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Gutes Pressing, zu simple Offensive

Rapid musst sich bekanntlich mit 0:1 gegen Inter Mailand geschlagen geben. Das Pressing der Grün-Weißen war an diesem Abend gut gewählt, die Offensive war jedoch unterdurchschnittlich.

Eine Analyse von Simon Goigitzer

 

Kompaktes, flexibles 4-4-1-1

Didi Kühbauer ließ bereits in einigen Interviews vor dem Match anklingen, dass die Intensität in der Defensive nicht zufriedenstellend war. Zum einen war dies wohl auf die schwache konditionelle Verfassung zurückzuführen, zum anderen waren es auch taktische Mängel, die Rapid gegen den Ball im Herbst mehrere Male schlechte Leistungen abliefern ließ. Über die Winterpause schien man an diesem Problem gearbeitet zu haben, denn Rapid trat gegen Inter hervorragend organisiert an.

Folgende Aspekte haben das Hütteldorfer Pressing gegen Inter positiv beeinflusst:

 

Vorderste Linie und zentrales Mittelfeld

Die 1-1 Staffelung an vorderster Linie, besetzt durch den laufstarken Veton Berisha und den zweikampfstarken Kapitän Stefan Schwab, hatte vor allem leitende Funktionen. Die spielstarken Sechser Borja Valero und Matías Vecino sollten abgedeckt oder zumindest nicht zentral angespielt werden können. Zusätzlich schnitt Berisha öfters den Passweg zwischen den beiden Innenverteidigern ab, bedrohte auch immer wieder Rückpässe von Außenverteidigern zu den Innenverteidigern. Berisha verhielt sich klug, deckte nicht zu eng, sondern stellte auch stets diagonale Passwege zu, sodass seine Wirkung verstärkt wurde.

Schwab agierte dann meist diagonal gestaffelt zu Berisha und sollte wenn möglich den ballnahen Sechser mannorientiert verfolgen, um schnell Zugriff zu erlangen. Wenn das Spiel schnell verlagert wurde, verharrte Schwab etwas ballfern, während ein ballnaher Sechser von Rapid, also entweder Ljubicic oder Grahovac, den Ball attackierte. Der andere Sechser sicherte den attackierenden Spieler dabei ab und übernahm Mannorientierungen auf Zehner Nainggolan, wenn dies nötig war.

Hier gut zu sehen, wie sich die ursprüngliche Staffelung Rapids leicht verändert.

Ljubicic und Grahovac agierten stets nah beieinander, übertrieben die Kompaktheit jedoch nicht. Sie waren vor allem dafür zuständig, den Zehnerraum zu versperren und keine Pässe zu Nainggolan oder Stürmer Lautaro zuzulassen. Dabei half auch die Positionierung der Wiener Außenstürmer. Unter Trainer Goran Djuricin agierten die Sechser noch deutlich weiter auseinander, da sie sich meist nur direkt am Gegenspieler orientierten. Dies taten auch die Außenstürmer, was zu großen Löchern innerhalb der Rapid-Mannschaft führte. Diese gab es gegen Inter nicht zu sehen.

 

Die Flügel

Wie bereits erwähnt, waren die Außenstürmer im Vierer-Mittelfeld weniger mannorientiert ausgerichtet als dies noch im Herbst der Fall war. Nun besetzten Thurnwald und Ivan die Halbräume und sollten Passwege zu den eingerückten Mailänder Flügelspielern versperren. Zeitgleich lauerten sie stets auf die Möglichkeit, einen Ballführenden vor ihnen zu attackieren. Dies kam jedoch selten vor, da die Rapid-Außenstürmer zwar enger an ihren Sechsern agierten, aber dennoch den gegnerischen Außenverteidiger stets im Blick hatten und sich etwas von ihnen nach hinten drängen ließen. Herauskippbewegungen der Sechser Borja Valero und Vecino wurden nicht verfolgt. In weiterer Folge realisierte Inter, dass sie durch Andribbeln aus der ersten Aufbaulinie nach vorne kommen konnten. Die Wiener Flügel wurden dadurch zurück gedrängt. Die Flügelspieler halfen dennoch bei Ballgewinnen am Flügel, da sie stets das Zentrum geschlossen hielten.

Hinter ihnen agierten die Außenverteidiger meist in der gleichen Breite, waren jedoch energischer auf der Suche nach einem Ballgewinn. Vor allem Boli Bolingoli gewann den Ball einige Male gegen Rechtsverteidiger Soares. Da Ivan vor ihm das Zentrum gut versperrte, konnte Bolingoli Pässe nach außen antizipieren und diese abfangen. Ähnlich verhielt es sich auf der anderen Seite mit Thurnwald und Potzmann.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Pressing-Tiefe und Passivität

Das Rapid-Pressing war etwas tiefer angelegt und begann frühestens am gegnerischen Mittelkreis. Kamen die Mailänder in die Wiener Hälfte, wurde jedoch gut auf den Ballführenden herausattackiert und Druck ausgeübt. Zumindest zu Beginn, da sich die Mailänder Spieler vor allem VOR dem Hütteldorfer Pressing positionierten, also im Sichtfeld der Grünen waren, und diese stets wussten, wann sie anpressen konnten. Nach ungefähr 25 Minuten versuchte Inter weniger über das Passspiel nach vorne zu kommen, als über das Andribbeln von Sechsern und Innenverteidigern. Auf dies waren die Hütteldorfer nicht vorbereitet und verpassten mehrere Male den richtigen Moment, den ballführenden Gegner zu attackieren. Die Rapid-Spieler wurden nämlich von den Offensivspielern Inters gebunden, da sie ja primär versuchten, Passwege zu ebenjenen zuzustellen. Dies erlaubte Inter wertvolle Zehntelsekunden, die sie dann mit guten Durchbrüchen über Dribblings nutzten.

 

Zu simple Offensive

Dass man gegen einen deutlich stärkeren Gegner nicht immer flach bis zum Stürmer aufbauen kann, ist klar. Dennoch konnte man Rapids Verteidiger sehr einfach zu Ballverlusten zwingen. Die Entscheidungsfindung der Innenverteidiger war langsam, die Außenverteidiger hatten kaum Anspielstationen. Die Mittelfeldstruktur zeigte sich unterdurchschnittlich, generell war man bei Ballbesitz der ersten Aufbaulinie höher postiert, vermutlich in Erwartung eines hohen Balles und Vorbereitung für den Kampf um den zweiten Ball. Die Aufbauspieler Rapids staffelten sich jedoch ebenfalls ungünstig für die Vorbereitung nützlicher hoher Bälle, sodass viele davon ungenau oder gar nicht ankamen. Eine flachere und tiefere Viererkette, sowie mehr Einbindung des Torwarts, hätte hier wohl Sinn gemacht.

 

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