2015

90 Minuten in Minsk: Warum Rapid es besser als Salzburg machen kann und muss

Will der SK Rapid Wien in der Europa League den zweiten Sieg im zweiten Spiel, muss vieles anders gemacht werden, als es die Salzburger vor einigen Wochen getan haben. Die Chancen dazu stehen gut. Eine Taktikvorschau von Georg Sander

 

Rapid ist nach dem kleinen Tief, das zeitgleich mit dem Abgang von Robert Beric über Hütteldorf gekommen ist, nach den Siegen gegen Ried und die Admira wieder in die Spur gekommen. Leicht wird es in Weißrussland heute Abend (21:05, live auf Sky/Puls4) ohnehin nicht werden. Im Gegensatz zu den tollen Auftritten in der Champions League-Qualifikation und gegen Villarreal ist Rapid nun nicht mehr der Underdog, sondern jenes Team, das das Spiel machen muss. Ein Paradigmenwechsel. Aber Rapid konnte sein dominantes Spiel in der heimischen Liga bislang gut erproben. Eine gesicherte Defensive rund um Routinier Mario Sonnleitner, eine begeisterungsfähige Offensive und eine gewisse Treffsicherheit der Offensivkräfte können die Zutaten sein, die es richten können, auch wenn Rapid in einigen Phasen immer wieder etwas unkompakt steht (siehe Bild).

 

 

Eine Szene aus dem Spiel gegen Ajax: Rapid unkompakt, der freie Spieler zwischen den Linien wird angelaufen.

 

Minsk: Drei Spiele, drei Schüsse aufs Tor
Dinamo Minsk wiederum machte beim 0:2 in Pilsen gegen den FC Viktoria ungefähr dort weiter, wo man gegen Salzburg aufgehört hatte. Passives Spiel, eine an Personal reiche Defensive und Konterspiel. In den drei letzten Europacupspielen brachten die Minsker nur drei Schüsse direkt aufs Tor des Gegners, zwei davon waren bekanntlich Volltreffer gegen Salzburg in Brest. So unkreativ Dinamo nach vorne ist, so unangenehm ist die Abwehr. Zwei Viererketten versuchen das Spiel der Gegner zu zerstören. Das funktioniert, wenn das Offensivspiel des Gegners mau ist. Während die Bullen im Hinspiel eine Notelf aufboten und unstrukturiert anliefen, war es beim Heimspiel beinahe schon die die Bestbesetzung, die einen einfachen Sieg errang.

 


Wir grüßen vom Abschlusstraining aus der Borisov-Arena

Posted by SK Rapid Wien on Mittwoch, 30. September 2015

 

Der Unterschied zu Salzburg
Das führt zu einem wichtigen Punkt. Die beiden tiefstehenden Viererketten der Minsker können den Raum im letzten Angriffsdrittel durchaus passabel kontrollieren. Fehlt dem Gegner ebendort die Präzision – wie im Salzburger Hinspiel, dann tut man sich schwer, durchzukommen. Gerade bei einem sehr auf die Mitte fokussierten Spiel und bei zu wenig Breite macht man es dem Gegner leicht. Während Salzburgs Spiel auf absolute Passgenauigkeit und bestes Timing aufgebaut ist, entsteht hier im Offensivspiel der Unterschied zu Rapid.

 

 


Rapids Flügelspiel
Rapid kann wie Salzburg sehr gut zwischen die Linien spielen. Dazu haben sie die Spieler. Dass es für die Bullen in Minsk nicht reichte, lag ja auch weniger an der ausgeklügelten Defensivtaktik, als mehr am Unvermögen der Salzburger. Zudem hat Rapid mit Stürmern wie Alar, Jelic oder Prosenik noch die zusätzliche Waffe, das Spiel breit zu machen. Für die Salzburger endet die Breite zumeist auf Höhe des Sechzehnerecks, Rapid versteht sich auch aufs Flügelspiel. Alleine schon dieser größere Variantenreichtum im Verhältnis zu Salzburg sollte mehr Erfolg versprechen.

 

Rapids Defensive ist stabiler
Des Weiteren ist die Rapid-Defensive im Zweifelsfall stabiler als jene von Salzburg, die aus zwei Torschüssen zwei Tore kassiert hatten. Hinzu kommt, dass sich die Bullen dabei sehr ungeschickt angestellt hatten. Dass es besser geht, zeigte man dann klarerweise beim Rückspiel. Minsk brachte nur einen Schuss aufs Tor, es gelang auch sonst nicht viel. Sieht man die Partie in Salzburg aus taktischer Sicht und zählt dann gar noch das zu Unrecht nicht-gegebene Soriano-Tor hinzu, dann war es daheim quasi ein Spaziergang einer Mannschaft, die in Punkto Eingespieltheit vor allem in der Defensive noch immer nicht mit Rapid mithalten kann, was die Tabelle derzeit ja mehr oder weniger beweist.

 

Rapid hat kein Rückspiel
Einen grundlegenden Faktor gibt es noch. Salzburg hatte das Wissen, ein Rückspiel zu haben. Das hat Rapid nicht. Um sich nach ein paar mauen Ligaleistungen wieder in die Spur zu bringen und die Gegner in der Europa-League-Gruppe E unter Druck zu setzen, ist ein Auswärtssieg gegen den zu erwartenden schwächsten Gegner quasi unerlässlich. Dabei wird Geduld ein wichtiger Faktor sein. Allerdings dürfte das gemessen an den bisher gezeigten Leistungen kein Problem sein. Zoran Barisic bewies von der Bank aus eben ein ruhiges Händchen. Ein Sieg als Minimalvoraussetzung ist trotz allem Starkreden des Gegners ein Muss. „Es wird nicht leicht, weil wir gegen einen defensivstarken Gegner spielen. Minsk ist gegen Red Bull Salzburg weitergekommen, das zeigt, dass wir aufpassen müssen", meint Stefan Schwab. Eine Analyse des Gegners und Rapids zeigt aber: Da müssen drei Punkte her.

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