Marco Rose: "Kann niemanden bekehren, der uns Scheiße findet"

Marco Rose spricht im großen 90minuten.at-Saisoninterview über erreichte Ziele, verpasste Chancen, welcher Trainer ihn überrascht hat und Missgunst gegenüber Red Bull Salzburg.

Das Gespräch führte Georg Sander

 

Im Freizeitoutfit setzt sich ein gut gelaunter Marco Rose in seinem Büro hin. Die Spieler sind bei Leistungstests, die Meisterfeier zwei Tage her. Darum ist es in Taxham ruhig und Rose hat eine belegte Stimme. Nun soll er sich dem 90minuten.at-Interview stellen - eine Herausforderung für den Fragensteller, denn immerhin wurde Red Bull Salzburg Meister, schaffte es als erster Klub nach 22 Jahren wieder in eine europäisches Klubbewerb Halbfinale. Wie toll das alles war, erklären wir ihm freilich nicht. Es entwickelt sich ein interessantes Gespräch über Fehler, Verbesserungspotentiale und zur Zukunft der Salzburger.

90minuten.at: Die Erfolge in dieser Saison sind bekannt. Sie wissen sicher schon, was noch besser werden kann.

Marco Rose: Detailliert analysiert haben wir die Saison noch nicht. Wir sind eher grad in der Phase, in der wir uns toll finden (lacht), zwei Tage nach der Meisterfeier. Derzeit genießen wir die Dinge. Es geht natürlich immer um Entwicklung und wir wollen uns immer weiter entwickeln. Und es gibt Parameter, an denen wir uns messen. Im Detail kann ich da aber noch nichts sagen, die interne Analyse folgt noch.

 

90minutenat: Wenn die Spiele so richtig hitzig und eng waren – Rijeka, Spiele gegen Rapid, Marseille das Cupfinale – wenn der Gegner über die Physis kam, kann man da noch mehr dagegen halten?

Rose: Wir haben in vielen engen, hitzigen Spielen gut dagegenhalten. Es entscheiden in solchen Spielen ja meist Kleinigkeiten. Gegen Rapid konnten wir das auch für uns entscheiden. Es sind individuelle Dinge, die wir da besser machen können, etwa an der Flexiblität oder der Variabilität arbeiten.. Im Grunde genommen haben wir dieses Jahr sehr viel richtig gemacht. Natürlich hinterfragen wir alles und wollen besser werden. Wir müssen auch besser werden, weil wir wissen, dass uns nächstes Jahr wieder alle jagen werden.

 

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90minuten.at: Auffällig war, dass es manchmal bei Defensivstandards schwierig wurde. Im Oktober haben Sie gesagt, dass das die Co-Trainer Aufhauser und Zickler machen. Es gab da Situationen, die nicht gepasst haben, wie gegen Marseille. Manchmal hatte man Glück, wie in Dortmund, als Reus nach ein paar Minuten frei am Fünfer abschließen konnte.

Rose: Die Statistik spricht hier für uns. Das hat Aufi (Anm.: Co-Trainer Rene Aufhauser) schon im Detail analysiert und wir haben im internationalen Vergleich offensiv eine ordentliche Quote. Defensiv hatten wir auch nie ein großes Thema damit. Wir wollen natürlich auch hier besser werden, aber es ist kein Problemfeld bei uns.

 

90minuten.at: Sie haben das Europa League-Finale nicht gesehen. Jetzt wäre es das erste Finale seit 22 Jahren für einen österreichischen Verein gewesen, es war das erste Halbfinale seit damals. Inwieweit trauern Sie dem noch nach?

Rose: Wir wissen, welche Chance wir da hatten. Das tut natürlich weh. Wir hatten vielleicht sogar die Chance auf den großen Coup. Aber es ist nun einmal nicht so gekommen und Fußball ist relativ gnadenlos. Vier Tage später ging es um die österreichische Meisterschaft, sechs Tage später um den Pokal. Wenn man sich da zu lange aufhält, hat man ein Problem. Vielleicht führt es irgendwann bei einem Getränk einmal zu Wehmut, aber wir arbeiten an neuen Zielen.

 

90minuten.at: Gab es im Zuge der Europa League einen Moment, in dem Sie sich gedacht haben: „Oh, wir können sehr weit kommen“?

Rose: Wenn man in die Mannschaft reingehört hat, hat man schon während der Gruppenphase hören und spüren können, dass sie sich viel zutrauen. Das haben wir als Trainerteam auch so empfunden und man nimmt das gerne mit. Dass es dann bis ins Halbfinale geht, war außergewöhnlich. Es hat dafür besondere Abende und Momente gebraucht. Das gehört dazu.

 

90minuten.at: Sie gelten als Taktikfuchs. Sehr oft fiel aber das Wort Mentalität. Wie viel an so einer Saison ist Mentalität, wie viel ist Taktik?

Rose: Beide sind wichtige Bausteine des Erfolgs. Die Mentalität spielt eine wichtige Rolle, die Taktik ebenfalls. Aber auch die Physis, die uns dieses Jahr sehr ausgezeichnet hat, ist wichtig. Ich glaube, die Mannschaft hat eine außergewöhnliche Mentalität. Das letzte Spiel gegen Mattersburg ist ein gutes Beispiel. Es ging für uns eigentlich um gar nichts mehr. Vorher fahren wir noch zu Rapid, hauen so ein Spiel raus und gewinnen 4:1. Dann sind wir im letzten Heimspiel und wollen den Punkterekord holen. Wir spielen gegen Mattersburg, gewinnen das Ding in der 95. Minute, alle – wirklich alle - jubeln so, als ob wir in der Sekunde Meister geworden wären. Das zeigt einfach, was diese Mannschaft auszeichnet. Sie wollen alles und das immer wieder.

 

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