Philipp Hosiner: 'Wenn man so einen Lauf hat, dann ist meistens wenig Taktik im Spiel'
Philipp Hosiner ging 2006 zum TSV 1860 München, explodierte erst aber nach seiner Rückkehr nach Österreich. Im ausführlichen Interview mit 90minuten.at spricht er darüber, das Taktik eher gegen Vereine auf Augenhöhe wichtig ist, dass die richtigen Schritt
Philipp Hosiner ging 2006 zum TSV 1860 München, explodierte erst aber nach seiner Rückkehr nach Österreich. Im ausführlichen Interview mit 90minuten.at spricht er darüber, das Taktik eher gegen Vereine auf Augenhöhe wichtig ist, dass die richtigen Schritte zur richtigen Zeit in der Karriereplanung getätigt werden müssen und wie er mit Admira Wacker auch in der kommenden Saison überzeugen will.
Das Interview führte Georg Sander
90minuten.at: Werfen wir einen Blick zurück. Anfang der Saison war mit dem dritten Platz doch nicht zu rechnen, oder?
Am Anfang des Jahres war es unser Ziel, uns so schnell wie möglich aus dem Abstiegskampf zu entfernen. Wir wollten im Mittelfeld landen und ich wollte zu meinen Spielen und meinen Toren kommen. Dass es im Nachhinein so gut geklappt hat und der dritte Platz wurde, ist natürlich toll für die erste Bundesligasaison.
Warum war es für die Spitzenklubs in der vergangenen Spielzeit so schwer, das Spiel zu machen?
Wir haben einfach sehr erfrischend gespielt. Vor allem am Anfang haben wir zu Hause aggressiv gespielt und ein schnelles Spiel in der Offensive gehabt. Das Umschalten hat perfekt funktioniert und wenn man dann in einen Lauf rein kommt, wenn alles klappt, dann geht es fast von alleine. Wir haben die Austria, dann Sturm, Salzburg und Rapid innerhalb von etwas mehr als einem Monat geschlagen. Es war fantastisch in der Mannschaft zu spielen. Es war egal, wer gespielt hat. Wenn einer verletzt war, ist ein Anderer rein gekommen, hat perfekt ins System gepasst.
"Es war egal, wer gespielt hat. Wenn einer verletzt war, ist ein Anderer rein gekommen, hat perfekt ins System gepasst."
Gegen Ende der Saison sind junge Spieler dazugekommen, etwa Thomas Ebner, die wie selbstverständlich gespielt haben. Dass dieser Lauf aber im Allgemeinen möglich war, lag das an den Spielern oder an der taktischen Einstellung, die Didi Kühbauer mitgegeben hat?
Ich denke, es hatten Spieler, Trainer und Umfeld Anteil daran. Es hat sich keiner etwas raus genommen, niemand wollte sich als König feiern lassen. Darauf legt der Trainer Wert, jeder hat dieselben Rechte und Pflichten und er hat auch von Anfang an den Druck von uns genommen. Er meinte, wir hätten schon gezeigt, was wir können und sagte, wir sollten rausgehen und das war wir am besten können - nämlich spielen. Zu dem Zeitpunkt hat es immer gut geklappt und gereicht.
Vom Kader her waren und sind Rapid, Salzburg usw. über die Admira zu stellen. Haben die einfach diese Qualität nicht umsetzen können?
Salzburg hat mehr Qualität im Kader, das weiß die Liga und sie selber auch. Aber in 90 Minuten kann viel passieren und wenn du schnell führst, dann geben sich die Spieler vielleicht eher zufrieden, als die, die weiter unten stehen und ums Überleben spielen. Dann läuft der Ball, dann spielen wir die Konter, bei denen wir wissen, dass wir gefährlich sind. Wir haben uns zu 100 Prozent reingehaut, sind für einander gelaufen und dann ist es auch für Salzburg schwer geworden, Tore zu schießen. Uns hat ausgezeichnet, dass wir immer bis zum Schluss gekämpft haben und das Ergebnis oft über die Zeit gebracht haben.
Kampf, füreinander laufen – das sind Grundtugenden, die großen Vereinen zuweilen abgehen. Wie hoch ist aber der Anteil an Taktiktraining, um solche Leistungen zu bringen. Elf fitte Männer auf ein Feld zu stellen und „Geht's auße und spielt's euer Spü" wird ja nicht mehr reichen?
Ein bisschen Taktik ist schon dahinter, man stellt sich auf jeden Gegner ein. Aber gerade gegen so gute Mannschaften hat man eventuell weniger Taktik als gegen Mattersburg oder Kapfenberg. Wenn wir gegen die Großen gespielt haben, war unser Ziel eigentlich nur, in der Defensive kompakt zu stehen, den Gegner nicht ins Spiel kommen zu lassen und wenn wir den Ball hatten, hatten wir sowieso immer große Freiheiten vom Trainer aus. Da weiß bei uns jeder, was er zu tun hat. Da war nicht so viel Taktik dahinter, dass wir gesagt haben: „Wir greifen über rechts an, weil dort ist die Schwachstelle!" - das war nicht so. Wir wollten im Verbund gegen den Ball verschieben und schnell in die Tiefe spielen, wenn wir den Ball haben. Wenn man so einen Lauf hat, dann ist meistens wenig Taktik im Spiel.
"Aber gerade gegen so gute Mannschaften hat man eventuell weniger Taktik als gegen Mattersburg oder Kapfenberg."
Um diese Saison zu bestätigen, müssen auch in der Offensive Automatismen her. Durch Zufall wird es in der zweiten Saison schwer werden ...
Dafür arbeitet man in der Vorbereitung hart, vor allem bei den Torabschlüssen. Wir wollen die Leistungen bestätigen und vor allem daheim den Fußball spielen, den die Leute sehen wollen. Wir wollen gut in die Saison starten und dann sehen wir am Ende, was dabei herausgekommen ist.
Was ist auf Basis einer guten Defensive und der erarbeiteten offensiven Stärke im Europacup drinnen?
Das ist schwer zu sagen. Es ist jetzt ein Gegner, den die Spieler nicht kennen, den der Trainer nicht kennt. Unser Co-Trainer war einmal dort und hat sich ein Spiel angeschaut. Da heißt es zunächst, auf uns und unsere Stärken zu schauen. Offensiv ist es wichtig, die Chancen eiskalt zu nützen, vor allem auswärts. Wir haben es uns verdient, im Europacup zu spielen und deshalb wollen wir auch in die nächste Runde einziehen.
Bleiben wir beim Ausland. Sie sind 2006 zu 1860 München gegangen, war das retrospektiv gesehen der richtige Schritt?
Im Nachhinein gesehen war es so. Ich habe mich schnell eingelebt, eine sehr gute Ausbildung genossen und ich hatte sehr gute Trainer und Mitspieler. Sportlich und menschlich habe ich tolle Erfahrungen gemacht. Der Übergang in den Männerfußball hat mit den Amateuren gut geklappt.
Wie wichtig waren die Jahre in Sandhausen und bei der Vienna?
Das Jahr in Sandhausen war bis jetzt das schwierigste in meiner Karriere. Das hat auch damit zu tun, dass es ein Verein mit großen Ambitionen ist – vielleicht wie Salzburg in Österreich – und als ich kam, sagte man mir, es würde mit drei Stürmern geplant und am Ende des Tages waren es sechs. Das war schwierig, ich bin nicht zu meinen Einsätzen gekommen. Sie wollte unbedingt aufsteigen und ich habe keine echte Chance bekommen.
Die Admira hat eine gute Akademie. Wenn Sie mit jungen Spielern aus Ihrer jetzigen Mannschaft reden, stellen Sie da große Unterschiede fest?
Es gibt Unterschiede. Weniger von der Trainingsqualität her, sondern vom Fußballerischen her. In Deutschland wird mehr auf die Physis wert gelegt und sehr viel Ausdauer trainiert. In Österreich steht im Nachwuchs das Fußballerische im Vordergrund.
Was kann man aus Ihrer Sicht machen, um aus einem guten Nachwuchsspieler einen echten Profi zu machen?
Die Karriereplanung ist sehr schwierig und jeder hat seinen eigenen Weg. Man sollte sich nicht von Beratern oder sonst jemandem verleiten lassen, das muss man selber am besten wissen. Ich habe das immer vor Augen gehabt, bin mit 16 ins Ausland und wollte neue Erfahrungen sammeln. Dann habe ich mich in den drei Jahren bei 1860 gut entwickelt. Es hat dann nicht so geklappt, dann wollte ich sicher sein, dass ich Stammspieler werde und diese Chancen habe ich bei der Vienna gesehen. Es gibt viele, die in Österreich bleiben und mit 17 in die Bundesliga kommen, aber den Sprung nicht schaffen.
"Man sollte sich nicht von Beratern oder sonst jemandem verleiten lassen, das muss man selber am besten wissen."
Kleine Schritte sind eher von Vorteil?
Christian Fuchs hat sich zuerst in Österreich etabliert und ist jetzt einer der besten Linksverteidiger. Ich finde es besser, wenn man sich in Österreich etabliert oder im Nachwuchs in Deutschland und dann die Chance bekommt, zum nächsten Verein zu gehen. Wenn man nie richtig spielt, wird es irgendwann vorbei sein. Man muss zu einem Verein wechseln, bei dem es realistisch ist, seine Spiele zu machen.
Und da ist die Admira, das zeigte die letzte Saison, ein gutes Pflaster. Wie ist Dietmar Kühbauer im Umgang mit den Spielern im Allgemeinen, mit den jungen im Speziellen? Wie hält er die Spieler am Boden?
Kühbauer ist genau der richtige Mann für solche Fälle. So etwas wird vom Coach am nächsten Tag sofort angesprochen. Als Marcel Sabitzer seine drei Tore gemacht hat, sein erstes Superspiel gemacht hat, hat er ihm gleich am nächsten Tag mitgeteilt, dass er das nun abhaken muss und es gilt, die Leistungen zu bestätigen und nicht eine Woche nichts zu tun. In der ganzen Mannschaft ist es eine Gefahr, dass eine Lässigkeit reinkommt, aber das war bei uns nicht der Fall. Wir konnten immer noch eine Schippe nachlegen. Er will nicht, dass es soweit kommt.
"Meine Topform konnte ich nur drei, vier Wochen halten und ich will öfters in diese Topform reinkommen."
In Bezug auf den Ausstieg von Trenkwalder als Hauptsponsor: Ist man auf Sie oder andere Leistungsträger zugekommen und hat gesagt, es könnte in Zukunft weniger Gehalt geben? Haben Sie Zukunftsängste?
Wir Spieler konzentrieren uns auf das Sportliche. Wir können nichts anderes machen als alles für den Verein geben, aber unsere Leistungen sind auch ausschlaggebend für den Verein. Ängste gibt es nicht.
Und für sie persönlich: Was könnte der nächste Schritt sein, gerade durch EC-Spiele kann es schnell gehen!
Das ist schwer zu sagen. Ich muss erstmal meine persönliche Leistung bestätigen, konstanter werden. Meine Topform konnte ich nur drei, vier Wochen halten und ich will öfters in diese Topform reinkommen. Dann kommt alles von alleine. Im Fußball ist es so, dass die Vereine kommen, wenn seine Leistung bringt und dann muss ich schauen, was am Ende der Saison passieren wird. Aber darüber mache ich mir keine Gedanken. Allerdings muss das Gesamtpaket passen, es gibt keinen Lieblings- oder Hassklub. Die persönlichen Ziele müssen zu denen des Vereins passen.
Wir danken für das Gespräch.
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