Sasa Kalajdzic: "Ich fühle mich stark wie noch nie"
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Sasa Kalajdzic: "Ich fühle mich stark wie noch nie"

Drei Kreuzbandrisse konnten ihn nicht stoppen – jetzt spricht der ÖFB-Stürmer über seine Leidenszeit, einen möglichen Transfer und seine große Liebe.

Monatelang war Sasa Kalajdzic zum Zuschauen verdammt - nicht einfach als Profi-Sportler.

Im Februar 2024 zog sich der ÖFB-Teamstürmer bereits den dritten Kreuzbandriss seiner Karriere zu. Schwere Verletzungen prägten bislang weite Teile seiner Zeit im Ausland. Schon im Juli 2019, nur zwei Wochen nach seinem Wechsel von der Admira zum VfB Stuttgart, riss er sich das Kreuzband zum ersten Mal. Im September 2022 erwischte es Kalajdzic erneut – diesmal direkt bei seinem Debüt für Wolverhampton.

Insgesamt verpasste der bei Donaufeld und der Vienna fußballerisch aufgewachsene Angreifer in den vergangenen sechs Jahren rund doppelt so viele Spiele, wie er absolvierte.

Nun ist der 27-Jährige endlich wieder fit und steht vor seinem Comeback bei den Wolverhampton Wanderers, die am Samstag gegen Manchester City (18:30 Uhr im LIVE-Ticker) in die neue Premier-League-Saison starten.

Im Gespräch mit 90minuten erzählt Kalajdzic, wie ihn sein Sohn durch schwierige Zeiten getragen hat, welche Ligen ihn reizen, warum Stuttgart immer seine große Liebe bleiben wird und wie er seine Chance auf eine WM-Teilnahme mit dem ÖFB-Team sieht.

90minuten: Vorweg die wichtigste Frage: Wie geht es dir?

Sasa Kalajdzic: Mir geht's gut, privat passt alles. Meiner Frau und meinem Sohn geht es gut. Der Kleine wächst, das gibt viel Motivation. Sportlich geht's auch schon wieder besser. Ich kann nach längerer Zeit wieder ohne Probleme am Platz mitwirken, jetzt auch offiziell in der Vorbereitung. Also es läuft relativ gut gerade.

Der Körper muss sich jetzt angewöhnen, dass ich wieder Fußball spiele.

Sasa Kalajdzic ist am Weg zurück

90minuten: Das heißt, dein Knie macht keine Probleme mehr?

Kalajdzic: Nein, die Knie sind super. Das, worauf ich jetzt gerade am allermeisten Wert lege, ist alles rund um die Knie. Der Körper muss sich jetzt angewöhnen, dass ich wieder Fußball spiele. Die Belastung ist für den Körper einfach manchmal neu. Wenn du jetzt mehrere Tage hintereinander intensiv trainierst, kann es sein, dass du mal ein bisschen was spürst. Ich achte gerade sehr darauf, dass sich der Körper an das Niveau anpasst. Die Vorbereitung war bis jetzt problemlos.

90minuten: Was hat dir in den schwierigen Zeiten geholfen?

Kalajdzic: Mein Sohn vor allem, er hat mir nie Zeit gegeben nachzudenken, sondern hat mich die ganze Zeit auf Trab gehalten - mich und meine Frau. Das hat mich am meisten abgelenkt und auch motiviert. Er hat mir wirklich sehr viel Kraft gegeben. Das ist nochmal ein anderes Level im Leben, was ich noch nicht erlebt habe. Es ist etwas, was man erst fühlen kann, wenn man es erlebt hat. Das ist großartig.

Ich weiß, dass ich nicht in einer Situation bin, in der ich viel auswählen kann, weil Vereine aufgrund meiner Verletzungshistorie öfter zweimal oder dreimal darüber nachdenken. Aber ich fühle mich top, stark wie noch nie.

Sasa Kalajdzic über einen möglichen Transfer

90minuten: Wie war die Kommunikation mit Trainer Vitor Pereira in der Vorbereitung?

Kalajdzic: Viele Gespräche gab es nicht. Er wollte sich jetzt wahrscheinlich mal ein Bild von mir machen. Ich habe bisher sehr, sehr positive Sachen von ihm und dem Trainerteam gehört. Ich bin selber gespannt, wie meine Rolle sein wird und wie es laufen wird.

90minuten: Stand jetzt ist dein Plan, bei Wolverhampton zu bleiben?

Kalajdzic: Stand jetzt, ja, aber das kann sich alles noch ändern.

90minuten: Welche Ligen sind für dich interessant?

Kalajdzic: Deutschland ist immer eine gute Liga, weil ich kenne sie und die Liga kennt mich. Natürlich ist eine Top-5-Liga immer das Ziel: Spanien, Italien zum Beispiel. Aber es kommt auf den Verein an, dass es einfach passt. Du kannst zwar in der besten Liga der Welt spielen, aber beim letzten Spiel richtig abgeschossen werden – das bringt auch nichts. Es muss einfach passen: vom Spielsystem, vom Trainer, vom Sportdirektor. Ich weiß, dass ich nicht in einer Situation bin, in der ich viel auswählen kann, weil Vereine aufgrund meiner Verletzungshistorie öfter zweimal oder dreimal darüber nachdenken. Das ist ganz legitim. Aber ich fühle mich top, stark wie noch nie. Ich bin voller Tatendrang.

90minuten: Am Wochenende startet die Meisterschaft. Darf man mit dir da bereits am Feld rechnen?

Kalajdzic: Ich rechne mir schon Chancen aus, dass ich zum Einsatz komme. Ob sich der Trainer so entscheidet, wird sich zeigen, aber ich werde bereit sein.

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Jubelt Kalajdzic bald wieder für die Wolves?
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Jubelt Kalajdzic bald wieder für die Wolves?

90minuten: Dein Teamkollege Matheus Cunha ist gerade für 75 Millionen zu Manchester United gewechselt. Was schaut man sich von einem Spieler wie ihm ab?

Kalajdzic: Zu 100 Prozent habe ich mir viele Dinge von ihm abgeschaut. Ich versuche mir von jedem Spieler etwas abzuschauen – egal ob jemand für 75 Millionen Euro gewechselt ist oder in der österreichischen Liga spielt. Wenn es bestimmte Spielzüge oder Bewegungen gibt, die ich vielleicht noch nicht kenne, schaue ich mir das an und versuche, es in meinen Spielstil zu integrieren.

Matheus und ich kannten uns schon aus der Deutschen Bundesliga. Als er hierher wechselte, habe ich ihn zu mir nach Hause eingeladen, um ihn willkommen zu heißen. Es ist nicht einfach, in ein fremdes Land zu kommen. Er ist ein sehr herzlicher und toller Mensch und ein phänomenaler Fußballer. Ich glaube, dass er bei Manchester dieses Jahr sowohl persönlich als auch mit der Mannschaft viel erreichen wird. Dafür wünsche ich ihm alles Gute.

90minuten: Jemand, der jetzt auch in der Premier League spielt, ist Borna Sosa. Er hat vor kurzem das Community Shield gewonnen. Freust du dich, gegen ihn zu spielen?

Kalajdzic: Ich freue mich extrem für ihn. Das ist ein cooler Schritt für ihn, vor allem unter Oliver Glasner. Ich bin überzeugt, dass er sich dort persönlich weiterentwickeln kann. Ich hoffe, dass er sich durchsetzt und so viel Spielzeit wie möglich bekommt. Und wenn er dann gegen uns spielt und wir beide auf dem Platz stehen, flankt er ja vielleicht den Ball unabsichtlich zu mir – auf's falsche Tor (lacht.) Hoffen wir mal, dass es so kommt.

90minuten: Wie verfolgst du die Arbeit von Oliver Glasner?

Kalajdzic: Verfolgen tu' ich generell alle Österreicher in der Premier League, auch Kevin Danso. Ich habe gewusst, dass Oliver Glasner bei Crystal Palace erfolgreich sein wird. Wir haben ja schon ein paar Mal gegen sie gespielt, noch bevor er Trainer dort wurde. Die Spieler und die Spielweise von Palace fand ich immer passend zu Oliver Glasner. Ich glaube, er kann dort auch nochmal seinen Stempel aufdrücken – das hat er bei allen Vereinen, bei denen er gearbeitet hat, schon bewiesen. Viele Spieler hier bei den Wolves haben vorher gar nichts von Oliver Glasner gehört, was ich ziemlich krass finde. Er hat mit Frankfurt die Europa League gewonnen, und trotzdem wusste man in England relativ wenig über ihn. Ich habe allen gesagt: Crystal Palace wird definitiv eine gute Mannschaft in der nächsten Saison. Zwar sind sie schlecht gestartet, doch dann haben sie die Kurve gekriegt, sind richtig stark geworden und haben sogar einen Titel gewonnen. Ich glaube, auch dieses Jahr kann diese Mannschaft wieder für Furore sorgen.

90minuten: Du hast seit 2023 kein Spiel mehr für die Nationalmannschaft absolviert. Hattest du während deiner Verletzung regelmäßig Kontakt zum Team und Ralf Rangnick?

Kalajdzic: Ja, der Kontakt ist von beiden Seiten da. Wir hören uns zumindest einmal im Monat oder alle paar Wochen oder wenn es irgendwas Neues gibt. Als ich jetzt zum Beispiel angefangen habe zu laufen, da rufe ich ihn an und sage: Trainer, ich habe heute das erste Mal eine Laufeinheit absolviert und keine Probleme gehabt. Er freut sich für mich und hat gesagt, dass ich ihn weiterhin immer updaten kann. Oder er meldet sich immer wieder. Die Kommunikation ist sehr, sehr gut.

Auf jeden Fall ist es ein großer Traum, auch wenn er noch weit weg ist. Es gibt viele Zwischenschritte, die ich zuerst gehen muss.

Sasa Kalajdzic über eine WM-Teilnahme mit dem ÖFB-Team

90minuten: Wie hast du den Start in die WM-Quali miterlebt? Auch mit Hinblick auf die WM im nächsten Jahr.

Kalajdzic: Ich möchte auch meinen Teil dazu beitragen. Das ist zwar noch weit in der Zukunft, aber auf jeden Fall ein Traum.

90minuten: Besteht eine Möglichkeit, dass du im September wieder beim ÖFB-Team dabei bist?

Kalajdzic: Ich würde es nicht ausschließen. Am Ende des Tages hängt es vom Teamchef ab. Wenn er möchte, dass ich dabei bin und es Sinn macht, dann bin ich auch dabei. Ob das kurze oder längere Einsätze sind, darüber kann man noch diskutieren. Ich würde es zwar nicht fest einplanen, aber ich bereite mich darauf vor.

90minuten: Was würde eine WM-Teilnahme für dich bedeuten?

Kalajdzic: Die WM ist das größte Turnier überhaupt. Vor allem, wenn man mit seiner eigenen Nation dabei ist, wäre das etwas ganz Besonderes. Ich weiß nicht genau, wann Österreich das letzte Mal bei einer WM dabei war – das ist schon länger her. Auf jeden Fall ist es ein großer Traum, auch wenn er noch weit weg ist. Es gibt viele Zwischenschritte, die ich zuerst gehen muss.

Mein Ziel bleibt klar, aber ich versuche, kleinere Brötchen zu backen und mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Mein tägliches Brot ist das Training. Ich arbeite daran, dass mein Körper sich immer besser anfühlt. Von Woche zu Woche merke ich, dass ich sicherer werde. Mein Selbstvertrauen wächst – in meine Fähigkeiten, in meinen Körper. Es wird mit der Zeit immer besser. Deshalb konzentriere ich mich auf das, was ich kontrollieren kann: die nächsten Schritte, die nächsten Trainingseinheiten. Alles andere ist noch zu weit in der Zukunft gedacht. Trotzdem bleibt der Traum.

90minuten: Wie sehr verfolgst du den heimischen Fußball?

Kalajdzic: Ich habe einige Freunde, die in der Bundesliga spielen, und kenne auch einige Spieler aus dem Nationalteam. Vergangenes Jahr habe ich es eher weniger verfolgt, wenn man Papa ist, ist es zeitlich oft schwierig. Und mit einer Verletzung schaut man nicht immer Fußball, weil dich das etwas depressiver macht. Trotzdem habe ich die Resultate immer im Blick behalten und hin und wieder auch mal ein Spiel geschaut – zum Beispiel von Sturm Graz. Das lag vor allem an Emir Karic, einem meiner besten Freunde. Letzten Herbst habe ich dann den LASK etwas mehr verfolgt, weil ein ehemaliger Kollege aus Frankfurt, Ivan Smolcic, dort spielte. Generell habe ich auch die Wiener Klubs und Salzburg im Auge behalten. Selbst bei internationalen Spielen habe ich versucht, dran zu bleiben.

Kalajdzic ist fußballerisch bei Donaufeld und Vienna großgeworden und kickte auch bei der Admira
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Kalajdzic ist fußballerisch bei Donaufeld und Vienna großgeworden und kickte auch bei der Admira

90minuten: Du als Wiener: Rapid oder Austria?

Kalajdzic: Ich schätze beide Vereine. Die Austria ist ein bisschen näher dran an dem Ort, wo ich aufgewachsen bin. Rapid ist auch ein Riesenverein. Ich kenne auch ein paar ehemalige Legenden von beiden Vereinen persönlich. Von dem her habe ich da keine Präferenz. Wo ich aufgewachsen bin, hat man mit mir eher über das Belgrad-Derby reden können. Da habe ich Präferenzen.

90minuten: Apropos Belgrad: Wie beurteilst du den Transfer von Marko Arnautovic?

Kalajdzic: Finde ich cool. Ich hätte mich auch gefreut, wenn er zu Rapid gegangen wäre. Er hat auch ein Versprechen an Sinisa (Mihajlovic; Anm.) gegeben. Aber für den falschen Verein. Er ist "leider" Roter-Stern-Fan.

90minuten: Ist es also auch ein möglicher Traum von dir, eines Tages in Belgrad zu kicken?

Kalajdzic: Jein. Ich würde mich auch freuen, eines Tages wieder in Österreich zu kicken. Das sind Träume, aber ich versuche, das zu beeinflussen, was ich beeinflussen kann.

Stuttgart ist meine erste große Liebe und wird das immer bleiben.

Sasa Kalajdzic über den VfB Stuttgart

90minuten: Wie hast du die Entwicklung deines Ex-Klubs VfB Stuttgart in den letzten Jahre miterlebt?

Kalajdzic: Ich bin sehr glücklich darüber, wie sich der VfB entwickelt hat. Stuttgart ist meine erste große Liebe und wird das immer bleiben. Ich verfolge den Verein ständig und stehe mit einigen Leuten dort in Kontakt. In den letzten Jahren war ich auch öfter in Stuttgart. Mir gefällt die Stadt, der Verein und die Menschen dort – es passt einfach alles. Der VfB hat große Fortschritte gemacht und versucht, sich dauerhaft ganz oben zu etablieren. Ich hoffe, das bleibt so.

90minuten: Wäre eine Rückkehr eine Option?

Kalajdzic: Es hängt von der Situation ab, aber im Moment macht es wenig Sinn, weil sie bereits drei Mittelstürmer haben.

90minuten: Worauf willst du in einem Jahr zurückblicken können, was möchtest du in dieser Saison erreichen?

Kalajdzic: Nächstes Jahr will ich bei der WM dabei sein – verletzungsfrei, mit viel Spielzeit und idealerweise einigen Toren. Und ich will einfach wieder Spaß haben am Kicken. Tore kommen dann von selber. Wichtig ist, dass körperlich alles passt. Die Premier League ist einfach die beste Liga - Von der Dichte, von den Mannschaften, jedes Spiel und jeder Gegner ist auf Augenhöhe. Ganz wichtig ist, gesund zu bleiben und so viele Minuten wie möglich zu sammeln.

90minuten: Also Stand jetzt bleibst du bei den Wolves?

Kalajdzic: Es kommt darauf an. Wir werden sicher noch Gespräche führen. Was am Ende herauskommt, werdet ihr dann bald erfahren.

90minuten: Danke für das Gespräch!

Die besten VIDEO-Clips des Interviews:


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