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Robert Almer: "Für uns zählen in erster Linie Einsatz und Zweikampfbereitschaft"

Der SV Mattersburg ist trotz eines chaotischen Sommers in Schlagdistanz zu den Top6. Robert Almer, seit Sommer sportlicher Leiter, hat aber auf jeden Fall sehr viele Aufgaben zu bewältigen: Ein Kaderumbruch steht bevor. Im 90minuten.at-Jahresgespräch zieht er Bilanz und erklärt die Mattersburger Zukunft.

Das Gespräch führte Georg Sander

 

Nach einem sehr guten Frühjahr regierte im Sommer das Chaos beim SV Mattersburg. Robert Almer, der erst kurz zuvor seine aktive Karriere beendet hatte, übernahm das Ruder auf der Position des sportlichen Leiters - ohne echter Erfahrung. Diesen Argumenten hat er einiges entgegen zu setzen. Im 90minuten.at-'Jahresgespräch' blickt er auf die ersten Monate im neuen Job zurück und weiß, dass mit Kaderverkleinerung und der Einführung einer durchgängiger Spielidee von der Akademie zu den Profis einiges auf ihn zu kommt.

90minuten.at: Ihre Bestellung zum Sportdirektor wurde von 90mintuen.at kritisiert, weil Sie noch nicht so viel Erfahrung haben. Haben Sie sich darüber auch Gedanken gemacht?

Robert Almer: Ich habe natürlich drüber nachgedacht, dass das eine große Aufgabe ist. Aber ich habe einen großen Vorteil durch meine Erfahrung, weil ich im Ausland gesehen habe, wie Dinge professionell ablaufen sollten. Von dem her kann ich, so glaube ich, viel einbringen.

 

90minuten.at: Sie studieren nebenbei, hilft das?

Almer: Ich habe das Studium noch nicht abgeschlossen, das ist zeitlich derzeit schwierig. Zu Beginn meiner Karriere habe ich einige Semester Jus studiert. Ich kenne mich im Paragraphendschungel angemessen gut aus. Es hilft natürlich im wirtschaftlichen Bereich, aber ich konnte mit Zahlen immer schon gut umgehen. Wie ist eine GmbH, ein Einzelunternehmen aufgebaut? Welche sozialrechtlichen Dinge gibt es zu bedenken, welche kollektivvertraglichen Dinge? Digitalisierung ist auch ein großes Thema. Es gibt viele Bereiche, wo man mit dem Studium einen gewissen Einblick bekommt.

"Es sollten auch noch mehr Ex-Spieler, die im Ausland waren und studiert haben, zu Vereinen gehen. Nur so kann man mehrere Bereiche abdecken, man hat ein Wissen über die wirtschaftliche und die sportliche Seite." - Robert Almer

90minuten.at: Hätten Sie auch, wenn Sie nur Keeper gewesen wären und keine Studien betrieben hätten, zugesagt?

Almer: Das ist eine gute Frage. Es war sicherlich hilfreich, aber ich habe zuvor schon mit dem Gedanken gespielt, mich selbständig zu machen. Man muss sich auch erkundigen, wie Firmen funktionieren. Ins Marketing habe ich durch das Studium schon einen besseren Einblick. Ob ich es ohne nicht gemacht hätte ... keine Ahnung. Es ist schon eine Chance, etwas zu bewegen. Es sollten auch noch mehr Ex-Spieler, die im Ausland waren und studiert haben, zu Vereinen gehen. Nur so kann man mehrere Bereiche abdecken, man hat ein Wissen über die wirtschaftliche und die sportliche Seite. Vor allem, wenn man im Ausland war und weiß, wie professionell dort gearbeitet wird. Das kann man alles einfließen lassen. So schafft man es vielleicht auch, die Vereine professioneller aufzustellen.

 

90minuten.at: Kurz nach Ihrem Amtsantritt haben Sie mit Martin Pusic einen verdienten, nun Ex-Legionär geholt. Hat es Sie nicht gewundert, dass der noch am Markt ist und „nur“ der SVM zugreift?

Almer: Ich hatte ihn schon am Schirm, habe aber nicht damit gerechnet, dass er nach Österreich zurück geht. Über Spieler von uns habe ich die Info bekommen und mich um ihn bemüht. Er hat dann sofort getroffen, war bis vor kurzem in einem kleinen Loch. Das ist für mich aber auch nachvollziehbar, wenn man ohne Vorbereitung zu einem neuen Verein kommt. Ich hoffe, dass er im Frühjahr wieder da anknüpfen kann, wo er bei uns begonnen hat

 

90mintuen.at: Gleich danach kam Philipp Prosenik – mussten Sie Kaderplanungsfehler korrigieren nach dem chaotischen Sommer?

Almer: Es war sehr wenig Zeit, ich habe eine Woche vor Transferschluss übernommen, da hat man in Wahrheit keine Zeit zu scouten. Man holt sich über Leute, die Spieler kennen, Informationen. Prosenik hat bei uns zwei Wochen Probetraining gemacht. Für ihn ist es wohl eine der letzten Chancen in der Bundesliga Fuß zu fassen, man wird sehen, wie es im Sommer weiter geht.

 

90minuten.at: Sie kommen nun erst im Winter zur eigentlichen Arbeit als Sportchef. Wie beurteilen Sie dennoch die Entwicklung?

Almer: Zufrieden können wir nicht sein, aber etliche Spiele waren auch knapp. Für uns zählen in erster Linie Einsatz und Zweikampfbereitschaft. Diese Tugenden müssen Grundvoraussetzungen sein, um ein Spiel zu gewinnen. Wir haben dies zum Teil vermissen lassen. Wir wissen, dass wir noch sehr viel Arbeit vor uns haben. Durch den Sieg gegen die Austria geht hoffentlich ein Ruck durch die Mannschaft und das Selbstvertrauen kommt zurück. Wenn man immer knapp dran ist, fehlt uns das Selbstvertrauen und eine gewisse breite Brust, die zum Beispiel bei knappen Partien den Unterschied ausmachen können.

 

90minuten.at: Trotz der schwierigen Saison ist man an den Top6 dran, trifft noch auf direkte Konkurrenz (Sturm und Rapid). Inwieweit hat sich der Verein nach dem letzten Jahr erwartet – auch weil man das fünfhöchste Budget hat – dass man oben wirklich dran ist?

Almer: Jeder Verein hat dieses Ziel vor Augen. Aber es ist kein Wunschkonzert. Man muss von Beginn weg seine Leistung abrufen. Wir sollten nicht nur daran denken in die Meistergruppe zu kommen, aber dass wir dennoch dabei sind, zeigt, wie ausgeglichen es ist. Auch nach einem mäßigen Herbst hat man die Möglichkeit reinzurutschen. Aber ich kenne das aus Österreich: Die Erwartungshaltungen sind immer sehr hoch, wenn es halbwegs gut läuft. Man muss die Kirche aber im Dorf lassen und das Ganze betrachten. Wie treten wir auf? Wie präsentieren wir uns auf dem Spielfeld? Da muss man einfach sagen, dass noch sehr vieles fehlt. Wenn man es mit dem LASK vergleicht, ist das doch ein sehr großer Unterschied, was das taktische Verhalten am Platz betrifft.

 

Auf der nächsten Seite erklärt Robert Almer seine Vision für die Zukunft und die Wichtigkeit einer Spielphilosophie, den hohen Personalkostenaufwand und beantwortet die Frage, ob er lieber in der Meister- oder Qualifikationsgruppe spielen will - auf originelle Art und Weie.

 

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