Österreicher in den Niederlanden: Der Gurkenkönig und das Schnitzel
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Österreicher in den Niederlanden: Der Gurkenkönig und das Schnitzel

Österreichische Kicker feierten große Erfolge in den Niederlanden. Die meisten davon gingen hierzulande unter. Fünf dieser Erfolgsgeschichten:

Franz Hasil – Das etwas faule Genie

Franz Hasil – Das etwas faule Genie
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1944 wurde in Wien ein Ballkünstler geboren, der in Österreich bis heute seinesgleichen sucht. Franz Hasil konnte mit dem Ball alles, wurde in Holland zur Fußballlegende, ist hierzulande allerdings etwas in Vergessenheit geraten.

Über den SK Rapid wagte der Wiener 1968 den Sprung nach Deutschland, zum FC Schalke 04. In Gelsenkirchen wollte man den Mittelfeldspieler zum Stürmer im Stile eines Gerd Müller umfunktionieren. "Ernst Happel hat mich 1969 erlöst", erzählte Hasil kürzlich dem "Ballesterer".

Happel holte Hasil (die beiden nebeneinander im Bild) nämlich nach nur einem Jahr auf Schalke zu Feyenoord und stieß somit eine märchenhafte Beziehung an.

Trotz Ablehnung von Mitspielern und Fans – in Holland herrschten aufgrund der Nachwehen des Zweiten Weltkriegs damals eine deutliche antideutsche Stimmung vor, die auch vor Österreichern nicht Halt machte – entwickelte sich Hasil rasch zum Publikumsliebling und nach dem Gewinn des Europapokals der Landesmeister und des Weltpokals 1970 sowie des Meistertitels 1971 zur Klublegende.

Die AC Milan wollte Hasil damals verpflichten, doch Feyenoord winkte ab. Bis 1973 sollte er noch für Feyenoord kicken, bis ihm der ständige Druck in Rotterdam und Happels intensive Trainings zu viel wurden.

"Hier muss ich zweimal am Tag trainieren und in jedem Spiel 90 Minuten rackern. Wenn ich in Österreich zwei gute Spiele mache, kann ich bei drei weiteren auch nichts tun", sagte Hasil, als er zurückkehrte. Zuvor wurde ihm von den Feyenoord-Verantwortlichen ein Vertrag vorgelegt, in welchem die Gehaltsspalte frei blieb. Hasil hätte selbst entscheiden können, wie viel er künftig verdienen wollte. Das eigene Wohlbefinden war ihm wichtiger.

Zurück in Österreich konnte der damals erst 29-jährige Hasil nicht mehr an seine früheren Erfolge anschließen. Auch für das Nationalteam, für welches er trotz seines enormen Könnens nur 21 Mal auflief, blieb er fortan großteils unberücksichtigt.

In Österreich spricht heutzutage kaum mehr jemand über Hasil, der heute 79 ist und nach einer erfolglosen Trainerkarriere als Trafikant tätig war. In Holland ist das anders: Im Jahr 2000 wurde er zum besten Legionär der Eredivisie aller Zeiten gewählt.


Willy Kreuz – Der grimmige Kämpfer von Feyenoord

Willy Kreuz – Der grimmige Kämpfer von Feyenoord
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"Burschi, du brauchst keine Angst haben."

So deutete Willy Kreuz einen Streichler über den Kopf, den er von Fuball-Legende Pele verpasst bekam. Im Jahr 1970 trat das ÖFB-Team vor 100.000 Zusehern im legendären Maracana zu einem Freundschaftsspiel gegen Brasilien an. Mittendrin der damals 20-jährige Kreuz, der ziemlich großen Respekt vor Pele hatte – Kopftätscheln hin oder her.

"Ich bin nachher trotzdem nie gescheit hingegangen gegen ihn, das hätte ich mich nie getraut", verriet Kreuz einst der "BVZ". Noch heute steht ein Foto von dieser Begegnung mit dem brasilianischen Wunderstürmer im Wohnzimmer des mittlerweile 75-Jährigen.

Es war eines der vielen Highlights in der bewegten Karriere des Willy Kreuz. 1972 wurde der Offensivspieler von Sparta Rotterdam gescoutet. Zwei torreiche Jahre später heuerte er beim Stadtrivalen, Feyenoord Rotterdam, an. Vier Jahre schnürte Kreuz die Fußballschuhe für den Traditionsverein und schoss viele Tore. 64, um genau zu sein. Damit ist er bis heute der 13. erfolgreichste Torschütze in der Klubgeschichte. "Meine schönste Zeit als Fußballer", nannte Kreuz seine Feyenoord-Zeit einst.

1978 verließ der Wiener Rotterdam und schloss sich dem SK VÖEST Linz an. Vor seiner Übersiedlung aus Holland spielte Kreuz aber noch eine WM in Argentinien. Beim Sieg Österreichs über Deutschland in Cordoba spielte Kreuz durch. "Der grimmige Kämpfer von Feyenoord", wurde er von Edi Finger in dessen legendär gewordener Radioübertragung genannt.

Nach der WM kämpfte Kreuz aber nur mehr in Linz, wo er in den letzten Jahren seiner aktiven Karriere dank vieler Treffer zum Publikumsliebling wurde. Ein Titel blieb ihm als Aktiver aber versagt.

Ein solcher sollte ihm schließlich als Trainer gelingen. In der Saison 1990/91 räumte der damals von Kreuz gecoachte Zweitligist SV Stockerau im ÖFB-Cup einen Bundesligisten nach dem anderen aus dem Weg und traf im Finale schließlich auf den SK Rapid von Trainer Hans Krankl.

"Er hat damals zu mir gesagt, dass er einen Titel braucht und wir ihn gewinnen lassen sollen. Ab da habe ich gewusst, dass er Angst hat, zu verlieren, und genau so ist es dann auch gekommen", erinnert sich Kreuz an den sensationellen 2:1-Sieg Stockeraus im Endspiel.


Kurt Welzl – Der launenhafte Gurkenkönig

Kurt Welzl sei zwar ein "Lauser", empörte sich ÖFB-Sportdirektor Max Merkl vor der WM 1978, "aber Banditen wie Welzl schießen wenigstens ab und zu ein Tor".

Der Grund für die Empörung? Obwohl Welzl damals ein gefürchteter Bundesliga-Stürmer war, wurde er von Teamchef Helmut Senekowitsch nicht in den WM-Kader einberufen. Der trickreiche Angreifer galt als launenhaft, hatte oft mehr Spaß am Spiel selbst als am Toreschießen.

Zu seiner Zeit beim Wiener Sportclub wettete Welzl einmal mit seinen Mitspielern, wer bei einem Match gegen Eisenstadt die meisten Gurken verteilen würde. Welzl war es. 32 Mal "hoserlte" er seine Gegenspieler in einem Spiel, auf den Titel "Gurkenkönig" ist er bis heute stolz.

Welzl musste 1978 trotzdem zuhause bleiben, anstelle von ihm wurde Hans Pirkner mit nach Argentinien genommen. "Wahrscheinlich deshalb, weil der Pirkner besser Karten gespielt hat", mutmaßte Welzl vor einigen Jahren im "Standard".

Einer internationalen Karriere standen Welzls Launen aber nicht im Weg, zu groß war das fußballerische Talent. 1978 verschlug es ihn zu AZ Alkmaar, wo er 1980/81 holländische Fußballgeschichte schrieb.

Angetrieben von Welzls unstillbarem Torhunger legte Alkmaar eine fast ungeschlagene Eredivisie-Saison hin, holte neben dem ersten Meistertitel der Klubgeschichte auch noch den Pokal und scheiterte im UEFA-Cup erst im Finale.

Welzl selbst zog es danach zum FC Valencia, wo es ihm auferlegt war, die Fußstapfen eines Mario Kempes aufzufüllen. Sie waren zu groß. Dennoch fügte Welzl mit Olympiakos Piräus und KAA Gent seiner Vita noch zwei weitere namhafte Klubs hinzu, ehe es ihn zurück nach Österreich verschlug.

Im Nationalteam kam Welzl nur 22 Mal zum Einsatz, wies dabei aber einen nur unwesentlich schlechteren Torschnitt als ein Toni Polster oder ein Hans Krankl auf.

Vielleicht war auch das ein Grund, warum Welzl dem Fußball nach seiner aktiven Karriere – mit Ausnahme eines kurzen Engagements als Trainer des SCR Altach – den Rücken zukehrte und sich stattdessen als Modehändler in Tirol einen Namen machte.


Heinz Schilcher - Der Erfolgsgarant im Hintergrund

Heinz Schilcher - Der Erfolgsgarant im Hintergrund
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Wo Heinz Schilcher war, war der Erfolg.

Als der Steirer (im Bild mittig im Ajax-Trikot) von 1971 bis 1974 bei Ajax Amsterdam kickte, gewannen die Niederländer so ziemlich alles, was es im europäischen Fußball zu gewinnen gab. Als er rund 20 Jahre später die sportlichen Geschicke beim SK Sturm leitete, durchlebten die Grazer die erfolgreichste Phase ihrer Klubgeschichte.

Dass der 2018 verstorbene Schilcher einmal zur Sturm-Legende werden würde, war 1965 noch nicht abzusehen, als er für den GAK in der Bundesliga debütierte. 1969 erfolgte schließlich der Wechsel zu Sturm, 1971 jener zu Ajax.

In Amsterdam war Schilcher so etwas wie ein Feuerwehrmann, der in der Amsterdamer Defensive immer zur Verfügung stand, wenn es wo brannte. In der Eredivisie absolvierte der Sechser viele Spiele, im Europacup wenige. Bei den beiden siegreichen Finali Ajax' im Europapokal der Landesmeister 1972 und 1973 kam er nicht zum Einsatz.

1974 war Schilcher diese Reservistenrolle nicht mehr genug. Er wechselte nach Frankreich. Dort, genauer gesagt bei Racing Straßburg, kickte Schilcher mit einem jugoslawischen Mittelfeldspieler zusammen, der sich später als relativ guter Trainer herausstellen sollte: Ivica Osim. Schilcher kehrte 1982 zu Sturm zurück. Zuerst als Spieler, ab 1992 als sportlicher Leiter. 1994 lotste er Osim an die Mur. Der Rest ist Grazer Fußballgeschichte.

Nach seinem unschönen Ende bei Sturm - Schilcher wurde 2012 im Prozess gegen Ex-Präsident Hannes Kartnig als Beitragstäter mitverurteilt und musste 1,9 Millionen Euro Strafe zahlen - kehrte er 2007 zu Ajax Amsterdam zurück. Als Scout beobachtete er über vier Jahre lang Talente aus Süd- und Osteuropa für seinen Ex-Klub.

In dieser Funktion empfahl er den Amsterdamer Verantwortlichen 2008 die Verpflichtung von David Alaba, als dieser noch im FAK-Nachwuchs kickte. "Solche Spieler hätten sie selber genug, haben sie gesagt", erinnerte sich Schilcher einmal im "Kurier". Ajax holte seither keinen großen internationalen Titel mehr, Alaba vier mal die Champions League und ist damit nach Schilcher der erst zweite Österreicher, der mehr als einmal die Champions League bzw. seinerseits den Meistercup gewinnen konnte.

Länderspiele weist Schilcher allerdings um 104 weniger als Alaba auf. Ein einziges Mal nur wurde er trotz seiner großen Erfolge mit Ajax für das österreichische Nationalteam einberufen.

Gerard Stefan Aichorn - Das Schnitzel

Schlussendlich beleuchten wir noch Gerard Stefan Aichorn, der als absolute Vereinslegende beim FC Den Bosch gilt.

Der gebürtige Kärntner kam bereits mit 15 Jahren in die Niederlande, als seine verwitwete Mutter einen Holländer heiratete. Von 1974 bis 1977 kehrte er nach Österreich zurück, kickte beim ASK Klagenfurt und beim SK Rapid, seine prägendste Zeit erlebte er aber beim FC Den Bosch.

Insgesamt über 13 Jahre war er für den aktuellen Zweitligisten als Linksverteidiger tätig. Er hat sich nachhaltig ins Gedächtnis der Den-Bosch-Fans gebrannt und wird heute noch regelmäßig von Anhängern des Klubs interviewt. "Die Fans waren verrückt nach mir, aber ich war auch verrückt nach ihnen", sagte er einmal in einem dieser Interviews.

Als "Das Schnitzel" war und ist er in ’s-Hertogenbosch bis heute bekannt. Warum das so ist? Nun ja, weil Aichorn aus Österreich kommt und man in Österreich eben gerne Schnitzel isst.

Aichorn galt als einer der ersten modernen Außenverteidiger, er baute sich aktiv ins Offensivspiel ein. Seine Rolle beschrieb er einmal so: "Ich habe immer gespielt, war nie verletzt und wurde von den Fans sehr geliebt. Ich war eine Art Dirigent."

Fußball war für ihn dennoch nur ein Nebenberuf, er arbeitete hauptberuflich bei der Post - und das, obwohl er mit dem FC Den Bosch viele Jahre in der Eredivisie spielte. Er habe zwar Angebote gehabt, zu größeren holländischen Klubs wie PSV Eindhoven oder Feyenoord Rotterdam zu gehen, lehnte aber immer dankend ab.

Einzig ein Wechsel zu Ajax Amsterdam hätte ihm wegen des damaligen Trainers gereizt: Johan Cruyff. Dieser hätte ihn nach einem Spiel gegeneinander einmal verraten, dass Ajax durchaus Interesse an ihm zeige, aber Zweifel hege, ob er international gut genug sei. "Ich hatte großen Respekt vor Cruyff. Wenn ich ihn damals traf, rief er immer: Hey, Österreicher", schwelgt Aichorn in Erinnerungen.

Heute ist Aichorn 70 Jahre alt und lebt nach wie vor in Holland, wo er regelmäßig von Den-Bosch-Fans erkannt und angesprochen wird. Mit Fußball hat er nicht mehr allzu viel am Hut, die Ergebnisse seines FC Den Bosch verfolgt er aber weiterhin eifrig.

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