Die Belgier gewannen das Spiel um Platz drei gegen England mit 2:0 und krönten damit ihre gute Leistung bei dieser WM. In einem interessanten Spiel zeigte auch England Adaptionen an das belgische Spiel, welche jedoch ergebnismäßig unbelohnt blieben.
Eine Spiel-Analyse von David Goigitzer
England verlor zwar, zeigte jedoch einen kulturellen Wandel in seinem Fußballspiel, weswegen wir in dieser Analyse einen kleinen Fokus auf die „Three Lions“ setzen.
Die Briten traten bisher in jedem Spiel dieser WM in einem 3-1-4-2 an. Gareth Southgate und sein Team hatten gegen die Belgier, die meist im 3-4-3 antreten, eine andere Idee. Auch England trat im 3-4-3 an. Dies sollte wohl vereinfachten, direkten Zugriff auf den Gegner gegen und die Arbeit gegen, als auch mit dem Ball etwas erleichtern.
Im Pressing formierten sich die Three Lions meist in einem 5-2-2-1. Die Fünferkette blieb hinten bestehen und sollte für stetige Überzahl gegen die belgischen Stürmer sorgen. Zudem sollte das Absichern von mannorientiertem Verfolgen erleichtert werden. Interessanterweise wurden diese beiden Aspekte nicht genutzt, um die Szene vor dem frühen belgischen 1:0 in der 4. Minute zu verteidigen. Die Fünferkette verhielt sich zu passiv beim Ball in die Tiefe durch den linken Halbraum. Auf Meunier, der von rechts in den Strafraum einlief, wurde zwei Mal je von Harry Maguire und John Stones mit Fingerzeig hingewiesen, sie selbst staffelten sich nicht gut, um einen Stanglpass in den Strafraum abwehren zu können. Danny Rose verlor das Duell im Strafraum und Meunier erzielte das 1:0.
Bild 1: Im 5-2-2-1 wollten die Engländer das Zentrum verdichten und von dort aktiv den Ballführenden ansprinten.
Foto: © Screenshot ORF
Die Engländer liefen jedoch auch weiterhin recht hoch an, versuchten mit den etwas tiefer positionierten Ruben Loftus-Cheek und Raheem Sterling, diagonal auf die Halbverteidiger der Belgier anzusprinten, während Harry Kane den Keil gab und Verlagerungen abschnitt. Fabian Delph und Eric Dier agierten in der Doppelsechs als Abfangjäger und hatten auf dem Papier zwei direkte Gegenspieler in Axel Witsel und Youri Tielemans. Die Zehner der Belgier, Kevin de Bruyne und Eden Hazard, ließen sich jedoch immer wieder ins Mittelfeld fallen und stellten so Überzahlsituationen gegen die zentralen Mittelfeldspieler der Engländer her. Diese Zurückfallbewegungen wurden nicht konsequent genug von der englischen Fünferkette verfolgt, sodass sich die Belgier einige Male gut aus dem Pressing mit Laserpassen durch den Halbraum auf die Zehner und folgende Ablagen befreien konnten. Die Belgier fokussierten diese Überladungen und lokalen Überzahlsituationen und kombinierten sie mit Spielern aus dem Mittelfeld, die immer wieder in die Tiefe gingen. Auch Romelu Lukaku konnte von diesem geballten Mittelfeld profitieren. Zwar war er teilweise in einer 5v1 Unterzahl, jedoch war es eben gerade aufgrund der fehlenden Gegenspieler für die englischen Verteidiger nicht immer einfach, sich zu orientieren. So entstanden immer wieder kleine Räume und Schnittstellen, welche für Lukaku genug waren, um einige Male den Ball hinter der Abwehr zu empfangen.
Auch im Ballbesitz behielten die Engländer ihre 3-4-3 Formation bei. Delph und Dier boten sich immer wieder gut an, die beiden trugen gemeinsam mit John Stones die Hauptlast des englischen Aufbaus. Vor allem Stones zeigte immer wieder gute Aktionen im Andribbeln und man fand den jungen Innenverteidiger, trainiert von Pep Guardiola, auch einige Male in des Gegners Hälfte im Zehnerraum. Delph zeigte gute Freilaufbewegungen und schien mit Dier eine gute Kombination zu bilden. Sterling, und vor allem Loftus-Cheek boten sich dann immer wieder in tieferen Zonen an, um die Ballzirkulation anzutreiben. Harry Kane zeigte sich ebenfalls umtriebig, was jedoch nicht immer passend war. Auch, weil meist nur Raheem Sterling dann mit Tiefgang für gefährliche Läufe sorgte, wenn Kane nicht in der Sturmspitze anzufinden war. Dadurch, dass die Positionierungen von Dier und Delph im Duett auch nicht sauber und stimmig waren, trug sich diese leichte Unsauberkeit in den Positionierungen durch die gesamte englische Mannschaft durch. Verbindungen wurden zwar immer wieder stabil geschaffen, jedoch in die wahrhaftig gefährlichen Zonen kam man nicht auf die wohl gewünschte Art und Weise. Die Bemühungen des englischen Teams, viel und strukturiert mit dem Ball zu arbeiten, sind lobenswert. Jedoch erkennt man auch, dass diese Bemühungen noch sehr jung und unreif sind. Zeit und Verfeinerungen im Spielstil müssen erarbeitet werden, um es auch nur annähernd Mannschaften wie Manchester City oder Napoli in den letzten Jahren gleichtun zu können.
Bild 2: Rose hat nur Sterling als Anspielstation. Dies ist leicht für Witsel zu antizipieren und er nimmt ihm den Ball ab. Mit mehr Anspielstationen ist das Spiel der Engländer weniger vorhersehbar und somit auch schwieriger zu verteidigen.
Foto: © Screenshot ORF
Fazit
Belgien holte sich den verdienten 2:0 Sieg, man war über das Turnier gesehen wohl die beste Mannschaft in Punkto Unterhaltungswert. Man zeigte auch Flexibilität gegen Brasilien und warf einen der Top-Favoriten raus. Die Engländer gingen einen Schritt in die Richtung, die sie womöglich bald wieder an die Spitze des Fußballs bringen könnte. Im Moment ist man davon jedoch noch ein Stück entfernt.