Mit seinem Wechsel von Blau-Weiß Linz zum FC Portsmouth, der gerade in die englische Championship aufgestiegen ist, hat sich Torwart Nicolas Schmid einen Traum erfüllt. Inzwischen hat sich der 27-Jährige bei "Pompey" als Nummer 1 etabliert - im Abstiegskampf keine unwichtige Rolle.
90minuten: Nicolas, du bist jetzt seit vier Monaten in England. Wie geht’s dir, hast du dich eingelebt?
Nicolas Schmid: Gut, es passt alles. Es ist das erste Mal Ausland, das erste Mal weg von Linz. Am Anfang war es nicht so einfach, vor allem die Wohnungssuche nicht, ein Monat haben wir im Hotel verbracht. Jetzt ist aber alles übersiedelt, wir wohnen drei Minuten vom Meer entfernt. Mittlerweile kann man sagen, dass ich mich gut eingelebt habe.
90minuten: Wir sprechen unmittelbar vor der wahrscheinlich intensivsten Phase im englischen Fußballkalender, rund um den Boxing Day und auch danach habt ihr alle paar Tage ein Spiel. Freust du dich oder wird’s stressig?
Schmid: Stressig wird es auf jeden Fall (lacht). Ich freue mich aber schon darauf. Wir sind in England, dem Geburtsland des Fußballs - da erwarte ich mir eigentlich, dass es an den Feiertagen richtig zugeht. Es ist natürlich ein Riesenunterschied im Vergleich mit den letzten Jahren, in denen ich zu dieser Zeit irgendwo am Strand gelegen bin. Aber es gibt ja nichts Schöneres, als Spiele zu spielen, wenn man alle paar Tage eines hat, ist das was richtig Cooles.
Die Stimmung war sicherlich ein bisschen angeknackst, nach zwei oder drei Wochen hat sich das aber wieder eingependelt.
90minuten: Hat euch das Trainerteam auf diese Phase speziell eingeschworen?
Schmid: Wir haben schwierige Auswärtsspiele und schwierige Heimspiele vor uns. In unserem Stadion gegen uns zu spielen ist nicht einfach, darauf wird schon ein Fokus gelegt. Wir wollen zuhause eine richtige Macht sein. Abgesehen davon bereiten wir uns aber relativ normal vor, wir wollen natürlich so viele Punkte mitnehmen, wie es geht.
90minuten: Deine Rolle als Nummer 1 hast du erst Anfang Oktober von Will Norris übernommen. Bei Portsmouth haben diese Saison schon drei Torhüter gespielt, wie kann man sich die Stimmung bei euch vorstellen?
Schmid: Es war zwischendurch schon ein bisschen komisch zwischen uns, das ist aber auch verständlich. Norris hat viele Spiele für den Verein gemacht, wenn man dann auf die Bank gesetzt wird, ist es nicht einfach. Die Stimmung war sicherlich ein bisschen angeknackst, nach zwei oder drei Wochen hat sich das aber wieder eingependelt. Wir pushen uns gegenseitig, jeder gönnt dem anderen, dass er spielt. Im Großen und Ganzen geht es ja auch um die Mannschaft und das Ziel Klassenerhalt.
90minuten: Wurde dir im Sommer zugesagt, dass du in den nächsten Monaten eine Chance bekommen wirst?
Schmid: Direkt gesagt haben sie es nicht. Für mich war klar, dass ich nach dem Wechsel nicht gleich die Nummer 1 bin, das kann man sich nicht einfach so erwarten. Ich habe geschaut, dass ich im Training Gas gebe, der Zeitpunkt ist dann von selber gekommen. Die meisten habe ich von mir überzeugen können.
Alles läuft um einiges schneller. Die erste Entscheidung, die einem in den Kopf kommt, muss die richtige sein.
90minuten: Hat es lange gedauert, bis du dich an das Spiel in England gewöhnt hast? Oder ist die Umstellung gar nicht so groß?
Schmid: Es hat schon ein bisschen Eingewöhnungszeit gebraucht, inzwischen kann ich ganz gut mithalten. Alles läuft um einiges schneller, man hat nicht viel Zeit zum Überlegen, die erste Entscheidung, die einem in den Kopf kommt, muss die richtige sein. Das ist schon komplett anders als mit Blau-Weiß Linz, weil die Qualität insgesamt um einiges größer ist.
90minuten: Ihr hattet als Aufsteiger einen schwierigen Saisonstart, inzwischen schaut die Bilanz besser aus. Bist du mit dir und euch momentan zufrieden?
Schmid: Die Tendenz geht schon nach oben. Ich habe in letzter Zeit auch mehrmals zu null spielen können, das gibt schon Auftrieb, weil es in dieser Saison noch nicht so oft geglückt ist. Das Trainerteam ist auch äußerst zufrieden mit mir, ich selber bin immer ein bisschen selbstkritischer.
90minuten: Weil du das Trainerteam ansprichst, Teil davon ist mit Selmen Sassi ein gebürtiger Wiener, der für den Nachwuchs verantwortlich ist. Hattet ihr schon miteinander zu tun?
Schmid: Ja, das war eigentlich recht witzig. Ich war in der ersten Woche am Trainingsgelände, auf einmal hat mich jemand auf Deutsch angeredet. Ich habe mir schon gedacht 'Was ist denn da jetzt los', weil hier sonst wirklich niemand Deutsch spricht. Wir haben uns dann gleich ausgetauscht und sind seitdem immer wieder in Kontakt.
Ich habe gleich die Ohren gespitzt, von Interesse aus England hört man ja nicht alle Tage.
90minuten: Schauen wir noch einmal kurz auf den Sommer zurück. Wie ist der Transfer nach England überhaupt zustande gekommen?
Schmid: Ich habe mitten in der Transferphase einen Anruf von meinem Manager bekommen, der hat schon angedeutet, dass sich die Möglichkeit für einen Wechsel ergeben könnte. Damit gerechnet habe ich zu dem Zeitpunkt eigentlich nicht mehr, weil wir mit Blau-Weiß schon in die Saison gestartet sind. Da fokussierst du dich als Spieler nur auf den Verein, bei dem du gerade bist. Ich habe gleich die Ohren gespitzt, von Interesse aus England hört man ja nicht alle Tage. Für mich habe ich sofort gewusst, dass ich dorthin möchte.
90minuten: Wie viel konntest du konkret mit Portsmouth anfangen? Klar, es ist ein Traditionsverein, der lange in der Premier League war, die letzten Jahre hat er aber in der dritten Liga verbracht.
Schmid: Den Verein habe ich gekannt, ich war vor einigen Jahren auch schon einmal mit der Schule da und habe die Stadt besucht. Man weiß einfach, welchen Stellenwert der Fußball in England hat, auch in Portsmouth steht der Verein über allem. Das kriegt man überall mit.
90minuten: Du hast schon erwähnt, dass es deine erste Station im Ausland ist. Wie schwer ist es dir gefallen, Blau-Weiß zu verlassen?
Schmid: Es wäre sicher auch spannend gewesen, bei Blau-Weiß zu bleiben. So ein Angebot bekommst du aber nicht jedes Jahr. Eine Saison später hätte mehr auf dem Tisch liegen können, vielleicht aber auch weniger. Garantien gibt es ja keine. Ich wollte schon immer im Ausland spielen und das war die Möglichkeit, diesen Schritt zu machen.
Der Tormanntrainer hat mir zum Wechsel nach England gratuliert, das war es aber auch schon wieder.
90minuten: Als Legionär, der in einer guten Liga spielt, wird man in Österreich normalerweise schnell ein Thema für das Nationalteam. Hattest du schon Kontakt zum Teamchef?
Schmid: Nein, gar nicht. Der Tormanntrainer hat mir zum Wechsel nach England gratuliert, das war es aber auch schon wieder.
90minuten: Bis zum nächsten Lehrgang dauert es noch, vielleicht tut sich ja bis dahin etwas. Mit Andi Weimann, Maximilian Wöber und Daniel Bachmann gibt es ja Beispiele für Spieler, die es aus der Championship zum Nationalteam geschafft haben.
Schmid: Es ist hier sicher noch einmal alles eine Stufe größer, vielleicht ist es für das Nationalteam auch die bessere Bühne als Blau-Weiß Linz. Für mich wäre das mein nächstes Ziel, dafür müssen die Leistungen aber über einen längeren Zeitraum passen. Mein Fokus sind jetzt einmal die nächsten Monate und der Klassenerhalt, dann schauen wir, ob es belohnt wird, oder nicht.
Vielen Dank für das Gespräch!