Altach-Geschäftsführer Christoph Längle: 'Wie viele Profiklubs verträgt Österreich wirtschaftlich?"

Drei Mal hat es der CASHPOINT SCR Altach seit dem Abstieg aus der Bundesliga 2009 versucht, wieder ganz nach oben zu kommen. Mit Rainer Scharinger hielt auch im Ländle der neue deutsche Trainerwind Einzug. Im Interview mit 90minuten.at spricht Geschäftsfü

christoph_laengleDrei Mal hat es der CASHPOINT SCR Altach seit dem Abstieg aus der Bundesliga 2009 versucht, wieder ganz nach oben zu kommen. Mit Rainer Scharinger hielt auch im Ländle der neue deutsche Trainerwind Einzug. Im Interview mit 90minuten.at spricht Geschäftsführer Christoph Längle über die Erfolge abseits des Aufstiegs, wie etwa ausgeglichene Bilanzen und transferierte Akteure. Er sagt aber auch ganz deutlich: „Einen Titel so teuer zu erkaufen und mit sechsstelligen Altlasten in eine Bundesligasaison zu gehen wäre in Altach nicht möglich!"

Das Interview führte Georg Sander


90minuten.at: Sehen Sie den nun zum dritten Mal verpassten Wiederaufstieg nur negativ oder kann man dem auch etwas Positives abgewinnen?

Christoph Längle: Da brauche ich nicht lange überlegen, dieser Sache kann ich nichts Positives abgewinnen. Es ist für jeden Club eine sehr schwere Situation wenn man dreimal hintereinander den Aufstieg knapp verpasst hat. So ist es natürlich auch in Altach.


Am Anfang der letzten Saison entnahm man der Homepage den Spruch „3-2-1". Hat sich Altach da vielleicht intern zu sehr unter Druck gesetzt?

Fußball ist ein Stück weit auch Marketing und Unterhaltung. Wir wurden von beinahe allen Experten und auch den Spielern der gegnerischen Mannschaften, mit Ausnahme vom Wolfsberger AC und LASK, als der Aufstiegskandidat Nummer eins bezeichnet. Dies haben wir mit der Ansage 3-2-1 marketingmäßig zu Nutze gemacht. Leider hat sich das Gesetz der Serie in diesem Falle nicht bestätigt und nach dem dritten Platz 2010 sowie dem zweiten Rang 2011 reichte es 2012 wieder nur zum Vizemeistertitel. Ob der Druck zu groß war, kann ich bis heute noch nicht klar beantworten. Aber ich betone nochmals, die Bezeichnung "Titelkandidat Nummer eins" war keine hausgemachte Sache. In früheren Jahren wurde uns in Altach vorgeworfen, keine klaren Ziele zu formulieren.

 


"Die Glaubwürdigkeit an gewisse Zahlen stelle ich auch in Frage, wenn ich höre, dass bei uns 16 von 19 Clubs ein positives Geschäftsjahr hatten. Der internationale Trend laut UEFA ist, dass 56 Prozent, laut Karlheinz Rummenigge sogar 63 Prozent, negative Zahlen schreiben. Weshalb soll dies in Österreich so anders sein?"

 


Es gibt Vereine, die das Ziel Aufstieg unter mangelhafter Berücksichtigung wirtschaftlicher Ziele verfolgen. Ich nehme an, so wird man in Altach nicht handeln, sondern sich, auch bei entsprechendem Saisonverlauf, für die nächsten Jahre rüsten?

Für Ersteres steht Altach ganz sicher nicht. Sportliche und wirtschaftliche Ziele müssen immer Hand in Hand gehen. Einen Titel so teuer zu erkaufen und mit sechsstelligen Altlasten in eine Bundesligasaison zu gehen, wäre in Altach nicht möglich. Solche Beispiele gab es in der jüngeren Vergangenheit und diese Clubs haben nach wie vor wirtschaftliche Probleme. Was wäre passiert wenn der Aufstieg in die Bundesliga nicht erfolgt wäre? Fußball muss langfristig und nachhaltig geplant sein. Auch der internationale Trend bestätigt uns darin, dass die Wirtschaftlichkeit wieder mehr in den Vordergrund rücken muss. Deshalb hat die UEFA das Financial Fairplay ins Leben gerufen und so wird zum Beispiel die deutsche Bundesliga in Zukunft ganz klar gegenüber Ligen wie in Italien, Spanien und England aufholen und an ihnen vorbeiziehen.


Sie meinen da zum Beispiel Wacker Innsbruck. In Tirol ist es anscheinend sehr schwer, genügend Sponsoren auf die Beine zu stellen. In Vorarlberg gibt es drei Profivereine in der Heute für Morgen-Liga. Was macht man auf „Ihrer Seite" des Arlbergs anders? Immerhin würden Sie das Budget in Altach im Falle eines Aufstieges nicht um so viel mehr aufstocken.

Ja, meines Wissens nach wurde beispielsweise in Tirol der Aufstieg in die tipp3-Bundesliga mit einem deutlichen Minus aus der Heute für Morgen-Erste Liga erreicht. Das wäre in Altach nicht denkbar. Wie die Sponsorenlandschaft in Tirol ist kann ich nicht beurteilen. In Vorarlberg ist es natürlich ein heiß umkämpfter Markt. Drei Profiklubs sind eigentlich zu viel für das Bundesland Vorarlberg. Wir sind sehr zufrieden mit unseren Sponsoren. Unsere Partnerschaften dauern schon sehr lange und ein Hauptgrund ist sicher das seriöse Wirtschaften beim SCR Altach. Das Budget würde sich im Falle eines Aufstieges um rund 1,5 Millionen Euro erhöhen. Etwas mehr als die Hälfte davon würde aus den höheren Fernsehgeldern entstammen.


Es geht um Wirtschaftlichkeit und Transparenz. Schmerzt Sie das als Geschäftsführer eines Vereins, der dieses Prinzip hochhält, wenn Sie über Doppelverträge oder Ungereimtheiten bei der Konkurrenz lesen? Wie sehr stört das auch die Atmosphäre? Vor allem, wenn Sie selber eben sehr offen mit den Zahlen umgehen und im sportlichen Wettbewerb mit Vereinen stehen, die das weniger tun?

Wir haben unsere Budgetkennzahlen und steuerlichen Abgaben sehr transparent dargestellt und diese können in unserer Broschüre Sportverein und Wirtschaftsunternehmen, übrigens auch als Download auf unserer Homepage, nachgelesen werden. Um dieses Thema gibt es leider bei vielen Vereinen eine große Geheimniskrämerei, was natürlich zu Spekulationen führt. Ich kann nicht glauben, dass man mit Budgetzahlen, die gewisse Vereine bekanntgeben, Profifußball organisieren und finanzieren kann. Frustrierend wird es dann, wenn Spieler sich für einen anderen Klub entscheiden, weil sie dort mehr Geld bekommen, dieser Klub jedoch Budgetzahlen bekanntgibt die weit unter unseren liegen. Das stimmt einen natürlich mehr als nachdenklich. Die Glaubwürdigkeit an gewisse Zahlen stelle ich auch in Frage, wenn ich höre, dass bei uns 16 von 19 Clubs ein positives Geschäftsjahr hatten. Der internationale Trend laut UEFA ist, dass 56 Prozent, laut Karlheinz Rummenigge sogar 63 Prozent, negative Zahlen schreiben. Weshalb soll dies in Österreich so anders sein?


Und wenn man die Situation hätte, dass im Zuge der Lizenzierung, oder während beziehungsweise nach der Saison ein Verein, gegen den man Punkte liegen gelassen hat, wirtschaftlich falsch gespielt hätte: Wie würde man sich dann verhalten?

Man ist als Verein verpflichtet um seine Rechte zu kämpfen. Man hat eine Verantwortung den Zuschauern und Fans, Sponsoren, Funktionären und sich selbst gegenüber. Deshalb wurden wir auch in der Causa FC Trenkwalder Admira Wacker tätig. Wir wollten Klarheit, leider lief uns aufgrund des Saisonstarts die Zeit davon. Es hat sich dennoch gelohnt, denn mittlerweile wurden einige Maßnahmen zum Wohle des Österreichischen Fußballs umgesetzt.

 


"Das Niveau ist in der zweithöchsten Österreichischen Spielklasse in den letzten Jahren nicht gestiegen."

 


Wie beurteilen Sie in dem Zusammenhang das Relegationsspiel gegen Hartberg, die ja nur, weil der LASK für 2012/13 keine Lizenz bekam, dieses bestreiten konnten?

Da kann ich nichts dazu sagen. Hier fehlt mir der Einblick. Dies hat die Bundesliga, welche für die Lizenzvergaben zuständig ist, zu entscheiden.


Die Anzahl der arrivierter Kicker geht zurück, mehr junge Spieler kommen zum Einsatz – hat man so gesehen in Altach oder auch generell vielleicht etwas falsch gemacht zuvor?

Ich denke, dass dies der internationale Trend ist. Überall werden immer mehr junge Spieler eingesetzt. In der Philosophie vieler Vereine ist heute auch das Alter der Spieler ein Thema. Das Niveau ist in der zweithöchsten Österreichischen Spielklasse in den letzten Jahren nicht gestiegen. Die Aufsteiger haben jedoch in den vergangenen Jahren durchwegs eine gute Rolle in der Tipp3 Bundesliga gespielt. Wenn wir in Altach alles richtig gemacht hätten, wären wir aufgestiegen. Wir sind jedoch auch stolz, dass wir in den letzten zweieinhalb Jahren für sieben Spieler ein Sprungbrett für höhere Aufgaben waren. So konnten wir mit Jürgen Prutsch (Anm.: damals Serie A Livorno), Joshua Gatt (Anm.: FK Molde), Orhan Ademi (Anm.: Eintracht Braunschweig), Mathias Koch (Anm.: Sturm Graz), Daniel Schütz (Wacker Innsbruck), Thorsten Schick und Patrick Seeger (Anm.: Admira Wacker) junge Spieler transferieren.

 


"Eine qualifizierte Weiterbildung neben dem Profifußball ist aus meiner Sicht nicht möglich. Die Reisezeiten und der Aufwand sind zu groß. Die Trainingsintensität und Trainingszeiten lassen eine schulische Weiterbildung oder gar ein Studium nicht zu."

 


Stichwort junge Spieler: Altach verpflichtet einen 18-Jährigen aus der AKA Vorarlberg oder aus der Regionalliga. Wie sehr forciert da Ihr Verein auch Bildungswege abseits des Fußballs? Für den Verein, gerade in der zweiten Liga, kann es schnell rauf wie runter gehen und auch der Spieler kann sich schwer verletzen. Nimmt da Altach auch die Verantwortung war, auf die Spieler einzuwirken, sich auch abseits des Fußballs weiterzubilden?

Wir sind strikte Verfechter, dass ein junger Fußballer zuerst die Schul- bzw. Berufsausbildung abschließen muss, bevor er ins Profigeschäft einsteigt. Eine qualifizierte Weiterbildung neben dem Profifußball ist aus meiner Sicht nicht möglich. Die Reisezeiten und der Aufwand sind zu groß. Die Trainingsintensität und Trainingszeiten lassen eine schulische Weiterbildung oder gar ein Studium nicht zu. Hier müsste es speziell auf Fußballer angepasste Möglichkeiten geben und dafür ist der Bedarf nicht vorhanden bzw. viel zu klein. Nur ein Beispiel: Wir haben mal versucht, mit den Handballern von Bregenz und einer Hochschuleinrichtung dieses Problem zu erörtern. Schon an den unterschiedlichen Trainingszeiten der Handballer zu den Fußballer ist dies gescheitert.


Wäre es hilfreich, das Profitum in der Heute für Morgen-Ersten Liga auch zu lockern? Immerhin erzielen Sportler in anderen Bereichen Spitzenleistungen, ohne Vollprofis zu sein.

Das mag schon stimmen und ich habe auch größten Respekt vor diesen Sportlern - mit Vergleichen sollte mach vorsichtig sein und keine Schnellschüsse machen, denn jede Sportart hat ihre spezifischen Seiten. Ich bin der Meinung, dass Fußball in den zwei höchsten Österreichischen Spielklassen nur mit Profifußball verbunden sein kann. Einer Teilzeitarbeit nachzugehen und österreichweit Fußball zu spielen, ist nicht vereinbar.


Das heißt, es muss sich einfach viel mehr tun, auch von Seiten der Liga, um die Professionalisierung voranzutreiben? Muss da die Liga die Vereine in der zweiten Leistungsstufe mehr unterstützen? Von einem Akademiejahrgang – so hört man – ist es ein Erfolg, wenn zwei oder drei in die erste Mannschaft kommen.

Ja, die Professionalisierung muss an allen Ecken und Enden weiterbetrieben werden. Es muss noch mehr Geld in den Fußball fließen, um seriös und qualitativ gut arbeiten zu können. Damit meine ich nicht nur Geld für Spielergehälter, sondern für die Infrastruktur und strukturelle Maßnahmen beispielsweise. Hier hat der Fußball in Österreich noch viel aufzuholen. Wenn zwei oder drei Spieler pro Akademiejahrgang den Sprung ins Profigeschäft schaffen ist das ein gutes Ergebnis. Ich hoffe nur, dass die Vereine sie aufgrund der Qualität verpflichten. Teilweise werden junge Spieler geholt um die Alterskriterien zu erfüllen. Denen wird dann was vorgegaukelt und die jungen Leute verlieren wichtige Jahre für die Studienzeit oder die berufliche Entwicklung.

 


"Der Erfolg im Sport ist leider nicht planbar, die Leistung schon. Darauf sollte man sich konzentrieren."

 


Für junge Spieler gibt es in Vorarlberg drei Bühnen auf Profiebene. Wie wichtig sind diese Ländle-Vergleiche für Sie in Altach?

Vergleiche mit den Klubs im Ländle sind nicht wichtig. Man muss natürlich informiert sein, was die anderen machen. Der Fokus liegt ganz klar auf dem CASHPOINT SCR Altach und dem eigenen Tun. Mitbewerb treibt einen jedoch an noch besser zu arbeiten. Der Erfolg im Sport ist leider nicht planbar, die Leistung schon. Darauf sollte man sich konzentrieren.


Sprich: Ein Derby ist ein zweischneidiges Schwert.

Ja, Derbys sind die besonderen Spiele und das Salz in der Suppe, obwohl es auch nur drei Punkte bei einem Sieg gibt. WAC- Präsident Riegler hat einmal gesagt, dass es von Vorteil ist, keine Derbys zu haben wie zum Beispiel die Vorarlberger Klubs. Nicht nur wegen des Aufstiegs des WAC hat er nicht unrecht.

 


"Für mich ist die Kernfrage, wie viele Proficlubs verträgt Österreich wirtschaftlich. Wenn diese Diskussion geklärt ist, stellen sich vielleicht manche Fragen gar nicht mehr."

 


Zum Abschluss: Wir haben wirtschaftliche Belange beobachtet sowie ausführlich über den Einbau junger Spieler geredet. Erachten Sie die Zehnerliga in diesem Zusammenhang auf lange Sicht für sinnvoll?

Ich glaube in Österreich wird zu oft über Ligaformate diskutiert. Viel zu sehr stehen Dinge wie Direktaufstieg, Landesverbandsinteressen und sportliche Überlegungen im Vordergrund. Für mich ist die Kernfrage, wie viele Proficlubs verträgt Österreich wirtschaftlich. Wenn diese Diskussion geklärt ist, stellen sich vielleicht manche Fragen gar nicht mehr.


Wir danken für das Gespräch!

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