Adi Hütter: 'Das ist eine Mentalitätsgeschichte, sein eigenes Spiel durchzukriegen'

Adi Hütter, Trainer des SV Grödig, wechselte vom Altacher Schnabelholz an die Peripherie von Salzburg-Stadt. Im Gespräch mit 90minuten.at spricht er über die Trainerausbildung, erklärt, welchen Fußball er nicht sehen will und meint, dass man als ehemalige

Adi Hütter, Trainer des SV Grödig, wechselte vom Altacher Schnabelholz an die Peripherie von Salzburg-Stadt. Im Gespräch mit 90minuten.at spricht er über die Trainerausbildung, erklärt, welchen Fußball er nicht sehen will und meint, dass man als ehemaliger Spieler keinen Vorteil hat, um Trainer in Österreich zu werden.

Das Interview führte Georg Sander

 

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"Man trainiert ja nicht unter der Woche irgendwie und steht am Wochenende da und schreit."(Foto: Steindy / Wikimedia)

 

90minuten.at: Wie ist es so, vom doch euphorischen ins überschaubare Grödig zu kommen? Wie ist das Feeling?

Adi Hütter: Klar ist das etwas anderes und das kann man nicht vergleichen. Die Begeisterung in Vorarlberg ist ziemlich groß, das sieht man auch bei Austria Lustenau. Die Leute kommen immer wieder gerne ins Stadion. In Altach war das immer schon so, auch in der Regionalliga. Das ist in Grödig etwas Anderes. Auch die Zielsetzung ist unterschiedlich.


Gehen wir in die Materie. Es gibt immer wieder Diskussionen über die Qualität der Trainerausbildung, medial wird transportiert, dass ehemalige verdiente Kicker der 90er eventuell taktisch nicht so viel drauf haben.

Das ist eine interessante Frage. Ich weiß nicht, wo die Beurteilung herkommt, dass diese nicht so gut ausgebildet sind. Wir haben jetzt auch deutsche Trainer in Österreich, da stellt man die Frage nicht, ob die gut ausgebildet sind. Ich glaube, dass es heutzutage weit mehr Dinge braucht als nur die Taktik, die du den Spielern vermitteln musst, davon bin ich überzeugt. Ich will mich dieser Sache gar nicht annehmen, weil das vollkommener Schwachsinn ist. Es geht ja nicht darum, das umzusetzen, was du gehört hast, dann wäre ja jeder gleich, jeder spielt die gleiche Taktik, die gleiche Spielanlage. Man muss sich weiterbilden, zusätzlich im Kopf eine Philosophie erarbeitet, mit seinem Trainerteam Gedanken machen, wie man spielen will. Da gibt es Fragen über Fragen und die Diskussion halte ich für einen Schwachsinn.

 

 


"Ein Scherb oder Weissenböck konnten sogar schon früher ihre Erfahrungen machen, als ich noch spielte. Ich sehe da keine Vorteile als ehemaliger Spieler – maximal im Umgang mit den Medien."

 


Das heißt, es ist so, dass man eigentlich eh schon Trainer ist und sich nur eine theoretische Basis in der Trainerausbildung erarbeitet?

Das ist das Allerwichtigste, wissen wie das ausschauen soll. Man muss wissen, wie man das, was man sich vorstellt, erreicht. Jeder Trainer ist selber gefordert. Da muss man sich nur den internationalen Fußball ansehen und wie er sich entwickelt. Derzeit ist es so, dass das Umschaltspiel sehr schnell geht. Das hätte es vor 20 Jahren nicht gegeben. Und daran muss man sich meiner Meinung nach orientieren. Viele Mannschaften in Österreich, auch in der zweiten Liga, sind taktisch schon so gut – und ich sage das bewusst – durch die Trainer geschult, dass sie kompakt auftreten, sie taktisch sehr gut sind und es schwierig ist, Tore zu erzielen. Mit einer guten taktischen Organisation kann man jedem Gegner, auch wenn er Favorit sein sollte, das Leben schwer machen. Ich bin schon der Meinung, dass das viele Mannschaften vom Taktischen durch die Trainer gut geschult sind. Das hat immer mit dem Trainer zu tun.


Wenn man sich die Spiele der Mannschaften unter ihrer Ägide ansieht, bekommt man einen Eindruck, wie Sie sich Fußball vorstellen – Flachpassspiel, wenig Berührungen. Ist das so, dass man bis zu einem gewissen Prozentsatz seine Vorstellungen von Fußball adaptiert?

Das ist mein Stil. Man muss sich immer den Spielern anpassen und dem Niveau anpassen. Die Philosophie bleibt die gleiche. Es ist schon erkennbar, was ich spielen lassen will. Das soll man erkennen, das ist wichtig, dass man nicht denkt 'einmal so, einmal so'. Das ist einfacher Fußball mit wenigen Ballberührungen, das ist das, was mir Spaß macht und woran die Spieler eine Freude haben. Wenn ich den Ball nur hoch vorspiele und schau, was passiert, dann kommen auch die Leute nicht ins Stadion. Das ist zwar Knochenarbeit, aber es macht mir Spaß. Egal wo ich Trainer bin, möchte ich nicht einmal so und einmal so spielen und wenn es nicht geht, wieder alles umdrehen. Nur hohe Bälle sind nicht meine Philosophie, egal ob ich in Grödig, bei Austria Wien oder Klagenfurt Trainer bin.


Man hat eine fixe Vorstellung. Gerade Teams, die eher das schöne Spiel pflegen, scheitern oftmals. Sturm Graz wurde auch unter anderem deshalb Meister 2011, weil man physischer spielte. Wie groß muss das taktische Repertoire sein, wie viele Pläne B, C, D muss man haben? Gerade Österreich stirbt ja oft gerne in Schönheit! Darf ein Plan B aus Ihrer Sicht auch ein durchaus dreckiger sein?

Auf alle Fälle ist das eine wichtige Sache, dass man variabel ist. Wenn der Gegner unsere Spielweise gut zerstören kann, wenn er will. Kompetenzen wie Einsatzbereitschaft, Laufbereitschaft und bissig zu sein gehören aber immer dazu. Man muss auch einen Plan B haben und ab und zu die Spielanlage verändern. Man muss aber letztendich immer versuchen, sein eigenes Spiel zu machen. Das ist eine Mentalitätsgeschichte, sein eigenes Spiel durchzukriegen und nicht aufhört daran zu glauben, dass das geht. Ich kann nicht sagen, dass, wenn unser Spiel nach einer Viertelstunde nichts gebracht hat, ich die Bälle hoch vorspiele. Das trainiere ich nicht und wenn man das nicht trainiert, kennt sich im Spiel kein Mensch aus. Dann kommt ein grottenschlechtes Spiel zusammen. Punkto Sterben in Schönheit: Man erspielt sich zwei, drei Chancen und bekommt dann eines. Für mich ist es wichtig, sich weiterhin Chancen zu erarbeiten. Und dass man ab und an ein Tor nicht macht und der Gegner eine gute Chancenauswertung hat – das ist Fußball. Wenn ich internationale Spiele anschaue, dann entscheiden oft die Qualitätsspieler, die eben die Tore machen. Wir brauchen uns aber auch nicht verstecken. Wir sind ein Ausbildungsland und können uns nicht erwarten, jedes Jahr in der Champions League zu spielen. Wir spielen international gegen Vereine, die das drei- bis vierfache Budget haben und halten uns trotzdem nicht so schlecht. Ich wünsche mir auch, dass jedes Jahr ein Verein in der Champions League spielt und die anderen in die Europa League kommen, das wäre für uns alle besser, von der Reputation her. Aber da muss man realistisch bleiben.


Inwieweit kann ein Trainer im Spiel selbst eingreifen, wenn die Spieler Dinge tun, die nicht Ihrer Vorstellung entsprechen, die Ihrer Beobachtung nach nicht zum Erfolg führen werden?

In erster Linie ist es für den Trainer wichtig, schon vor dem Spiel alles abzudecken, was es abzudecken gibt. Dann kommt es darauf an, wie die Mannschaft eingestellt ist. Manchmal hat man dann einen Tag, an dem die Dinge nicht gelingen. Trotz allem muss man versuchen, taktisch diszipliniert sein, man kann vor dem Spiel viel vorbereiten, man kann unter der Woche sehr viel trainieren. Dann unterm Strich hofft man, dass die Spieler das gut umsetzen. Manchmal kann man auch während des Spiels eingreifen, in der Pause hat man dann die Möglichkeit, für die zweite Halbzeit gewisse Dinge mitzugeben. Es ist aber auch hin und wieder schwer, einzugreifen. Man muss, so gut es geht, die Mannschaft zu unterstützen. Man trainiert ja nicht unter der Woche irgendwie und steht am Wochenende da und schreit.


Also es ist das wichtig, was in Deutschland der „Matchplan" ist?

Ja, man muss versuchen unter der Woche alles richtig zu machen und dass die Spieler am Wochenende für alle Dinge, die auf sie zukommen, gewappnet sind.


Wie sehr setzen Sie auf die Führungsspieler, die der verlängerte Arm am Spielfeld sind?

Wir haben Führungsspieler, Stefan Lexa, der auch kurz Nationalteamspieler war, in der deutschen Bundesliga gespielt hat, wir haben Dominique Taboga, der in der Bundesliga gespielt hat und ein erfahrener Zweitligaspieler ist, Ione Cabrera, der in Spanien gespielt hat.


Generell: Glauben Sie, dass ein Trainer, der wie Sie eine gute Profikarriere hatte, im Umgang mit Spielern, Vereinsverantwortlichen, Medien und Co. einen Vorteil hat?

Es ist so, dass es beim Außenauftritt ein Vorteil ist, wenn man schon als Spieler mit Medien zu tun hat. Das Einordnen der öffentlichen Meinung ist leichter. Wer glaubt, dass es für das Trainergeschäft ein Vorteil ist, Profi gewesen zu sein, denkt in die falsche Richtung. Ein Scherb oder Weissenböck konnten sogar schon früher ihre Erfahrungen machen, als ich noch spielte. Ich sehe da keine Vorteile – maximal im Umgang mit den Medien.


Wir danken für das Gespräch!

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