Andreas Moriggl: 'In den unteren Ligen verdient man mit weniger Aufwand und hat ein schönes Leben'
Der neue TSV Hartberg-Trainer Andreas Moriggl stieg mit Fürstenfeld auf, sorgte mit dem kleinen Allerheiligen in der Regionalliga Mitte für Furore. Im Gespräch mit 90minuten.at erzählt er ausführlich, wie er Profitrainer wurde, über den Amateurfußball und
Der neue TSV Hartberg-Trainer Andreas Moriggl stieg mit Fürstenfeld auf, sorgte mit dem kleinen Allerheiligen in der Regionalliga Mitte für Furore. Im Gespräch mit 90minuten.at erzählt er ausführlich, wie er Profitrainer wurde, über den Amateurfußball und meint, dass auch Hartberg irgendwann vorne mitspielen könnte. Außerdem spricht Moriggl über seine eigene Spielerkarriere: "Möglicherweise fehlte mir die mentale Voraussetzung, um den Sprung in den Profibereich zu schaffen."
Das Interview führte Georg Sander
90minuten.at: Erzählen Sie etwas über ihre Spielerkarriere. Auch Fußballinsider haben sich mit Ihrer Person schwer getan!
Andreas Moriggl: Meine Spielerkarriere ist aus verschiedenen Gründen recht früh abgebrochen worden. Ich habe meine Jugend im Leistungszentrum Graz verbracht, das war eine qualitativ hochstehende Ausbildung. Mit 16 Jahren wechselte ich zu Sturm Graz, dann hatte ich aber eine etwas schwierige pubertäre Phase mit Ablenkungen und den Fußball eine Zeit lang nicht so wichtig genommen. Mir fehlte damals die nötige Zielstrebigkeit und möglicherweise auch die mentale Voraussetzung, um tatsächlich den Sprung in den Profibereich zu schaffen. Ich habe ihn zu dem Zeitpunkt aber auch nicht wirklich angestrebt. Es hat sich sehr früh anders entwickelt, ich legte eine kurze Fußballpause ein, bin beruflich und familiär in eine Situation gekommen, in der der Fußball hinten angestellt wurde. Ich habe nach Sturm nur noch bei unterklassigen Vereinen gespielt, Gleisdorf, Seiersberg, gondelte im Bereich Graz und Umgebung viel herum. Bei Hertha Graz ließ ich meine aktive Karriere ausklingen. Nebenbei begann ich die Trainerausbildung.
In Fürstenfeld haben Sie mit Didi Pegam, einem Freund aus Jugendtagen bei Sturm Graz, angefangen.
Neben dem Fußballspielen, das ich nur amateurhaft betrieben habe, machte ich die Ausbildung. Ich war bei Sturm Nachwuchstrainer, dann ging ich mit Didi nach Fürstenfeld, die damals in der Oberliga waren. Er war Spielertrainer und brauchte einen Co-Trainer, ich war in der Ausbildung zur B-Lizenz und dachte, es wäre eine ausgezeichnete Station, das Trainerwesen im Erwachsenenbereich kennen zu lernen. Pegam blieb nicht lang, ist nach ein paar Wochen vom GAK abgeworben worden und mit mir ging es sehr erfolgreich weiter. Ich blieb sechs Jahre in Fürstenfeld und wir sind in die Landesliga aufgestiegen. Dort haben wir gleich im zweiten Jahr um den Titel mitgespielt, waren Herbstmeister. Dann suchte ich eine neue Herausforderung und Allerheiligen trat an mich heran.
Wo Sie drei Jahre verbrachten und erfolgreich spielten.
Das war die nächste Stufe, Regionalliga. Das Angebot habe ich angenommen und war drei Jahre lang in der Regionalliga tätig. Auch dort waren wir auf einem guten Weg, eventuell in die Heute für Morgen-Erste Liga aufzusteigen, aber dafür hat der Verein nicht die Voraussetzungen geschaffen.
Und haben Sie sich damals schon mit dem Gedanken befasst, irgendwann in der zweiten Bundesliga Trainer zu sein? War das Ziel, wie bei Fürstenfeld und Allerheiligen, einen Underdog zu übernehmen?
Während der Zeit in Allerheiligen, als wir Herbstmeister waren, bis zu zehn Punkte Vorsprung auf die damaligen Aufstiegsanwärter hatten, begann ich mich ernsthaft damit auseinander zu setzen, weil der Verein in der Winterpause alles versucht hatte, um die Lizenz anzusuchen. Das waren die ersten Gedanken in diese Richtung. Auch andere Vereine, die dieses Vorhaben hatten oder dort sind, traten an mich heran. Und Hartberg wurde es deshalb, weil die mir diese Möglichkeit angeboten haben. Ich musste überlegen, ob ich die Herausforderung annehme und den Aufwand betreiben will.
Job kündigen, Profitrainer sein?
Nein, ich bin nach wie vor berufstätig und die Vereinbarkeit mit meinem Beruf war für mich eine Voraussetzung. Ich bin seit 25 Jahren bei einer Versicherung beschäftigt und mir war es wichtig, auch wenn ich den Schritt in den Profibereich mache, den Job zu behalten. Man kennt ja das Fußballgeschäft mit seiner Kurzlebigkeit und der Erfolgsabhängigkeit. Mir ist es zu risikoreich gewesen, jetzt zu kündigen.
Der TSV Hartberg ging recht offensiv mit dem Umstand um, eigentlich mit Walter Hörmann weiter arbeiten zu wollen. War das für Sie ein großes Problem, nur zweite Wahl gewesen zu sein? Oder schätzen Sie diese Ehrlichkeit auch?
Das war für mich insofern kein Problem, als dass ich nach Walter Hörmann die erste Wahl war. Das war ganz eindeutig so vermittelt worden, ab einem gewissen Zeitpunkt wusste man, dass er nicht weiter machen wollte. Ab da war ich die erste Wahl.
Allerheiligen und Hartberg sind Underdogs. Ergibt sich aus kompakter Defensive und Konter dann auch ihre Philosophie oder wie würden Sie diese beschreiben?
Ich bin das so von meinen bisherigen Stationen gewohnt. Im Vergleich zur Konkurrenz hatten diese im Vergleich geringere finanzielle Mittel und nicht die Möglichkeiten, sich am Markt großartig an Spielern zu bedienen. Das war immer der Weg und so soll es auch in Hartberg sein: Ein gutes, kompaktes Kollektiv zu schaffen, dass schwer zu knacken sein soll und natürlich wollen wir auch als Underdog Fußball spielen. In Bezug auf Hartberg und meine Philosophie muss man natürlich die Kirche im Dorf lassen und wenig zulassen. Je besser das funktioniert, desto mehr können wir auch in den Angriffsfußball übergehen und uns darauf konzentrieren, selber das Spiel zu machen.
Zu Hartberg: Das ist eigentlich trotz des sportlichen Abstiegs nach 36 Runden eine Mannschaft, die viel kann – wohl auch nach den Abgängen. Oftmals passierten blöde Fehler und dann sind es wieder null statt einem oder drei Punkte. Muss da auch psychologisch gearbeitet werden, haben Sie schon Pläne? Oder bietet die neue Saison genug Abstand?
Beides. Einige Spieler sind nicht mehr da, die Mannschaft hat sich verändert und in welchen Köpfen das alles noch am stärksten sitzt – bei denen die gingen oder jenen, die blieben – kann ich nicht beurteilen. Man kann insofern dran arbeiten, und das sollte in jedem Trainingsprozess erarbeitet werden, dass Konsequenz und Konzentration immer da ist. Nicht nur über Phasen gut sein und dann wieder abschalten. Man muss über die gesamte Spieldauer höchst konzentriert sein.
Was ist mit dem TSV zu erreichen? Der GAK rüttelt heftig an der Tür zum Profifußball, es gibt das steirische Flaggschiff Sturm Graz und noch den Bundesligaabsteiger KSV! Viel los auf wenig Raum.
In erster Linie soll man den Klassenerhalt anstreben, das ist vom Tabellenplatz her das Ziel. Der Verein will in dieser Liga bleiben. Ob das eine Perspektive bietet, die weiter nach oben gehen kann, ist nach dem heutigen Stand nicht so zu sagen. Irgendwann kann es sich in diese Richtung entwickeln. Jetzt ist einmal das Ziel da, in dieser Klasse zu bleiben. Ich will meine persönliches Ziel sehen, Weiterentwicklung. In Hartberg kann man schon ansetzen und mit Kontinuität und sich konsequenter Arbeit weiterentwickeln. Man muss schau, dass man sich in der Liga festigt und dann kann man weiterschaun.
Zum Abschluss: Sie haben sehr lange im Unterhaus gearbeitet. Glauben Sie, dass zu früh, sprich zu weit unten, zu viel Geld gezahlt wird?
Zum Teil sehe ich das schon so, denn viele Spieler, die Talent haben, die sportlich größere Möglichkeiten haben, verlieren dann schon früh die Konsequenz und Zielstrebigkeit, nach oben zu kommen. Das Geld verleitet, denn unten verdient man mit weniger Aufwand und hat auch ein schönes Leben. Aber da entscheidet sich dann auch, ob die professionelle Einstellung und Charaktereinstellung des Spielers gut genug ist. Die haben nicht alle in dem Alter. Schafft er es ganz nach oben oder lässt er sich ablenken, stellt dieses Ziel hinten an.
Würden Sie sagen, dass Gehälter, die über Aufwandsentschädigungen hinaus gehen, erst frühestens ab der Regionalliga gezahlt werden dürfen?
Ich will da nicht über Beträge oder Summen reden, aber der Aufwand gehört entschädigt, damit ein Spieler wohin kommt. Aber in viele Fällen ist das zu viel und verdirbt den Spieler.
Wir danken für das Gespräch!
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