Dominantes Rapid scheitert gegen schwach pressende Austrianer [Spiel-Analyse]

Die Hütteldorfer waren im Spiel gegen die Wiener Austria die dominantere Mannschaft. Die Hüttldorfer fanden gute Lösungen, den Aufbau der Veilchen zu stören und hatten wegen schwachem Pressing der Gäste auch viel Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte.

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

FK Austria Wien spielte in einer 4-4-2-Formation und hatte im Vergleich zum Cup-Spiel gegen den TSV Hartberg am vergangenen Mittwoch einige Veränderungen in der Startelf. Alexander Grünwald war gesperrt und auch Bright Edomwonyi war nicht im Kader. Dafür rückten Patrick Wimmer und Niels Hahn in die Startformation. Auch bei SK Rapid Wien gab es einige Unterschiede im Vergleich zum Europa League Spiel gegen Dundalk. Gegen die Wiener Austria starteten Marcel Ritzmaier und Kelvin Arase statt Melih Ibrahimoglu und Taxiarchis Fountas.

Die Hütteldorfer spielten in der Defensive ein 4-2-3-1, welches jedoch im Spielaufbau in eine 3-4-3 ähnliche Formation veränderte. Maximilian Ullmann, der im gegnerischen Ballbesitz linker Außenverteidiger spielte, rückte im Spielaufbau sehr hoch  beziehungsweise auch breit und agierte als linker Wingback. Die Dreierkette wurde von Mateo Barac, Maximilian Hoffman und Filip Stojkovic gebildet. Die beiden Sechser waren Srdjan Grahovac und Ritzmaier.

 

Grahovac Richtung Flügel, zunächst Probleme

Zu Beginn des Spieles bewegte sich Grahovac immer wieder auf den Flügel, sodass Ritzmaier alleine den Sechserraum besetzte. Thorsten Schick, der als rechter Wingback agierte, bewegte sich – nach der Bewegung vom Mittelfeldspieler - in den rechten Halbraum. Durch den Versuch am rechten Flügel Überzahl schaffen zu wollen, gab es für die erste Aufbaulinie nur eine Anspielstation im Zentrum. So ergaben sich zunächst Probleme über die Mitte zu spielen und die erste Pressinglinie der Austria zu überbrücken.

Allerdings konnte Barac, aufgrund der engen und kompakt aufgestellten Wiener Austria, immer wieder Ullmann, der beinahe bis auf die letzte Linie rückte, am linken Flügel anspielen. Der Außenverteidiger kam dann mehrmals in 1-gegen-1-Situationen mit Manprit Sarkaria. In der ersten Situation konnte sich Ullmann im Dribbling durchsetzen und die Flanke zum 1:0 spielen.
Nach zehn Minuten hielt sich Grahovac immer mehr im zentralen Mittelfeld auf und Rapid tat sich dadurch auch viel leichter die erste Pressinglinie zu überspielen, weil die erste Aufbaulinie neben den beiden Wingbacks auch nun zwei zentrale Mittelfeldspieler als Anspielmöglichkeiten hatten.

In der Defensive agierten die Hütteldorfer in einem 4-2-3-1 und presste die Austrianer phasenweise sehr hoch an. Ercan Kara leitete als einzige Spitze den Spielaufbau der Gäste auf eine Seite und versuchte den Pass auf den Außenverteidiger zu provozieren. Der Pass auf den Flügel war das Signal für die äußeren Mittelfeldspieler den Ballführenden sofort zu attackieren. Einige Male rückte Christoph Knasmüllner auch aus seiner Zehnerposition heraus, um den ballführenden Innenverteidiger zu attackieren. Ein Beispiel für das Pressing der Gastgeber. (Abbildung 1)

Ercan Kara leitete Johannes Handl im Spielaufbau der Austria auf deren rechte Seite. Mit einem Bogenlauf – sodass er Handl über die rechte Seite attackierte -  stellte der Stürmer Erik Palmer-Brown in den Deckungsschatten und der Innenverteidiger hatte nur noch die Option mit dem Ball den freien Raum vor sich anzudribbeln und auf den rechten Außenverteidiger zu spielen. Der Pass auf den Flügel war für die Außenmittelfeldspieler ein Signal, um den Ballführenden direkt zu attackieren und dort den Ball zu erobern.

 

Miserable Chancenverwertung! 35 Schüsse, aber nur ein Tor

Die Grün-Weißen hatten über das ganze Spiel 65 Prozent Ballbesitz hatte auch sehr viele lange Ballbesitzphasen in der gegnerischen Hälfte. Vor allem in der zweiten Halbzeit waren diese Phasen klar in der Nähe des Strafraumes und dadurch konnten die Hütteldorfer auch immer wieder zu Abschlussmöglichkeiten kommen. Im Ballbesitz konnten sich einzelne Spieler auch mehrmals situationsgerecht aus dem Deckungsschatten des Gegners lösen und dadurch angespielt werden. Vor allem Knasmüllner, Ritzmaier und auch später Yusuf Demir beherrschten diese Bewegungen sehr gut.

Rapid kam ganze 35 Mal zum Abschluss. Von diesen 35 Mal waren neun Schüsse auf das Tor, die meistens von Patrick Pentz hervorragend pariert wurden. Bereits in der ersten Hälfte kamen die Hütteldorfer zu mehrere Großchancen, wodurch sie in Führung gehen hätten können. Rapid Wien scheiterte ganz klar an der Chancenverwertung.

 

Austrias Probleme im Pressing

Im Ballbesitz der Gastgeber agierte die Wiener Austria in einem 4-4-2 und einem defensiven Mittelfeldpressing. Das heißt, dass erst ab der Höhe der Mittellinie attackiert wurde und versucht den Raum im Mittelfeld engzumachen. Dadurch entstand ein enges und kompaktes 4-4-2, welches freien Raum auf den Flügel frei ließ. (Abbildung 3)

Jedoch ergaben sich im Pressing einige Probleme, die Rapid auch immer besser ausnutzte. Vor allem die ersten Pressinglinie der Austria hatte große Schwierigkeiten. Zunächst wurde der Ballführende in der ersten Aufbaulinie von Rapid kaum unter Druck gesetzt, wodurch die Hütteldorfer selten Probleme im Aufbau hatten. Dazu kam noch, dass die beiden Stürmer kaum situationsgerecht angelaufen sind, um Anspielmöglichkeiten für den Ballführenden zuzustellen. So konnte Rapid beispielsweise immer wieder die beiden Sechser anspielen, da die Stürmer die zentralen Mittelfeldspieler nicht in den Deckungsschatten nahmen. Dadurch rückten auch einige Male die Sechser der Austria hinaus, um den gegnerischen Mittelfeldspieler unter Druck zu setzen, öffneten jedoch ein großes Loch im Zwischenlinienraum, der von Rapid auch bespielt wurde.

 

Gute Ansätze im Ballbesitz

Beide Mannschaften – aber vor allem Rapid in diesem Spiel – hatten gute Szenen in ihren Ballbesitzphasen. Auch die Wiener Austria zeigte in einigen Szenen, was mit dem Ball alles möglich ist. Besonders einzelne Spieler konnten ihre Stärken manchmal sehr gut ausspielen. Beispielsweise wurde Handl meist von Kara wie erwähnt in einem Bogenlauf attackiert. Der Innenverteidiger reagierte sofort auf das Attackieren und dribbelte den freien Raum vor sich an, um einige Meter an Raum zu gewinnen. Die Anschlussaktion waren oft Pässe auf den Außenverteidiger oder ein hoher diagonaler Ball auf den ballfernen Flügel hinter die Abwehr.

Kam der Ball auf den Außenverteidiger, versuchten die Gäste sofort Überzahl am Flügel zu schaffen. Vor allem in der Anfangsphase konnte sich die Austria zwei Mal am Flügel herauskombinieren. Wurde der äußere Abwehrspieler angespielt, rückt der Flügelspieler meistens in den Halbraum und der Sechser und der ballnahe Stürmer kamen den Ballführenden entgegen. So konnten sie sich einige Male mit Doppelpässen aus einer Pressingsituation für Rapid herauslösen.

Auch noch zu erwähnen wäre – wie in der Analyse zu den Nations League Partien der österreichischen Nationalmannschaft: „Foda: Unzureichender Matchplan und ohne Lösungen gegen tiefstehende Gegner“- waren auch in dieser Partie die Außenverteidiger ein wichtiger Bestandteil des Aufbauspieles beider Mannschaften. Zu erkennen war, dass oft die flachen diagonalen Pässe in das Sturmzentrum aus der Außenverteidigerposition gespielt wurden. Ein Beispiel: (Abbildung 3)

Markus Suttner bekam den Ball von Christoph Monschein im Mittelfeld und konnte mit dem zweiten Kontakt direkt auf Aleksandar Jukic spielen,  der sich aufdrehte und auf Sarkaria ablegte, der zum Abschluss kam. Diagonale Pässe von der Außenverteidigerposition in das Sturmzentrum können sehr oft für Gefahr sorgen. Vor allem, wenn solche Pässe bereits knapp vor dem letzten Drittel gespielt werden. In der Anschlussaktion hätte der Stürmer mehrere Optionen, wie Aufdrehen und in die Richtung des Tores dribbeln oder auch sofort auf einen nachrückenden Mitspieler prallen lassen. Jedoch können diagonale Pässe auch aus der ersten Aufbaulinie gespielt werden, die vor allem der schnellen Überbrückung vom Mittelfeld dienen. Auch Suttner konnte in dieser Partie mehrere diagonale Pässe aus der Abwehrkette zu den Stürmern spielen. Auch Ullmann auf der anderen Seite konnte mehrmals sehr gute Pässe nach vorne spielen.

 

Fazit

Der SK Rapid Wien war im Wiener Derby die dominantere Mannschaft und hatte auch eine eindeutige Chancenüberlegenheit, scheiterte jedoch an der Verwertung dieser Abschlussmöglichkeit. Zudem konnten sie in der Defensive die Gäste immer wieder recht früh attackieren und einige Ballverluste provozieren. Auch der Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte war in diesem Spiel um einiges besser, was jedoch auch an der Nicht-Nutzung des Deckungsschattens der Violetten gelegen haben könnte.

Die Wiener Austria hatte große Schwierigkeiten im Pressing. Vor allem im Anlaufverhalten verwendeten sie den Deckungsschatten kaum und die erste Pressinglinie konnte immer wieder überspielt werden. Zwar konnten sie nach einer Standardsituation den Ausgleichstreffer erzielen, kreierten jedoch aus dem Spiel heraus nur wenige Chancen. Die Gäste haben auch die zweitwenigsten geschossenen Tore der ganzen Liga.