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Schwaches Rapid siegt gegen planlose Grazer [Spiel-Analyse]

Der SK Rapid Wien gewann das Duell gegen den SK Sturm Graz nach einem Standardtor. Beide Mannschaften konnten kaum Chancen aus dem Spiel heraus kreieren und vor allem Sturm hatte große Probleme im Pressing und im Ballbesitz.

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Eine Spiel-Analyse von Simon Goigitzer

 

In der letzten Runde konnte der SK Rapid Wien trotz einer schlechten Leistung gegen den SCR Altach mit 2:1 gewinnen, gegen Sturm Graz vertraute Didi Kühbauer wieder auf die 5-3-2-Formation. Im Ballbesitz ergab sich dann eher ein 3-4-3. Die Gastgeber starteten mit einem 4-3-3 und hohem Pressing. Die Aufstellung variierte jedoch, da sie phasenweise tiefer standen und sich so in einem 4-5-1 positionierten.

 

Sturm Graz planlos im Ballbesitz

Im Ballbesitz bauten die Grazer mit einer Viererkette auf. Davor bewegte sich meist Juan Dominguez als einziger Sechser. In den Anfangsminuten wurde Dominguez auch oft von den Innenverteidigern gesucht und angespielt. Auch die eigenen Außenverteidiger hatten oft die Möglichkeit bekommen den Sechser anzuspielen. Denn das Pressing bei Rapid funktionierte in den Anfangsminuten noch nicht richtig. Falls der Grazer Außenverteidiger angespielt wurde, stellte der ballnahe Stürmer bei den Wiener immer den Innenverteidiger zu und öffnete dabei den Passweg zum Sechser. Der ballferne Offensivspieler bei Rapid schob zwar in den Zehnerraum, kam aber oft zu spät zum gegnerischen Mittelfeldspieler. Noch dazu attackierte der Außenspieler bei Rapid sehr aggressiv auf den linken Abwehrspieler und so ergab sich auch Raum für den linken Mittelfeldspieler hinter der Abwehr, weil die Verteidiger bei Rapid oft nicht schnell genug nachschoben. Man versuchte diesen Raum öfters zu bespielen, jedoch meist ohne Erfolg. Das war es dann aber auch mit Ideen im Ballbesitz bei den Grazern. Es gab kaum Bewegung und im Aufbau musste Sturm schon früh den Ball hoch nach vorne spielen. Viele Spieler bewegten sich nicht aus den Deckungsschatten der Gegenspieler und waren dadurch auch kaum anspielbar. Gegen Ende der ersten Hälfte ließ sich Dominguez auch noch aus dem Mittelfeld zwischen die beiden Innenverteidiger fallen. Dadurch ergab sich dann eine große Lücke zwischen der Abwehr und dem Mittelfeld. Wie zum Beispiel in der 44. Minute. (Abbildung 1)

Abbildung 1: Dominguez lässt sich tief fallen und hinterlässt eine Lücke im Mittelfeld: Dominguez lässt sich aus dem Mittelfeld zwischen die beiden Innenverteidiger fallen. Dadurch ergab sich vor der Abwehr eine große Lücke, die von keinem Grazer besetzt wurde. Daher hatte Lukas Spendlhofer kaum Anspielstationen und versuchte das Pressing mit einer 1-gegen-1-Situation aufzulösen.

Auch in der zweiten Halbzeit gab es von Sturm Graz ein ähnliches Bild. Zwar hatten sie mehr Ballbesitz und konnten ruhiger aufbauen, jedoch stand Rapid auch viel tiefer und presste nicht mehr so hoch an. Nicht nur wirkten die Gastgeber im Ballbesitz planlos, sondern entschieden sich auch oft für die falschen Pässe. Vor allem nach Balleroberungen kam es öfters gleich wieder zu Ballverlusten. Beispielsweise in der 42. Minute. (Abbildung 2)

Abbildung 2 Spendlhofer orientiert sich nur auf die ballnahe Seite, übersieht den freien Sakic auf der anderen Seite und lädt Rapid ins Gegenpressing ein: Er bekam den Ball. Durch die weiten Abstände bei Rapid Wien konnten die Gäste nicht gegenpressen. Der Grazer Innenverteidiger spielte auf Dominguez und machte durch den kurzen Pass den Raum enger. Nach dem Pass zum Sechser gab es für Rapid die Möglichkeit anzupressen, da der Mittelfeldspieler plötzlich nur noch eine Anspielstation hatte. Außerdem hatte Rapid durch den kurzen Pass zum Mittelfeldspieler die Zeit die Abstände zu den Gegenspielern zu verkürzen. Spendlhofer hätte die Situation besser lösen können, in dem er gleich nach dem Ballgewinn die Seite gewechselt hätte, da Emanuel Sakic komplett freistand und mit dem Seitenwechsel Rapid keine Möglichkeit gegeben, um zu pressen.

Fehlerhaftes Pressing der Grazer

Über das ganze Spiel gesehen variierte das Pressing bei Sturm Graz. Anfangs pressten sie die Wiener hoch in einem 4-3-3 an. Phasenweise gab es aber auch ein tiefes Mittelfeldpressing im 4-5-1. Im hohen Pressing konnten die Offensivspieler der Grazer die gegnerischen Innenverteidiger zwar immer gut unter Druck setzen, jedoch schob oft die restliche Mannschaft nicht schnell genug nach oder manchmal auch gar nicht, sodass die Gäste die erste Pressinglinie sehr einfach überspielen konnten. Wie zum Beispiel in der 33. Minute. (Abbildung 3)

Abbildung 3: Rapid überbrückt ohne Probleme die erste Pressinglinie der Grazer: Maximilian Ullmann bekam den Ball und Sakic presste den Außenverteidiger aggressiv an. Allerdings stand Stefan Schwab, weil das Mittelfeld der Grazer kaum herausrückte, komplett frei und der Lauf von Sakic war unnötig. Entweder schiebt Sakic nicht auf Ullman heraus und der gegnerische Außenverteidiger wird vom zurücklaufenden Mittelfeldspieler attackiert oder beim Herauslaufen von Sakic reagiert das Mittelfeld, orientiert sich zu den möglichen kurzen Anspielstationen des Gegners und stellt sie zu. So konnte Schwab einfach angespielt werden und hatte mehrere Möglichkeiten, wie die Seite zu wechseln oder auch Ullmann in die Tiefe schicken, da sich hinter Sakic durch sein Nach-Vorne-Attackieren Raum öffnete.

Rapid mit Ansätzen

Im Ballbesitz agierte Rapid Wien in einem 3-4-3. Die Außenverteidiger bewegten sich nicht zu offensiv, sondern positionierten sich eher als äußere Mittelfeldspieler und waren im Aufbau meist auch kurze Anspielstationen für die Innenverteidiger. Durch das fehlerhafte Pressing der Grazer konnte man mehrere Male die erste Pressinglinie überspielen. Auch gelang es den Wiener über die Flügel das Mittelfeld zu überbrücken. Meist wurde dabei dem Außenspieler zugepasst und daraufhin wurde ein flacher diagonaler Pass in die Spitze gespielt. (Abbildung 4)

Abbildung 4: Murg positioniert sich gut für den diagonalen Pass von Schick: Wie zum Beispiel in der 31. Minute. Thorsten Schick bekam den Ball und sah Thomas Murg, der sich im Halbraum gut zwischen den Linien positionierte. Schick konnte den flachen diagonalen Pass zu Murg spielen. Murg konnte sich vorherige Schulterblicke orientieren und aufdrehen. Neben dem Spiel über die Flügel funktionierten auch einige Male vertikale Pässe von den Innenverteidigern in den Halbraum. Vor allem Christopher Dibon konnte Murg oder Phillip Schobersberger mehrere Male im Raum zwischen der gegnerischen Abwehr und dem Mittelfeld anspielen.

Rapid im letzten Drittel sehr schwach

Allerdings sollte man sich von den wenigen guten Ansätze nicht täuschen lassen. Bei Rapid fehlt noch sehr viel, um wieder an den LASK oder gar Red Bull Salzburg heranzukommen. Besonders im Übergang vom mittleren zum letzten Drittel kam von Rapid in dieser Partie sehr wenig. Die Wiener hatten auch kaum herausgespielte Chancen. Das lag aber nicht nur an den ungenauen Pässen, die meistens bei den Gegnern landen, sondern auch bei den Entscheidungen, welche Pässe in dem Moment die richtigen waren, die getroffen wurden. Zum Beispiel bekam Schobersberger in der 55. Minute den Ball am Sechzehner. Schobersberger spielte Murg der an ihm vorbei lief, in den Lauf, obwohl ein Gegenspieler sehr nah bei der Nummer Zehn von Rapid war. Das Zuspiel kam nicht an und auch falls es angekommen wäre, hätte Murg sehr wenige Optionen gehabt. Schobersberger hätte den Raum, den Murg öffnete, nützen sollen.

Abbildung 5: Schobersberger trifft die falsche Entscheidung und spielt den Ball Murg in die Tiefe als den Raum am Sechzehner zu nützen

Fazit: Sturm planlos, Rapid schwach

Der SK Sturm Graz war im Ballbesitz sehr planlos und hatte auch kaum einen Schuss auf das gegnerische Tor. Im Aufbau wirkten sie ratlos und spielten die meiste Zeit den Ball hoch nach vorne. Auch die Ungenauigkeit bei Zuspielen, vor allem in Umschaltmomenten, zeigen die Probleme bei den Grazer. Der SK Rapid Wien konnte zwar durch ein Standardtor 1:0 gewinnen, aber auch sie kreierten kaum Chancen aus dem Spiel heraus. Im Spielaufbau konnten sie die erste Pressinglinie der Grazer einige Male überspielen, aber daraufhin gab es in der gegnerischen Hälfte viele Abspielfehler und schlechte Entscheidungen.

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