Nenad Bjelica: 'Trainern wie Klopp oder Mourinho gehört die Zukunft'

Ein Hitzkopf an der Linie, sehr besonnen im Interview. Nenad Bjelica führte den Wolfsberger AC in die Bundesliga. Der kroatische EM-2004-Teilnehmer spricht im Interview mit 90minuten.at über den bisherigen Saisonverlauf, die Entwicklung von jungen Spiele

nenad_bjelica_gepaEin Hitzkopf an der Linie, sehr besonnen im Interview. Nenad Bjelica führte den Wolfsberger AC in die Bundesliga. Der kroatische EM-2004-Teilnehmer spricht im Interview mit 90minuten.at über den bisherigen Saisonverlauf, die Entwicklung von jungen Spielern und über das österreichische Nationalteam, das unter Marcel Koller "eine truktur bekommen hat". Bjelica ist überzeugt, dass Trainern wie Klopp oder Mourinho die Zukunft gehört. Auf dem Abstellgleis sieht er den Trainertyp Magath. "Das führt nur kurzfristig zum Erfolg. Langfristig geht das nicht, wenn es ständig Straftrainings oder zu harte Einheiten gibt. So kann man nicht motivieren"

Das Gespräch führte Georg Sander


90minuten.at: Wie sehr sind Sie mit dem bisherigen Saisonverlauf zufrieden?

Nenad Bjelica: Die Spiele gegen Ried daheim und auswärts in Salzburg waren nicht so gut. Da haben wir uns nicht gut präsentiert. Gegen Sturm war es schon besser, da sind wir kompakter und disziplinierter gewesen, hatten unsere Chancen. Wir haben gute und schlechte Spiele gehabt, das ist auch nichts Neues für einen Aufsteiger und damit werden wir umgehen lernen. Wir müssen uns nach Siegen schneller regenerieren und am Boden bleiben, weiter zu arbeiten versuchen und Spiele gewinnen.


Glauben Sie ist es möglich, einen Lauf zu starten, ähnlich wie die Admira letztes Jahr?

So etwas hatten wir von Anfang an nicht, aber das war auch nicht die Erwartung, wir haben uns nur mit zwei Bundesligaspielern verstärkt und ansonsten haben alle jahrelang in der Ersten Liga gespielt. Wir sind in der Tabelle nicht weit weg von Admira und Sturm und es ist sehr eng. Wenn man zwei, drei Spiele in Folge gewinnt, kommt es auf die Tabelle drauf an. Ich hoffe, dass wir eine Saison ohne Abstiegssorgen spielen können. Das wäre hervorragend. So einen Lauf würden wir uns wünschen, aber wir sind so auch zufrieden mit dem, was wir geleistet haben.

 


"Du musst das System an die Spieler anpassen, nicht umgekehrt."

 


Aber wie kann man Stabilität rein bekommen, sodass konstanter gepunktet wird und die hohen Niederlagen wegfallen?

Gegen Salzburg kann man schon einmal hoch verlieren, die haben das zehnfache Budget und wir können nur schwer mithalten. Vor allem, wenn sie einen guten Tag erwischen. Zum Ried-Spiel sage ich folgendes: Mir als Trainer ist es egal, ob wir 1:5 oder 0:4 verlieren. Ich wollte das Spiel noch drehen und gewinnen. Das war aber nicht der Fall und so haben wir hoch verloren. In zwölf Spielen haben wir aber neun Mal nicht mehr als zwei Tore kassiert, vier Mal zu Null, vier Mal nur ein Tor bekommen. Gegen Sturm, Salzburg und Ried hat das anders ausgeschaut. Mit viel Arbeit, Einsatz und Disziplin kann man das bekämpfen und wir sind auf einem guten Weg. Mir als Trainer war aber klar, das auch solche Spiele kommen werden.


Der Trend geht generell weg vom klassischen Stürmer. Sie setzen aber , wie die kroatische Nationalelf bei der Euro 2012, zumeist auf gleich zwei Angreifer.

Das liegt an unserem Erste-Liga-Team und wir wollten auch so weiter spielen, unseren Stil fortsetzen. Ansonsten hätten wir 15 neue Spieler verpflichten müssen. Wir haben die Spieler, die in der Heute für Morgen erfolgreich waren, behalten und möchten ihnen die Chance geben, sich in der Bundesliga zu beweisen. Wir haben uns nur punktuell verstärkt. Man kann schon mit 4-6-0 oder 4-1-4-1 spielen, man muss es umsetzen können. Wenn man das will, dann ist jedes System gut. Du kannst aber auch das beste System der Welt spielen und es schlecht umsetzen. Wir spielen mit 4-4-2 und 4-1-4-1, das sind unsere Varianten. Die anderen spielen anders. Du musst das System an die Spieler anpassen, nicht umgekehrt.

 


"Den besten Weg zeigen Klopp und Mourinho. Das sind für mich die Trainer, die die besten im Fußball sind, Guardiola auch. Die behandeln ihre Spieler wie Menschen und hatten in letzter Zeit eben auch viel Erfolg."

 


Die Trainerrolle ist generell im Wandel. Sie wirken auf der Bank sehr heißblütig. Wie sehen Sie sich selbst?

Es gibt im Fußball keine guten und schlechten Trainer, sondern nur erfolgreiche und nicht erfolgreiche. Wie man zum Erfolg kommt, ist unterschiedlich. Was man aber in den letzten Jahren sieht ist, dass bei Borussia Dortmund mit Jürgen Klopp ein Trainer arbeitet, der sehr emotional ist. Ich würde sagen, er ist ein Kumpel der Spieler. Dann sehen wir Jose Mourinho, der auch sehr emotional ist. Oder Antonio Conte bei Juventus. Diese Trainer, die die Emotionen auf die Mannschaften übertragen können, spielen erfolgreich. Deswegen ist es so, dass Trainer wie Magath weniger werden, weil das nur kurzfristig zum Erfolg führt. Langfristig geht das nicht, wenn es ständig Straftrainings oder zu harte Einheiten gibt. So kann man nicht motivieren. Den besten Weg zeigen Klopp und Mourinho. Das sind für mich die Trainer, die die besten im Fußball sind, Guardiola auch. Die behandeln ihre Spieler wie Menschen und hatten in letzter Zeit eben auch viel Erfolg.


Haben die Medien „Mitschuld" an diesem Bild? Die Hierarchien werden flacher und der Trainer muss medial Emotionalität transportieren, um sich vor die Mannschaft zu stellen?

Bei uns ist die Hierarchie auch klar und ein 33-Jähriger wird nicht die Tore und die Bälle tragen, das machen die Jungen. Diese alte Schule ist bei uns noch präsent. Aber: Bei der Leistung darf es keinen Unterschied geben - egal ob man jetzt 33 Jahre alt ist oder 19. Da gibt es keine Hierarchie und kein Nachlassen. Von gewissen Aufgaben sind die erfahrenen Spieler befreit und man erwartet von ihnen aber auch, dass sie im Spiel mehr Verantwortung als die Jungen übernehmen. Natürlich ist man mit ihnen auch kritischer.


In Österreich gelten Spieler lange, zuweilen zu lange, als Talente. Wie sehen Sie das?

Das ist von Spieler zu Spieler verschieden. Es gibt jene, die mit 18 Jahren schon so weit sind, dass sie in der Kampfmannschaft spielen können. Das sind außerordentliche Talente. Die anderen Spieler brauchen in der Entwicklung länger, erreichen den Zenit mit 24 oder 25. Ich glaube, basierend auf meiner Erfahrung, dass Spieler, die nicht so große Talente sind, mit 24, 25 Bundesliga-reif sind. Das hat sich auch bei unseren Spielern bewiesen. Christian Dobnik oder Dario Baldauf, Manuel Kerhe, Stephan Stückler: Die sind über 25 und jetzt in der Bundesliga und vielleicht noch ein, zwei Jahre brauchen werden. Einer schafft das früher, einer später.

 


"Es gibt wenige Spieler, die mit 18 aus der Akademie kommen, egal ob in Kärnten oder bei der Wiener Austria, und dann schon das Niveau haben, in der Bundesliga zu spielen."

 


Geht in Wolfsberg eine Akademie ab? Akademie-Spieler sollten eine bessere Ausbildung haben als die Spieler, die „normale" Nachwuchsteams durchlaufen haben, oder sehen Sie das anders?

Wir haben keine Akademie und die Arbeit der Kärntner Akademie kann ich nicht beurteilen. Ich weiß nicht, wie dort gearbeitet wird. Hätten wir eine Akademie, würden wir viele Dinge bestimmen und auch Verantwortung mittragen, wie die Spieler raus kommen. Aber es gibt wenige Spieler, die mit 18 aus der Akademie kommen, egal ob in Kärnten oder bei der Wiener Austria, und dann schon das Niveau haben, in der Bundesliga zu spielen. Da gibt es in Österreich einen, vielleicht zwei! Bei uns könnten wir mehr mitgestalten, wenn die Akademie ab nächster Saison beim WAC ist. Und das ist auch noch nicht klar, ob wir die übernehmen werden. Für die Entwicklung der Spieler wäre es gut, wenn die Akademie der Unterbau des Vereins wäre. Aber wenn nicht, dann werden wir noch besser arbeiten müssen, damit die Spieler eine bessere Ausbildung für die Kampfmannschaft bekommen.


Sie können derzeit vielleicht am besten Vergleichen: Wie nahe ist die Heute für Morgen-Erste Liga schon am Ziel dran, junge Spieler perfekt auszubilden? Ist die Zehnerliga "DAS" Modell?

Für mich schon. Die Zehnerliga ist das beste Modell, weil die Besten in die Liga kommen, sich gut entwickeln können. Die Jungen, die nicht die Qualität haben, in dieser Liga zu spielen, sind dann nicht bei diesen Vereinen. Jeder Verein in der Ersten Liga ist dazu angehalten, junge Spieler einzusetzen und wenn sie sehen, dass einer Talent hat, dann werden sie ihn öfter einsetzen als einen älteren. Deswegen sind die besten Spieler sowieso in der zweiten Liga und die, die nicht so weit sind, müssen in der Regionalliga auf ihre Chance warten. Ich finde die Zehnerliga ist für die Spielerentwicklung das Beste.

 


"Es gab eine große Steigerung, seit Marcel Koller Trainer ist. Die Mannschaft hat Strukturen, spielt besser, präsentiert sich besser."

 


Und wenn in der höchsten Spielklasse mehr Vereine Platz hätten? Wäre dann für den WAC mehr Zeit, sich zu stabilisieren?

Das weiß ich nicht und es war in letzter Zeit kein Problem für die Aufsteiger, die haben sich in den zwei, drei Jahren konsolidiert. Die Zehnerliga ist wohl auch für die Bundesliga das beste System. In Kroatien hat man es mit einer Sechzehnerliga versucht und sie wurde wieder verkleinert, in zwei Jahren ist es wieder eine Zehnerliga. Eine kleine Liga ist für die fußballerische Qualität besser, die guten Fußballer können sich weiter entwickeln. In Österreich weiß ich auch nicht, ob die Vereine in einer Sechzehnerliga finanziell tragen könntne. Jetzt kommen viele Zuschauer ins Stadion.


Zum Abschluss noch ein Vergleich mit Kroatien. Was fehlt dem ÖFB-Team noch, um Erfolge wie die Mannschaft Ihres Heimatlandes zu feiern?

Die kroatische Nationalmannschaft ist seit zehn, fünfzehn Jahren unter den Top 10 der Welt. Das kann man mit Österreich nicht vergleichen. Aber es gab eine große Steigerung, seit Marcel Koller Trainer ist. Die Mannschaft hat Strukturen, spielt besser, präsentiert sich besser. Und ich glaube, dass der österreichische Fußball auf einem guten Weg ist. Junge, talentierte Spieler werden aufgebaut und eigentlich ist der Fußball in einer guten Entwicklung. In ein paar Jahren wird man eine bessere Rolle im europäischen Fußball spielen.


Wir danken für das Gespräch!


Tipp zum Weiterlesen: Interview mit WAC-Stürmer Christian Falk

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