Modernster Fußball der Liga mit Schwächen im defensiven Umschaltspiel

Von Platz drei aus geht Rapid im Frühjahr auf Titeljagd. Obwohl Zoran Barisic potenziell den modernsten Fußball in der Liga spielen lässt, gibt es einige taktische Schwächen, an denen gearbeitet werden muss. Dennoch darf vom Titel in Hütteldorf geträumt w

 

Die APA veröffentlichte diese Woche eine Trainerumfrage, in er die Betreuer der Bundesliga einen Dreikampf an der Spitze prognostizierten. Thorsten Fink meinte in einem KURIER-Interview, dass er sich vor Rapid mehr fürchtet als vor Red Bull. 90minuten.at blickt auf die Taktik von Salzburg, Austria und Rapid und wagt eine Prognose.

 

Zoran Barisic ist seit dem 17. April 2013 in seiner zweiten Amtszeit bei Rapid. Zum dreijährigen Jubiläum, welches bald ansteht, könnten die Hütteldorfer bereits den Grundstein für die erste Meisterschaft seit 2008 legen. Doch wie realisitsch ist das?


Was zeichnet Rapid aus?
An sich ist Zoran Barisic ein moderner Trainer. Er versucht einen zeitgemäßen Fußball spielen zu lassen. Seine Mannschaft agiert oft im 4-2-3-1 und versucht dominant aufzutreten. Über die Jahre hat sich das Ballbesitzspiel der Rapidler unter Barisic immer weiter verbessert. Schaub, Hofmann und Co können den meisten Teams der Liga bereits ihren Stempel aufdrücken. Dabei wird nicht lange in der Trickkiste gefummelt. Außenverteidiger schieben hoch, ein Sechser (meist Petsos) kippt dazwischen ab und verstärkt die erste Linie. Diese versucht mehr oder weniger geduldig aufzubauen und nach vorne zu kommen. Im Gegensatz zur Austria, welche spätestens hier einen hohen Ball Richtung Kayode, Friesenbichler oder Gorgon geschlagen hat, versucht Rapid über kurze Pässe auf den Flügel zu kommen.

 

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Bild 1: Rapid baut über Flügel auf. Petsos (5) ist abgekippt.

 

Da aber meist Schobesberger und Kainz die Flügel sehr hoch besetzen und dabei fast an der Outlinie stehen, wissen die Außenverteidiger oft nicht so recht wo sie stehen sollen. Mit Ball haben sie nämlich oft den Auftrag zu hinterlaufen, was hinter der Outlinie recht schwer ist. Wenn Louis Schaub auf der „Zehn“ spielt, versteht er es sehr gut, diese Flügelangriffe zu unterstützen, indem er weit ausweicht und den Angriff an der Outlinie überlädt. Problematisch ist dabei, dass er zu selten selber versucht Richtung Tor durchzubrechen, obwohl er der Schlüssel für einen erfolgreichen Angriff darstellt.

 

Auch darauf hat Barisic in seiner „Trial and Error“-Methode bereits reagiert und lässt inzwischen einen viel zentrumslastigeren Aufbau spielen. Dabei wird der Ball lang von einem zum anderen Innenverteidiger zirkuliert, bis die Stürmer des Gegners nicht mehr hinterherkommen und sich ein Korridor in die Spitze öffnet.

 

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Bild 2 – Aufbau durchs Zentrum, Petsos wieder abgekippt (5)

 

Nachdem solche Pässe aber schwer zu spielen sind, musste Barisic in einem nächsten Schritt ein ordentliches Gegenpressing implementieren, mit dem man den Ball postwendend zurückerobern kann und somit gleich wieder vor das gegnerische Tor kommt.

 


Massiver Druck
Im Pressing hat die Mannschaft von Barisic zwar eine große Schwankungsbreite, doch kann phasenweise immer wieder massiven Druck auf den Gegner ausüben und dabei aus dem Konzept bringen. Dabei fällt auf, dass man zwar in der ersten Pressing-Linie sehr intensiv agiert, dahinter aber immer wieder große Lücken hat, welche für den Gegner auch zu bespielen sind.

 

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Bild 3 – Aufbau der Admira, starkes Pressing von Rapid, doch dahinter kommt lange nichts.

 

Um diese zu verteidigen, lässt Barisic sein Mittelfeld wiederum teilweise sehr weit mannorientert rausrücken.

 

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Bild 4 – Grahovac rückt Mann gegen Mann raus, um zu verhindern, dass die Admira die erste Linie der Grün-Weißen schlägt.

 

Das öffnet zwar Räume im Rücken von Grahovac, doch diese müssen vom Gegner erst mal bespielt werden. Und während man im hohen Pressing noch teilweise Probleme hat, so ist das tiefere Mittelfeldpressing äußerst effizient. Die einzelnen Mannorientierungen in der Raumdeckung ergeben ein stabiles Konstrukt, welches vor allem in der Europa League äußerst erfolgreich war.

 

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Bild 5 – stabile Raum/Manndeckung.


Vor allem in der Strafraumverteidigung ist Rapid effizient und gegen Flanken quasi immun. Dabei wird ein Außenverteidiger recht isoliert ausgekoppelt, während der Rest den Strafraum im Griff hat. Auch bei Ecken und Standards sind sie dank kluger Raumdeckung sehr stabil.

 

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Bild 6 – Strafraumverteidigung.

 


Welche Schwächen hat Rapid?
Barisic ist immer dabei an Schrauben zu drehen, um potenzielle Schwächen seiner Mannschaft auszubessern. Ein paar Merkmale konnte er bislang aber nicht in dern Griff bekommen.

 

Am auffälligsten ist die Schwäche gegen gegnerische Konter. Trotz der Bemühungen, ein ordentliches Gegenpressing zu installieren, kommt es immer wieder zu sehr gefährlichen Aktionen im defensiven Umschaltspiel. Die erste Welle im Gegenpressing ist quantitativ meist nicht ausreichend, es kommt meist zu 1gegen1-Situationen gegen den Ballführenden. Dieser hat zwar kaum Zeit, gegen den gegenpressenden Rapidler, doch wenn er doch vorbeikommen kann, findet er dahinter viel Raum vor.

 

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Bild 7 – Keita schlägt den eingekreisten Rapidler im 1 gegen 1 und öffnet Riesenräume für sein Team.

 

Das liegt einerseits an der unverbundenen Staffelung in Ballbesitz, andererseits aber schlichtweg am „Weglaufen“ der Innenverteidiger. Diese lassen sich bei Ballverlust sofort fallen, um den Raum vor dem eigenen Tor zu verteidigen. Dies gibt aber nur ein falsches Gefühl der Sicherheit. Man verteidigt zwar näher zum eigenen Tor, gibt dem Gegner aber auch viel Raum, um mit vollem Tempo angelaufen zu kommen.

 

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Bild 8 – Admira kontert, Rapid steht bereits unvorteilhaft doch die Verteidiger lassen sich zusätzlich fallen.



Ein weiteres Problem in der Ära Barisic ist die mangelnde Geduld im kontinuierlichen Spielaufbau. Man möchte zwar dominant sein und das Spiel flach eröffnen und benutzt entsprechend viele – meistens zu viele - Spieler im ersten Drittel, um hinten rauszuspielen. Das Spiel in die Spitze ist aber in weiterer Folge zu überhastet beziehungsweise wird das Mittelfeld oft überspielt und den Spielern nicht die Möglichkeit gegeben nachzurücken. Vor allem das Fehlen von Beric fällt negativ auf. Der nach Frankreich gewechselte Stürmer war exzellent darin, Bälle in der Spitze fest zu machen und der Mannschaft dadurch zu ermöglichen sauber nachzurücken.

 

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Bild 9 – Unverbundenheit im Angriff ergibt aussichtslose Staffelungen.

 

Rapid ist, wie auch die Austria, sehr abhängig von ihrem Spielgestalter. Bei den Hütteldorfern ist das der Grieche Petsos, der das gesamte Spiel an sich reißt und immer im Mittelpunkt des Spielzuges stehen will. Wie auch Holzhauser bei der Austria, kippt Petsos fast durchgehend ab, sei es zwischen oder neben die Verteidiger und steht dabei seinen Mitspielern auch mal im Weg.

 

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Bild 10 – Was hat Petsos vor?

 

Dabei deckt er nicht selten auch seine Mitspieler aus dem Spiel, weil er sich selber in den Mittelpunkt stellt.

 

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Bild 11 – Schwab und Hofmann effektiv aus dem Spiel genommen.

 

Prognose
Rapid spielt potenziell den modernsten Fußball der Liga, hat aber auch entsprechend viele Problem in der Umsetzung. Dass Barisic in der Vergangenheit aber gut auf Missstände reagieren konnte, sollte den Hütteldorfer Fans Hoffnung geben. Den gravierenden Schwächen im defensiven Umschaltspiel zum Trotz kann Rapid von der Mission 33 träumen. Am Freitag folgen die Analysen zu Red Bull Salzburg und Austria Wien.

 

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