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Austria vs Mattersburg: Ähnliche Strategie, unterschiedlicher Stil

Auch wenn beide Mannschaften wie man beim 2:3 gesehen hat, vom Spielstil her sehr verschieden sind, wählen sowohl Letsch als auch Baumgartner ähnliche Strategien wie ballorientierte Unterstützungsbewegungen, direkte Kombinationen und freie Bewegungsmöglichkeiten.

Eine Spielanalyse von David Goigitzer

 

Die Wiener Austria musste am Samstag gegen Mattersburg eine bittere 2:3-Niederlage hinnehmen und somit wohl die letzte Chance auf einen europäischen Bewerb. Zwei Mal gingen die Veilchen in Führung. Okugawa und Prevljak glichen jeweils aus, bis Gruber in der 91. Minute den Lucky Punch erzielte. Ein interessantes Duell in der Analyse, die mehr von der Beschreibung von Aspekten im Ballbesitz geprägt ist als von Toren.

 

4-1-4-1/4-4-2 Hybrid-Pressing der Austria

Um es zumindest kurz anzuschneiden: Die Austria trat in einem 4-1-4-1/4-4-2 Hybrid-Pressing an, das sich am Mittelfeld orientierte. Durch nach vorne attackierende Flügelspieler und Prokop, die dann oftmals ihre Läufe zum Ball weiterverfolgten, wenn dieser in eine andere Zone gespielt wurde, entstanden situativen 4-4-2 Prägungen. Das Mittelfeldpressing führte die Austria intensiv und kompakt aus, ließ kaum Chancen der Mattersburger zu.

Beide Tore der Gäste fielen aus Umschaltsituationen, die schwach verteidigt wurden. Beim 1:1 agierte Madl bei einem Einwurf der Burgenländer übermäßig mannorientiert und riss ein Loch. Okugawa nutzte dieses, im 1v2 ging er am schwach verteidigenden Stronati vorbei. Beim 2:2 war es ebenfalls Stronati, der sich im individuellen Zweikampfverhalten mehr als unglücklich verhielt und einen Pass auf Prevljak zuließ. Beim 3:2 von Gruber war ein Konter gegen die risikoreich ausgelegte Restverteidigung der Schlüssel.

 

4-4-2-Mittelfeldpressing der Austria

Die Mattersburger formierten sich primär im 4-4-2 Mittelfeldpressing, eher passiv ausgerichtet und versuchten mit einzelnen Mannorientierungen Zugriff zu erhalten; die Burgenländer verhielten sich jedoch generell positionsgerichtet. Rückpässe und Bälle auf den Außenverteidiger waren primäre Trigger zum Draufgehen. Situativ presste man höher und agierte im 4-3-1-2 stärker mannorientiert. Generell waren die Mattersburger kompakt, offenbarten aber immer wieder lokal Schnittstellen, die die Austria öfter ausnutzen konnte und recht einfach ins zweite Drittel kam. Auch die eher niedrige Intensität der Mattersburger trug dazu bei.

1: Die Mattersburger hier im 4-4-2 und abwartend.

Exkurs in die Strategie am Ball

Beide Teams sind vom Spielstil sehr verschieden: Die Austria trägt ihre Angriffe deutlich öfter mit Flachpassspiel und zentrumslastiger vor, während die Mattersburger keineswegs den hohen Ball nach vorne scheuen und das Zentrum eher in geringem Maße nutzen. Dennoch sind beide Mannschaften strategisch nicht ganz so verschieden, wie sie erscheinen. Die Prinzipien der ballorientierten Unterstützungsbewegungen, kurzen und direkten Kombinationen sowie eher freie Bewegungsmöglichkeiten für die Spieler in Sachen Positionierung sind Gemeinsamkeiten. Die Ausführung dieser Prinzipien ist jedoch natürlich eine andere, die Ähnlichkeit ist aber auch ein interessanter Punkt, der zu diesem Exkurs über die Beschreibung der beiden Mannschaften im Ballbesitz führt.

 

Ballorientierte, dadurch leicht ungeordnete Austria

Im Ballbesitzspiel hat die Austria unter Thomas Letsch einiges an Tempo dazugewonnen. Letsch hat natürlich nicht die technischen Fähigkeiten der Spieler in nur wenigen Wochen verbessert. Der Fokus wird nun deutlich mehr auf schnelle, direkte Kombinationen gelegt, was man mit etwas Spekulation, gepaart mit grobem Wissen über die Red-Bull Methodologie, auf intensive Spielformen auf engem Raum zurückzuführen ist. Durch die generell starke individuelle Qualität der Austria-Spieler sieht man dann immer wieder ansehnliche Kombinationen, oder zumindest Ansätze dieser. Ersichtlich ist im Ballbesitz aber auch, dass die Violetten eine etwas freiere Positionsinterpretierung haben. Dies kann dann bisweilen zu etwas unvorteilhaften Strukturen führen, aufgrund welchen man dann Angriffe nicht ganz optimal ausspielen kann. Serbest, der sich vom Naturell her sowieso gerne zentraler aufhält, sowie Grünwald, der sich ebenfalls aufgrund seines Fußballintellekts immer wieder klug positioniert und das Ballbesitzspiel der Austria mit Verlagerungen spickt, geben dem Austria Mittelfeld Struktur.

2: Der Großteil der Austria Spieler befindet sich VOR dem Mattersburger Block statt darin.

Dabei ist es durchaus problematisch, dass es mehr an den Spielern selbst als an der Strategie liegt, wie gut sich die Austria im Ballbesitz positioniert. Fehlende Systematik erzeugt mehr ungewollte Variation, also Zufall. Zufall ist nicht zu kontrollieren, und auf diesen spekuliert der SVM teilweise im eigenen Angriffsspiel. Mit etwas mehr Systematik im Ballbesitz und mit besserer Raumaufteilung hätte man die Mattersburger einfacher ausspielen können. Die Burgenländer sind nämlich bisweilen zu mannorientiert in Situationen, in denen diese Räume für Gegner öffnen. Diese Mannorientierung können die Wiener mit gezielten Positionierungen zwischen den verteidigenden Spielern nützen, um für Entscheidungsprobleme zu sorgen, wer zu wem zugeordnet ist. Dies könnte noch gezielter und öfter Räume öffnen, in denen die Austria ihre individuelle Überlegenheit ausspielen könnte.

Mit besserer Raumaufteilung haben die Spieler auch mehr Passmöglichkeiten, zu oft agieren die Veilchen noch einseitig; Möglichkeiten die Seite zu wechseln werden nicht oft genug genutzt. Mit der Rückkehr von Grünwald wurde das Ballbesitzspiel aber durchaus strategischer. Dennoch gibt es hier wohl Verbesserungspotential.

 

Direktheitsfokus bei Mattersburg

Der SV Mattersburg verhält sich im Ballbesitz deutlich weniger geduldig als die Austria und sucht generell weniger das Zentrum. Beim SVM wird der Ballbesitz primär dafür genutzt, den Gegner zu locken um Räume für Bälle in die Tiefe zu kreieren. Zirkuliert wird der Ball dann meist zwischen den Innenverteidigern und Tormann Kuster, mit situativer Unterstützung von Jano und Hartl im Zentrum. Die beiden Sechser lassen primär Bälle prallen und agieren auch hier eher lockend, als dass sie sich drehen oder Bälle nach vorne verteilen sollen. Diese Ballzirkulation in der ersten Aufbaulinie, die meist recht zügig mit zwei kurzen Kontakten ausgeführt wird, lockte dann das Pressing der Wiener an. Vor allem Kuster zeigte sich öfter als Ballverteiler, als er immer wieder Chipbälle auf die Außenverteidiger spielte, die sich hinter der ersten Pressinglinie der Austria positionierten und dort Freiraum vorfanden. Auch, weil sich in der letzten Linie drei bis vier Mattersburger befanden, die die Abwehr der Gastgeber nach hinten drückte. Jene Spieler in der letzten Linie wurden auch von hohen Bällen der Mattersburger Innenverteidiger eingesetzt, meist über hohe diagonale Verlagerungen auf den Flügel.

 

Fokus auf Konter

Die hohe Direktheit des Mattersburger Ballbesitzspiels zeigte sich auch über flache Kombinationen am Flügel. Die beiden Sechser unterstützten hier weit nach außen, halfen Außenverteidiger und Flügelstürmer beim Kombinieren. Als dritten großen Punkt des Mattersburger Spiels kann man den Fokus auf Konter nennen. Wird der Ball in der eigenen Hälfte gewonnen, werden oft direkte Bälle in die Tiefe gesucht. Da die Austria sich im Verbund bewegt, ergeben sich bei Angriffen natürlich Räume hinter der Viererkette. Diese wurden von den Burgenländern schnell gesucht. Mit Prevljak und seinen Läufen von der Mitte nach außen, sowie Okugawa und Gruber auf den Flügeln hatte man in der Startaufstellung auch Spieler, die man mit Bällen in die Tiefe (meist Chipbälle) bedienen konnte.

Durch das hohe Tempo, das man sucht, sowie viele hohe Bälle, werden die Aktionen natürlich etwas unsauber. Dies stört die Mattersburger nur bedingt, da sie immer wieder mit aufrücken und glücklich damit sind, das Gegenpressing um den zweiten Ball zu suchen. Dies ist nämlich ebenfalls eine potenzielle Möglichkeit zum Kontern.

 

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