2015

Warum die Unkompaktheit von Rapid nicht schlecht sein muss

Die vergangene Analyse zum Wiener Derby hat im Netz für viel Kontroverse gesorgt hat. Im Mittelpunkt der Kritik stand hierbei die Beschreibung einer „unkompakten Rapid-Mannschaft". Dieser Ausdruck wurde von fast allen Lesern prompt als negative Kritik auf

 

Dabei wollte ich das Wort „unkompakt" hier absolut nicht als etwas komplett Negatives verstanden haben. Nachdem dieser Eindruck jedoch bei sehr vielen geweckt wurde, war die Formulierung wohl unpassend gewählt.

 

Der Begriff der Kompakheit/Unkompaktheit soll keineswegs pauschal als positiv oder negativ aufgefasst werden, vielmehr handelt es sich hierbei eigentlich nur um eine simple Beschreibung davon, wie Mitspieler zueinander stehen. Hier gibt es viele Beispiele, bei denen Unkompaktheiten gut sind und Kompaktheiten wiederum nicht. Viele Mannschaften benutzen zum Beispiel lokale Unkompaktheiten auf einem Flügel, um dadurch die andere Seite überladen zu können. Durch schnelle Spielverlagerung wird dann versucht das kurze Zeitfenster zu bespielen, bis der Gegner wieder seine Spieler auf die Gegenseite schicken kann.

 

Wenn eine Mannschaft aber einmal wieder in den Schlussminuten alles verzweifelt nach vorne wirft, um in letzter Minute ein Tor zu erzielen, agiert sie zumeist in der Vertikalen zwar extrem kompakt, gut ist das aber keineswegs. Vielmehr fehlt es dann komplett an der Absicherung im Rücken des ultrakompakten Blocks und es endet oft in Kontersituationen, bei denen der Gegner von der Mittellinie weg alleine auf den Tormann zulaufen kann.

 

Was ich damit sagen will: Unkompakt heißt nicht schlecht, kompakt heißt nicht gut. Und dass Rapid gegen die Austria mit einer tiefen Abwehr agierte, während vorne die Stürmer auf den nächsten Konter lauerten, oder abwarteten, um bei Gelegenheit die langsamen Innenverteidiger der Veilchen anzulaufen, war keineswegs kompakt (als Beschreibung), aber auch keineswegs schlecht. Im Gegenteil: Es war gegen Finks Ausrichtung absolut passend und führte dementsprechend zu durchschlagendem Erfolg. Es war selbstverständlich auch ein Risiko, falls die Austria das Ganze eventuell durchschaut hätte bzw. auch fähig gewesen wäre es zu bespielen, doch das ist prinzipiell bei jeder Taktik so.

 

Im Spiel gegen die Austria kam es jedenfalls nicht dazu. Ich habe ehrlicherweise auch oft vergeblich darauf gewartet, dass Barisic' Taktik an der tiefen Positionierung der Abwehr zerbricht. Dabei bleibt unter anderem die Paarung gegen Helsinki oder das erste Derby aus der Vorsaison in Erinnerung. In der Zwischenzeit hat sich die Spielidee von Zoran Barisic jedoch naturgemäß weiterentwickelt und ihm gelingt es immer besser, potenzielle Schwachstellen in seinem System auszugleichen und dadurch zu relativieren.

 

Was Rapid in der Vergangenheit dabei geholfen hat, Barisics Ausrichtung stabiler über 90 Minuten umzusetzen, waren immer wieder eingestreute „Ausruh"-Phasen, bei denen man nicht so intensiv gegen den Ball arbeitete und den Abstand zu den eigenen Verteidigern wieder verkürzte und dabei dann nicht mehr auseinandergerissen werden konnte. Was an dieser Stelle jedoch wiederum verwunderte war, dass Trainer Barisic auf Pressekonferenzen nach dem Spiel bemerkenswert oft anprangerte und forderte dass die Mannschaft diese Phasen abstellen solle. Und das obwohl eben diese Phasen dafür sorgen, dass Rapid inzwischen über die gesamte Spieldauer ihr eher riskantes Spiel durchziehen kann. Auch dies führt schlussendlich dazu, dass ich nach wie vor sehr zwiegespalten bin gegenüber der Ausrichtung Rapids und mir die Frage stelle, ob man die genaue Funktionsweise bzw. teilweise Nicht-Funktionsweise dieser auch vollends verstanden hat. Jedoch muss man auch festhalten, dass der derzeitige Erfolg Barisic Recht gibt.

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