Taktik-Analyse: Austria fehlt es gegen Rijeka an Struktur und Intensität

Die Austria verlor daheim gegen Rijeka 3:1 in unrühmlicher Manier. Zwar konnte man zwischenzeitlich den Anschlusstreffer erzielen, dem Gastgeber richtig gefährlich konnten die Heimischen jedoch nie werden. In keiner Phase hatte man das Spiel unter Kontrolle.

Eine Taktik-Analyse von David Goigitzer

 

Fehlende Intensität im Pressing

Formativ stellte sich die Austria im 4-1-4-1 auf. Das Ziel war offensichtlich, das Mittelfeldzentrum dicht zu besetzen, um - die zumindest für österreichische Verhältnisse - spielstarken Kroaten vom Mittelfeld fernzuhalten, wo vor allem immer wieder Bradadric und Gavranovic für gefährliche Aktionen sorgen können. Beide zeichnen sich durch starkes Umblickverhalten, passende Körperposition und schnelles, sauberes zwei-Kontakt Passspiel aus, wie man auch bei den Toren sehen konnte.

 

Die Pressinghöhe richtete man ungefähr auf Höhe des Mittelkreises aus, wo Friesenbichler zu pressen beginnen sollte. Situativ wurde er auch von Monschein unterstützt und man bildete ein 4-4-2, dies geschah jedoch nur in Halbzeit eins in bei offensichtlichen Pressingtriggern, wie zum Beispiel einer schlechten Ballkontrolle, wo dann Monschein aus seiner Position heraus sprintete, um Druck auszuüben. In den ersten zehn Minuten der Partie konnte man die Kroaten auch noch einige Male zu unkontrollierten hohen Bällen zwingen, welche man jedoch selbst oft wieder herschenkte, weil man den Ball mit dem ersten Kontakt zu klären versuchte. Dennoch war die Aktionstaktung noch in Ordnung.

 

Dies änderte sich nach ungefähr 15 Minuten, als die Austria sich immer mehr zurückzog und vor allem an Intensität vermissen ließ. Die Wiener verteidigen ja mannorientiert, versuchen den Gegner also eng in ihren zugeordneten Zonen, die sich nach Ballorientierung richten, zu verfolgen. Dies soll den Zugriff erleichtern, was auch der Fall ist, wenn der Gegner entweder zu lange den Ball hält und/oder man hohe Intensität zeigt, also eine hohe Anzahl und Geschwindigkeit an Verteidigungsaktionen. Da dies nicht gegeben war, fand die Austria selten Zugriff auf den Ball und Rijeka konnte mit Rhythmuswechseln durch Bradaric immer wieder offene Räume bespielen, die sich durch die Mannoientierungen zwangsweise ergeben. Vor allem der ballferne Halbraum war einfach zu bespielen, da der Flügelsürmer der Austria immer etwas breiter mannorientiert verblieb, während der Rest des Mittelfeldes verschob.

 

Vor allem beim ersten Tor war die fehlende Intensität in der Arbeit gegen den Ball offensichtlich: Nach Ballverlust attackierte kein Austrianer den Ball (wie auch, die Struktur lässt effektives Gegenpressing auch kaum zu, dazu aber später mehr). Ungestört können sich Rijekas Mittelfeldspieler aufdrehen, den Ball von rechts nach links und zurück in die Mitte zirkulieren. Maleš kann ungestört einen hohen Ball in die Tiefe spielen. Dem Durchbruch am rechten Flügel folgt sogleich das erste Tor der Kroaten in der 21. Minute.

Horrende Ballbesitzstruktur

Ein viel besprochenes Thema in der 90minuten.at-Redaktion: Aus dem 4-1-4-1 der Austria wird im Ballbesitz effektiv ein 3-0-6-1. Warum die 0 in der Formationsbeschreibung? Weil diese verdeutlicht, dass sich direkt vor der Abwehr, im Sechserraum also, nur selten ein Spieler befindet. Am Donnerstagabend agierte nicht Holzhauser, sondern Serbest als tiefster Mittelfeldakteur, war also nach typischer Fink-Manier auch zuständig fürs Abkippen zwischen die Innenverteidiger. Dies ermöglicht Holzhauser eine höhere Position. Ein grundsätzlich guter Gedanke, ist Holzhauser unter Gegnerdruck wohl einer der besten Austrianer, wie er auch in dieser Partie beweisen konnte.

 

Durch die zu hohe Position der gesamten Sechserreihe und der fehlenden Verbindung von Abwehr zu Mittelfeld war es jedoch selten möglich, zentrale Optionen und somit Holzhauser zu finden, der dann viel auf die Flügel auswich, um sich dort Bälle abzuholen. Interessant ist beim Ballbesitzspiel der Austria, dass dem Ballführer kaum mehrere Optionen zur Unterstützung geboten werden. Der nächste Akteur schaltet sich zwar des Öfteren ein und bietet sich für ein Anspiel an, generell gibt es jedoch kaum mehrere Bewegungen, die für mehr als nur eine Option sorgen könnten. So bleibt für die Innenverteidiger meist entweder nur ein simpler, leicht zu pressender Ball auf den Außenverteidiger, oder der hohe Ball nach vorne. Hohe Bälle sind auch per se kein Problem, es gibt kein richtig und kein falsch in der Spielanlage, jedoch wie auch im Flachpassspiel agiert die Austria mit wenig Unterstützung und unpassender Struktur. Lange Bälle werden meist ohne lockende, vorbereitende Zirkulation nach vorne geschlagen, und selten in Ballungsräume, wo man effektiv um den zweiten Ball kämpfen könnte.

Fehlende Optionen sind jedoch das größte Problem der Austria. Wie bereits erwähnt, gibt es kaum mehr als ein, zwei Spieler, die sich dem Ballführenden anbieten. So entstehen kaum Dreiecke, geschweige denn Rauten in der Ballbesitzstruktur, was das die Ballzirkulation deutlich erschwert. Zudem gibt es keine ballfernen Bewegungen, sodass man vielleicht hohe Verlagerungen spielen könnte. Spieler schaffen keinen Raum füreinander, Läufe in die Tiefe werden immer nur für sich selbst gemacht. Diese Läufe würden auch Raum schaffen, wenn man diese erkennen würde und sich darin anbieten würde. Dies würde jedoch eine gewisse Absicht und Planung voraussetzen, die es im Spiel der Austria nicht zu geben scheint.

 

Fazit

Die Formkurve der Austria zeigt weiter nach unten. Man scheint die zurzeit schlechteste Mannschaft in der eigenen Europa-League Gruppe zu sein. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Struktur und Intensität.

 

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