Thomas Weissenböck: 'Wir wollen keine Stichflamme sein'
Thomas Weissenböck ist ein Mann klarer Worte. Im Gespräch verrät er, wie er das schwierige zweite Jahr im Profifußball meistern will, welche Faktoren in der Spielvorbereitung wirklich zählen und meint, dass man den Fußball nicht neu erfinden muss. Das Int
Thomas Weissenböck ist ein Mann klarer Worte. Im Gespräch verrät er, wie er das schwierige zweite Jahr im Profifußball meistern will, welche Faktoren in der Spielvorbereitung wirklich zählen und meint, dass man den Fußball nicht neu erfinden muss.
Das Interview führte Georg Sander
90minuten.at: Mit David Poljanec (SC Paderborn) und Simon Piesinger (Wacker Innsbruck) sind zwei Spieler aus dem letztjährigen Team zu sportlich höher zu bewertenden Mannschaften gewechselt. Ist das auch ein persönlicher Erfolg?
Thomas Weissenböck: Natürlich ist das auch ein persönlicher Erfolg, weil wir uns ja mit jedem Spieler auseinander setzen und versuchen, jeden Spieler weiterzuentwickeln. Wenn der eine oder andere den Sprung zu einem anderen Verein oder ins Ausland schafft, dann ist das schon ein Erfolg. Aber nicht nur von mir, sondern vom gesamten Betreuerstab und dem Verein. Es ist schön, wenn man so was als Trainer erlebt. Es ist ja das Ziel jedes Trainers, jeden Spieler besser zu machen und zwangsläufig werden die Spieler auch für andere Mannschaften interessant.
Blau Weiß Linz ist ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind zur derzeitigen Nummer eins in Linz geworden. In der ersten Saison hat man gut mitgespielt. Sehen Sie jetzt schon Potential für höhere Aufgaben oder wird das noch ein bisschen dauern? Von den Strukturen her sind Sie zum Teil noch zu sehr in der Regionalliga drinnen...
Das wird diese Saison zeigen. In der letzten waren wir der Underdog und das unbeschrieben Blatt, konnten uns etablieren. Heuer sind wir nicht mehr so unbekannt, haben uns einen Namen gemacht und die Vereine werden anders an uns herantreten, die Trainer werden sich anders vorbereiten. Es wird heuer eine ganz schwierige Saison und irgendwann wollen wir einen nächsten Schritt gehen. Aber wir müssen viele kleine machen, um uns weiterzuentwickeln und dann das Ziel Bundesliga auszugeben. Um dort anzukommen werden viele Zwischenschritte notwendig sein, was die Infrastruktur, das Budget, den Betreuerstab und die Personen im Verein betrifft. Das Spielen auf der Gugl ab Oktober ist einer dieser Schritte, dann haben wir von dem Stadion her einmal alles, was wir brauchen, um professioneller arbeiten zu können, als es bisher der Fall war – auch wenn die Bedingungen auch bis jetzt sehr gut waren. Und dann kommen das Umfeld und das Budget, am Spielermarkt energischer zugreifen. Dann kann man den Angriff auf die Bundesliga starten.
War es da letztes Jahr auch notwendig, vor allem die Jungen etwas auf den Boden zu holen? Mussten Sie da viel einwirken, sagen „Hey, wir sind der Aufsteiger"?
Das hat sich ehr gut entwickelt. Im Herbst, als wir Vierter waren, war ein super Spirit in der Mannschaft, die Mannschaft wollte Erfolge feiern und war hungrig. Die jungen Spieler haben eine Plattform vorgefunden, auf der sie sich super weiterentwickeln können und das haben sie auch genutzt. Da war es nicht nötig. Im Frühjahr war es anders, da gab es im Winter viele Schulterklopfer, die ihnen sagten, dass eh schon viel erreicht war. Da haben wir vielleicht zu wenig gemacht, auch in den Spielen. Der Start war nicht so gut, aber wir haben uns wieder erfangen und die nötigen Punkte geholt. Wir waren nie in einer schwierigen Situation und haben am Ende dann auch viel probiert, sonst wäre in der Tabelle noch ein bisschen mehr möglich gewesen. Aber uns was das wichtig, um für die neue Saison noch wichtige Erkenntnisse zu bekommen. Das haben wir auch in die Vorbereitung einfließen lassen. Der Vorteil, den wir uns dadurch erarbeitet haben, wollen wir nutzen, aber das wird schwer genug.
Spieler meinen, dass man in den großen Spielen „eh" motiviert ist. Wie sieht sonst die taktische Vorbereitung aus. Schauen Sie sich jeden Gegner genau an, loten sie Schwachstellen aus – oder zuerst „Wir", dann „Die"?
Jeder Gegner in dieser Liga informiert sich über die Stärken und Schwächen dieser Liga. Mir ist es sehr wichtig, dass wir uns auf uns konzentrieren und unser Spiel durchbringen. Wenn wir das nicht schaffen, wird es für uns immer schwierig. Wenn wir unser Spiel durchbringen, können wir gegen jeder Mannschaft gewinnen. Aber es ist auch bisschen Alltag da, dieses Neue im letzten Jahr und die Derbys – da haben die Spieler die Intensität schon vier, fünf Wochen zuvor angezogen, ohne, dass ich als Trainer Einfluss nehmen musste – sind jetzt leider weg. Da sind wir mehr gefragt und dem stellen wir uns und es ist uns bewusst. Es wird jetzt aber auch viel vom Start abhängig sein.
Hebt man besondere Spieler des Gegners gesondert hervor – Sascha Boller, Tomi, Hannes Aigner – oder sind diese dann auch nur einer von elf?
Die markanten Spieler muss ich niemandem präsentieren. Bei Boller weiß Bubenik schon genau, wie er gegen ihn spielen muss, da muss ich nichts mehr sagen. Wir müssen uns was überlegen, um seine Flanken zu nehmen. Aber ich will nicht, dass die Spieler zu viel Respekt haben, eine gewisse Frechheit muss da sein. Ich sage immer, dass Frechheit siegt.
Das heißt, die Balance muss gefunden werden, in Bezug auf Anstacheln und Einholen?
Wir wollen keine Stichflamme sein, wollen immer schön dahinbrennen und nie erlöschen. Ich will das Feuer immer am leben erhalten und nicht zu große Ausschläge haben, dass wir immer am Boden bleiben und uns besinnen, dass wir jede Woche unsere Leistung bringen müssen. Das hat man im Cup schon gesehen.
Das Transferfenster ist noch lange offen – Versuchen Sie noch den einen oder anderen zu verpflichten?
Ich weiß bei Blau Weiß ganz genau, wo die finanziellen Grenzen sind, müssen uns am Markt orientieren und können nur die ansprechen, die zu uns passen. Das ist für uns und mich persönlich wichtig. Jeder Spieler, der von uns verpflichtet wird, muss – außer ich kenn ihn oder er ist sehr bekannt – ein paar Tage zum Training kommen und ich schaue mir an, nicht nur von der Qualität, sondern auch von der Menschlichkeit, ob er zu Blau Weiß Linz passt. Das ist das Wesentliche und nachdem selektieren wir die Spieler. Aber die Kaderplanung ist mit dem Pavlov-Transfer abgeschlossen. Wir haben jede Position doppelt besetzt und sind vom Kader her gut gerüstet. Wir haben keine Ausreißer nach oben, haben ein einheitliches Gehaltsgefüge und das ist gut so. Auch die Mischung zwischen alten und jungen Spielern passt. Aber der Transfermarkt ist noch lange offen und vielleicht ergibt sich die eine oder andere Möglichkeit noch, eventuell durch Verletzungen.
Sie waren schon einmal als Cheftrainer in der Bundesliga. In Ried ist das nicht so prickelnd verlaufen – war das für sie persönlich wichtig, dass sie gescheitert sind, einen Schritt zurück gemacht haben, um zwei nach vorne zu machen?
Aus der Aufgabe in Ried habe ich sehr viel gelernt. Es war damals sicher eine schwierige Situation, nach zweieinhalb Jahren als Co-Trainer als Cheftrainer zu arbeiten, es war mit einigen Spielern dann schwer zu handhaben – das muss man sagen. Vor allem, wenn du in der Tabelle in einer Situation bist, in der er es weder nach hinten, noch nach vorne geht, einige Verträge auslaufen. Es war sehr viel Unruhe da und als junger Trainer hast du noch nicht die Erfahrung, um das richtig zu kanalisieren. Es sind viele Sachen zusammengekommen, die nicht gepasst haben, aber es war eine gute Erfahrung für mich. Es ist oft wirklich wichtig, etwas gesehen zu haben, das Ganze zu analysieren und dann einen neuen Anlauf unternimmt. So werden auch wir hier arbeiten.
Sie sind einer der Trainer, die keine große Bundesliga- oder Nationalteamkarriere hatte. Hat Sie das im Zuge Ihrer Tätigkeit behindert? Und sehen Sie das vielleicht als Zukunftskonzept? Muss der Trainer 2012 wirklich mehr von außen, theoretischer sein?
Das kann man so nicht sagen. Es gibt sehr viele Trainer, die sehr gut sind, die nie im Profibereich gespielt haben und es gibt gute Trainer, die Profis waren. Es kommt drauf an, wie er sich selber weiterentwickelt, was für eine Philosophie hat und wie ernst er das Ganze angeht. Es werden sich als Trainer ehemalige Bundesligaspieler durchsetzen und auch jene, die nie dort gespielt haben. Mir ist wichtig, dass da nicht differenziert war, da muss man davon wegkommen. Eine gewisse Lobby haben die Trainer, die in der Bundesliga gespielt haben aber schon, das traue ich mich zu sagen. Manche Trainer glauben, sie haben den Fußball erfunden. Aber es gibt gute und schlechte, erfolgreiche und nicht-erfolgreiche Trainer. Wenn du aber keine Punkte machst, bekommst du überall Probleme.
Wir danken für das Gespräch!
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