Foto: © Screenshot ORF

Österreich mit effektivem Pressing und schnellem Umschaltspiel [Spiel-Analyse]

Die österreichische Nationalmannschaft geriet zwar nach einer starken ersten Viertelstunde 1:0 in Rückstand, konnte aber vor allem in der zweiten Halbzeit ihre Konterchancen nutzen.

Eine Spiel-Analyse von Simon Goigitzer

 

Die österreichische Nationalmannschaft begann in einer 4-1-4-1 Formation. Dabei spielte Stefan Ilsanker auf der Sechserposition, Marko Arnautovic gab die einzige Sturmspitze. Die Gastgeber aus Nordmazedonien spielten in einem 4-4-2. Die Österreicher agierten im Pressing meist sehr hoch und setzten die Gegner schon früh unter Druck. Im Aufbauspiel der Gastgeber wurde vermehrt versucht den Halbraum mit vertikalen Pässen zu bespielen. Xaver Schlager und Ilsanker konnten diese Pässen sehr oft antizipieren und waren dadurch bei Ballgewinn gleich mehrmals in der gegnerischen Hälfte. Durch das schnelle Umschalten kamen die Österreicher, auch durch die mangelnde Restverteidigung der Gegner, immer wieder zu Abschlüssen. Vor allem bis zum Gegentor hatten sie viele gute Möglichkeiten in Führung zu gehen. Im Umschaltspiel, also direkt nach Ballgewinn, trafen die Spieler mehrmals die richtigen Entscheidung, wodurch sie das Gegenpressing überspielen konnten oder auch der freie Raum bespielt wurde. Wie zum Beispiel in der 24. Minute als sich Marcel Sabitzer mit einem Pass zu Arnautovic aus dem Gegenpressing lösen konnte und der England-Legionär danach Valentino Lazaro in die Tiefe schicken konnte.

Im Aufbauspiel ließ sich Ilsanker oft fallen und bewegte sich zwischen den Innenverteidigern. Dies ermöglichte den Außenverteidigern, etwas höher zu rücken. Im Ballbesitz ergab sich daher bei Österreich eher ein asymmetrisches 3-4-3 (Abbildung 1). Andreas Ulmer stand am Flügel hoch und Sabitzer orientierte sich dadurch mehr in die Mitte. Lazaro blieb hingegen breit am rechten Flügel, jedoch hätte er mit Stefan Lainer durch das Überladen der rechten Seite in Überzahlsituation kommen können.

Abbildung 1: Ilsanker bewegt sich zwischen den beiden Innenverteidigern

Allerdings kam es nach der starken Anfangsphase in der 18. Minute zum 1:0 Rückstand. Nach einem Missverständnis von Martin Hinteregger und Heinz Lindner köpfelte der Innenverteidiger in das eigene Tor. Jedoch kam es in der Situation davor schon zu einem Fehlverhalten im Pressing. (Abbildung 2).

Abbildung 2: Pressing der Österreicher wird überspielt

Der Innenverteidiger der Nordmazedonier bekam den Ball und Lazaro wollte ihn unter Druck setzen. Allerdings attackierte er den Verteidiger direkt und setzte den gegnerischen Außenspieler nicht in den Deckungsschatten. Daher war es für den Gastgeber möglich, einen Pass zum Außenverteidiger zu spielen. Als Lazaro presste, rückte auch Lainer beziehungsweise die Abwehr nicht weiter nach vorne und der gegnerische Außenverteidiger konnte ohne Druck in die Richtung des Tores dribbeln. Danach kam es zu einem hohen Ball in den Sechzehner, wo daraufhin das Missverständnis von Hinteregger und Lindner geschah. Besser wäre gewesen, dass Lazaro überhaupt nicht in dieser Situation auf den Gegenspieler gepresst und ihm nicht die Möglichkeit gegeben hätte auf den Flügel zu spielen. Oder Lainer hätte auf das Pressing des Offensivspielers reagiert, schneller hinausgeschoben und dadurch den Außenspieler nicht so viel Zeit gelassen. Aber auch die ganze Mannschaft hätte dadurch schneller verschieben müssen.

 

Foda reagiert auf Gegentreffer

Nach dem Gegentreffer stellte Franco Foda auf ein 4-4-1-1 um. Sabitzer rückte in das Sturmzentrum zu Arnautovic. Der Spieler aus Leipzig agierte dann im Ballbesitz zwischen den Linien der Abwehr und des Mittelfeld. In der Defensive konnte er den Sechser der Gegner durch seine Position zustellen, da die Gastgeber im Aufbau nur mit einem Spieler auf der Sechserposition agierten und das Spiel über den zentralen Mittelfeldspieler aufgebaut wurde. Konrad Laimer spielte nun auf der linken Mittelfeldposition. Laimer orientierte sich dennoch eher in das Zentrum und zog auch mit dem Ball, wegen seinem stärkeren rechten Fuß, diagonal in die Richtung des Tores. Das gab wiederum die Möglichkeit für Ulmer zu hinterlaufen oder sehr hoch zu stehen. Wie zum Beispiel beim 1:1 Ausgleichstreffer. (Abbildung 3)

Abbildung 3: Schlagers Lauf in die Tiefe öffnete Raum für diagonales Dribbling für Laimer

Ulmer bekam den Ball am linken Flügel. Laimer bot sich in im ballnahen Halbraum an, konnte sich durch eine schnelle Bewegung vom Gegner lösen und war dadurch auch anspielbar. Als Laimer den Pass bekam, rannte Schlager im selben Moment in die Tiefe. Nicht nur zog er damit einen Gegenspieler mit, sondern öffnete auch Raum für das diagonale Dribbling für Laimer. Der Leipzig-Legionär zog in die Mitte und konnte mit einem Chipball auf die zweite Stange hinter die gegnerische Abwehr den Ausgleichstreffer für Lazaro assistieren.

In der zweiten Halbzeit stellte auch die Nationalmannschaft aus Nordmazedonien um. Sie agierten in einem 5-3-2 und standen beim Ballbesitz der Österreicher sehr tief. Dadurch konnte die Gäste, falls die Heimmannschaft tief stand, kaum Chancen herausspielen. Aber auch in der zweiten Halbzeit kamen die meisten Chancen nach einem Umschaltmoment. Wie zum Beispiel das 3:1, nach dem Ilsanker nach einem Fehler im Aufbau der Gastgeber profitierte und Sabitzer in Tiefe schicken konnte.

 

Fazit

Die österreichische Nationalmannschaft agierte im Pressing sehr gut und konnte auch immer wieder Bälle in der gegnerischen Hälfte erobern. Zwar ging man 1:0 in Rückstand, doch der Trainer reagierte richtig und stellte auf ein 4-4-1-1 um. Danach kamen sie vor allem in der zweiten Halbzeit immer wieder zu Chancen und konnten auch das Spiel drehen. Das Umschaltverhalten war in diesem Spiel ein wichtiger Bestandteil, da es beim Gegner in vielen Situation an der Restverteidigung mangelte und die Österreicher dadurch oft allein vorm Tor standen. Nun ist Österreich nach den zwei Qualifikationsspielen auf dem dritten Rang der Tabelle mit einem Punkt Rückstand auf den zweiten Platz.

90minuten.at-TV: Die Sky Robycam erstmals in der Tipico Bundesliga