Rapid vs Austria: Spielerisch wenig überzeugend, doch taktisch besser
Weder Rapid noch Austria konnten beim Wiener Derby spielerisch überzeugende Leistungen abliefern. Die Hütteldorfer waren jedoch taktisch überlegen und konnten so ungefährdet gegen die Austria gewinnen (Fotos), die im Pressing inkonsequent und scheinbar au
Das letzte Wiener Derby der laufenden Saison stand unter ungewöhnlichen Voraussetzungen. Während Rapid die direkte CL-Quali sichern wollte, ging es für die Austria nur mehr darum, im direkten Duell gegen den Erzrivalen ungeschlagen zu bleiben.
Austria spielte erneut im – von Andreas Ogris implementierten - sehr passiven 4-1-4-1. Gorgon als Solospitze sollte die Angriffe unter passenden Voraussetzungen auf eine Seite leiten, wo man dann versuchen wollte, den Ball zu erobern. Es ist jedoch bekannt, dass das Leiten von Angriffen mit einer echten Solospitze schwer bis unmöglich ist. Dementsprechend oft waren die Laufe von Gorgon umsonst. Wenn es aber mal klappte sah das so aus:
Bild 1 – Gorgon leitet den Angriff per gebogenem Lauf auf die Außen.
Nachdem dies jedoch die Ausnahme blieb, ließen sich hier die Austrianer immer wieder herauslocken. Vor allem wenn Rapid mit Petsos als abkippenden Sechser das Spiel aufbaute, rückte einer der beiden Achter – Holzhauser oder Grünwald – aus dem Mittelfeld vor und unterstützte Gorgon an vorderster Front. Dahinter blieb aber dann auch der zweite Achter recht weit vorne und achtete auf Rapid-Kapitän Steffen Hofmann. Wie schon bei dieser Derby-Analyse in dieser Saison, konnte man auch an diesem Sonntag wieder eine sehr fluide Positionnierung von Steffen Hofmann beobachten. Wenn dieser beschloss sich fallen zu lassen, wurde er von einem Austrianer (meist Holzhauser) mannorientiert verfolgt. Dadurch stand die Austria oft in einer Art 4-3-1-2.
Bild 2 – Grünwald geht zu Gorgon und Holzhauser verfolgt Hofmann mannorientiert. Bei Rapid kippt Petsos.
Wobei es hier durchwegs unklar blieb, ob Holzhauser und Grünwald wirklich konkrete Anhaltspunkte hatten, bei denen sie aus dem Mittelfeld rausrückten. Vielmehr sah es nämlich danach aus, als würden die Achter der Austria sowohl bei der Manndeckung als auch beim Rausrücken auf Eigeninitiative agieren. Dementsprechend schlecht war das Ganze dann mit dem Rest der Mannschaft abgestimmt.
Bild 3 – Austria steht sehr schlecht.
In der folgenden Szene sehen wir, wie gleichzeitig beide Achter der Austria rausgerückt sind, wobei Holzhauser hier seinen Fehler erkennt und versucht zurückzulaufen. Doch hier ist bereits die gesamte Kompaktheit der Austria dahin. Salomon, Leitgeb und De Paula müssen die gesamte Breite sichern und man erkennt auch, wie 3-4 Rapidler sich im Rücken des Mittelfelds im Zwischenlinienraum davonschleichen können. Hierbei kam es den Hütteldorfern entgegen ,dass die Austria oft mit zwei Mann im Spiel gegen den Ball agierte, diese aber wenig Verbindung untereinander und zum Mittelfeld hinter sich hatten. Dadurch war der abkippende Petsos zwischen den beiden Innenverteidigern auch gut aufgehoben und erlaubte es Sonnleitner und M. Hofmann, sehr breit zu stehen und so die erste Reihe der Austria mit Leichtigkeit zu überspielen.
Bild 4 – Vertikale Kompaktheit?
Hier haben die Stürmer es eigentlich mal geschafft in der Breite halbwegs kompakt zu stehen, doch das Ganze wird wiederum dadurch entkräftet, dass das Mittelfeld ein enormes Loch zu Gorgon und Grünwald offen lässt. Dazwischen haben sich zwei Rapidler positionniert (schwarzes Rechteck) und können nicht nur angespielt werden, sondern sich auch noch mit dem Ball drehen.
Rapid war gestern in allen Belangen überlegen und konnte – im Vergleich zur Analyse gegen den WAC zum Ende der Hinrunde – sein Spiel stark verbessern und einen wesentlich effizienteren Spielaufbau vorweisen. Dazu kamen Austrias verwirrte Rausrückbewegungen und Mannorientierungen. Dennoch schaffte es Rapid mehrmals, ohne Gegnerdruck den Ball im Spielaufbau herzuschenken.
Bild 5 – Staffelungsdruck der Austria reicht und der Ball kommt im schwarzen Rechteck zu David De Paula.
Eine weitere interessante Beobachtung war wie sich der Flügelfokus von Rapid entwickelt hat. Dieser war früher teilweise eine Schwäche von Rapid. Man hat sich unnötig früh das Spielfeld halbiert und in eine Position gebracht, in der man leicht abgedrängt wurde. Gleichzeitig hatte der Flügelstürmer oft nur den hinterlaufenden Außenverteidiger als Unterstützung und in der Breite keine Kompaktheit. Also war man nicht nur anfällig für Ballverluste, sondern konnte auf diese auch nicht reagieren.
Inzwischen steht Rapid nicht immer nur extrem am Flügel, sondern lässt sich auch gerne im Halbraum blicken. Dabei war es am Einfachsten, wenn man über links (Kainz) das Spiel aufbaute und dann auf die andere Seite verlagerte. Wobei dann rechts Schobesberger nicht an der Outlinie klebte, sondern ballfern den Halbraum besetzte und von dort seine extreme Torgefährlichkeit unter Beweis stellen konnte. Außerdem werden die Flügel schon seit längerem besser eingebunden, indem sie von einem der Zentralmittelfeldspieler unterstützt werden und so auch bei Ballverlust passenden Gegenpressing-Staffelungen hatten.
Bild 6 – Flügelfokus meets Gegenpressing. Man achte auf Schobesbergers Positionierung.
Wenn der Angriff dann über den Halbraum vorgetragen wurde, hatte die Austria selten eine Antwort parat. Am Ehesten konnte Suttner ein paar Mal aus der Viererkette rausrücken und seinen Gegenspieler mannorientiert verfolgen. Da aber die grün-weißen Außenverteidiger konsequent die Breite hielten funktionierte das Ganze nur, wenn Suttners Vordermann Salomon auch dementsprechend absicherte.
Bild 7 – Suttner rückt raus gegen Schobesberger, Salomon übernimmt hinten. Pavelic steht extrem breit.
Das 1:0 war jedoch das Beispiel dafür wie man es nicht machen sollte: Suttner blieb zunächst zu tief und traute sich nicht vor, weil er einen Pass in die Tiefe befürchtete und dadurch das Abseits gegen Beric aufhob. Dann erst rückte er halbherzig raus als es zu spät war und erlaubte es dadurch Schobesberger, sich hinter seinem Rücken davonzuschleichen. Dadurch, dass Mittelfeld und Angriff so schnell überspielt wurden, war die Abwehr oft gefordert und musste extrem schwierige Entscheidungen treffen.
Austrias einzige Hoffnung lag im Kontern, doch man brachte sich da strategisch schon im Vorhinein um die Chance gefährlich zu werden.
Bild 8 – Austria im 4-4-???
Wenn Sie sich hier fragen, ob die Austria nur mit acht Feldspielern spielte, dann ist das eine berechtigte Frage. Vier Austrianer kontern gegen sechs Rapidler, wobei durch die Bewegung Gorgons Richtung Ball das gesamte Zentrum verwaist ist. So kann man den Gegner trotz extrem breiter Postionierung nicht auseinanderziehen, weil dieser sich keine Sorgen darüber machen muss, durchs das Zentrum ausgespielt zu werden. Besonders gravierend ist dabei der Umstand, dass durch diese fehlende Kompaktheit bei einem (sehr wahrscheinlichen) Ballverlust keinerlei Staffelung besteht, aus der man gegenpressen könnte.
Bild 9 – Austria kontert, doch in Unterzahl und unkompakt.
Hier kann die Austria das Gegenpressing von Rapid (aus Bild 6) überspielen und gefährlich nach vorne kommen. Auch der Pass auf Gorgon kommt in den Zwischenlinienraum und ist potenziell gefährlich, doch Gorgon unterläuft ein technischer Fehler. Eigentlich kein Problem, doch die Austria ist nicht nur hoffnungslos in Unterzahl, sondern steht auch viel zu breit. Salomon kann trotz größter Bemühung nicht mehr eingreifen und läuft hinterher, während Rapid seinerseits zum Gegenschlag ausholt.
Das schwache Verhalten der Austria bei Kontersituationen ist umso ernüchternder, wenn man bedenkt, dass Rapid trotz aller Verbesserungen immer noch mit einer extrem tiefen Verteidigung hinten steht. Um einen Pass in die Tiefe verhindern zu können, sollte der Ball verloren gehen, stehen die Verteidiger immer sehr weit in der eignenen Hälfte. Und auch wenn man dadurch den tiefen Ball verhindern kann, lässt man dem Gegner extrem viel Platz zum dribbeln und muss den Konter des Gegners dann aus vollem Lauf verteidigen.
Bild 10 – tiefe Rapidler werden angedribbelt.
Auch hier steht die Austria wieder sehr breit und macht sich dadurch die potenziell gefährliche 3gg3-Situation kaputt. Hier müsste einer der beiden breiten Spieler in die Mitte bzw. den Halbraum ziehen und so eine Reaktion der Verteidiger erzwingen. So können diese die Mitte sichern und bei einem Pass auf Außen entspannt hinverschieben und den Gegner stellen. Und genauso kam es dann auch. Der Ballführende Grünwald spielt auf links, Rapid kann diesen am Flügel isolieren und der Angriff verläuft im Sande.
FAZIT:
Beide Mannschaften konnten keine spielerisch überzeugenden Leistung abliefern. Doch Rapid war zumindest taktisch stark überlegen. Die Austria spielte im Pressing inkonsequent und scheinbar auf Eigeninitiative der Spieler. Die Ausrichtung gegen den Ball war nicht nur extrem passiv sondern wurde auch teilweise besorgniserregend rasch überspielt. Rapid konnte Angriff und Verteidigung gut überspielen, seine Stürmer in den Halbräumen gut einsetzten und im Falle eines Ballverlustes auch gut umschalten. Die Austria hingegen war im Konter harmlos. Mit zu wenig Spielern und zu umkompakt konnte man fast nie gefährlich werden. Es passte zum Derby der Unzulänglichkeiten, dass der Ausgleich durch de Paula nur durch einen von Rapid fürchterlich verteidigtem Einwurf fiel.
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