Amstetten: Lieber schwierig in LigaZwa statt Kooperationsklub
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Amstetten: Lieber schwierig in LigaZwa statt Kooperationsklub

Der SKU Amstetten ist seit der Erweiterung der ADMIRAL 2. Liga auf 16 Klubs quasi Stamminventar. Das soll auch so bleiben. Ein bisschen träumte man von Mostviertler Bundesligakick, lebt mittlerweile aber lieber in der Realität.

Viele aufstiegswillige Klubs, eine lange Liste an Zweitvertretungen, dazu noch Kooperationsvereine – in der 2. Liga gibt es nicht viele Klubs, die weder rauf können, noch hinunter wollen. Einer davon ist der SKU Ertl Glas Amstetten.

Am Anfang seiner Geschichte stand wie so oft in Österreichs Fußball eine Fusion. 1997 wurde aus dem 1932 gegründeten ASK sowie dem 1946 aus der Taufe gehobenen SC Union der SKU Amstetten. Von der 2. Landesliga West in der Saison 1997/98 arbeitete sich der Klub aus dem Mostviertel stetig nach oben.

2008/09 stiegen die Amstettner erstmals in die Regionalliga Ost auf und kickten somit auch außerhalb Niederösterreichs. 2017/18 hatte der Verein seine siebte Ostligasaison in Folge in den Beinen. Die Ligareform spülte den Tabellendritten in die Zweitklassigkeit. Amstetten wollte wie in der dritten Leistungsstufe mit einem Amateurkader spielen.

Wir haben Gespräche mit Kooperationsvereinen und Investoren geführt, aber auf so ein Abenteuer mit dubiosen Investoren lassen wir uns nicht ein.

Harald Vetter

Im Sommer 2018 schon zehn Jahre in leitender Rolle mit dabei: der heutige Vorstand Harald Vetter, im Zivilberuf war er bis 1. Juli fast drei Jahrzehnte Leiter des Arbeitsmarktservices in der Stadt. Wenige kennen den Verein so gut wie er.

Mal schauen

"Wir haben recht schnell gemerkt, dass das bei uns nicht funktioniert, denn ohne Profibetrieb ist die 2. Liga kaum machbar", erklärt er heute im Gespräch mit 90minuten. Das hätten andere Klubs ebenfalls so gehandhabt. Heute gibt es noch zwei, drei Kicker, die nebenbei arbeiten. Das sind eher die älteren.

"2021/22 haben wir die Kampfmannschaft schließlich in eine GesmbH ausgegliedert", so Vetter. Die ersten Spielzeiten landete der Klub in sicheren bis sehr guten Tabellenregionen: 11., 5., 12., 5., 5. Der SKU Amstetten wurde zum Stamminventar der Liga sowie zum Profiverein.

Patrick Enengl lange zu vertrauen, zahlt sich aus
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Patrick Enengl lange zu vertrauen, zahlt sich aus

2023/24 drohte alles, was man aufgebaut hatte, zu zerbrechen. Patrick Enengl übernahm nach einem katastrophalen Ligastart und sollte ein neues Spielsystem implementieren. Doch die Amstettner taumelten unter dem damals 28-jährigen Trainer Richtung Regionalliga. Die Mostviertler wurden Letzter, hielten aber aus Überzeugung am Trainer fest.

An diesem sportlichen Scheideweg halfen Glück und Zufall. Nur Voitsberg und Rapid II bekamen die Erlaubnis, in die ADMIRAL 2. Liga aufzusteigen. Gleichzeitig warf die Liga den viertplatzierten DSV Leoben sowie den 14., FC Dornbirn, im Zuge der Lizenzierung aus der Liga.

Investoren? Nein, danke

Mit Alternativen zum bisherigen Modell befasste man sich in Amstetten damals aber durchaus. "Wir haben Gespräche mit Kooperationsvereinen und Investoren geführt", stellt Vetter klar, "aber auf so ein Abenteuer mit dubiosen Investoren lassen wir uns nicht ein. Mit einem Partner aus Deutschland müsste Amstetten seine DNA aufgeben."

Wie sieht diese aus und was hat der Verein überhaupt vor?

Die Bundesliga ist hier von der Wirtschaft und Infrastruktur her nicht möglich.

Harald Vetter

Die Niederösterreicher machten sich in diesem "Seuchenjahr", wie Vetter es nannte, intensiv Gedanken. Man wollte den von Oliver Glasner inspirierten und durch Enengl umgesetzten LASK-Fußball. Deswegen hatte man den Jungtrainer Enengl ja geholt. Das Durchhaltevermögen macht sich bezahlt. Nicht nur für den Verein, sondern auch für den Coach.

Kein Trainer ist derzeit länger im österreichischen Profifußball an der Linie als er. Seit gut zwei Jahren gibt es zudem das hauseigene Nachwuchszentrum in Kooperation mit Waidhofen/Ybbs sowie mit Ried-Legende Thomas Gebauer einen hauptamtlichen Sportdirektor.

Man hatte sich schon zuvor mit langfristigen Ideen befasst, auch damit, ob man die Bundesliga anvisieren könnte. Eine Analyse in der erfolgreichen Saison 2022/23 ergab: Nein. "Die Bundesliga ist hier von der Wirtschaft und Infrastruktur her nicht möglich."

Gefühlt ewig mit dabei: SKU-Vorstand Harald Vetter
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Gefühlt ewig mit dabei: SKU-Vorstand Harald Vetter

Keine Zweitligisten mehr?

Und wer sich die zweite Liga ansieht, bemerkt, dass es Klubs gibt, denen das leichter fällt. Da wäre der Nachbar SKN St. Pölten, die Vienna, Austria Lustenau, Admira Wacker, Bundesliga-Absteiger Klagenfurt oder der ambitionierte Aufsteiger aus Wels, der ebenfalls von höheren Weihen träumt.

Das ist aktuell und auf Sicht kein Thema für die Niederösterreicher. Einfacher macht es die Sache nicht, dass neben den aufstiegswilligen Klubs mit entsprechendem Budget so viele Zweit- und Kooperationsvereine in der Liga sind.

"Horn ist abgestiegen, Kapfenberg hatte einen Investor – neben uns und dem FAC gibt es ja kaum noch einen echten Zweitligisten, der keine Vision für die Bundesliga hat", meint er.

Es ist nicht so leicht, Jahr für Jahr die richtigen Spieler zu haben. In Transfergesprächen geht es also oft darum, ihnen einen Weg vorzuzeichnen, wohin sie nachher gehen könnten.

Thomas Gebauer

Wie auch? Die zwei bis 2,5 Millionen Euro Budget aufzustellen, gestaltet sich trotz regionaler Verwurzelung für den Vierervorstand durchaus schwierig. Dazu kommen Investitionen, etwa in eine neue Gästetribüne.

Top 3 und Top 30 des Landes

Damit sieht man sich auf Sicht einmal gut aufgestellt, um das zu bleiben, was man aktuell ist: die Nummer drei im Lande, hinter St. Pölten und der Admira. Damit liegt man vor deutlich größeren Städten wie Krems (Ostliga) und Wiener Neustadt (Landesliga).

Übrigens würde ein abermaliger Abstieg wenig an den verschiedensten SKU-Ansinnen ändern. Klar, die professionellen Kicker sind dann größtenteils weg und ein direkter Wiederaufstieg wäre schwierig, auf Sicht wolle man aber zu den Top-30-Klubs gehören. Der sicherste Weg, dort zu bleiben, ist klarerweise der Verbleib in der 2. Liga.

Thomas Gebauer holt sie, die Kicker, die sich hier weiter entwickeln wollen
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Thomas Gebauer holt sie, die Kicker, die sich hier weiter entwickeln wollen

So weit soll es nicht kommen. Dafür sorgt Thomas Gebauer, der seinem Vorstand länger zuhört und sich einschaltet, als Vetter sagt: "Unser Dilemma ist ja dennoch, dass das Risiko groß ist, dass einer geht, wenn er bei uns gut performt."

"Es ist Werbung, wenn sie diesen Schritt bei uns schaffen und den nächsten Step in ihrer Karriere gehen", so Gebauer. Er denkt dabei an Rapid-Shootingstar Dominik Weixelbraun. Oder an Jannik Wanner, Cousin von Bayern-Talent Paul. Dieser mauserte sich im Mostviertel nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen und spielt derzeit schottische Premier League bei Livingston.

Kein Risiko eingehen!

Für den Sportchef selbst ist es dann nicht so leicht, "Jahr für Jahr die richtigen Spieler zu haben. In Transfergesprächen geht es also oft darum, ihnen einen Weg vorzuzeichnen, wohin sie nachher gehen könnten."

Unsere Spielphilosophie ist intensiv, emotional und erfolgversprechend.

Thomas Gebauer

Amstetten bietet als Anreiz zwar keinen Aufstieg, aber eine gute Plattform und Sichtbarkeit. Über allem steht die Spielphilosophie, die Gebauer als "intensiv, emotional und erfolgversprechend" beschreibt. Gemäß dieser werden Spieler ausgesucht. 

"Performen müssen sie schon selber, einen Vertrag mit anderen Vereinen können wir nicht bieten", so Gebauer. "Wenn alle gut spielen, profitieren alle." Aber man weiß: Viele Fehlgriffe darf man sich am Transfermarkt nicht leisten. Sonst geht ein Gutteil der knapp zwei bis 2,5 Miollionen Euro Budget ins Leere und der Klub vielleicht wie 2023/24 in die Abstiegszone.

Das vermeiden soll Gebauer, den Rest besorgen Vetter und die anderen Vorstandskollegen. Damit der SKU Amstetten das bleibt, was es hierzulande und über die Grenzen hinaus abseits der großen Städte nicht mehr so weit verbreitet gibt: Ein gesunder, kleiner Verein mit passender Infrastruktur, klarem Plan, positivem Eigenkapital und regionalen Partnern sowie Kickern.


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