Jovan Zivkovic über Rapid: "Es ist bei den Worten geblieben"
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Jovan Zivkovic über Rapid: "Es ist bei den Worten geblieben"

Frühes Wiedersehen! Rapids ehemaliges Top-Talent kommt mit Györ nach Hütteldorf zurück. Im Interview spricht er über das Duell, seine Rapid-Zeit und Wechselgründe.

Er galt als Hütteldorfs größtes Talent seit Yusuf Demir. Doch im Sommer trennten sich die Wege von Jovan Zivkovic und dem SK Rapid. Ein Jahr vor Ende des Vertrags, mit nur 77 Minuten in der Kampfmannschaft in den Beinen.

Zu Akademie-Zeiten sollen sogar Großklubs wie jene aus Manchester die Fühler ausgestreckt haben, doch die erste Auslandsstation mit 19 Jahren heißt ETO Györi FC - und ist, wie es das Fußball-Schicksal so wollte, nun die letzte Hürde Rapids vor der Conference-League-Ligaphase.

Conference-League-Qualifikation: ETO Györi FC - SK Rapid, Donnerstag, ab 19:00 Uhr im LIVE-Ticker >>>

Im Interview mit 90minuten erklärt Österreichs Nachwuchs-Teamspieler seine Entscheidung, nach Ungarn zu gehen, blickt auf seine Rapid-Zeit zurück und auf das Duell voraus:

90minuten: Danke für deine Zeit schonmal - ich bin bestimmt nicht der Einzige, der sich diese Woche bei dir meldet...

Jovan Zivkovic: Sehr gerne!

90minuten: Bevor wir über deinen neuen Verein sprechen, möchte ich auf die Rapid-Zeit zurückblicken. Man hat dir nachgesagt, das größte Rapid-Talent seit Yusuf Demir zu sein. Wie ist es dir mit dieser Zuschreibung gegangen?

Zivkovic: Um ehrlich zu sein, habe ich mich nie viel davon ablenken lassen. Ich war mir bewusst, dass viel geschrieben wurde - auch der Vergleich mit Yusuf. Ich war nie unter Druck, dass ich jedem beweisen muss, besser als er zu sein. Ich war einfach stolz, dass es damals so gut gelaufen ist.

90minuten: Im Frühjahr 2024 gab es die ersten Bundesliga-Einsätze für Rapid. Warum ist es bei diesen neun Spielen geblieben?

Zivkovic: Verstehe ich auch nicht. Es wurde immer gesagt, dass sie auf mich bauen. Ich war häufig im Kader, aber habe insgesamt nur 60-70 Spielminuten gehabt (77 waren es, Anm.). Ich hatte nicht viele Chancen, mich am Spielfeld zu beweisen.

Die Wintervorbereitung 2023/24 unter Robert Klauß lief richtig gut, doch dann...
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Die Wintervorbereitung 2023/24 unter Robert Klauß lief richtig gut, doch dann...

90minuten: Hast du das Gefühl, dass es in letzter Zeit schwieriger für junge Spieler ist, bei Rapid durchzubrechen?

Zivkovic: Ja - vor allem jetzt, wenn ich sehe, welche Spieler eingekauft wurden. Da wird es sehr schwer für die Jungen aus der zweiten Mannschaft oder Akademie. Als ich noch da war, war es noch nicht so arg. Es wurden zuvor auch keine Spieler für 1,5 Millionen Euro gekauft. Ich finde, die Mannschaft ist richtig gut - auch die Neuen wie Petter Nosa Dahl und Andrija Radulovic sind richtig gute Kicker. Da wurde nicht umsonst viel für die bezahlt.

90minuten: Trotzdem hattest auch du starke Konkurrenz auf deinen Positionen.

Zivkovic: Ja, da hatte ich einen Nicolas Kühn und einen Marco Grüll. Das war nicht so einfach mit 17 Jahren.

90minuten: Wie war das Feedback von den Trainern für dich?

Zivkovic: Unter "Zoki" (Barisic, Anm.) habe ich kein Spiel gemacht. Er sagte immer, ich soll geduldig bleiben und er wird mir Spielminuten geben. Dazu ist es aber nie gekommen. Und bei Robert Klauß habe ich eine richtig gute Winter-Vorbereitung gemacht (2023/24, Anm.). Er sagte, dass ich richtig gute Fähigkeiten habe, dass er mit mir plant und auf mich setzen wird. Im Endeffekt ist es bei den Worten geblieben. Und danach wurde auch nicht viel mit mir gesprochen.

90minuten: Also weißt du nicht, woran es lag?

Zivkovic: Nein, gar nicht.

90minuten: Letztes Jahr ging es in die zweite Mannschaft zurück, die Saison lief zäh für dich. Warum?

Zivkovic: Für mich, für meinen Kopf war es nicht so einfach, aus der Kampfmannschaft wieder zurückgeschickt zu werden. Ich habe Zeit gebraucht, zu realisieren, dass ich in der zweiten Mannschaft trotzdem Gas geben muss. Ich hatte gehofft, dass ich in der Kampfmannschaft mehr Einsatzminuten bekommen werde. Was meine Scorerpunkte betrifft (sieben Tore, zwei Assists aus 26 Spielen, davon vier Treffer in den letzten vier Runden, Anm.) hatte ich auch viel Pech. Ich hatte zehn Stangen- und Lattenschüsse, glaube ich. Es war für uns alle keine einfache Saison. Wir haben super begonnen, dann wurde Niki Wurmbrand hochgezogen. Tobias Hedl hat einen super Herbst gespielt, ist dann gewechselt. Dann war es gar nicht mehr so einfach. Wir waren auch die jüngste Mannschaft.

90minuten: Im Sommer nun der für viele überraschende Abgang. Eine Entscheidung deinerseits?

Zivkovic: Es war meine Entscheidung. Ich wollte den nächsten Schritt in meiner Karriere machen. Der Plan war, dass ich weiter in der zweiten Mannschaft spiele und bei den Profis trainiere. Das habe ich mit 17 Jahren schon gemacht, bereits zwei Jahre durchgehend. Ich hatte Angebote und mein Ziel war es, zu wechseln. Ich wusste schon, dass richtig gute Spieler gekauft werden und ich in der Kampfmannschaft weiter nicht viele Minuten bekommen hätte.

90minuten: Warum hat dich Györ am meisten überzeugt?

Zivkovic: Der Sportdirektor (Steven Vanharen, Anm.) hat mir ein super Gefühl gegeben, dass sie mich wirklich wollen und auf mich bauen werden. Er sagte, dass er mich schon lange kennt, seit ich 15 war, dass er viel Potenzial in mir sieht. Und dass mit mir bei Rapid viel falsch gemacht wurde. Dass Györ das besser machen könnte, mit mir ein richtig gutes Projekt starten würde. Außerdem ist es das erste Mal weg von zuhause für mich. Ich bin mit meiner Familie sehr eng verbunden - und Györ ist näher an Wien als Graz. Meine Eltern brauchen nur eineinhalb Stunden, um herzufahren. Und ich bin eben ein Wiener Junge, aus dem 20. Bezirk.

"Es wird emotional für mich. Ich war seit meinem 13. Lebensjahr bei Rapid. Hier gab es alle schönen Momente, die ich im Fußball bisher erleben durfte."

über das Duell mit Rapid

90minuten: "Bei Rapid ist viel falsch mit dir gemacht worden" - was meinte der Sportdirektor damit konkret?

Zivkovic: Dass ich eine Chance bekomme, mich im Profibereich zu beweisen. Die habe ich bei Rapid nicht bekommen. Dafür gebe ich keinem die Schuld. Es ist halt nie dazu gekommen. Es ist als junger Spieler nie einfach, egal wo man hingeht. Man muss kämpfen. Aber ich hoffe, dass es hier klappen wird.

90minuten: Auch bei Györ bist du in den ersten acht Spielen erst dreimal eingewechselt worden. Wie sieht die Situation aktuell aus?

Zivkovic: Der beste Spieler ist der linke Flügel, Claudiu Bumba. Er ist auch der Kapitän. Und am rechten Flügel spielt mit Kevin Bánáti ein ungarischer U21-Teamspieler. Aber das erste Spiel gegen Pyunik Yerevan auswärts war richtig gut von mir, da habe ich Dynamik reingebracht. Auch der Trainer sagt, das war richtig gut. Das Heimspiel (Anm. gegen Pyunik Yerevan) war nicht mehr so einfach. Ich bin bei 2:0 reingekommen, wir haben den Anschlusstreffer bekommen, aber noch das 3:1 gemacht - also es ging hin und her. Und in der Liga habe ich gegen Zalaegerszeg 15 Minuten bekommen. Ich werde darum kämpfen, Stammspieler zu werden.

90minuten: Ist die ungarische Liga nicht sehr körperbetont? Vor zwei Jahren hat man über dich noch gesagt, dass du vor allem im physischen Bereich aufholen musst. Ist dieses Umfeld nicht ein Nachteil für dich?

Zivkovic: Ich finde sie schon körperbetont. Aber ich glaube, dass die österreichische Bundesliga schon noch intensiver ist. Ich glaube, dass die ungarische Liga ein guter Schritt für mich ist. Es ist auch eine sehr offensive Liga. Im Spiel gegen MTK Budapest sind neun Tore gefallen! Das ist schon arg. Aber ich weiß, dass ich - wie auch immer gesagt wird - körperlich hintendran bin. An meiner Physis kann ich noch arbeiten, das mache ich gerade auch.

90minuten: Ein anderer Verein in Österreich war kein Thema für dich? Rapid löst das Spielpraxis-Problem bei vielen jungen Spielern derzeit mit Leihen.

Zivkovic: Ich habe halt nur noch ein Jahr Vertrag gehabt, da hätte ich zuerst verlängern müssen. Dazu ist es nicht gekommen.

In Ungarn hofft Jovan Zivkovic auf seinen nächsten Karriereschritt
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In Ungarn hofft Jovan Zivkovic auf seinen nächsten Karriereschritt

90minuten: In Sachen Nationalteam bleibt für dich alles wie geplant?

Zivkovic: Ja. Ich bin U21-Nationalspieler Österreichs.

90minuten: Jetzt gibt es also ein schnelles Wiedersehen mit Rapid. Was war dein erster Gedanke, als das Duell fix war?

Zivkovic: Es wird emotional für mich. Ich war seit meinem 13. Lebensjahr bei Rapid. Hier gab es alle schönen Momente, die ich im Fußball bisher erleben durfte. Auch ein paar Fans, Ex-Teamkollegen und Trainer haben mir schon geschrieben, gleich nach dem Elfmeterschießen gegen Dundee United. Ich freu mich irrsinnig drauf, auch wieder im Allianz Stadion zu sein, selbst wenn es diesmal auf der anderen Seite ist.

90minuten: Wie schätzt du die Kräfteverhältnisse zwischen Rapid und Györ ein?

Zivkovic: Vom Namen her ist Rapid klar der Favorit. Aber wie wir gerade drauf sind, da wird es für beide Teams kein einfaches Spiel. Fifty-Fifty? Ist schwer zu sagen. Als Spieler von Györ kann ich es schwer einschätzen, obwohl ich jetzt beide Mannschaften kenne.

90minuten: Mit welchen Stärken kann Györ Rapid wehtun?

Zivkovic: Wir sind keine Mannschaft, die hinten bunkert und Chancen aus Kontern nutzt. Besonders das Spiel zuhause werden wir gewinnen wollen. Wir wollen den Ballbesitz und unser Spiel machen. Vorne, offensiv sind wir richtig stark, haben dort auch richtig gute Spieler drin.

90minuten: Dass ihr gegen AIK Stockholm weiterkommt, hätten zuvor jedenfalls wenige gedacht.

Zivkovic: Sie waren eigentlich klarer Favorit. Da haben wir es auch gezeigt. Aber in Stockholm war es nicht einfach mit den Fans gegen uns, und bei Rapid wird das noch schwerer als in Schweden.

90minuten: Die Frage muss ich natürlich stellen - würdest du bei einem Tor gegen Rapid jubeln?

Zivkovic: Nein, auf keinen Fall!

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