BW-Linz-Präsident Hermann Schellmann: ‚Nicht unser Ziel, ein Ausbildungsverein zu sein'
Kein LASK, mehr Geld für die Sicherheit, mehr Ausgaben im Nachwuchsbereich – vor einem Jahr war es wohl schöner, Blau Weiß Linz-Präsident zu sein. Im Interview mit 90minuten.at merkt Hermann Schellmann aber an, dass man sich am eigenen Schopf aus dem Sump
Kein LASK, mehr Geld für die Sicherheit, mehr Ausgaben im Nachwuchsbereich – vor einem Jahr war es wohl schöner, Blau Weiß Linz-Präsident zu sein. Im Interview mit 90minuten.at merkt Hermann Schellmann aber an, dass man sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen will, wie schwer die wirtschaftliche Planung ist, dass die Linzer kein Ausbildungsverein sein wollen und warum man Piesinger nicht an Red Bull Salzburg verkaufen wollte.
Das Gespräch führte Georg Sander
BW-Linz-Präsident Schellmann sieht derzeit keine größeren Probleme bei BW-Linz
90minuten.at: Wie gelegen kommt dem ganzen Verein die zweiwöchige Länderspielpause? Versuchen Sie, Ruhe reinzubringen?
Herrmann Schellmann: Von oben herab gab es bis jetzt überhaupt keine Probleme. Mir persönlich wäre es sogar lieber, wenn wir am Freitag die Möglichkeit gehabt hätten zu zeigen, dass wir besser sind als der Tabellenplatz. Vielleicht ist es aber vom Trainerteam her besser, ein paar Tage ein bisschen Abstand zu bekommen. Wenn man aber viel Zeit hat, da denkt man auch als Spieler nach: „Mein Gott, na! Jetzt haben wir schon wieder verloren.“ und wenn der Rhythmus weitergeht und man spielt am Freitag wieder, ist das sicher eine Mentalitätssache. Mir hätte das nichts ausgemacht, wenn ich gleich am Freitag wieder gespielt hätte. Ich habe selber gespielt, ich hätte aus diesem Grund keine Pause gebraucht.
Haben Sie intern, auch am Ende der ruhigen Transferzeit, über Veränderungen nachgedacht?
Ich bin mir bewusst, dass wir auch im Vorjahr nicht immer überragend gespielt haben. Wir haben jetzt eine Zeit gehabt, da haben wir unglücklich verloren. Mit diesen Chancen, die wir in manchen Spielen vorgefunden haben, hätten wir voriges Jahr locker gewonnen. Wenn es nicht geht, dann geht es nicht – das ist tatsächlich so. Ich kenn das auch selber, wenn man die Seuche drauf hat, dann fängt der Stürmer nach drei vergebenen Hundertprozentigen bei der nächsten zu überlegen an: „Dieses Mal muss ich ihn sicher reinhauen“ oder „Uh, jetzt kommt mir der Tormann entgegen“, Dann ist es eine Kopfsache. Das ist momentan das Hauptproblem. Wir hatten in jedem Spiel unsere Topchancen, haben sie nicht gemacht und umgekehrt wurde fast jeder Fehler gleich bestraft. Wenn wir voriges Jahr den einen oder anderen Ball fast aufgelegt haben – ein schlechter Abschlag, ein Kopfball, der zum Gegner kommt – haben die Gegner voriges Jahr daneben geschossen oder der Tormann hat den Ball gehalten. Ich bin aber überzeugt, dass wir nur ein Erfolgserlebnis brauchen. Man müsste dieses Spiel aber überzeugend gewinnen. Dann kommen wir wieder ins alte Fahrwasser und machen unsere Punkte.
Über Trainer Thomas Weissenböck wird nicht diskutiert?
Überhaupt nicht. Im sportlichen Bereich wird nicht diskutiert, denn wenn die Spieler aufs Tor rennen und den Ball nicht rein bringen, ist sicher nicht der Trainer schuld.
"Von Psychologen halte ich persönlich nicht viel. Wenn ein Spieler das tatsächlich braucht, dann hat er meiner Meinung nach den falschen Beruf gewählt."
Würden Sie einen gegenwärtig noch vereinslosen Spieler verpflichten?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Ob aber bei den Vereinslosen ein Spieler dabei ist, der sofort einschlägt und uns helfen kann, bezweifle ich stark. Es wird immer ein paar Interessante geben, aber man muss sich dann auch immer fragen, warum die keinen neuen Verein gefunden oder keinen Vertrag beim alten bekommen haben. Das kann man nicht sagen, aber es wird schon irgendwelche Gründe haben.
Sie haben das Kopfproblem angesprochen: In St. Pölten schwört man auf einen Psychologen. Wäre so eine Maßnahme denkbar?
Ich muss eines sagen: Von dem halte ich persönlich nicht viel. Wenn ein Spieler das tatsächlich braucht, dann hat er meiner Meinung nach den falschen Beruf gewählt. Ohne, dass ich einen Eisenbahner oder Postler oder Magistratsbeamten beleidigen will, aber dann muss sich der Spieler so einen Job suchen, wo er nicht so einem großen persönlichen Stress ausgesetzt ist. Wenn es soweit ist, dass ein Spieler, weil er zwei Mal das Tor nicht trifft oder zwei Mal einen schlechten Pass schlägt, dass er dann diese Art von Unterstützung braucht …
Man wird am Status Quo nichts ändern?
Der weitere Verlauf wird angeschaut, wie steht die Mannschaft zum Trainer oder umgekehrt – das ist entscheidend. Die Mannschaft trainiert sehr gut, also passt’s anscheinend und es liegt nur an Kleinigkeiten. Aber wir kennen das: Diese machen es aus, dass ein Spiel verloren wird. Ich denke nur an das Spiel an Altach. Wir sind fünf Mal alleine auf den Tormann zu gelaufen ohne ein Tor zu erzielen, dann haben wir durch einen Querschläger von Bubenik das 0:1 gekriegt. Der rasierte über den Ball, dieser kommt einem Altacher genau vor die Füße, knapp an der Strafraumgrenze. Er schoss einen von uns am Rücken an und von dort wurde der Ball unhaltbar ins Tor gelenkt. Und das in einer Phase, in der wir 3:0 führen hätten müssen! Dann griffen wir an, wollten den Ausgleich, der Trainer löste die Verteidigung auf, nur noch drei Mann hinten und in der 93. Minute bekamen wir aus einem Konter das 0:2. Dann sieht man, dass man daheim gegen Altach verloren hat, dabei war der Spielverlauf ganz anders.
Man hat mit David Poljanec, Simon Piesinger und Dominic Hassler drei wichtige Spieler abgegeben. Hat man aus Ihrer Sicht die Abgänge bestmöglich kompensiert?
Wir waren natürlich der Meinung. Der sportliche Leiter und der Trainer haben sich diese Leute ausgesucht und wir vom Vorstand und dem Präsidium haben das dann abgesegnet. Dass diese noch nicht die Leistung erbracht haben, die wir uns erwartet haben, steht außer Zweifel.
"Wie bekannt ist, ist der LASK aus der Liga verschwunden und die Einnahmen aus den Derbyspielen haben so viel ausgemacht wie aus allen anderen Heimspielen zusammen."
In Fanforen wird bemängelt, dass im zentralen Mittelfeld ein Spielmacher fehlt…
Wir denken weniger an einen Spielmacher. Aber diese Leute werden auf der ganzen Welt gesucht. Man braucht einen „G’standenen“, der im Mittelfeld die Rolle des Angreifers und Verteidigers – sprich, die Chefrolle – übernimmt. So ein Chef muss auch spielen können. Diese Typen gibt es zu wenig. Die sucht jeder. Von denen gibt es nicht viele und wenn es sie gibt, spielen sie nicht unbedingt in der zweiten Liga.
Man hat ihn gesucht, aber nicht gefunden bzw. ihn nicht nach Linz lotsen können?
Wir haben in den Vorbereitungsspielen sehr gut gespielt und von Alen Coralic erwartet, dass er diese Rolle übernimmt, als Sechser defensiv verteidigt und gleichzeitig die Bälle dementsprechend verteilt. Bis jetzt hat er das noch nicht gezeigt, außer in den Vorbereitungsspielen.
Die neuen Sponsoren sind auch dazu da, um im Winter nachzubessern?
Wie bekannt ist, ist der LASK aus der Liga verschwunden und die Einnahmen aus den Derbyspielen haben so viel ausgemacht wie aus allen anderen Heimspielen zusammen. Das heißt, wir müssen das einmal kompensieren. Und die Bundesliga hat den Ärmelsponsor für die Heute für Morgen-Erste Liga frei gegeben, allerdings etwas spät. Und den Betrag, den die Bundesliga gezahlt hat, fehlt jetzt natürlich auch. Die zusätzlichen Sponsoren, die wir jetzt für uns gewinnen konnten, sind eigentlich nur zum Ausgleich dieser Gelder da. Außerdem hat die Polizei die Kosten verdoppelt und noch ein paar andere Sachen sind auch noch dazu gekommen. Jeder träumt, wenn er von einem neuen Sponsor hört, immer von 50.000 oder 100.000 Euro! Das spielt’s nicht. Die neuen sind Poolsponsoren, das heißt, dass die Beträge nicht so hoch sind, wie es sich manche wünschen oder erträumen. Von daher sind das geringere Summen, die wir für den normalen Spielbetrieb benötigen und nichts, mit dem man zusätzlich Spaß haben kann. Und auch der Amateur- und Jugendbereich kostet bedeutend mehr als bisher. Wir haben immer mehr Kinder, mehr Ausgaben – je mehr Jugendliche, desto mehr Ausgaben. Die Liga verlangt qualifiziertere Trainer – Es gibt eben mehr Kosten und weniger Einnahmen. Mit dem Geld können wir uns nicht ein oder zwei Spieler holen.
"Wäre Simon Piesinger zu Red Bull Salzburg gegangen, hätten wir das fünf- bis zehnfache bekommen. Aber wir wollten ihm auch nicht die Chance verbauen."
Kann man im Winter gegebenenfalls trotzdem nachbessern?
Das werden wir sehen. Momentan müssen wir schauen, wie es sich entwickelt und wir sind weiterhin dabei, Geld aufzutreiben. Wenn wirklich der Spieler am Markt ist, von dem wir uns Verbesserung erhoffen, muss man sich etwas überlegen.
Wie schaut der grundsätzliche Weg aus? Soll Simon Piesinger der Erste von Vielen sein? Ein Junger Spieler, den man entwickelt und gewinnbringend weiter verkauft?
Gewinnbringend war er nicht, da die Innsbrucker auch nicht mit Geld gesegnet sind. Wäre er zu Red Bull Salzburg gegangen, hätten wir das fünf- bis zehnfache bekommen. Aber wir wollten ihm auch nicht die Chance verbauen. Er ist ja auch für sie noch ein junger Spieler. Da wird noch nicht das Geld auf den Markt geschmissen, was für einen arrivierten ausgegeben wird.
Aber der Weg ist der eines Ausbildungsverein? Ist das die Philosophie?
Das versuchen wir im eigenen Interesse. Spieler, die man selbst geformt hat, haben auch mehr Herz für den Verein. Und wenn sie die Chance kriegen und sie haben die Möglichkeit diese zu nutzen, sollte das Interesse von einem höheren Verein da sein, dann ist es schön, wenn man eine entsprechende Ablöse erzielt. Aber wenn ich das Wort „Ausbildungsverein“ höre, muss ich sagen, dass das nicht meine Intention und unser Ziel ist. Wir wollen natürlich gute, junge Spieler selbst behalten und wenn ich dann Mal sechs gute Spieler habe, bekommen die auch eine gewisse Klasse. Der soll nicht ein Jahr gut spielen und dann gebe ich ihn weg. Es ist nicht der Sinn der Sache, junge Spieler in die Bundesliga zu bringen und sie dann gleich zu verkaufen. Diese sollten in der Zukunft eigentlich den Stamm unserer Mannschaft bilden.
Wir danken für das Gespräch!
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