessen, dass manche Gegner der Austria defensiver eingestellt sind. Da ist es schon schwieriger. Wenn du mit Wiener Neustadt gegen die Austria spielst, probiert man viel nach vorne und hat auch mehr Platz. Es ist von daher angenehmer, öfters in Ballbesitz zu sein, weil das Spiel dann effektiver wird. Wir hatten zu meiner Zeit in Wiener Neustadt auch eine gute Bundesligamannschaft und konnten einige spielerische Glanzpunkte setzen. Die Ansprüche sind natürlich hoch und man muss damit umgehen lernen. Das schaffen wir, glaube ich, ganz gut.
Fußballstatistiker Roland Loy meint, knapp 50 Prozent der Tore fallen durch Zufall. Wie viele sind das bei der Austria?
Ich bin nicht dazu da, Statistiken aufzustellen und zu sagen: Das war Glück, das war Können. Natürlich unterscheidet die Qualität des Spielers. Es gibt solche wie Philipp, die aus dem Nichts Tore machen können in Einzelaktionen. Wir versuchen nicht, aus Zufall Tore zu schießen. Wir haben Ansatzpunkte, wie ein Spiel ausschauen soll und sind schon Gedanken dahinter, wie wir agieren wollen. Ab und zu fliegt der Ball vor die Füße, aber die Aktion davor so wie im Training eingeübt. Wir sind sicherlich auf einem guten Weg, kein Zufallsprodukt zu kreieren.
Danke für das Gespräch!