Goiginger: "Direkt vom LASK zu Blau-Weiß hätte ich nicht gemacht"
Über sechs Jahre kickte der 32-Jährige für den LASK, heuer das dritte bei Blau-Weiß. Bei 90minuten verrät er, wie er auf seine Zeit bei den Athletikern zurückblickt, warum es nie zu einem großen Transfer kam und wie seine Zukunftspläne aussehen.
Im Frühjahr 2014 kickte der damals 21-jährige Thomas Goiginger noch in der Regionalliga West bei Neumarkt. Dass er nur viereinhalb Jahre später Teil des ÖFB-Teams sein würde, ahnte damals noch niemand - auch er selbst nicht.
Hätte ihm das damals jemand prophezeit, dann "hätte ich ihm wahrscheinlich einen Arzt empfohlen", lacht der sympathische Salzburger, dessen fußballerischer Lebensmittelpunkt längst Linz geworden ist, im Gespräch mit 90minuten.
Beim und mit dem LASK erlebte der Flügelspieler die Glanzzeit seiner Karriere, lief im Europacup gegen Größen wie Sporting Lissabon und Tottenham Hotspur auf. "Das war eine wunderschöne Zeit", blickt er zurück. Seit dem Sommer des Vorjahres ist er zurück bei Blau-Weiß Linz, wo ihm einst der Durchbruch gelang.
LASK - FC Blau-Weiß Linz, Samstag, ab 17:00 Uhr im LIVE-Ticker >>>
Warum es nie zu einem Transfer in eine größere Liga kam (und wieviel Dankbarkeit Goiginger trotz allem innewohnt), wie es mit seiner Karriere weitergehen soll und wie er auf das anstehende Derby vorausblickt, verrät er im Interview:
90minuten: Am Samstag steht das Derby an. Wie speziell sind Derby-Wochen für dich – spürt man da schon unter der Woche, dass es ein anderes Spiel ist?
Thomas Goiginger: Natürlich spürt man, dass das eine andere Art Woche ist. Nachdem wir eine englische Woche haben, wollten wir einmal die Cup-Aufgabe positiv bestreiten. Danach freuen wir uns schon sehr, dass es ins Derby geht.
90minuten: Du bist gebürtiger Salzburger, hast aber viele Jahre deiner Karriere in Oberösterreich, konkret in Linz, verbracht. Welche Bedeutung hat das Derby für dich persönlich als einer, der für beide Linzer Klubs gespielt hat?
Goiginger: Das Spiel hat für mich eine sehr große Bedeutung und ich freue mich schon sehr darauf. Da ich beinahe meine ganze Profikarriere in Linz verbracht habe, ist es für mich einfach noch ein Stück besonderer.
Es gab schon immer wieder interessante Möglichkeiten, aber es hat entweder für mich oder für den Klub nie zu hundert Prozent gepasst.
90minuten: Dein Weg hat dich 2017 nach einem starken Jahr bei Blau-Weiß zum Stadtrivalen LASK geführt, wo du Teil einer Mannschaft warst, die in der Liga und auch international für Furore gesorgt hat. Insgesamt hast du über sechs Jahre beim LASK verbracht. Wie denkst du heute, mit ein wenig Abstand, an diese Zeit zurück?
Goiginger: Ich muss ehrlich sagen, dass es eine wunderschöne Zeit war. Ich durfte dort mit vielen sehr guten Spielern zusammenspielen. Wir haben großartige Erfolge gefeiert. Einige Mitspieler von damals sind zu richtig guten Freunden geworden, mit denen ich bis heute täglich Kontakt habe. Das nehme ich mit.
90minuten: Ihr wart damals im Höhenflug, auch um dich gab es damals immer wieder Transfergerüchte. Was hat dich dennoch immer beim LASK gehalten?
Goiginger: Es gab schon immer wieder interessante Möglichkeiten, aber es hat entweder für mich oder für den Klub nie zu hundert Prozent gepasst. Im Nachhinein muss ich sagen, dass wohl alles aus gutem Grund passiert ist. Daher bin ich damit auch sehr im Reinen und zufrieden damit, wie es gelaufen ist.
90minuten: Du hast es damals bis ins Nationalteam geschafft, was für jeden Kicker ja ein Traum ist. Gleichzeitig ist es bei einem Einsatz geblieben. Ist das etwas, womit du manchmal haderst?
Goiginger: Es stimmt mich in keiner Weise nachdenklich, aber zum damaligen Zeitpunkt hätte ich mir natürlich mehr gewünscht. Heute sehe ich es so: Hätte mir das jemand vor meine Karriere prophezeit, für das Nationalteam zum Einsatz zu kommen, dann hätte es nichts Schöneres für mich gegeben. Wir haben uns damals für die EM 2020 qualifiziert und ich war bei den meisten Spielen im Kader. Das waren tolle Erfolge und ich bin stolz, es bis ins Nationalteam geschafft zu haben.
90minuten: Ein paar Jahre vorher, mit Anfang 20, hast du noch bei Neumarkt in der Regionalliga West gespielt. Hätte man dir damals gesagt, dass du wenige Jahre später im Europacup gegen Tottenham und Sporting Lissabon und im Nationalteam spielst. Hättest du ihm einen Arzt empfohlen?
Goginger: (Lacht) Ja, wahrscheinlich schon. Aber der Fußball ist eben so, dass man sehr viel erreichen kann, wenn man viel dafür tut. Das habe ich immer versucht. Heute blicke ich auf 37 Europacup-Einsätze zurück. Ich denke, das ist für einen Österreicher nicht so schlecht.
Ich hätte diesen Schritt sonst sicher nicht gemacht.
90minuten: Im Sommer 2024 bist du nach einem halben Jahr in Osnabrück zu Blau-Weiß zurückgekehrt. Für die Fans war das natürlich ein großes Thema – war es auch für dich persönlich wichtig, nicht direkt vom LASK zu Blau-Weiß zu wechseln? Hat diese Zwischenstation den Schritt zurück vielleicht sogar einfacher gemacht?
Goiginger: Ja, hat es. Ich hätte diesen Schritt sonst sicher nicht gemacht. Es ist aber nicht so, dass das in irgendeiner Form geplant war. Mir wurde damals nahegebracht, dass die Zeit beim LASK für mich abgelaufen ist. Dann hat sich sehr kurzfristig die Option Osnabrück ergeben. Die sportliche Lage dort war damals nicht berauschend. Ich habe mir gedacht, vielleicht kann ich das für den nächsten Step in meiner Karriere nutzen. Leider hat es dann sportlich nicht wie erhofft funktioniert, aber ich konnte menschlich sehr viel mitnehmen. Deswegen bin ich für die Zeit dort trotzdem sehr dankbar.
Im Sommer 2024 stand ich vor der Frage, was ich als Nächstes mache. Ich wollte einfach wieder Fußball spielen und wieder bei einem Klub sein, wo die Verantwortlichen in mich als Person und Spieler Vertrauen haben. Christoph Peschek und Christoph Schösswendter haben sich sehr um mich bemüht. Bei ihnen habe ich das am meisten gespürt.
90minuten: Seit deiner Rückkehr war viel los – eine erfolgreich Vorsaison mit der Qualifikation für die Meistergruppe, ein Trainerwechsel, dazu heuer ein holpriger Saisonstart. Wie sehr hat dich diese Achterbahnfahrt selbst gefordert?
Goiginger: Das erste Jahr war sehr positiv, wir haben sehr gut performt. Natürlich war der Trainerwechsel sehr kurzfristig, aber am Anfang der Saison haben wir es als Mannschaft einfach nicht gut gemacht. Es haben viele Basics nicht gut geklappt. Wir haben dann ein bisschen etwas geändert und seither funktioniert es sehr viel besser. Unser neuer Trainer Mitja Mörec hat ein paar neue Dinge eingebracht und dass das im Fußball nicht von heute auf morgen funktioniert, ist normal. Leider legen wir noch zu wenig Konstanz an den Tag. Wir wissen, woran wir noch arbeiten müssen, aber wir sind auf dem richtigen Weg.
90minuten: Wie wichtig sind in so einer Situation Routiniers wie du, Alem Pasic oder Fabio Varesi-Strauß? Was könnt ihr der Mannschaft in solchen Zeiten geben, um euch da wieder rauszuziehen?
Goiginger: In so einer Phase ist es wichtig, die Situation richtig einzuordnen. Oft werden Dinge sehr emotional gesehen, und da versuchen wir als Routiniers, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Lage sachlich zu beurteilen. Wenn etwas in der Mannschaft nicht passt, muss man das klar ansprechen und Verantwortung übernehmen. Das machen wir auch – und ich finde, das funktioniert bislang sehr gut.
90minuten: Ihr habt als Führungsspieler auch gemeinsam, dass ihr euch aus dem blutigen Amateurfußball mit großem Fleiß nach oben gearbeitet habt, während heute viele Talente aus Akademien kommen. Fehlen dem Fußball heute deiner Meinung nach die Typen, die sich wirklich durchbeißen mussten?
Goiginger: Solche Typen gibt es zum Glück durchaus immer wieder, vor allem bei uns in der Mannschaft. Simon Seidl ist auch so ein Beispiel. Es ist nicht damit abgetan, wenn du als Talent in einem Bundesliga-Kader stehst. Das ist etwas, was ich jüngeren Spieler oft sage: Du musst noch ein bisschen mehr machen. Im Fußball bekommt man wenig geschenkt, du musst hart an dir arbeiten. Ich möchte auch was das betrifft immer vorangehen und noch mehr machen. Da ist es egal, wie alt man ist. Das möchte ich vorleben.
Solange ich jeden Tag aufstehe, mich körperlich gut fühle und Freude an der Sache habe, möchte ich noch Fußball spielen. Wenn das aber nicht mehr so ist, werde ich sagen: Das war es jetzt.
90minuten: Du bist als Spieler dahingehend sicher ein Vorbild. Außerdem hast du gezeigt, dass man es, auch wenn man mit Anfang 20 noch im Amateurfußball unterwegs ist, noch sehr weit bringen kann. Hat es für dich damals oder in deiner Jugend Spieler gegeben, die dich selbst inspiriert und angespornt haben, es ganz nach oben zu schaffen?
Goiginger: Ich hatte schon gewisse Vorbilder, aber die haben einen anderen Weg gemacht. Ich habe damals, als ich in der Regionalliga gespielt habe, ganz normal Vollzeit gearbeitet. Trotzdem habe ich versucht, zusätzlich noch so viele Einheiten wie möglich zu machen. Im Hinterkopf war bei mir immer der Traum, Profi zu werden. Aber ich hatte, was das betrifft, keine konkreten Vorbilder, an denen ich mich orientiert habe. Viel eher hatte ich einfach Spaß am Fußball und den habe ich bis heute. Dadurch hat sich mein Weg einfach ergeben, ich bin von meinem Heimatverein in der 2. Landesliga aus Schritt für Schritt nach oben gegangen. Dann kam das Angebot aus Grödig, Profi zu werden und das wollte ich unbedingt versuchen.
90minuten: Du bist jetzt 32, deine Karriere biegt wohl langsam aber sicher in Richtung Zielgerade. Welche Ziele hat man als Spieler in deinem Alter noch?
Goiginger: Ich möchte mit der Mannschaft hier bei Blau-Weiß einfach so erfolgreich wie möglich sein, jeden Tag genießen und Spaß haben. Das ist mein Credo. Ich genieße es, dass ich das schon über einen langen Zeitraum machen darf. Denn ich weiß, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, wo ich es nicht mehr machen darf. Dessen bin ich mir bewusst und dieser Zeitpunkt ist wahrscheinlich gar nicht mehr so weit entfernt. Ich habe für mich selbst aber noch nicht festgelegt, wann das sein wird. Solange ich jeden Tag aufstehe, mich körperlich gut fühle und Freude an der Sache habe, möchte ich noch Fußball spielen. Wenn das aber nicht mehr so ist, werde ich sagen: Das war es jetzt.
90minuten: Kann man sagen, dass du ein Mensch bist, der sehr wertschätzt, was er hat und sehr im Moment lebt?
Ja, das kann man schon sagen. Das war früher nicht immer so. Ich hatte diesen Spaß nicht immer in meiner Karriere. Es waren auch Momente dabei, in denen es nicht positiv gelaufen ist und ich nicht wertgeschätzt wurde. Da gehst du nicht jeden Tag mit richtiger Freude ins Training. Aber das gehört dazu. Deswegen möchte ich gar nicht zu weit in die Zukunft schauen, was ich sportlich noch erreichen kann. Vergangene Saison hatte ich eine Verletzung, mit der ich 13 Wochen ausgefallen bin. Das kam aus dem Nichts, davor war alles komplett in Ordnung. Deswegen genieße ich es einfach sehr. Ich möchte einfach so lange wie möglich auf dem höchstmöglichen Niveau spielen.
90minuten: Hast du schon Vorstellungen, was du nach der Karriere machen möchtest – Trainer, Sportdirektor oder ganz was anderes?
Ich mache gerade die UEFA-B-Lizenz für Berufsspieler. Nebenbei studiere ich noch und mache meinen Master in Business Administration und Sport. Ich lasse mir aber vorerst noch offen, was genau ich nach meiner Spielerkarriere machen möchte. Aber ich denke schon, dass ich im Fußballbereich bleiben werde. Sollte das nicht möglich sein, denn die Möglichkeiten sind ja begrenzt, dann kann ich mich auch in der Privatwirtschaft wiederfinden. Ich habe ja in diesem Bereich bereits gearbeitet.
90minuten: Dein Tipp für das Derby?
Seit Didi Kühbauer wieder Trainer beim LASK ist, hat sich einiges geändert. Ich hatte ihn dort ja selbst auch als Trainer und weiß daher, wie er tickt. Ich tippe aber auf einen 2:1-Sieg für uns.
René Mersol