Knapp mehr als die Hälfte der Liga - sieben Vereine - hält aktuell noch am Österreicher-Topf fest. In der Praxis heißt das: Über die ersten elf Runden haben sie maximal sechs Legionäre pro Partie in ihre Spieltagskader nominiert. Im Gegenzug gibt es eine Prämie, die sich nach den Einsatzminuten der österreichischen Spieler berechnet.
Wer bis zum Saisonende dabei bleibt, darf sich so über insgesamt rund 650.000 bis 1,2 Millionen Euro freuen. Die Summen sind mit Vorsicht zu genießen: Offizielle Zahlen gibt es nicht, die APA kolportiert ein Gesamtvolumen von 6,1 Millionen Euro, darauf stützen sich die Berechnungen in diesem Artikel. Auch zur Spielzeit macht die Bundesliga keine konkreten Angaben mehr.
Fest steht: Das Geld aus Abrechnungszeitraum 1 ist den Vereinen nicht mehr zu nehmen, für Zeitraum 2 (bis Runde 22) und Zeitraum 3 (Saisonende) ist aber noch alles offen.
Umdenken bei der WSG Tirol?
Mit der Verpflichtung von Jonas David hat die WSG Tirol einen interessanten Schritt gesetzt: Der neue Legionär aus Deutschland soll die verletzungsbedingten Ausfälle von David Gugganig und Osarenren Okungbowa kompensieren.
Für den Österreicher-Topf heißt das: Die Tiroler verlieren weiter Boden. Mit 8.354 Minuten in der Wertung liegt der Verein aktuell klar auf dem siebten und letzten Platz.
Österreicher-Topf nach 13 Runden | |
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TSV Hartberg | 15.725 Minuten (12 Spiele) |
Wolfsberger AC | 13.633 |
SCR Altach | 11.235 |
GAK | 11.183 |
Blau-Weiß Linz | 9.616 |
Austria Wien | 9.126 |
WSG Tirol | 8.354 |
Fünf Legionäre - Jamie Lawrence, Adam Stejskal, Quincy Butler, Lennart Czyborra und Bror Blume - sind gesetzt. Dazu kommt jetzt David, für Stürmer Mahamadou Diarra bliebe damit wie zuletzt gegen den GAK nur der Platz auf der Tribüne.
Oder aber der Verein verzichtet in Zukunft auf das Geld aus dem Österreicher-Topf, das wäre überraschend.
Köck winkt ab
Auch wenn die WSG anhand dieser Ausgangslage mit verhältnismäßig wenig Geld aus dem Österreicher-Topf rechnen darf, will sie an ihm festhalten. Das bestätigt Sportchef Stefan Köck auf Anfrage von 90minuten: "Wir hatten in dieser Saison auch Spiele, in denen die maximale Anzahl an Legionären nicht erreicht wurde und es erfüllt mich auch mit Freude, dass wir regelmäßig mit vielen Österreichern und auch vielen Tirolern auflaufen. Wir werden die Kriterien des Österreicher-Topfes definitiv auch weiterhin erfüllen."
Das Überangebot an Legionären sieht der Manager nicht als Problem: "Ich erwarte mir von jedem Spieler in unserem Kader, dass er sich Woche für Woche durch gute Trainings- und Spielleistungen aufdrängt und zeigt. Es darf aber auch bei den Legionären eine sportliche Konkurrenzsituation gegeben sein. Sowohl die Legionäre, als auch unsere zahlreichen österreichischen Spieler müssen mit diesem Anspruch umgehen können." Der Trainer müsse in Zukunft am Wochenende nach dem Leistungsprinzip aus acht Legionären sechs auswählen, das sei nicht dramatisch, meint Köck.
Der zweite Kandidat
Weiter als der WAC kann man das Reglement des Österreicher-Topfes eigentlich nicht ausreizen. Didi Kühbauer hat in der laufenden Saison für alle 13 Spiele sechs Legionäre in seinen Kader nominiert, in acht war sogar ein siebenter dabei. Möglich macht das Erik Kojzek, als Eigenbauspieler hat der 18-jährige Slowene noch drei Spielzeiten vor sich, in denen er nicht gegen die Legionärs-Grenze zählt.
Neben ihm haben acht ausländische Kicker Minuten für den WAC gesammelt, das alleine macht den Verein aber noch nicht zum Wackelkandidaten.
Mit Adis Jasic und Ervin Omic verlieren die letzten beiden U22-Österreicher im Kader ihren Status zum Saisonende, ihre Minuten zählen nur mehr bis zu diesem Zeitpunkt vierfach. Mit demselben Kader wie zum aktuellen Zeitpunkt würde man sich am unteren Ende der Topf-Wertung wiederfinden. Das hieße: Statt einem geschätzt niedrigen siebenstelligen Betrag würde der Verein nur mehr einen mittleren sechsstelligen erhalten.
Angesichts mehrerer lukrativer Spielerverkäufe in den letzten Jahren, einem größeren Augenmerk auf den afrikanischen Markt und europäischen Ambitionen wäre diese Summe weniger relevant. Es ist also denkbar, dass nach dieser Saison eine Entscheidung ansteht.
Geschätzte Zahlungen 1. Abrechnungsperiode 24/25 | |
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TSV Hartberg | ca. 400.000 € |
Wolfsberger AC | ca. 350.000 € |
SCR Altach | ca. 290.000 € |
GAK | ca. 290.000 € |
Blau-Weiß Linz | ca. 250.000 € |
Austria Wien | ca. 230.000 € |
WSG Tirol | ca. 215.000 € |
Keine Fragezeichen
Bis auf Weiteres ausgeschlossen ist ein Kurswechsel beim SCR Altach. Die Vorarlberger haben zum aktuellen Zeitpunkt fünf fitte Legionäre im Kader, müssten im Winter also einen größeren Umbau vornehmen, um überhaupt vor einer Entscheidung zu stehen. Sechs Legionäre haben bisher für den GAK Minuten absolviert, aus wirtschaftlichen Gründen ist nicht davon auszugehen, dass die Grazer mit dem Gedanken spielen, aus dem Österreicher-Topf auszusteigen.
Auch Blau-Weiß Linz wird dabei bleiben, die Kaderstruktur macht aktuell wenig Hoffnung auf ein größeres Stück vom Kuchen: Der einzige U22-Kicker Lukas Ibertsberger spielt kaum und verliert diesen Status in der kommenden Saison. Mit Radek Vítek steht ein Legionär im Tor und wird in Zukunft viel mehr Spielzeit binden als bisher. Vor der Rückkehr von João Luiz haben schon acht nicht-ÖFB-Spieler Einsätze absolviert. Die für Jänner geplante Einbürgerung von Anderson sollte vieles ausgleichen, Sportdirektor Christoph Schößwendter wird sich im Winter trotzdem der ein oder anderen Baustelle widmen müssen, um die Kriterien sinnvoll zu erfüllen.
U22-Minuten (mal vier) | ||
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Verein | Minuten | Anzahl U22-Spieler |
TSV Hartberg | 9.664 | 7 |
Wolfsberger AC | 5.924 | 2 |
GAK | 2.576 | 1 |
Austria Wien | 1.716 | 5 |
SCR Altach | 1.532 | 2 |
WSG Tirol | 1.020 | 2 |
Blau-Weiß Linz | 428 | 1 |
Best Practice
Obwohl dem TSV Hartberg im Vergleich zur Konkurrenz Minuten aus einem verschobenen Spiel fehlen, haben die Steirer mit Respektabstand die Nase vorne. Mit seinen vier österreichischen Leihspielern verdient der Verein de facto Geld, tendenziell wird man bis Saisonende sogar noch weiter davonziehen.
Auch die Wiener Austria setzt die Regeln des Österreicher-Topfes derzeit geschickt um: Stephan Helm setzt auf Legionäre, mit Ausnahme von zwei Spielen wurde das Kontingent immer voll ausgenützt.
Lukas Galvão, Maurice Malone, Nik Prelec, Abubakr Barry und Matteo Pérez Vinlöf zählen zum Stamm und den Top zwölf nach Einsatzminuten im Austria-Kader.
Aufgefüllt wird die Bank in dieser Saison aber inzwischen regelmäßig mit Talenten aus dem eigenen Nachwuchs, die so vermehrt zu Einsätzen kommen und Eindruck hinterlassen haben. Mit diesem Kurs haben auch die "Veilchen" eine gute Perspektive für den Rest der Saison und - fast noch wichtiger - darüber hinaus.