Fink tut Austria und Liga merklich gut

Am Sonntagabend kam es zum viel erwarteten Liga-Debüt von Thorsten Fink bei der Wiener Austria, die „Generalprobe“ war zuvor im Cup gegen Oberwart geglückt. Doch Fink gab vor dem Spiel zu, eine gewisse Anspannung zu verspüren, welche man dann auch beobach

10Am Sonntagabend kam es zum viel erwarteten Liga-Debüt von Thorsten Fink bei der Wiener Austria, die „Generalprobe“ war zuvor im Cup gegen Oberwart geglückt. Doch Fink gab vor dem Spiel zu, eine gewisse Anspannung zu verspüren, welche man dann auch beobachten konnte als der neue Coach vor dem Elfmeter zum 1:0 nicht hinsehen konnte. Das Debüt von Fink war schlussendlich mit 2:0 mehr als nur geglückt, und auch taktisch konnte er bereits ein paar interessante Ansätze präsentieren.  Eine Taktik-Analyse von Momo Akhondi


Gegen den Ball zeigten beide Mannschaften ein bekanntes 4-4-2, bei der Austria stieß dabei Alexander Grünwald zu Stürmer Zulechner vor. Links im Mittelfeld startete Neuzugang Kayode, auf der Sechs Vukojecic, in der Innenverteidigung Windbichler und links hinten Martschinko. Sechser Vukojevic, hatte auch gleich eine wichtige Rolle im Spiel der Austria MIT Ball. Der Kroate kippte zwischen die Innenverteidiger Rotpuller und Windbichler ab.
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Bild 1 – Vukojevic’s Abkippen ermöglicht breite Innenverteidiger

An sich nichts besonderes, wurde dies doch bereits einige Male in meinen Taktik-Berichten beschrieben. Doch selten wurden die daraus resultierenden Umformungen in der österreichischen Liga so konsequent bespielt wie von der Mannschaft von Thorsten Fink. Die Außenverteidiger - vor allem Fabian Koch - schoben weit nach vorne weil die Innenverteidiger dank Vukojevic extrem breit stehen konnten. Vor allem Windbichler zeigte uns dadurch teils sehr interessante Positionierungen.
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Bild 2 – Windbichler nutzt extreme Breite aus – Zwischenlinienraum garniert.

Der WAC konnte vor allem zu Beginn sehr wenig mit der breiten Positionierung von Windbichler anfangen, dadurch war der gesamte Verbund der Kärtner höchst instabil und die Wiener Austria konnte den Zwischenlinienraum überladen. Hierbei kam es jedoch von Vukojevic zu kaum einem vertikalen Ball der diese Staffelungen hätte ausnutzen können, auch Rotpuller und Windbichler spielten eigentlich lieber den Ball zu den Außenverteidigern Koch und Martschinko.



Pässe zu letzterem waren jedoch strategisch eine schlechte Wahl, da die Leihgabe aus Hoffenheim – anders als sein Pendant auf rechts – sehr passiv im Spielaufbau agierte, und dadurch eine extrem tiefe Positionierung wählte. Durch den Pass Rotpuller – Martschinko, der einige Male vorkam, landete man extrem früh sehr weit am Flügel und hinderte dadurch die Spielentwicklung.
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Bild 3 – Martschinko passiv, Holzhauser kippt ab

Auf Bild 3 kippte zur Abwechslung mal Holzhauser nach schräg links ab, auch Vukojevic war jedoch noch in der ersten Aufbaulinie, rechts davon stand Windbichler erneut sehr breit. Hier konnte man die problematische Positionierung von Martschinko erkennen (rotes Rechteck). Der Linksverteidiger der Austria besetzte die selbe Höhe wie rechts Innenverteidiger Windbichler. Dies kann natürlich auch auf eine Vorgabe von Thorsten Fink zurückzuführen sein, der damit möglicherweise offensive Umschaltmomente des WAC besser kontrollieren wollte. Im Spielaufbau war Martschinko dadurch jedoch ein Hemmschuh.


Die Innenverteidiger suchten daher auch mit Fortdauer der Partie immer öfter nach eigenen Lösungen, anstatt immer nur die Außenverteidiger anzuspielen. Hierbei war besonders auffallend wie die Innenverteidiger zwar immer wieder sehr ungenaue Pässe spielten, jedem Pass jedoch sehr aggressiv nachliefen um für eventuelle Folgeaktionen parat zu stehen. Meistens war die Folgeaktion dann halt der Versuch den Ball zurückzuerobern, doch auch das funktionnierte gut.


Was den WAC anging so konzentrierte sich dieser einmal mehr darauf hinten stabil zu stehen, wollte offenbar aber auch situativ die Austria im Spielaufbau stören.
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Bild 4 – WAC gegen den Ball

Durch das Abkippen von Vukojevic kam es jedoch zu recht hoffnugslosen 2gg4 Situationen und dadurch zu einem recht entspannten Fortschreiten der Austria. In höheren Zonen wurde diese 4 Mann Raute dann mit Hilfe vom diagonal abkippenden Holzhauser hergestellt um auch bei passiverer Staffelung des Gegners Überzahl zu haben.

 



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Bild 5 – Holzhauser löst Almer in der Raute ab

Hier wäre es jedoch ein mittelfristiges Ziel irgendwann nicht einen weiteren Mittelfeldspieler abzustellen um die Raute herzustellen, und stattdessen mit einem höher positionierten Tormann die Überzahl herzustellen. Dadurch kann der extra Mittelfeldspieler dann seinerseits nach vorne stoßen und die weitere Spielentwicklung fördern.


Denn dort traf dann die Austria oft auf eine situativ enstehende Fünferkette des WAC. Dabei rückte nicht einmal einer der beiden Sechser ins Zentrum, sondern Palla rückte von seiner Linksverteidiger Position nach Innen und der linke Flügel Jacobo rückte auf dessen Position.
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Bild 6 – Fünferkette durch Palla und Jacobo (Pfeile).

Doch gegen defensiv disziplinierte Kärtner hatte man mit Kayode und Zulechner zwei echte Waffen. Vor allem Letzterer stellte wieder seine ausgeprägte Spielintelligenz unter Beweis, und konnte in einigen Szenen die Lage klug anitizipieren. Zum Beispiel konnte er die häufigen Läufe von Kayode ins Zentrum sehr passend ausbalancieren, indem er nach links abdriftete. So entstanden dann auch gegen den Ball teilweise Staffelungen mit Kayode an vorderster Front.
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Bild 7 – Zulechner balanciert Kayodes Laufweg aus.

Außerdem hatte Zulechner auf dieser Hybridposition zwischen Sturm und linkes Mittelfeld einige sehr interessante Laufwege gegen den Ball zu bieten, welche bei besserer Einbindung für viel Gefahr hätten sorgen können. Wenn nämlich das Pressing im Bogen im Sande verlief, orientierte sich die Leihgabe aus Freiburg in den Halbraum und zockte dort auf einen schnellen Ballgewinn, sofern dieser zu erwarten war.

 



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Bild 8 – Verrückter Laufweg gegen den Ball bringt Zulechner in starke Position für Umschaltmoment

Nach dem 1:0 durch Gorgon stellte die Mannschaft von Didi Kübauer auf ein sehr schlechtes und instabiles offensives Pressing um, bei dem die beiden vordersten Akteure extrem hoch standen und alle Passwege belauerten. Durch die 4gg2 Überzahl konnte die Austria sich jedoch befreien. Dafür stellte sich die Spielaufbau-Raute der Austria einfach ein wenig breiter auf, zwar benötigte man dadurch mehr Zeit und musste tief aus der eigenen Hälfte starten, doch man konnte danach enorm große Lücken beim WAC bespielen. Diese hatten nämlich darauf vergessen mit dem Rest der Mannschaft aufzurücken, was dafür sorgte ,dass es zwischen Sturm und Mittelfeld oft keinerlei Verbindung mehr gab.
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Bild 9 und 10 – Breite Aufbau-Raute kann Pressing überspielen, Vukojevic hat massig Platz. Was die Umschaltmomente anging so änderte Fink wenig an der Ausrichtung, welche schon der viel gescholtene Ex-Trainer Baumgartner anstrebte. In Ballnähe wurden viele Spieler abgestellt welche durch ihren kurzen Weg zum Ball ein recht aggressives Gegen(angriffs)Pressing aufziehen konnten.
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Bild 11 – 5 gegen 1-Gegenpressing der Wiener Austria

Hier gibt es jedoch noch viel Raum für Verbesserungen. Man konnte zwar oft den Ball für sich behaupten, die potenziellen Folgeaktionen waren jedoch sehr bescheiden. Das lag vor allem daran ,dass die Spieler auch lange nach dem Ballgewinn ihr Sichtfeld nicht Richtung gegnerischem Tor wendeten.

 


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Bild 12 – Sichtfeld der Austria verhindert Gegenangriff.

Hier war der Ball schon lange erobert. Doch erstaunlicherweise drehte kein Spieler seinen Kopf um mit dem neu gewonnenen Ball anzugreifen. Einzig Zulechner (roter Kreis) „sollte“ hier als hoch stehende Anspielstation mit dem Rücken zum gegnerischen Tor stehen, alle anderen sollte hier bereits den Kopf dorthin schwenken. Auch hier kann es jedoch durchaus sein, dass Trainer Fink kein schnelles Umschalten sehen wollte, sondern viel mehr eine Ball-Rezirkulations Phase forderte damit die Spieler wieder alle wichtigen Spielfeld-Zonen besetzen können.


Fazit: Thorsten Fink ist in der österreichischen Bundesliga angekommen, und das ist auch gut so. Sein Spielkonzept scheint klar und gut durchdacht, wenn auch ein wenig simpel. Doch das ist für öst. Verhältnisse keineswegs negativ zu verstehen. Die Austria kann endlich wieder was mit ihrem hohen Ballbesitzanteil anfangen. Der Trainer Fink wird daher der ganzen Liga sehr gut tun, vor allem natürlich der Austria die unter dem neuen Trainer höchstwahrscheinlich zu alter Stärke zurückfinden wird, auch wenn es noch immer viel Raum für Verbesserungen gibt. Doch in Anbetracht der jetzigen Situation der Wiener Austria mit den enttäuschenden letzten zwei Jahre, sowie dem aktuellen Spielermaterial könnte es zurzeit keinen besseren Mann für die Veilchen geben als Thorsten Fink.