Markus Heikkinen: ‚Was von außerhalb kommt, muss man ignorieren'

Der finnische Mittelfeldspieler nimmt im Besprechungsraum im Bauch des Ernst Happel-Stadions Platz. Die ernsten Augen können nicht das spitzbübische Lächeln verdecken, dass er aufsetzt. Die erste Frage wird unterbrochen. 90minuten.at will gleich zu Beginn

markus heikkinen c steindyDer finnische Mittelfeldspieler nimmt im Besprechungsraum im Bauch des Ernst Happel-Stadions Platz. Die ernsten Augen können nicht das spitzbübische Lächeln verdecken, dass er aufsetzt. Die erste Frage wird unterbrochen. 90minuten.at will gleich zu Beginn wissen, ob das letzte halbe Jahr das schwierigste war, seit er nach Wien kam. Markus Heikkinen überlegt lange und setzt an: „Ich persönlich habe nicht so viel gespielt, wie in den ersten 16 oder 17 Jahren meiner Karriere." Carsten Jancker geht an der Tür vorbei in die neben dem Zimmer gelegene Küche und ruft „Weil du alt bist!" Der Finne ignoriert den Deutschen und fährt fort: „Ich war immer Stammspieler. Natürlich muss man die Entscheidung des Trainers auch akzeptieren. Aber sonst war er keine schwierige Zeit." Während des Gesrpächs möchte er, ganz finnisch, nicht zu viel Preis geben und möchte immer wieder herausgefordert werden. Am Ende ergab sich ein interessantes Gespräch über die gegenwärtige Situation bei Rapid Wien, seine Karriere und die Rolle des defensiven Mittelfeldspielers. Über die Zukunft weiß er nur eines sicher: „Eines Tages werden wir zurück nach Finnland gehen."

Das Gespräch führte Georg Sander

 

90minuten.at: Rapid ist in Ihrem ersten Jahr gleich Meister geworden. Da war die Unruhe zuletzt kein großes Problem für Sie?
Markus Heikkinen: In fünfeinhalb Jahren gibt es nun mal Höhen und Tiefen. Es ist nichts Besonderes, wenn da mal ein paar Niederlagen kommen. Alle Spieler wissen, dass es dann wieder gut läuft, weil wir wirklich gut arbeiten.

 

Wie stehen Sie dazu, dass die Rapidfans einerseits zu Tausenden durch Europa fahren und dieses Pendel wie im Herbst in die andere Richtung ausschlägt?
Natürlich wäre es schön, wenn die Stimmung immer super ist. Aber als professioneller Spieler muss man sich während der Partie auf seine eigene Arbeit konzentrieren und alles Andere vergessen.

 

Das heißt, wenn die Fans Aktionen machen, wie zum Beispiel das Stadion verlassen, muss man das versuchen zu ignorieren?
Das stimmt. Aber in Wahrheit ist das nicht immer einfacher. Aber was von außerhalb kommt, muss man ignorieren.

 

Rapid steht für Kampfgeist und Leidenschaft. Peter Schöttel wirkt in der Öffentlichkeit zumeist ruhig. Erleben Sie ihn in der Kabine anders?
Er ist auch in der Kabine ein ruhigerer Trainer.

 

Also ganz anders als Peter Pacult?
Genau.

 

Der Fußball ist immer in Bewegung, Schöttel musste sich Kritik gefallen lassen, nicht modern genug zu spielen. Wie sehen Sie das?
Was ist schon modern im Fußball? Die Leute reden über modernen Fußball und wollen ihn sehen. Aber was ist das? Ich glaube aber, man kann schon bei den jungen Spielern sehen, dass sie eine ganz andere Ausbildung haben und technisch sehr gut sind. Und wenn sie geduldig bleiben kommen mit der Zeit neue Dinge und die Spielart wird sich verändern. Das hängt auch mit den Spielertypen zusammen. Das spielt eine wichtige Rolle. (wechselt auf Englisch) Zuerst muss man schauen, was man an Typen hat, dann muss man sagen, wie man spielt. Du kannst nicht mit elf John Terrys spielen wie Barcelona!

 

Es gibt viele junge Spieler. Fehlt vielleicht vor allem in der Offensive der eine oder andere routinierte Spieler?
Als das neue Trainerteam gekommen ist, wussten wir, dass sie junge Spieler bringen wollten. Jetzt sind diese gut unterwegs. Die Richtung stimmt.

 

Beschäftigen Sie sich damit, dass von einer Krise gesprochen wird, obwohl man in der Entwicklung ist und weiß, dass man mehr Punkte hat als noch vor einem Jahr?
Mir persönlich ist das egal, was ihr Reporter sagt (grinst). Ich weiß, was wir tun und was wir erreichen können. Natürlich ist meine Stärke, dass ich schon lange dabei bin und eben weiß, dass es nicht immer gut laufen kann. Am Ende werden wir schauen, wo wir stehen.

 

Vor 17 Jahren haben Sie bei Oulu PS begonnen, als Defensivmann. Diese Position ist stark im Wandel.
In Oulo war ich noch etwas offensiver, dann bin ich in die finnische Liga zu Turku gewechselt, da habe ich die defensive Rolle übernommen. Meistens bin ich Sechser gewesen, manchmal Innenverteidiger, ab und zu, wenn es sein musste, rechter Außenverteidiger. Die offensive Rolle habe ich seit 96 nicht mehr. Ich weiß nicht, wie stark sich die Rolle des Sechsers wirklich verändert hat. Mark van Bommel spielt zum Beispiel super Pässe, wählt immer die beste Option und verliert ganz wenige Bälle. Und wer ist ein offensiver Sechser? Ich kenne keinen?

 

Bastian Schweinsteiger.
Nein, er ist kein offensiver Sechser.

 

Aber er spielt auf der Doppelsechs.
Das tut er entweder mit Luis Gustavo oder Javi Martinez. Er ist nicht wirklich ein Sechser. Der Andere bleibt und Schweinsteiger kann mitgehen.

 

Wie stehen Sie zu anderen modernen Entwicklungen – Pressing oder weg vom klassischen Strafraumstürmer und so weiter? Oder ist das einfach eine Phase?
(überlegt lange) Ich glaube, es gibt immer eine Zeit, in der etwas wirklich in ist. Nach fünf, sechs Jahren ist das wieder vorbei. Natürlich hängt das auch von den besten Mannschaften der Welt ab, die von allen anderen kopiert werden. Jetzt ist das zum Beispiel Barcelona. Man weiß nicht, was als nächstes kommt.

 

Sehen Sie die Veränderungen nach 17 Jahren als Profi relaxter?
Ich schaue viel Fußball im Fernsehen, also weiß ich auch ganz genau, was in den letzten 20 Jahren passiert ist. Ich bin schon gespannt, was das Nächste ist, das in ist.

 

Kommt die Dreierkette wieder, wie etwa bei Napoli?
In Italien gibt es viele gute, junge Trainer, die mit Dreierkette spielen. Aber nicht wir früher in einem 3-5-2 und einem Libero. Nur eine Dreierkette und dann vier Mittelfeldspieler oder eine Variation davon. Man sieht das auch bei Manchester City. Roberto Mancini will mit drei Verteidigern spielen, das funktioniert aber noch nicht immer.

 

Wie wird sich die Physis der Spieler entwickeln?
Ich glaube, die Spieler werden noch fitter oder noch stärker. Sie müssen spritzig sein und auf kurzen Wegen sehr schnell sein.

 

Öffnet das nicht vielleicht dem Doping im Fußball Tür und Tor? Die Medien fordern ja auch immer mehr zurückgelegte Kilometer, schnellere Sprints und so weiter...
Bis jetzt habe ich das noch nie gehört. Natürlich liest man das manchmal in den Zeitungen lesen, dass jemand unabsichtlich etwas zu sich genommen hat und zwei, drei Monate gesperrt wurde. Aber ich weiß es nicht. In Finnland gab es Langläufer, die Doping genommen haben. Es kann sein, dass die Spieler einen kleinen Vorteil wollen und mit einem Mittel besser regenerieren wollen.

 

Sie sind im Sommer sechs Jahre in Österreich. Wie schaut Ihre Zukunft aus?
Schwer zu sagen. Ich kann nicht sagen, dass ich noch 17 oder 32 Monate spielen will. So lange ich fit bin, Spaß habe und den Hunger verspüre, spiele ich. Ich hoffe, irgendeine Rolle im Fußball annehmen zu können. Sicher ist, dass wir eines Tages zurück nach Finnland gehen werden.

 

Wir danken für das Gespräch!

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